Propheten und Könige
Kapitel 5: Salomos Reue
Zweimal während seiner Regierungszeit war Salomo der Herr erschienen und hatte in Worten der Anerkennung und des Rates zu ihm geredet: das eine Mal zu Gibeon nachts in einer Vision, als er ihm zugleich mit der Verheißung von Weisheit, Reichtum und Ehre die Mahnung erteilte, demütig und gehorsam zu bleiben; und das andere Mal nach der Tempelweihe, wobei der Herr ihn abermals zur Treue ermahnte. Die Ermahnungen waren deutlich, und die Verheißungen an Salomo waren wunderbar. Doch obwohl er in Anbetracht seiner Verhältnisse, seines Charakters und seines Lebens imstande gewesen wäre, der Ermahnung Gehör zu schenken und den Erwartungen des Himmels zu entsprechen, steht geschrieben: “Er aber hatte nicht gehalten, was ihm der Herr geboten hatte.” Er hatte “sein Herz von dem Herrn, dem Gott Israels, abgewandt ..., der ihm zweimal erschienen war und ihm geboten hatte, daß er nicht andern Göttern nachwandelte”. 1.Könige 11,9.10. Sein Abfall war so vollständig und sein Herz in der Übertretung so verhärtet, daß sein Fall nahezu hoffnungslos erschien. PK 51.1
Von der Freude, die die Gemeinschaft mit Gott bringt, wandte Salomo sich ab, um Befriedigung in sinnlichen Genüssen zu suchen. Von dieser Erfahrung sagt er: PK 51.2
“Ich tat große Dinge: ich baute mir Häuser, ich pflanzte mir Weinberge, ich machte mir Gärten und Lustgärten ... Ich erwarb mir Knechte und Mägde ... Ich sammelte mir auch Silber und Gold und was Könige und Länder besitzen; ich beschaffte mir Sänger und Sängerinnen und die Wonne der Menschen, Frauen in Menge, und war größer als alle, die vor mir zu Jerusalem waren ... PK 51.3
Und alles, was meine Augen wünschten, das gab ich ihnen und verwehrte meinem Herzen keine Freude, so daß es fröhlich war von aller meiner Mühe ... Als ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles eitel und Haschen nach Wind und kein Gewinn unter der Sonne. PK 51.4
Da wandte ich mich, zu betrachten die Weisheit und die Tollheit und Torheit. Denn was wird der Mensch tun, der nach dem König kommen wird? Was man schon längst getan hat ... Darum verdroß es mich zu leben ... Und mich verdroß alles, um das ich mich gemüht hatte unter der Sonne.” Prediger 2,4-18. PK 52.1
Durch seine eigene bittere Erfahrung lernte Salomo die Leere eines Lebens kennen, das in irdischen Dingen sein höchstes Gut sucht. Er errichtete heidnischen Göttern Altäre, doch er erfuhr lediglich, wie wertlos ihr Versprechen der Ruhe für den Geist ist. Düstere und quälende Gedanken beunruhigten ihn Tag und Nacht. Alle Lebensfreude und aller Frieden des Herzens waren von ihm gewichen; die Zukunft erschien ihm in trostloses Dunkel gehüllt. PK 52.2
Doch der Herr verließ ihn nicht. Durch Botschaften der Zurechtweisung wie durch strenge Gerichte suchte er den König zur Erkenntnis der Sündhaftigkeit seines Verhaltens zu bringen. Er entzog ihm seine schirmende Fürsorge und ließ zu, daß Feinde das Reich beunruhigten und schwächten. “Der Herr erweckte Salomo einen Widersacher, den Edomiter Hadad ... Auch erweckte Gott dem Salomo noch einen Widersacher, Reson ... Der hatte Männer um sich gesammelt und war Hauptmann einer Schar ... und wurde König in Damaskus. Und er war Israels Widersacher ... Auch Jerobeam (Salomos Vogt, ‘ein tüchtiger Mann’) hob die Hand auf gegen den König.” 1.Könige 11,14-28. PK 52.3
Schließlich sandte der Herr dem Salomo durch einen Propheten die bestürzende Botschaft: “Weil das bei dir geschehen ist und du meinen Bund und meine Gebote nicht gehalten hast, die ich dir geboten habe, so will ich das Königtum von dir reißen und einem deiner Großen geben. Doch zu deiner Zeit will ich das noch nicht tun um deines Vaters David willen; sondern aus der Hand deines Sohnes will ich’s reißen.” 1.Könige 11,11.12. PK 52.4
