Das Wirken der Apostel
Ihr Glaube brachte den Sieg
Kapitel 51: Ein treuer Unterhirte
Auf der Grundlage von 1.Petrus.
Nur wenig wird in der Apostelgeschichte von dem späteren Wirken des Apostels Petrus erwähnt. Während der bewegten Jahre seines Dienstes nach der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten gehörte er zu denen, die unermüdlich die Juden zu erreichen suchten, die anläßlich der jährlichen Feste nach Jerusalem kamen. WA 513.1
Als die Zahl der Gläubigen in Jerusalem und an anderen Orten, wohin die Sendboten des Kreuzes kamen, immer mehr wuchs, erwiesen sich die Fähigkeiten des Petrus von unschätzbarem Wert für die urchristliche Gemeinde. Der Einfluß seines Zeugnisses von Jesus von Nazareth wirkte sich nah und fern aus. Eine doppelte Verantwortung war ihm anvertraut worden: Vor den Ungläubigen legte er ein klares Zeugnis vom Messias ab und strebte ernstlich deren Bekehrung an; gleichzeitig setzte er sich für die Gläubigen ein, um sie in ihrem Glauben an Christus zu stärken. WA 513.2
Erst nachdem Petrus dahin geführt worden war, sich nicht mehr auf sich selber, sondern allein auf die göttliche Macht zu stützen, wurde er zum Hirtendienst berufen. Noch ehe Petrus ihn verleugnete, hatte Christus zu ihm gesagt: “Wenn du dermaleinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.” Lukas 22,32. Dieser Ausspruch hatte auf das große und erfolgreiche Werk hingewiesen, das dieser Apostel in der Zukunft für jene tun würde, die zum Glauben kommen sollten. Für diese Aufgabe war Petrus durch seine eigene Erfahrung mit der Sünde sowie durch seine Reue und Buße vorbereitet worden. Erst als er seine eigene Schwäche erlebt hatte, konnte er erkennen, wie nötig es der Gläubige hat, sich auf Christus zu verlassen. Im Sturm der Versuchung hatte er einsehen gelernt, daß der Mensch nur dann seinen Lebensweg sicher gehen kann, wenn er nicht mehr auf sich selber baut, sondern sein Vertrauen auf den Heiland setzt. WA 513.3
Bei der letzten Begegnung Christi mit seinen Jüngern am See Genezareth war Petrus durch die dreimalige Frage: “Hast du mich lieb?” (Johannes 21,15-17) geprüft und erneut in seine Stellung unter den Zwölfen eingesetzt worden. Dabei war ihm als Aufgabe übertragen worden, die Herde des Herrn zu weiden. Als Bekehrter und Angenommener sollte er nun nicht nur danach trachten, jene zu retten, die noch nicht zur Herde gehörten, sondern auch ein Hirte der Schafe zu sein. WA 514.1
Christus hatte nur eine Voraussetzung für den Dienst des Petrus genannt: “Hast du mich lieb?” Liebe ist die entscheidende Voraussetzung. Mochte Petrus auch jede andere Fähigkeit besitzen, so konnte er doch ohne die Liebe Christi kein treuer Hirte der Herde Gottes sein. Gewiß, auch Kenntnisse, Güte, Redegabe und Eifer sind in diesem Werk wichtig; wo aber die Liebe Christi im Herzen fehlt, da versagt der christliche Prediger in seiner Arbeit. WA 514.2
Die Liebe Christi ist kein gelegentlich aufflackerndes Gefühl, sondern ein lebendiger Grundbestandteil, der in unserem Leben als bleibende Kraft sichtbar werden soll. Sind Wesen und Wandel eine Bestätigung der Wahrheit, die ein Hirte vertritt, dann wird Gott das Siegel seines Wohlgefallens der Arbeit aufdrücken. Hirte und Herde werden eins werden, verbunden durch die gemeinsame Hoffnung in Christus. WA 514.3
