Das Wirken der Apostel

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Kapitel 31: Die Botschaft wird beachtet

Auf der Grundlage von 2.Korinther.

Von Ephesus aus trat Paulus eine weitere Missionsreise an und hoffte dabei noch einmal seine früheren Wirkungsstätten in Europa zu besuchen. Er weilte eine Zeitlang in Troas, um “das Evangelium Christi” zu predigen, und fand dort etliche, die bereit waren, seiner Botschaft zu lauschen. Eine Tür sei ihm aufgetan worden vom Herrn (2.Korinther 2,12), sagte er später von seinem Wirken an diesem Ort. Wie vielversprechend auch seine Bemühungen in Troas waren, so konnte er doch nicht lange dort bleiben. Die “Sorge für alle Gemeinden” (2.Korinther 11,28), besonders für die zu Korinth, lag ihm schwer am Herzen. Er hatte gehofft, Titus in Troas zu treffen und von ihm zu erfahren, wie die Brüder in Korinth seine Ratschläge und Ermahnungen aufgenommen hatten. Aber darin wurde er enttäuscht. “Da hatte ich keine Ruhe in meinem Geist”, schrieb er über diese Erfahrung, “weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand.” 2.Korinther 2,13. Er verließ deshalb Troas und fuhr nach Mazedonien, wo er in Philippi Timotheus traf. WA 323.1

Während dieser Zeit, in der sich Paulus um die Korinthergemeinde besonders sorgte, hoffte er noch immer das Beste für sie. Doch manchmal überkam ihn tiefe Traurigkeit, wenn er daran dachte, daß seine Ratschläge und Ermahnungen mißverstanden worden sein könnten. Später schrieb er darüber: “Als wir nach Mazedonien kamen, fanden wir keine Ruhe; sondern allenthalben waren wir in Trübsal, auswendig Streit, inwendig Furcht. Aber Gott, der die Geringen tröstet, der tröstete uns durch die Ankunft des Titus.” 2.Korinther 7,5.6. WA 323.2

Dieser treue Bote überbrachte die erfreuliche Nachricht, daß unter den Gläubigen zu Korinth eine wunderbare Veränderung eingetreten war. Viele hatten die in dem Brief des Apostels enthaltenen Unterweisungen angenommen und ihre Sünden bereut. Ihr Leben gereichte dem Christentum nicht länger zur Schande, sondern regte vielmehr nachhaltig zu wahrer Frömmigkeit im Alltag an. WA 324.1

Hocherfreut schrieb Paulus einen zweiten Brief an die Gläubigen zu Korinth. Darin drückte er seine Freude über das an ihnen vollbrachte gute Werk aus: “Wenn ich euch auch durch den Brief habe traurig gemacht, reut es mich nicht.” 2.Korinther 7,8. Als die Furcht ihn quälte, sie könnten seine Worte verwerfen, hatte er es zuweilen schon bedauert, so bestimmt und streng geschrieben zu haben. Jetzt aber konnte er hinzufügen: “So freue ich mich doch jetzt nicht darüber, daß ihr seid betrübt worden, sondern darüber, daß ihr seid betrübt worden zur Reue. Denn ihr seid ja betrübt worden nach Gottes Sinn, auf daß ihr von uns keinen Schaden erlittet. Denn die göttliche Traurigkeit wirkt zur Seligkeit eine Reue, die niemand gereut.” 2.Korinther 7,9.10. Reue, die durch das Wirken der göttlichen Gnade auf das Herz hervorgerufen wird, führt dazu, die Sünde zu bekennen und aufzugeben. Und diese Frucht hatte sich nun im Leben der Gläubigen zu Korinth gezeigt. “Welchen Fleiß hat das in euch gewirkt, dazu Verantwortung, Unwillen, Furcht, Verlangen, Eifer, Bestrafung!” 2.Korinther 7,11. WA 324.2