Die Verkündigung dieses gegen ihn und sein Haus gerichteten Urteilsspruches weckte ihn wie aus einem Traum, und Salomo begann mit einem sich von neuem regenden Gewissen seine Torheit im rechten Licht zu sehen. Gebeugten Geistes, an Verstand und Körper geschwächt wandte er sich müde und durstig ab von der Erde löchrigen Zisternen, um noch einmal vom Brunnquell des Lebens zu trinken. An ihm hatte die Züchtigung durch Leiden zu guter Letzt doch noch ihr Werk vollbracht. Lange schon hatte ihn im Hinblick auf seine Unfähigkeit, die Torheit abzulegen, die Furcht vor gänzlichem Scheitern gepeinigt; doch jetzt erkannte er in der an ihn gerichteten Botschaft einen Strahl der Hoffnung. Gott hatte ihn nicht gänzlich aufgegeben, sondern erklärte sich bereit, ihn von einer Knechtschaft zu befreien, die grausamer ist als das Grab, und von der er sich selbst nicht befreien konnte. PK 52.5
Dankbar anerkannte Salomo die Macht und Güte dessen, der als “Höchster über sie alle” waltet (Prediger 5,7, Bruns), und kehrte reumütig zu der erhabenen Höhe der Reinheit und Heiligkeit zurück, von der er so weit abgekommen war. Er konnte zwar nie hoffen, den verderblichen Folgen der Sünde zu entrinnen und sein Gemüt von allen Erinnerungen an sein leichtfertiges Leben zu befreien; doch er wollte sich ernstlich bemühen, andere davon abzubringen, der Torheit zu folgen. Demütig bekannte er, daß er verkehrt gehandelt habe. So wollte er andere warnen, damit sie nicht durch den Einfluß zum Bösen, den er vorher ausgeübt hatte, unrettbar verlorengingen. PK 53.1
Der wirklich reuige Mensch vergißt die von ihm begangenen Sünden nicht. Er wird, sobald er Frieden gefunden hat, seinen Fehlern gegenüber nicht gleichgültig. Vielmehr denkt er an die, welche durch sein Verhalten zum Bösen verleitet wurden und tut alles, um sie auf den rechten Weg zurückzubringen. Je heller das Licht ist, das ihn nunmehr umfängt, desto stärker ist auch sein Verlangen, andere auf den rechten Weg zu führen. Er setzt sich nicht leichtfertig über sein eigenwilliges Verhalten hinweg, beschönigt auch nicht sein Unrecht, sondern läßt das Notsignal ertönen, um andere zu warnen. PK 53.2
Salomo bekannte, daß “das Herz der Menschen voll Bosheit” ist und daß “Torheit ist in ihrem Herzen, solange sie leben”. Prediger 9,3. Wiederum erklärte er: “Weil das Urteil über böses Tun nicht sogleich ergeht, wird das Herz der Menschen voll Begier, Böses zu tun. Wenn ein Sünder auch hundertmal Böses tut und lange lebt, so weiß ich doch, daß es wohlgehen wird denen, die Gott fürchten, die sein Angesicht scheuen. Aber dem Gottlosen wird es nicht wohlgehen, und wie ein Schatten werden nicht lange leben, die sich vor Gott nicht fürchten.” Prediger 8,11-13. PK 53.3
Vom Geiste Gottes inspiriert, schrieb der König für spätere Generationen die Geschichte der Jahre nieder, die er vergeudet hatte, mitsamt den Warnungen, die sie erteilen. So war sein Lebenswerk dennoch nicht gänzlich verloren, wiewohl sein Volk das Böse ernten mußte, das er gesät hatte. Voller Sanftmut und Demut lehrte er in seinen späteren Jahren “das Volk gute Lehre, und erwog und forschte und dichtete viele Sprüche. Er suchte, daß er fände angenehme Worte und schriebe recht die Worte der Wahrheit. Die Worte der Weisen sind wie Stacheln, und wie eingeschlagene Nägel sind die einzelnen Sprüche; sie sind von einem Hirten gegeben”. Prediger 12,9-11. PK 54.1
“Und über dem allen, mein Sohn, laß dich warnen ... laßt uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.” Prediger 12,12-14. PK 54.2