Die Art und Weise, wie der Heiland mit Petrus umging, enthielt für ihn wie für seine Brüder eine wichtige Lehre. Wenn Petrus auch seinen Herrn verleugnet hatte, so war doch Jesu Liebe zu ihm nie ins Wanken geraten. Von nun an sollte der Apostel das Wort an andere weiterreichen. Dafür war es unerläßlich, daß er dem Übertreter mit Geduld, Mitgefühl und vergebender Liebe begegnete. In Erinnerung an seine eigenen Schwächen und an sein Versagen sollte er die ihm anvertrauten Schafe und Lämmer so liebevoll behandeln, wie Christus ihn selbst behandelt hatte. WA 514.4
Menschen, die selbst dem Bösen ausgesetzt sind, stehen in der Gefahr, die Angefochtenen und Irrenden schroff zu behandeln. Sie können nicht in den Herzen lesen und wissen nichts von deren Kampf und Schmerz. Daher müssen sie unbedingt lernen, wie man mit Liebe tadelt, wie man Schläge austeilt, um zu bessern, wie man warnt und dabei die Hoffnung nicht zuschanden werden läßt. WA 515.1
Während der ganzen Zeit seines Dienstes als Hirte wachte Petrus treulich über die ihm anvertraute Herde. Damit erwies er sich des ihm vom Heiland erteilten Auftrages und der ihm auferlegten Verantwortung würdig. Stets pries er Jesus von Nazareth als die Hoffnung Israels und als den Heiland der Menschheit. Sein eigenes Leben ordnete er völlig dem Willen seines Meisters unter. Durch alle Mittel, die in seiner Kraft standen, suchte er die Gläubigen zur Mitarbeit zu erziehen. Seine vorbildliche Frömmigkeit und sein rastloses Schaffen begeisterte vielversprechende junge Leute, sich rückhaltlos in den Dienst der Evangeliumsverkündigung zu stellen. Der Einfluß des Apostels als Erzieher und Leiter verstärkte sich im Laufe der Zeit. Obwohl er die Aufgabe, besonders unter den Juden zu arbeiten, nie aus dem Auge verlor, legte er doch in zahlreichen Ländern sein Zeugnis ab und stärkte viele im Glauben an das Evangelium. WA 515.2
In den letzten Jahren seines Predigtamtes wurde Petrus vom Geist Gottes angeregt, den Gläubigen “in der Zerstreuung in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Landschaft Asien und Bithynien” (1.Petrus 1,1) zu schreiben. Seine Briefe dienten dazu, den Mut und Glauben derer zu beleben und zu stärken, die Prüfungen und Leid ertragen mußten, und die erneut zu guten Werken anzuspornen, die wegen vieler Versuchungen in Gefahr waren, ihren Halt an Gott zu verlieren. Diese Briefe erwecken den Eindruck, von jemandem geschrieben zu sein, der reichlich Anteil hatte sowohl am Leiden als auch am Trost Christi; von jemandem, dessen Wesen durch die Gnade völlig umgewandelt worden war und der unbeirrt an der Hoffnung auf das ewige Leben festhielt. WA 515.3
Gleich am Anfang seines ersten Briefes brachte der bejahrte Knecht Gottes seinem Herrn Preis und Dank entgegen. “Gelobt sei Gott, der Vater unsres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, welche bereit ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit.” 1.Petrus 1,3-5. WA 516.1
In der Hoffnung, auf der neuen Erde ein sicheres Erbe zu erhalten, waren die ersten Christen selbst in Zeiten schwerer Anfechtungen von Freuden erfüllt. Deshalb konnte Petrus ihnen schreiben: “Darüber jubelt ihr, mögt ihr jetzt auch eine kurze Zeit, wenn es so sein muß, durch mancherlei Anfechtungen in Trübsal versetzt sein; dadurch soll sich ja die Echtheit eures Glaubens bewahren und wertvoller erfunden werden als Gold, das vergänglich ist, aber durch Feuer in seiner Echtheit erprobt wird, und sich zum Lobe, zur Ehre und zur Verherrlichung bei der Offenbarung Jesu Christi erweisen. Ihn habt ihr lieb, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt; an ihn glaubt ihr, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, und ihm jubelt ihr mit unaussprechlicher und verklärter Freude entgegen, weil ihr das Endziel eures Glaubens davontragt, nämlich die Errettung eurer Seelen.” 1.Petrus 1,6-9 (Menge). WA 516.2
