Patriarchen und Propheten
Kapitel 9: Die Sieben-Tage-Woche
Die Einteilung der Woche geht, wie die Schaffung des Sabbats, auf die Schöpfung zurück. Die biblische Geschichte hat sie uns überliefert. Gott selbst setzte das Maß der ersten und aller folgenden Wochen für alle Zeiten fest. Wie jede andere bestand sie aus sieben gewöhnlichen Tagen. Sechs Tage wurden für das Schöpfungswerk verwandt, aber am siebenten Tage ruhte Gott, und er segnete diesen Tag und bestimmte ihn zum Ruhetag für den Menschen. PP 88.1
Im Gesetz vom Sinai bestätigte Gott die Woche und den Tatbestand, auf den sie gegründet ist. Nachdem er das Gebot: “Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest”, gegeben und genau bestimmt hatte, was man an den sechs Tagen tun und am siebenten nicht tun sollte, gab er auch den Grund dafür an, indem er an sein eigenes Beispiel erinnerte: “Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn.” 2.Mose 20,8.11. Diese Begründung ist sinnvoll und zwingend, wenn wir die Schöpfungstage buchstäblich verstehen. Die ersten sechs Tage jeder Woche sind dem Menschen für die Arbeit gegeben, weil Gott denselben Zeitraum in jener ersten Woche zur Schöpfung verwandte. Am siebenten Tage soll der Mensch in Erinnerung an des Schöpfers Ruhe nicht arbeiten. PP 88.2
Die Annahme, daß die Ereignisse der ersten Woche Tausende und aber Tausende von Jahren erforderten, richtet sich unmittelbar gegen das vierte Gebot. Sie erweckt den Anschein, als geböte der Schöpfer, im Gedenken an riesige, unbegrenzte Zeiträume eine Woche von buchstäblichen Tagen zu beobachten. Das entspricht aber nicht der Art Gottes, mit seinen Geschöpfen zu verfahren. Was er ganz klar gemacht hat, würde dadurch unbestimmt und dunkel. Und das ist Unglaube in seiner gefährlichsten und heimtückischsten Form, dessen wahrer Charakter so verborgen ist, daß sich sogar viele angebliche Bibelkenner ihn zu eigen machen und lehren. PP 88.3
“Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes.” — “Denn wenn er spricht, so geschieht’s; wenn er gebietet, so steht’s da.” Psalm 33,6.9. Die Bibel kennt keine langen Zeiträume, in denen sich die Erde allmählich aus dem Chaos entwickelte. Von jedem Schöpfungstag sagt sie, daß er aus Abend und Morgen bestand, sich also von den folgenden Tagen nicht unterschied. Am Ende jedes Tages wird das Ergebnis des Schöpfungswerkes berichtet, und am Schluß der ersten Woche heißt es: “So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden.” 1.Mose 2,4. Aber damit sollte nicht gesagt werden, daß die Schöpfungstage etwas anderes als gewöhnliche Tage gewesen sind. Jeder Tag stellt eine Schöpfung dar, weil Gott an ihm einen neuen Teil seines Werkes schuf. PP 89.1
Die Geologen wollen in der Erde selbst Beweise dafür gefunden haben, daß sie viel älter sei, als der mosaische Bericht lehrt. Man entdeckte Knochen von Menschen und Tieren, Waffen, versteinerte Bäume und so weiter, viel größer als die heutigen oder wie sie für Jahrtausende bestanden haben. Daraus darf man aber nicht folgern, daß die Erde lange vor jener Zeit, die der Schöpfungsbericht darstellt, bewohnt war, womöglich von Wesen, die viel größer als die heute lebenden Menschen waren. Solche Beweisführung hat viele angeblich Bibelgläubige veranlaßt, die Schöpfungstage für riesige, unbestimmte Zeiträume zu halten. PP 89.2
