Für die Gemeinde geschrieben — Band 1

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Kapitel 31: Das Gesetz im Galaterbrief

Man fragt sich, wie es mit dem Gesetz im Galaterbrief aussieht. Welches Gesetz ist der Zuchtmeister, der uns zu Christus führt? Ich antworte darauf: Beide — das Zeremonial- und das Sittengesetz. FG1 246.1

Christus war die Grundlage der gesamten jüdischen Heilsordnung. Der Tod Abels war die Folge davon, daß Kain sich weigerte, den Plan Gottes in der Schule des Gehorsams anzunehmen. Er lehnte es ab, sich vom Blut Christi erlösen zu lassen, wofür die Schuldopfer, die auf Christus hinwiesen, ein Symbol waren. Kain lehnte das blutige Opfer ab, das ein Bild für das Vergießen des Blutes Christi für die ganze Welt darstellte. Die Zeremonie war von Gott eingesetzt worden, und Christus wurde zur Grundlage des ganzen Systems. Dies ist der Anfang des Wirkens des Gesetzes als Zuchtmeister, um den sündigen Menschen Christus als Grundlage der gesamten jüdischen Heilsordnung nahezubringen. FG1 246.2

Alle, die einen Dienst in Verbindung mit dem Heiligtum verrichteten, wurden ständig über die Mittlerrolle Christi für das Menschengeschlecht unterrichtet. Mit diesem Dienst war beabsichtigt, in jedem Herz die Liebe zu Gottes Gesetz als dem Gesetz seiner Herrschaft zu wecken. Das Schuldopfer sollte eine praktische Lektion der Liebe Gottes sein, die sich in Christus offenbart: in dem leidenden, sterbenden Opfer, das die Sünden auf sich nahm, deren sich die Menschen schuldig gemacht hatten; der Unschuldige, der für uns zur Sünde gemacht wurde. FG1 246.3

Beim Nachdenken über dieses große Thema der Erlösung erkennen wir das Werk Christi. Nicht nur die versprochene Gabe des Geistes, sondern auch Natur und Wesen dieses Opfers und dieses Mittlerdienst sollte in unseren Herzen erhabene, heilige und edle Vorstellungen vom Gesetz Gottes wecken, das seinen Anspruch auf jeden Menschen erhebt. Die Übertretung jenes Gesetzes mit jener geringen Tat — ein Essen von der verbotenen Frucht — brachte die Folgen des Ungehorsams gegenüber dem heiligen Gesetz Gottes auf Mensch und Erde. Die Art des Mittlerdienstes sollte die Menschen für immer davon abhalten, auch nur die geringste Tat des Ungehorsams gegenüber Gottes Anforderungen zu begehen. FG1 246.4

Es sollte ein klares Verständnis davon bestehen, worin Sünde besteht, und wir sollten auch nicht den geringsten Schritt tun, um die Grenze zwischen Gehorsam und Ungehorsam zu überschreiten. FG1 247.1

Gott möchte, daß jedes seiner Geschöpfe die große Tat des ewigen Sohnes Gottes begreift, der sein Leben zur Erlösung der Welt einsetzte. “Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, daß wir Gottes Kinder heißen sollen — und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht.” 1.Johannes 3,1. FG1 247.2

Wenn ein Sünder in Christus die unendliche und selbstlose Liebe und Güte verkörpert sieht, dann wird in seinem Herzen eine dankbare Neigung geweckt, dahin zu folgen, wohin Christus ihn zieht. Manuskript 87, 1900. FG1 247.3

Das Sittengesetz

“So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, damit wir durch den Glauben gerecht würden.” Galater 3,24. In diesem Schriftabschnitt spricht der Heilige Geist durch den Apostel insbesondere vom Moralgesetz. Das Gesetz zeigt uns die Sünde auf und führt uns zu der Erkenntnis, daß wir Christus brauchen, und zu ihm flüchten, um in Reue vor Gott und unserem Herrn Jesus Christus Vergebung und Frieden zu erlangen. FG1 247.4

Der Widerwille, vorgefaßte Meinungen aufzugeben, und diese Wahrheit anzunehmen, war die Grundlage für den größten Teil des Widerstandes in Minneapolis gegen die Botschaft des Herrn, wie sie von den Brüdern [E.J.] Waggoner und [A.T] Jones verkündigt wurde. Indem Satan diesen Widerstand anstachelte, schaffte er es in hohem Maße, die besondere Kraft des Heiligen Geistes, die Gott ihnen so sehnlich schenken wollte, von unseren Leuten fernzuhalten. Der Feind hielt sie davon ab, jene Wirksamkeit zu entfalten, die sie hätten haben können, um aller Welt die Wahrheit mitzuteilen, wie es die Apostel in den Pfingsttagen taten. Gegen das Licht, das alle Welt mit seiner Herrlichkeit erleuchten sollte, wurde Widerstand geleistet. Und durch diese Handlung haben unsere eigenen Geschwister in einem starken Maß das Licht von der Welt fern gehalten. FG1 247.5

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Das Gesetz der Zehn Gebote sollte nicht so sehr von der Verbotsseite als vielmehr vom Blickwinkel der Gnade aus betrachtet werden. Seine Verbote garantieren unser Glück, wenn wir sie beachten. Nehmen wir es in Christus an, wird es in uns die Reinheit des Charakters hervorbringen, die uns Freude bis in alle Ewigkeit schenken wird. Für den Gehorsamen ist das Gesetz ein Schutzwall. Wir können darin die Güte Gottes erkennen, der einerseits den Menschen die unveränderlichen Grundsätze der Gerechtigkeit enthüllt und sie andererseits vor dem Bösen, das aus der Übertretung erwächst, zu bewahren sucht. FG1 248.1

Wir sollten Gott nicht so sehen, daß er nur darauf wartet, den Sünder für seine Sünde zu bestrafen. Vielmehr zieht sich der Sünder die Strafe selbst zu. Seine eigenen Handlungen ziehen eine Reihe von Umständen nach sich, die mit Sicherheit Folgen haben. FG1 248.2

Jede Übertretung hat ihre Rückwirkung auf den Sünder, bewirkt in ihm eine Charakterveränderung und macht ihn anfälliger, erneut gegen das Gesetz zu verstoßen. Durch ihre Entscheidung zu sündigen sagen sich die Menschen selbst von Gott los und trennen sich vom Segensstrom. Als sicheres Ergebnis folgen Selbstzerstörung und Tod. FG1 248.3

Das Gesetz ist ein Ausdruck der Grundidee Gottes. Wenn wir es in Christus annehmen, prägt es unser Denken. Es reißt uns aus der Gewalt natürlicher Wünsche, Neigungen und Versuchungen, die zur Sünde führen. “Großen Frieden haben, die dein Gesetz lieben; sie werden nicht straucheln.” Psalm 119,165. Das hält von der Sünde ab. FG1 248.4

Im Zustand der Sündhaftigkeit gibt es keinen Frieden; die Bösen befinden sich im Krieg gegen Gott. Wer jedoch die Gerechtigkeit des Gesetzes in Christus geschenkt bekommt, steht im Einklang mit dem Himmel, so “daß Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen”. Psalm 85,11. Brief 96, 1896. FG1 248.5