Salomos spätere Schriften zeigen, daß er, als er mehr und mehr die Gottlosigkeit seines Verhaltens einsah, sein Augenmerk darauf lenkte, die Jugend zu warnen, in die Irrtümer zu verfallen, die ihn dazu verleitet hatten, des Himmels auserlesenste Gaben für nichts zu verschwenden. Voller Schmerz und Scham gestand er, daß er in der Reife des Mannesalters, wo er in Gott seinen Trost, seine Hilfe und sein Leben hätte finden sollen, sich von dem Licht des Himmels und der Weisheit Gottes abgewandt und Götzendienst anstatt der Anbetung des Herrn erwählt hatte. Jetzt, nachdem er durch traurige Erfahrungen erkannt hatte, wie töricht ein solches Leben ist, war es sein sehnlichstes Verlangen, andere davor zu bewahren, dieselbe schmerzliche Erfahrung zu machen, durch die er hatte hindurchgehen müssen. PK 54.3
Mit ergreifenden Worten schrieb er über die Vorrechte und Verantwortlichkeit der Jugend im Dienste Gottes: “Es ist das Licht süß, und den Augen lieblich, die Sonne zu sehen. Denn wenn ein Mensch viele Jahre lebt, so sei er fröhlich in ihnen allen und denke an die finstern Tage, daß es viele sein werden; denn alles, was kommt, ist eitel. So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und laß dein Herz guter Dinge sein in deinen jungen Tagen. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, daß dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird. Laß den Unmut fern sein von deinem Herzen und halte fern das Übel von deinem Leibe; denn Kindheit und Jugend sind eitel.” Prediger 11,7-10. PK 54.4
“Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend,
ehe die bösen Tage kommen
und die Jahre sich nahen, da du wirst sagen:
‘Sie gefallen mir nicht’;
ehe die Sonne und das Licht, Mond und Sterne finster werden
und Wolken wiederkommen nach dem Regen, —
zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern
und die Starken sich krümmen und müßig stehen die
Müllerinnen,
weil es so wenige geworden sind,
und wenn finster werden, die durch die Fenster sehen,
und wenn die Türen an der Gasse sich schließen,
daß die Stimme der Mühle leiser wird,
und wenn sie sich hebt, wie wenn ein Vogel singt,
und alle Töchter des Gesanges sich neigen;
wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem
Wege,
wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt,
und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin,
wo er ewig bleibt,
und die Klageleute gehen umher auf der Gasse; —
ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale
zerbricht
und der Eimer zerschellt an der Quelle
und das Rad zerbrochen in den Brunnen fällt.
Denn der Staub muß wieder zur Erde kommen, wie er
gewesen ist,
und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.” Prediger 12,1-7.
PK 55.1
Reich an Warnungen ist das Leben Salomos nicht nur für junge Leute, sondern auch für die in reiferem Alter und sogar für solche, mit denen es schon bergab geht und deren Lebenstag sich dem Ende zuneigt. Man sieht und hört davon, wie unbeständig die Jugend ist; wie junge Leute hin und her schwanken zwischen Recht und Unrecht, und wie die Flut der Leidenschaften sich ihnen zu stark erweist und sie mit sich fortreißt. Von Menschen in gesetzterem Alter erwarten wir keine derartige Unbeständigkeit und Treulosigkeit, wir rechnen vielmehr damit, bei ihnen einen ausgeprägten Charakter und festgeankerte Grundsätze zu finden. Doch dem ist nicht immer so. Salomo büßte seine Standhaftigkeit unter dem Ansturm der Versuchung ein, als sein Charakter unbiegsam wie eine Eiche hätte sein sollen. Als er am stärksten hätte sein müssen, wurde er am schwächsten erfunden. PK 55.2