Aber abgesehen vom biblischen Bericht ist die Geologie nicht in der Lage, etwas zu beweisen. Die sich so zuversichtlich auf ihre Entdeckungen stützen, haben keine richtige Vorstellung von der Größe der Menschen, Tiere oder Bäume vor der Sintflut oder von den unerhörten Veränderungen, die damals vor sich gingen. Überreste liefern Beweise für die damaligen Zustände, die sich in vieler Hinsicht von den heutigen unterscheiden. Über diese Zeit kann man jedoch nur etwas aus dem von Gott eingegebenen Bericht erfahren. Der Geist Gottes hat durch die Geschichte der Flut geklärt, was die Geologie allein niemals ergründen könnte. In Noahs Tagen wurden Menschen, Tiere und Bäume, die viel größer waren als die heutigen, begraben und damit für spätere Geschlechter als Beweis aufbewahrt, daß sie durch eine Flut zugrunde gingen. Gott beabsichtigte, durch die Entdeckung dieser Dinge den Glauben an die biblische Geschichte zu stärken. Aber die Menschen verfallen bei ihren unnützen Überlegungen in denselben Irrtum wie vor der Sintflut — was Gott ihnen zum Nutzen gab, verwandeln sie durch verkehrte Anwendung in Fluch. PP 89.3
Es gehört zu Satans Kunstgriffen, die Welt zur Annahme von Fabeln zu verleiten, das heißt zum Unglauben. So kann er das an sich klare Gesetz Gottes verschleiern und Menschen zur Auflehnung gegen die himmlische Herrschaft anstacheln. Seine Anstrengungen richten sich dabei besonders gegen das vierte Gebot, weil es so deutlich auf den lebendigen Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde, hinweist. PP 90.1
Unaufhörlich ist man bemüht, die Schöpfung aus natürlichen Ursachen zu erklären. Sogar jene, die sich Christen nennen, übernehmen diese menschlichen Beweisführungen im Gegensatz zu den klaren Tatsachen der Heiligen Schrift. Viele sprechen sich gegen eine Erforschung der Weissagungen, besonders des Daniel und der Offenbarung, aus. Sie halten sie für zu dunkel, als daß man sie verstehen könne. Aber gerade diese Leute nehmen Vermutungen der Geologen, die dem mosaischen Bericht widersprechen, bedenkenlos hin. Wenn ihnen nun das, was Gott offenbart hat, so schwer verständlich ist, wie widersinnig ist es dann, über das, was er nicht offenbart hat, bloßen Vermutungen zu glauben. PP 90.2
“Was verborgen ist, ist des Herrn, unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unsern Kindern ewiglich.” 5.Mose 29,28. Wie Gott das Schöpfungswerk vollbrachte, hat er den Menschen nicht offenbart. Menschliche Wissenschaft kann seine Geheimnisse nicht ergründen. Gottes Schöpfermacht ist ebenso unbegreiflich wie sein Dasein. PP 90.3
Gott hat der Welt durch Wissenschaft und Kunst geradezu eine Lichtfülle geschenkt. Aber wenn anerkannte Forscher diese Probleme von rein menschlichen Gesichtspunkten aus behandeln, müssen sie zu falschen Schlußfolgerungen kommen. Sofern unsere Theorien den Tatsachen in der Heiligen Schrift nicht widersprechen, mag es harmlos sein, Betrachtungen über Dinge anzustellen, die über das hinausgehen, was Gottes Wort offenbart hat. Wer aber den Boden des Wortes Gottes verläßt und sich die Schöpfung nur auf wissenschaftlicher Grundlage zu erklären versucht, treibt gleichsam ohne Karte und Kompaß auf unbekanntem Ozean. Die größten Geister werden bei ihren Versuchen, die Beziehungen von Wissenschaft und Offenbarung ausfindig zu machen, in die Irre geraten, wenn sie sich dabei nicht vom Worte Gottes leiten lassen. Weil der Schöpfer und seine Werke so weit über ihr Fassungsvermögen hinausgehen, daß sie beide nicht mit Naturgesetzen erklärt werden können, ist die biblische Geschichte für sie unzuverlässig. Wer aber die Echtheit der alt- und neutestamentlichen Berichte anzweifelt, steht in der Gefahr, sogar das Dasein Gottes anzuzweifeln. Wer diesen Anker erst einmal verloren hat, wird an den Felsen des Unglaubens scheitern. PP 90.4