Diese Worte des Apostels wurden zur Belehrung der Gläubigen jeder Generation geschrieben. Sie sind jedoch von besonderer Bedeutung für jene Menschen, die am Leben sind, wenn “nahe gekommen (ist) das Ende aller Dinge”. (1.Petrus 4,7). Seine Ermahnungen und Warnungen sowie seine Worte des Glaubens und der Ermutigung braucht jeder, der seinen Glauben “bis ans Ende fest behalten” (Hebräer 3,14) will. WA 517.1
Der Apostel suchte die Gläubigen darüber zu unterweisen, wie wichtig es ist, die Gedanken daran zu hindern, sich mit verbotenen Dingen zu beschäftigen oder seine Kräfte an Nichtigkeiten zu vergeuden. Wer Satans Anschlägen nicht zum Opfer fallen will, muß die Eingangstore seines Herzens wohl verwahren und sich hüten, das zu lesen, zu sehen oder zu hören, was unreine Gedanken hervorrufen könnte. Wir dürfen nicht zulassen, daß unsere Gedanken umherschweifen und nach Belieben bei jedem Gegenstand verweilen, den uns Satan einflüstert. Wachen wir nicht treulich über unser Herz, dann wird das Böse von außen auch Böses im Innern wachrufen, und unsere Seele wird in Finsternis geraten. “Begürtet die Lenden eures Gemütes”, schrieb Petrus, “seid nüchtern und setzet eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch dargeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi ... und bleibt nicht bei dem, was vormals war, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten lebtet; sondern wie der, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel! Denn es steht geschrieben: ‘Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig’ ... WA 517.2
Führet euren Wandel, solange ihr hier als Fremdlinge lebt, mit Furcht und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach der Vater Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist zwar zuvor ersehen, ehe der Welt Grund gelegt ward, aber offenbart zu den letzten Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn auferweckt hat von den Toten und ihm die Herrlichkeit gegeben, auf daß ihr Glauben und Hoffnung zu Gott haben möchtet.” 1.Petrus 1,13-21. WA 517.3
Wäre es möglich gewesen, mit Silber und Gold das Heil der Menschen zu erkaufen, wie leicht hätte es dann der Herr vollbringen können, der da sagt: “Mein ist das Silber, und mein ist das Gold.” Haggai 2,8. Doch allein das kostbare Blut des Sohnes Gottes konnte den Übertreter erlösen. Der Erlösungsplan gründet sich auf ein Opfer. Der Apostel Paulus schrieb: “Ihr wisset die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, daß, ob er wohl reich ist, ward er doch arm um euretwillen, auf daß ihr durch seine Armut reich würdet.” 2.Korinther 8,9. Christus gab sich selbst für uns, um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen. “Gottes Gabe aber ist ewiges Leben in Christus Jesus, unsrem Herrn.” Römer 6,23. Durch diese Segensgabe wird das Heilswerk gekrönt. WA 518.1
“Nachdem ihr eure Seelen im Gehorsam gegen die Wahrheit geheiligt habt zu ungeheuchelter Bruderliebe”, fuhr Petrus fort “liebet einander von Herzen mit Beharrlichkeit!” 1.Petrus 1,22 (Zürcher). Durch Gottes Wort, die Wahrheit, läßt der Herr seinen Geist und seine Macht wirksam werden. Gehorsam gegen das Wort bringt Früchte der erforderlichen Güte hervor, nämlich ungeheuchelte Bruderliebe. Diese Liebe ist göttlichen Ursprungs; aus ihr wachsen edle Beweggründe und selbstlose Taten. WA 518.2