Paulus hatte geraume Zeit eine solche Last für die Gemeinden auf seinem Herzen getragen, daß sie ihn fast erdrückte. Irrlehrer hatten versucht, seinen Einfluß auf die Gläubigen zu untergraben und ihnen anstelle der Evangeliumswahrheit ihre eigenen Lehren aufzunötigen. Die Schwierigkeiten und entmutigenden Verhältnisse, von denen Paulus umgeben war, spiegeln sich in folgenden Worten wider: “Wir wollen euch nicht verschweigen, liebe Brüder, unsere Trübsal, die uns in der Landschaft Asien widerfahren ist, wo wir über die Maßen beschwert waren und über Vermögen, so daß wir auch am Leben verzagten.” 2.Korinther 1,8. WA 324.3

Jetzt aber war eine Ursache der Sorge beseitigt. Freude erfüllte Paulus, als er die Nachricht erhielt, daß die Korinther seinen Brief angenommen hatten. “Gelobt sei Gott, der Vater unsres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir trösten können, die da sind in allerlei Trübsal, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. Denn gleichwie wir des Leidens Christi viel haben, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, welcher sich wirksam erweist, wenn ihr leidet mit Geduld dieselben Leiden, die auch wir leiden. Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen, daß, wie ihr des Leidens teilhaftig seid, so werdet ihr auch des Trostes teilhaftig sein.” 2.Korinther 1,3-7. WA 325.1

Als Paulus seine Freude über ihre erneute Umkehr und ihr Wachstum in der Gnade ausdrückte, gab er Gott allen Ruhm für diese Umwandlung des Herzens und des Lebens. “Gott sei gedankt”, rief er aus, “der uns allezeit Sieg gibt in Christus und offenbart durch uns den Wohlgeruch seiner Erkenntnis an allen Orten! Denn wir sind Gott ein guter Geruch Christi unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren gehen.” 2.Korinther 2,14.15. Es war damals Brauch, daß ein siegreicher Heerführer bei seiner Rückkehr aus dem Kriege einen Zug Gefangener mitbrachte. Bei solchen Anlässen begleiteten einige Weihrauchträger den Gefangenenzug. Wenn dann das Heer siegreich heimkehrte, war der Wohlgeruch den zum Tode verurteilten Gefangenen “ein Geruch des Todes”, der ihnen ankündigte, daß sie bald hingerichtet würden; aber den Gefangenen, die begnadigt worden waren und deren Leben verschont bleiben sollte, war der Duft ein “Geruch des Lebens”, der ihnen die bevorstehende Freilassung anzeigte. WA 325.2

Paulus war nun von Glauben und Hoffnung erfüllt. Er war sicher, daß Satan über Gottes Werk in Korinth nicht triumphieren würde, und so drückte er seine Dankbarkeit in einem Lobpreis aus. Er und seine Mitarbeiter wollten dem Sieg über die Feinde Christi und der Wahrheit dadurch Ausdruck verleihen, daß sie mit neuem Eifer hinausgingen, um den Heiland in immer wieder neuen Ländern bekannt zu machen. Wie Weihrauch sollte der Wohlgeruch des Evangeliums die ganze Welt durchdringen. Denen, die Christus annahmen, sollte die Botschaft “ein Geruch des Lebens zum Leben” sein, denen aber, die im Unglauben verharren, “ein Geruch des Todes zum Tode”. WA 326.1

Als Paulus die überwältigende Größe des Werkes erkannte, rief er aus: “Wer ist hierzu tüchtig?” 2.Korinther 2,16. Wer kann Christus in einer solchen Weise verkündigen, daß Jesu Feinde keinen Anlaß finden, den Boten oder seine Botschaft zu verachten? Paulus drängte es, den Gläubigen die hohe Verantwortung des Evangeliumsdienstes deutlich zu machen. Treue in der Verkündigung des Wortes, unterstrichen durch einen geheiligten, konsequenten Lebenswandel, das allein wird den Einsatz der Prediger vor Gott angenehm und für ihre Mitmenschen nützlich machen. Auch die Prediger unserer Tage haben im Bewußtsein der Größe des Werkes alle Ursache, mit dem Apostel auszurufen: “Wer ist hierzu tüchtig?” WA 326.2