Solche Menschen haben, wie gesagt, ihren Glauben verloren. Und dabei ist doch ein festes Vertrauen auf die göttliche Autorität der Heiligen Schrift entscheidend wichtig. Die Bibel darf nicht an menschlichen Vorstellungen von Wissenschaft gemessen werden. Das wäre ein unzuverlässiger Führer. Zweifler, die um der Kritik willen in der Bibel lesen, mögen wegen ihres unvollkommenen Verständnisses, das sie entweder von der Wissenschaft oder von der Offenbarung haben, behaupten, es gäbe Widersprüche zwischen beiden; aber richtig verstanden, herrscht völlige Übereinstimmung zwischen beiden. Mose schrieb unter der Leitung des Geistes Gottes; und eine einwandfreie Theorie auf geologischem Gebiet wird niemals von Entdeckungen sprechen, die mit Moses Aussagen unvereinbar sind. Jede Wahrheit, ob in der Natur oder in der Offenbarung, ist in allen Äußerungen folgerichtig in sich selbst. PP 91.1
Im Wort Gottes erheben sich viele Fragen, die auch die größten Gelehrten nicht beantworten können. Unser Augenmerk wird darauf gelenkt, um uns deutlich zu machen, wie viele, selbst alltägliche Dinge es gibt, die der begrenzte menschliche Verstand bei aller Klugheit, die er aufzuweisen hat, niemals ganz verstehen kann. PP 91.2
Und doch meinen Männer der Wissenschaft, die Weisheit Gottes erfassen und sein Handeln beurteilen zu können. Weit verbreitet ist die Ansicht, Gott sei an seine eigenen Gesetze gebunden. Und wie viele bestreiten und mißachten sein Dasein überhaupt, meinen alles erklären zu können, selbst das Wirken seines Geistes am Menschenherzen. Gottesfurcht und Würdigung seiner Macht kennen sie nicht mehr. Und da sie weder sein Gesetz begreifen noch seine Allmacht, durch die Gott seine Absichten mit ihnen erfüllt, glauben sie nicht an das Übernatürliche. Allgemein versteht man unter dem Wort “Naturgesetz”, was Menschen von den physikalischen Gesetzen bis dahin entdecken konnten. Aber wie begrenzt ist ihre Erkenntnis und wie weit das Gebiet, auf dem der Schöpfer in Einklang mit seinen Gesetzen doch über das Fassungsvermögen sterblicher Wesen hinaus wirken kann! PP 91.3
Viele lehren, daß die Materie Lebenskraft besitze und ihr besondere Eigenschaften zuzuschreiben seien. Sie bestimme ihr gesetzmäßiges Handeln durch die ihr innewohnende Kraft. Alle Vorgänge in der Natur würden durch feste Gesetze gelenkt, in die selbst Gott nicht eingreifen könne. Das ist falsch angewandte Wissenschaft, die im Worte Gottes keine Stütze findet. Die Natur ist die Dienerin ihres Schöpfers. Gott hebt seine Gesetze nicht auf, noch wirkt er ihnen entgegen. Vielmehr gebraucht er sie ständig als Mittel zum Zweck. Die Natur verrät wirklich das Vorhandensein einer handelnden Kraft, einer immer gegenwärtigen Intelligenz, die im Rahmen ihrer Gesetzmäßigkeit tätig ist. Vater und Sohn wirken ununterbrochen im Naturgeschehen. Christus sagt: “Mein Vater wirket bis auf diesen Tag, und ich wirke auch.” Johannes 5,17. PP 92.1