Ist Gottes Wahrheit der unverrückbare Grundsatz des Lebens geworden, dann wird der Mensch “wiedergeboren ... nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt”. 1.Petrus 1,23. Diese Neugeburt geschieht, wo ein Mensch Christus als das Wort Gottes annimmt. Wird die göttliche Wahrheit durch den Heiligen Geist ins Herz hineingelegt, so geht dem Menschen ein neues Verständnis auf, und Kräfte, die bis dahin schlummerten, werden zum Dienst für Gott geweckt. WA 518.3
Das hatten auch Petrus und seine Mitjünger erfahren. Christus hatte der Welt die Wahrheit offenbart und den unvergänglichen Samen, das Wort Gottes, in die Herzen der Menschen gesät. Doch viele der wertvollen Unterweisungen des großen Lehrers wurden an Menschen gerichtet, die sie damals nicht verstanden. Als aber nach der Himmelfahrt Christi der Heilige Geist die Jünger an diese Lehren erinnerte, wurden ihre Sinne geweckt. Plötzlich ging ihnen das Verständnis für die Bedeutung dieser Wahrheiten wie eine neue Offenbarung auf und die reine, unveränderte Wahrheit schuf sich Raum. Nun machten sie in ihrem Leben dieselbe wunderbare Erfahrung wie er in dem seinen. Das göttliche Wort gab Zeugnis durch sie, die Männer seiner Wahl, und sie verkündigten die herrliche Wahrheit: “Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit ... Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.” Johannes 1,14.16. WA 519.1
Der Apostel forderte die Gläubigen auf in der Schrift zu forschen, denn deren richtiges Verständnis würde sie gut auf die Ewigkeit vorbereiten. Petrus erkannte, daß jeder Mensch mit Schwierigkeiten und Anfechtungen zu kämpfen habe, ehe er den Sieg davontragen könne. Aber er wußte auch, daß das Verständnis der Heiligen Schrift den Geprüften und Versuchten befähigen würde, sich jener Verheißungen zu erinnern, die Trost zu geben und das Vertrauen zu dem Allmächtigen zu stärken vermögen. WA 519.2
“‘Alles Fleisch ist wie Gras’”, erklärte Petrus, “‘und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit.’ Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist.” 1.Petrus 1,24.25. “So leget nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, auf daß ihr durch dieselbe zunehmet zu eurem Heil, wenn anders ihr geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist.” 1.Petrus 2,1-3. WA 519.3
Viele der Gläubigen, an die Petrus seine Briefe richtete, lebten mitten unter den Heiden, und es hing viel davon ab, daß sie ihrer hohen Berufung treu blieben. Darum erinnerte sie der Apostel daran, wie sehr sie als Nachfolger Christi begünstigt waren. “Ihr aber seid”, schrieb er, “das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die Wohltaten des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die ihr vormals ‘nicht ein Volk’ waret, nun aber ‘Gottes Volk’ seid, und vormals nicht in Gnaden waret, nun aber in Gnaden seid. Liebe Brüder, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilgrime: Enthaltet euch von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, und führet einen guten Wandel unter den Heiden, auf daß die, so von euch Böses reden als von Übeltätern, eure guten Werke sehen und Gott preisen, wenn er alles ans Licht bringt.” 1.Petrus 2,9-12. WA 520.1
Klar umriß der Apostel auch, wie sich der Gläubige gegenüber dem Staat verhalten sollte: “Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten oder den Statthaltern, als die von ihm gesandt sind zur Strafe für die Übeltäter und zu Lobe den Rechtschaffenen. Denn das ist der Wille Gottes, daß ihr mit guten Taten der Unwissenheit der törichten Menschen das Maul stopfet als die Freien, und nicht als hättet ihr die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit, sondern als die Knechte Gottes. Tut Ehre jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehret den König!” 1.Petrus 2,13-17. WA 520.2