Einige Glieder der Gemeinde hatten Paulus des Eigenlobes beim Schreiben seines vorigen Briefes bezichtigt. Darauf bezog sich der Apostel nun und fragte sie, ob sie seine Beweggründe wirklich derart einschätzten. “Heben wir denn abermals an, uns selbst zu empfehlen? Oder bedürfen wir, wie etliche, der Empfehlungsbriefe an euch oder von euch?” 2.Korinther 3,1. Wenn Gläubige in einen anderen Ort verzogen, so erhielten sie oft Empfehlungsschreiben von der Gemeinde, der sie bisher angehört hatten. Die verantwortlichen Diener im Werke Gottes, die Gründer dieser Gemeinden, benötigten solche Empfehlungsschreiben jedoch nicht. Die Gläubigen zu Korinth, die sich vom Götzendienst zum Glauben an das Evangelium bekehrt hatten, waren die beste Empfehlung für Paulus. Durch die Annahme der Wahrheit und die Erneuerung ihres Lebens waren sie ein klares Zeugnis für seine Treue im Dienst und seine Vollmacht, als Diener Christi Rat zu geben, zu tadeln und zu ermahnen. WA 326.3

Paulus sah in den Gläubigen zu Korinth sein Beglaubigungsschreiben. “Ihr seid unser Brief”, schrieb er, “in unser Herz geschrieben, gekannt und gelesen von allen Menschen! Ist doch offenbar geworden, daß ihr ein Brief Christi seid, durch unseren Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht in steinerne Tafeln, sondern in fleischerne Tafeln des Herzens.” 2.Korinther 3,2.3. WA 327.1

Die Bekehrung von Sündern und ihre Heiligung durch die Wahrheit sind der stärkste Beweis, den ein Diener Gottes haben kann, daß der Herr ihn zum Predigtamt berufen hat. Das Zeugnis für sein Apostelamt steht in den Herzen der Bekehrten geschrieben und wird durch deren erneuerten Lebenswandel bestätigt. Christus, die Hoffnung der Herrlichkeit, hat in ihnen Gestalt gewonnen. Das stärkt einen Prediger und drückt seinem Predigtamt das Siegel auf. WA 327.2

Christi Dienern sollte heute dasselbe Zeugnis gelten, wie es damals durch die Gemeinde Korinth der Arbeit des Paulus ausgestellt wurde. Obwohl es in unseren Tagen viele Prediger gibt, sind doch fähige, geheiligte und völlig von der Liebe Christi erfüllte Männer sehr selten. Stolz, Selbstvertrauen, Weltliebe, Tadelsucht, Verbitterung und Neid sind Früchte, die bei vielen zu finden sind, die sich zum Christentum bekennen. Durch ihren Wandel, der oft in schroffem Gegensatz zum Leben des Heilandes steht, legen sie von dem Verkündigungsdienst, durch den sie bekehrt wurden, ein trauriges Zeugnis ab. WA 327.3

Keiner kann eine größere Ehre erlangen als die, von Gott als fähiger Diener des Evangeliums angenommen zu werden. Wer aber vom Herrn mit Kraft und Erfolg in seinem Wirken gesegnet wird, prahlt damit nicht. Er ist sich seiner völligen Abhängigkeit von Gott bewußt und weiß, daß er aus sich selbst nichts vermag. Mit Paulus bekennt er: “Nicht daß wir tüchtig sind von uns selber, etwas zu erdenken als von uns selber; sondern daß wir tüchtig sind, ist von Gott, welcher uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes.” 2.Korinther 3,5.6. WA 328.1