Die Leviten sangen in ihrem von Nehemia aufgezeichneten Lobgesang: “Herr, du bist’s allein, du hast gemacht den Himmel und aller Himmel Himmel mit ihrem ganzen Heer, die Erde und alles, was darauf ist ... du machst alles lebendig.” Nehemia 9,6. Was diese Welt betrifft, so ist Gottes Schöpfungswerk vollendet. Denn “nun waren ja die Werke von Anbeginn der Welt fertig”. Hebräer 4,3. Aber noch immer erhält er sie durch seine Macht. Der Mensch ist kein Mechanismus, der, einst in Bewegung gesetzt, aus eigener Kraft weiter wirkt, weil Puls und Atmung arbeiten. Sondern jeder Atemzug und jeder Herzschlag beweisen die alles durchdringende Fürsorge dessen, in dem wir “leben, weben und sind”. Apostelgeschichte 17,28. Nicht aus sich selbst bringt die Erde Jahr für Jahr ihren Reichtum hervor und bewegt sie sich weiter um die Sonne. Gottes Hand lenkt die Planeten und hält sie auf ihren vorgeschriebenen Bahnen durch das Universum. “Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, daß nicht eins von ihnen fehlt.” Jesaja 40,26. Auf sein Wort hin wachsen die Pflanzen, erscheinen die Blätter und entfalten sich die Blumen. Er läßt “Gras auf den Bergen wachsen”. Psalm 147,8. und füllt die Täler mit Früchten. Alle Tiere des Waldes empfangen ihre Speise von Gott, und alle Lebewesen, vom kleinsten Insekt bis zum Menschen, sind täglich von seiner Fürsorge abhängig. Der Psalmist sagt so schön: “Es warten alle auf dich, daß du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.” Psalm 104,27.28. Sein Wort beherrscht die Elemente, er bedeckt den Himmel mit Wolken und bereitet Regen für die Erde. “Er gibt Schnee wie Wolle, er streut Reif wie Asche.” Psalm 147,16. “Wenn er donnert, so ist Wasser die Menge am Himmel; Wolken läßt er heraufziehen vom Ende der Erde. Er macht die Blitze, daß es regnet, und läßt den Wind kommen aus seinen Vorratskammern.” Jeremia 10,13. PP 92.2
Gott ist der Schöpfer aller Dinge. Echte Wissenschaft stimmt mit seinen Werken überein; wahre Bildung führt zum Gehorsam gegen sein Walten. Sie eröffnet unserm Blick neue Wunder. Sie erforscht Höhen und Tiefen, aber daraus geht nichts hervor, was der göttlichen Offenbarung widerspricht. Unkundige mögen sich auf die Wissenschaft berufen, um Bestätigung für ihre falschen Ansichten über Gott zu finden. Aber das Buch der Natur und das geschriebene Wort ergänzen sich. So führen sie uns zur Anbetung des Schöpfers und zu einem vernünftigen Glauben an sein Wort. PP 93.1
Kein menschlicher Geist kann das Dasein, die Macht, die Weisheit oder die Werke des Unendlichen ganz begreifen. Der biblische Schreiber sagt: “Meinst du, daß du weißt, was Gott weiß, oder kannst du alles so vollkommen treffen wie der Allmächtige? Die Weisheit ist höher als der Himmel: was willst du tun? tiefer als die Hölle: was kannst du wissen? länger als die Erde und breiter als das Meer.” Hiob 11,7-9. Auch die klügsten Menschen vermögen Gott nicht zu erfassen. Wieviel sie auch forschen und lernen, immer bleibt eine Unendlichkeit übrig. PP 93.2
Doch die Werke der Schöpfung bestätigen Gottes Macht und Größe: “Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.” Psalm 19,2. Wer das geschriebene Wort zu Hilfe nimmt, wird die Wissenschaft hilfreich finden, um zum Verständnis Gottes zu gelangen. “Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen seit der Schöpfung der Welt und wahrgenommen an seinen Werken.” Römer 1,20. PP 93.3