Den Knechten riet er, sich den Weisungen ihrer Herren zu fügen “mit aller Furcht ..., nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen. Denn das ist Gnade”, erklärte er, “wenn jemand vor Gott um des Gewissens willen das Übel erträgt und leidet das Unrecht. Denn was ist das für ein Ruhm, wenn ihr um Missetat willen geschlagen werdet und das geduldig ertragt? Aber wenn ihr um guter Taten willen leidet und das ertragt, das ist Gnade bei Gott. Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild gelassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden; welcher nicht widerschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt, er stellte es aber dem anheim, der da recht richtet; welcher unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, auf daß wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben; durch welche Wunden ihr seid heil geworden. Denn ihr waret wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.” 1.Petrus 2,18-25. WA 520.3
Die gläubigen Frauen forderte der Apostel auf, sittsam in ihrem Wandel sowie einfach in ihrer Kleidung und in ihrem Verhalten zu sein. “Euer Schmuck soll nicht auswendig sein mit Haarflechten und Goldschmuck oder Kleiderpracht, sondern der verborgene Mensch des Herzens im unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes! Das ist köstlich vor Gott.” 1.Petrus 3,3.4. WA 521.1
Das gilt den Gläubigen aller Zeiten. “An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.” Matthäus 7,20. Der Schmuck eines sanftmütigen und stillen Geistes ist von unschätzbarem Wert. Im Leben des wahren Christen stimmt der äußere Schmuck mit dem inneren Frieden und der verborgenen Heiligkeit überein. “Will mir jemand nachfolgen”, so sagt Jesus, “der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.” Matthäus 16,24. Selbstverleugnung und Opferwilligkeit kennzeichnen das Leben des Christen. Ob auch der Geschmack derer, die auf dem für die Erlösten des Herrn bereiteten Pfad gehen, bekehrt ist, wird sich daran zeigen, wie sie sich kleiden. WA 521.2
Man darf durchaus das Schöne lieben und erstreben; aber Gott fordert uns auf vor allem das vollkommen Schöne zu lieben und zu suchen, das unvergänglich ist. Kein äußerer Schmuck kann in seinem Wert und seiner Lieblichkeit mit dem “sanften und stillen Geist” verglichen werden, dem Wesensmerkmal aller Heiligen auf Erden, die mit “weißer, reiner Leinwand” (Offenbarung 19,14) angetan sind. Dieses Kleid macht sie schon hier auf Erden schön und liebenswert und wird sie hernach zum Betreten des Palastes ihres Königs berechtigen, der ihnen verheißen hat: “Die werden mit mir wandeln in weißen Kleidern, denn sie sd’s wert.” Offenbarung 3,4. WA 522.1
Mit prophetischem Blick schaute Petrus auf die gefahrvollen Zeiten, denen die Gemeinde Christi entgegenging. Deshalb ermahnte er die Gläubigen, trotz Anfechtungen und Leiden treulich auszuharren. “Ihr Lieben, lasset euch die Hitze nicht befremden, die euch widerfährt, daß ihr versucht werdet.” 1.Petrus 4,12. WA 522.2