Von solchen Beispielen sollten wir lernen, daß Wachsamkeit und Gebet für jung und alt der einzige Schutz sind; angesehene Stellung und Sonderrechte dagegen bieten keine Sicherheit. Mag jemand auch viele Jahre hindurch sich einer echten, christlichen Erfahrung erfreuen, er bleibt dennoch Satans Angriffen ausgesetzt. Im Kampf mit der Sünde von innen und der Versuchung von außen wurde selbst der weise und mächtige Salomo besiegt. Sein Versagen lehrt uns, daß, wie groß jemandes geistige Fähigkeiten auch sein mögen und wie treu er in der Vergangenheit auch Gott gedient haben mag, er sich trotzdem nie ohne Gefahr auf seine eigene Weisheit und Rechtschaffenheit verlassen kann. PK 56.1
Für jede Generation und jedes Land gelten die gleiche Grundlage und die gleiche Richtschnur für die Bildung des Charakters. Das göttliche Gesetz: “Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen ... und deinen Nächsten wie dich selbst” (Lukas 10,27), dieser wichtige, im Charakter und im Leben unseres Heilandes geoffenbarte Grundsatz, bildet die einzig sichere Grundlage, den allein zuverlässigen Führer. Dann wird “ein Reichtum von Heilsgütern, Weisheit und Verstand”, die Weisheit und Erkenntnis, welche Gottes Wort allein mitteilen kann, die Sicherheit deiner “Zeitläufte” sein. Jesaja 33,6 (Parallelbibel). PK 56.2
Die Worte, die einst zu Israel über das Halten der göttlichen Gebote geredet wurden, sind heute ebenso wahr wie damals: “Dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern.” 5.Mose 4,6. Darin besteht der einzige Schutz für die Rechtschaffenheit des einzelnen, für die Reinheit der Familie, für das Wohlergehen der Gesellschaft und für den Bestand des Volkes. Inmitten all der Wirrnisse und Fährlichkeiten und widerstreitenden Ansprüche ist und bleibt das Tun dessen, was Gott sagt, der einzig sichere und zuverlässige Maßstab. “Die Befehle des Herrn sind richtig.” Psalm 19,9. “Wer das tut, wird nimmermehr wanken.” Psalm 15,5. PK 56.3
Wer Salomos Abfall von Gott als Warnung zu Herzen nimmt, wird die Sünden, die ihn einst überwältigten, gar nicht erst an sich herantreten lassen. Allein der Gehorsam gegen die Forderungen des Himmels vermag den Menschen vor der Untreue gegenüber Gott zu bewahren. Gott hat dem Menschen großes Licht und viele Segnungen gewährt; doch wenn dieses Licht und diese Segnungen nicht angenommen werden, dann schützen sie weder vor Ungehorsam noch vor Abfall. Wenn die Menschen, die Gott in verantwortungsvolle Stellen eingesetzt hat, sich von ihm wenden und zu menschlicher Weisheit ihre Zuflucht nehmen, so verwandelt sich ihr Licht in Finsternis, und die ihnen verliehenen Fähigkeiten werden ihnen zur Schlinge. PK 57.1
Solange der Kampf anhält, wird es Menschen geben, die von Gott abweichen. Satan wird die Verhältnisse so gestalten, daß sie — es sei denn, daß Gottes Macht uns bewahrt — beinahe unmerklich die Widerstandskraft der Seele schwächen. Wir sollten daher bei jedem Schritt fragen: “Ist dies der Weg des Herrn?” Solange wir leben, besteht die Notwendigkeit, entschlossen über die Regungen und Neigungen in uns zu wachen. Wenn wir uns nicht auf Gott verlassen und wenn unser Leben nicht mit Christus in Gott geborgen ist, dann sind wir keinen Augenblick sicher. Nur Wachsamkeit und Gebet erhalten die Reinheit. PK 57.2
Alle, die in die Stadt Gottes gelangen, werden sie — nach heißem Ringen — durch die enge Pforte betreten; denn “es wird durchaus nichts Unreines in sie eingehen”. Offenbarung 21,27 (Schlachter). Dennoch braucht niemand, der gefallen ist, zu verzweifeln. Mögen auch bejahrte Männer, die Gott einst geehrt hat, ihre Seelen befleckt und die Tugend auf dem Altar sündhafter Lust geopfert haben, so ist doch auch für sie noch Hoffnung, wenn sie Buße tun, die Sünde aufgeben und sich zu Gott kehren. Der, welcher sagt: “Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben” (Offenbarung 2,10), läßt auch die Einladung ergehen: “Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.” Jesaja 55,7. Gott haßt die Sünde, doch er liebt den Sünder. “So will ich”, spricht er, “ihre Abtrünnigkeit wieder heilen; gerne will ich sie lieben.” Hosea 14,5. PK 57.3
