Frühe Schriften von Ellen G. White

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Kapitel 20: Eine Warnung

Lieber Leser! Ich fühle mich meinen Brüdern und Schwestern verpflichtet und wünsche mir, daß nicht das Blut von Seelen an meinen Kleidern gefunden werden möchte. Das hat mich veranlaßt, dies kleine Buch zu schreiben. Ich bin mir des Unglaubens der breiten Masse in bezug auf Visionen bewußt, und ich weiß auch, daß viele, die bekennen, auf Christus zu warten, und die lehren, daß wir in den letzten Tagen leben, all dies dem Satan zuschreiben. Von solchen Menschen erwarte ich viel Widerstand. Hätte ich nicht empfunden, daß der Herr es von mir verlangt, so hätte ich meine Visionen nicht auf diese Weise veröffentlicht, da sie wahrscheinlich bei etlichen Haß und Spott hervorrufen werden. Aber ich fürchte Gott mehr als die Menschen. FS 66.2

Als mir der Herr zuerst Botschaften für sein Volk gab, war es schwer für mich, sie zu verkündigen. Oft milderte ich sie sehr und machte sie so sanft wie möglich, aus Furcht, jemanden zu verletzen. Es war für mich eine große Last, die Botschaften so zu verkündigen, wie der Herr sie mir gab. Ich machte mir nicht klar, daß ich darin untreu war, und sah nicht, wie sündhaft und gefährlich eine solche Handlungsweise ist, bis ich in einer Vision in die Gegenwart Jesu geführt wurde. Er schaute mich mit finsterem Blick an und wandte dann sein Angesicht von mir. Es ist nicht möglich, den Schrecken und die Angst zu beschreiben, die ich empfand. Ich fiel vor ihm auf mein Angesicht, aber ich hatte keine Kraft, auch nur ein Wort hervorzubringen. O, wie ich mich sehnte, vor diesem schrecklichen Blick bedeckt und verborgen zu sein! Damals konnte ich einigermaßen verstehen, welche Gefühle die Verlorenen haben werden, wenn sie ausrufen: “Berge und Felsen, fallet über uns und verberget uns vor dem Angesicht des, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes!” Offenbarung 6,16. FS 67.1

Sogleich befahl mir ein Engel aufzustehen. Der Anblick, der sich meinen Augen bot, kann kaum beschrieben werden. Es wurde mir eine Schar vorgeführt, deren Haare und Kleider zerrissen waren. Ihr Gesichtsausdruck war ein Bild der Verzweiflung und des Schreckens. Sie kamen nahe zu mir, nahmen ihre Gewänder und rieben sie an den meinen. Ich blickte auf meine Kleider und sah, daß sie mit Blut befleckt waren und daß das Blut Löcher hineinfraß. Wiederum fiel ich wie tot zu den Füßen meines begleitenden Engels. Ich konnte keine Entschuldigung vorbringen. Meine Zunge widerstand allen Bemühungen, und ich wünschte nur, von solch heiligem Ort fort zu sein. Der Engel stellte mich wieder auf meine Füße und sagte: “So steht es jetzt nicht um dich, doch diese Szene wurde dir vorgeführt, damit du erkennst, in welcher Situation du sein wirst, wenn du dich weigerst, den anderen das zu verkündigen, was der Herr dir offenbart hat. Wenn du aber treu bist bis zum Ende, so sollst du vom Baum des Lebens essen und vom Wasser des Lebens trinken. Du wirst viel zu leiden haben, aber die Gnade Gottes ist ausreichend.” Dann war ich willig, alles zu tun, was der Herr von mir verlangte, auf daß ich sein Wohlgefallen haben möge und nicht seinen schrecklichen Blick fühlen müsse. FS 67.2

Ich bin oft fälschlich beschuldigt worden, Ansichten zu verbreiten, die dem Spiritismus eigen sind. Aber ehe der Herausgeber des “Day-Star”1 in diese Täuschung fiel, gab mir der Herr eine Vision über die traurigen und trostlosen Folgen, die durch ihn und andere über die Herde gebracht würden, indem er spiritistische Ansichten lehrte. Oft hab ich den teuren Jesus gesehen, er ist eine Person. Ich fragte ihn, ob sein Vater eine Person sei und die gleiche Gestalt habe wie er. Er sagte: “Ich bin das genaue Ebenbild der Person meines Vaters.” FS 68.1

Ich habe oft gesehen, daß solche alles vergeistigenden Ansichten alle Herrlichkeit des Himmels wegnehmen und daß in vielen Gemütern der Thron Davids und die liebliche Person Jesu in dem Feuer des Spiritismus aufgehen. Ich habe gesehen, daß manche, die in diesen Irrtum gefallen waren, zu dem Licht der Wahrheit gebracht werden; aber es wird fast unmöglich für sie sein, ganz von der trügerischen Macht des Spiritismus loszukommen. Solche sollten ganz gründlich vorgehen, indem sie ihre Irrtümer bekennen und sie für immer lassen. FS 68.2

Lieber Leser, ich empfehle dir das Wort Gottes als die Richtschnur deines Glaubens und Handelns. Durch dieses Wort sollen wir gerichtet werden. Gott hat in diesem Wort versprochen, in den “letzten Tagen” Visionen zu geben, nicht als eine neue Richtschnur des Glaubens, sondern zum Trost seines Volkes und um jene zu korrigieren, die von der biblischen Wahrheit abirren. So verfuhr Gott mit Petrus, als er ihn zu den Heiden schicken wollte (vergleiche Apg. 10). FS 68.3

Denen, die dieses kleine Buch verbreiten wollen, möchte ich sagen, daß es nur für ernste Leute bestimmt ist und nicht für solche, die die Dinge des Geistes Gottes lächerlich machen würden. FS 69.1