Prüfungen gehören zur Erziehung in der Schule Jesu Christi, damit Gottes Kinder von den Schlacken dieser Welt gereinigt werden. Gerade weil Gott seine Kinder führt, erleben sie schwere Prüfungen. Prüfungen und Hindernisse sind seine bewährten Erziehungsmittel, ja sie sind die von ihm festgelegten Voraussetzungen zum Erfolg. Gott, der die Herzen der Menschen erforscht, kennt ihre Schwächen besser, als sie es selbst vermögen. Er weiß, daß manche Menschen Fähigkeiten besitzen, die — in rechte Bahnen geleitet — der Förderung seines Werkes dienen könnten. In seiner Vorsehung läßt er darum seine Kinder in Lagen geraten, in denen sie ihre verborgenen Fehler erkennen können. Er gibt ihnen aber auch Gelegenheit, diese Fehler zu überwinden und im Dienste des Herrn tüchtig zu werden. Oftmals bringt er sogar das Feuer der Trübsal über die Gläubigen, damit sie geläutert werden. WA 522.3
Unaufhörlich sorgt Gott für sein Volk. Er läßt kein Leid über die Seinen kommen, das nicht zu ihrem gegenwärtigen oder ewigen Heil notwendig wäre. Er will seine Gemeinde so reinigen, wie Christus während seines Wirkens auf Erden den Tempel reinigte. Was immer er an Prüfungen und Bewährungsproben über sein Volk bringt, geschieht nur, damit es zu größerer Frömmigkeit gelange und mehr Kraft empfange, den Sieg des Kreuzes auszuweiten. WA 522.4
Für Petrus hatte es eine Zeit gegeben, in der er im Werk Christi das Kreuz nicht sehen wollte. Als der Heiland die Jünger auf die ihm bevorstehenden Leiden und auf seinen Tod hinwies, hatte Petrus ausgerufen: “Herr, das verhüte Gott! Das widerfahre dir nur nicht!” Matthäus 16,22. Selbstmitleid, das davor zurückschreckte, am Leiden Christi teilzuhaben, hatte Petrus zu diesem Einspruch veranlaßt. Nur allmählich lernte er die bittere Wahrheit, daß der Weg Christi auf Erden durch Leid und Demütigungen führt. Doch in der Hitze der Trübsal sollte er dies lernen. Als seine einst so rüstige Gestalt jetzt unter der Last der Jahre und der Arbeit gebeugt war, konnte er schreiben: “Ihr Lieben, lasset euch die Hitze nicht befremden, die euch widerfährt, daß ihr versucht werdet. Meinet nicht, es widerfahre euch etwas Seltsames, sondern freuet euch, daß ihr mit Christus leidet, auf daß ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget.” 1.Petrus 4,12.13. WA 523.1
Die Gemeindeältesten wies der Apostel auf ihre Verantwortung als Hirten der Herde Christi hin. Ihnen schrieb er: “Weidet die Herde Gottes, die euch befohlen ist, nach Gottes Willen, nicht gezwungen, sondern willig; nicht um schändlichen Gewinnes willen, sondern von Herzensgrund; nicht als die über die Gemeinden herrschen, sondern werdet Vorbilder der Herde. So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unverwelkliche Krone der Ehren empfangen.” 1.Petrus 5,2-4. WA 523.2
Alle, die zu Unterhirten berufen sind, sollen mit Fleiß über die Herde des Herrn wachen; nicht diktatorisch sondern in einer Weise, die ermutigt, stärkt und erbaut. Der Predigtdienst erfordert weit mehr als nur predigen; er verlangt ernste, persönliche Arbeit. Die Gemeinde auf Erden besteht aus fehlerhaften Männern und Frauen. Sie heranzubilden, in diesem Leben ein rechtes Werk zu tun und im zukünftigen Leben mit Herrlichkeit und Unsterblichkeit gekrönt zu werden, kostet viel Geduld und Mühe. Seelsorger, treue Hirten werden gebraucht, die Gottes Volk weder schmeicheln noch hart mit ihm umgehen, sondern es mit dem Brot des Lebens speisen. Männer sind nötig, die in ihrem Leben täglich die umwandelnde Kraft des Heiligen Geistes verspüren und eine starke selbstlose Liebe denen gegenüber empfinden, für die sie wirken. WA 523.3