Salomos Reue war aufrichtig; doch der Schaden, den sein schlimmes Beispiel angerichtet hatte, konnte nicht ungeschehen gemacht werden. Es gab zwar auch während seines Abfalls Männer im Reich, die treu zu dem standen, was ihnen anvertraut war, und ihre Reinheit und Gottergebenheit bewahrt hatten. Viele jedoch wurden verführt, und den Mächten des Bösen, die durch die Einführung der Abgötterei und weltlicher Bräuche hatten wirksam werden können, vermochte auch der reumütige König nicht leicht wieder Einhalt zu gebieten. Sein Einfluß zum Guten war sehr geschwächt worden. Viele zögerten, seiner Führung voll zu vertrauen. Obwohl der König seine Sünde bekannte und zum Nutzen späterer Generationen einen Bericht über sein törichtes Verhalten und seine Umkehr verfaßte, so konnte er dennoch nie hoffen, den verderblichen Einfluß seiner verkehrten Handlungsweise gänzlich zu überwinden. Durch seinen Abfall von Gott kühn gemacht, fuhren viele damit fort, Böses und nur Böses zu tun. Auch der abwärts gerichtete Kurs, den viele der folgenden Herrscher einschlugen, geht auf den traurigen Mißbrauch der Salomo von Gott verliehenen Kräfte zurück. PK 57.4
Von Gewissensbissen über sein böses Verhalten geplagt, sah Salomo sich gezwungen zu erklären: “Weisheit ist besser als Kriegswaffen; aber ein einziger Bösewicht verdirbt viel Gutes.” Prediger 9,18. “Es gibt ein Übel, das ich unter der Sonne gesehen habe, gleich einem Irrtum, welcher von dem Machthaber ausgeht: Die Torheit wird in große Würden eingesetzt.” Prediger 10,5.6 (EB). PK 58.1
“Tote Fliegen verderben gute Salben. Ein wenig Torheit wiegt schwerer als Weisheit und Ehre.” Prediger 10,1. Auf keine der vielen Lehren, die Salomos Leben uns erteilt, sollte stärkerer Nachdruck gelegt werden als auf die von der Macht des Einflusses zum Guten oder zum Bösen. Wie eng begrenzt auch unser Wirkungskreis sein mag, so üben wir dennoch einen Einfluß zum Guten oder zum Bösen aus. Ob wir es wollen oder nicht, er übt seine Wirkung aus und gereicht anderen zum Segen oder zum Fluch. Er kann durch das Dunkel der Unzufriedenheit und der Selbstsucht niederdrücken oder durch die todbringende Befleckung einer Lieblingssünde vergiftet sein. Er kann aber auch mit der lebenspendenden Kraft des Glaubens, des Mutes und der Hoffnung sowie mit dem Wohlgeruch der Liebe erfüllt sein. Zweifellos aber wird er sich entweder zum Guten oder zum Bösen auswirken. PK 58.2
Daß unser Einfluß wie ein tödlicher Duft sein kann, ist ein furchtbarer Gedanke; doch die Möglichkeit ist nicht auszuschließen. Wer kann den Verlust ermessen, den auch nur eine Seele darstellt, die irregeleitet wird und deshalb das ewige Leben verwirkt! In der Tat, eine einzige übereilte Handlung, ein einziges unbedachtes Wort unsrerseits kann einen nachhaltigen Einfluß auf das Leben eines anderen ausüben und seiner Seele zum Verderben gereichen. Ein einziger Makel im Charakter vermag viele von Christus abwendig zu machen. PK 58.3
Der ausgestreute Same bringt eine Ernte hervor, deren Ertrag wiederum gesät wird. So wird die Ernte vervielfältigt. Dieses Gesetz gilt auch für unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Jede Tat und jedes Wort ist ein Same, der Frucht bringt. Jede Handlung aus Rücksicht, Freundlichkeit, Gehorsam und Hingabe pflanzt sich ununterbrochen fort. Ebenso ist jede Tat des Neides, des Hasses oder der Zwietracht ein Same, der als eine, “bittere Wurzel” (Hebräer 12,15) aufsprießen wird, durch die viele verbittert werden können. Eine wieviel größere Zahl aber wird erst durch diese “vielen” vergiftet! So setzt sich das Säen guten und bösen Samens in Zeit und Ewigkeit fort. PK 59.1