Die Aufgabe eines Hirten erfordert viel Takt, um Entfremdung, Neid, Verbitterung und Eifersucht in der Gemeinde entgegentreten zu können. Er muß im Geiste Christi arbeiten, um alles in Ordnung halten zu können. Da müssen Warnungen erteilt, Sünden gerügt, Unrecht gutgemacht werden, nicht aber nur vom Podium herab, sondern durch das Wirken am einzelnen. Wenn jemand sich in seinem Eigensinn der Botschaft widersetzt und Gottes Diener zu Unrecht beschuldigt und kritisiert, sollte er daran denken, daß “die Weisheit ... von oben her ist aufs erste lauter, danach friedsam, gelinde, läßt sich etwas sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei. Die Frucht aber der Gerechtigkeit wird gesät im Frieden denen, die Frieden halten.” Jakobus 3,17.18. WA 524.1
Das Werk des Evangeliumspredigers besteht darin, “ans Licht zu bringen, wie Gott seinen geheimen Ratschluß ausführt, der von Weltzeiten her verborgen war in ihm”. Epheser 3,9. Wenn aber jemand diesen Dienst aufnimmt und sich nur solche Aufgaben heraussucht, die geringste Aufopferung erfordern, wenn er sich mit Predigen begnügt, die seelsorgerische Arbeit aber einem andern überläßt, kann sein Wirken Gottes Wohlgefallen nicht finden. Aus Mangel an zielgerichteter, persönlicher Arbeit gehen Menschen verloren, für die Christus starb. Wer ins Predigtamt eintritt, ohne zur notwendigen Arbeit an einzelnen Menschen bereit zu sein, hat die Bedeutung seines Berufes verkannt. WA 524.2
Den wahren Hirten kennzeichnet der Geist der Selbstlosigkeit. Um im Werke Gottes dienen zu können, schaut er nicht mehr auf sich selbst. Durch die Predigt des Wortes und durch Besuche in den Heimen der Leute lernt er deren Bedürfnisse, Kümmernisse und Anfechtungen kennen. Und da er mit Christus, dem großen Bürdenträger, zusammenarbeitet, fühlt er ihre Leiden mit, tröstet er sie in ihren Nöten, stillt er ihren geistlichen Hunger und gewinnt ihre Herzen für Gott. In diesem Wirken stehen die Engel des Himmels dem Prediger zur Seite, und er selber wird in der Wahrheit, die zur Seligkeit führt, unterrichtet und erleuchtet. WA 525.1
Im Zusammenhang mit den Unterweisungen, die Petrus den Verantwortungsträgern in der Gemeinde erteilte, umriß er noch einige allgemeine Grundsätze, die jeder Gläubige beachten sollte. So ermahnte er die Jüngeren Glieder, dem Beispiel der Ältesten in christlicher Demut zu folgen: “Desgleichen, ihr Jüngeren, seid untertan den Ältesten. Allesamt aber miteinander haltet fest an der Demut. Denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorget für euch. Seid nüchtern und wachet; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge. Dem widerstehet, fest im Glauben.” 1.Petrus 5,5-9. WA 525.2
So schrieb Petrus an die Gläubigen in einer Zeit besonderer Anfechtung. Viele hatten schon an den Leiden Christi teilgehabt, und bald sollte eine Zeit schrecklicher Verfolgung über die Gemeinde hereinbrechen. Nur noch wenige Jahre, dann würden viele von denen, die der Gemeinde als Lehrer und Leiter vorgestanden hatten, ihr Leben für das Evangelium lassen. Bald würden greuliche Wölfe unter sie kommen und die Herde nicht verschonen. Aber nichts von alledem sollte die entmutigen, die ihre Hoffnung ganz auf Christus setzten. Mit tröstenden Worten lenkte Petrus die Gedanken der Gläubigen von den gegenwärtigen Prüfungen und den bevorstehenden Leiden hin “zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe”. 1.Petrus 1,4. Inbrünstig betete er: “Der Gott aber aller Gnade, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, vorbereiten, stärken, kräftigen, gründen. Sein ist die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.” 1.Petrus 5,10.11. WA 525.3