Ein treuer Diener Christi verrichtet das Werk seines Meisters. Er empfindet die Wichtigkeit seiner Arbeit und erkennt, daß er sowohl zur Gemeinde wie auch zur Welt eine ähnliche Beziehung aufrechterhält, wie Christus sie aufrechterhielt. Unermüdlich arbeitet er, um Sünder zu einem besseren, geheiligteren Leben zu führen, damit sie dermaleinst den Lohn des Überwinders erlangen. Seine Lippen werden mit der glühenden Kohle vom Altar berührt (siehe Jesaja 6,5-7), und er erhöht Jesus als die einzige Hoffnung des Sünders. Wer ihn hört, weiß, daß er in innigem, wirksamen Gebet Gemeinschaft mit Gott hat. Der Heilige Geist hat ihn ergriffen, sein Herz hat das lebengebende himmlische Feuer verspürt, und er vermag geistliche Dinge geistlich zu beurteilen. Ihm wird die Kraft verliehen, die Bollwerke Satans zu zerstören. Herzen werden tief bewegt, wenn er Gottes Liebe verkündigt, und viele werden dann zu der Frage veranlaßt: “Was muß ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe?” Lukas 18,18. WA 328.2

“Darum, weil wir ein solch Amt haben nach der Barmherzigkeit, die uns widerfahren ist, werden wir nicht müde, sondern wir meiden schandbare Heimlichkeit und gehen nicht mit List um, fälschen auch nicht Gottes Wort; vielmehr weisen wir durch Offenbarung der Wahrheit uns aus vor aller Menschen Gewissen im Angesicht Gottes. Ist nun unser Evangelium verdeckt, so it’s denen verdeckt, die verloren werden, den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes. Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, daß er sei der Herr, wir aber eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.” 2.Korinther 4,1-6. WA 328.3

So verherrlichte der Apostel die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, die sich in dem ihm als Diener Christi anvertrauten heiligen Gut zeigte. Durch Gottes große Gnade waren er und seine Brüder in Schwierigkeiten, Anfechtungen und Gefahren bewahrt worden. Sie hatten nicht versucht, ihre Lehre dadurch anziehender zu machen, daß sie sich bei der Verkündigung der Botschaft den Wünschen ihrer Hörer anpaßten oder ihnen Wahrheiten vorenthielten, die wesentlich waren für ihr Heil. Schlicht und eindeutig hatten sie die Wahrheit erklärt und um die Bekehrung der Menschen gebetet. Ernstlich rangen sie darum, stets ihr Leben mit der Lehre in Einklang zu bringen, damit die dargelegte Wahrheit jeden ins Gewissen traf. WA 329.1

“Wir haben aber”, fuhr der Apostel fort, “solchen Schatz in irdenen Gefäßen, auf daß die überschwengliche Kraft sei Gottes und nicht von uns.” 2.Korinther 4,7. Gott hätte die Wahrheit durch sündlose Engel verkündigen lassen können, aber das entspricht nicht seinem Plan. Er wählt menschliche, mit Unvollkommenheit behaftete Wesen zu seinen Werkzeugen, um seine Absichten auszuführen. Der kostbare Schatz wird in irdene Gefäße getan. Gottes Segnungen sollen der Welt durch Menschen übermittelt werden. Durch sie soll seine Herrlichkeit in das Dunkel der Sünde hineinleuchten. Sie sind gerufen, in Liebe den Sündenbeladenen und Bedürftigen entgegenzukommen und sie zum Kreuz zu führen. In all ihrem Tun sollen sie Lob, Ehre und Preis dem darbringen, der unendlich hoch über allem steht. WA 329.2

Anhand seiner eigenen Erfahrung zeigte Paulus, daß er sich bei der Entscheidung für den Dienst Christi nicht von selbstsüchtigen Beweggründen hatte leiten lassen, denn sein Leben war reich an Anfechtungen und Versuchungen gewesen. “Wir haben allenthalben Trübsal”, so schrieb er, “aber wir ängsten uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um und tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde.” 2.Korinther 4,8-10. WA 330.1

Paulus erinnerte seine Brüder daran, daß er und seine Mitarbeiter als Boten Christi sich ständig in Gefahr befänden. Die Nöte, die sie zu erdulden hatten, rieben ihre Kräfte auf. “Mitten im Leben”, schrieb er, “werden wir immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen, auf daß auch das Leben Jesu offenbar werde an unsrem sterblichen Fleische. So ist nun der Tod mächtig in uns, aber das Leben in euch.” 2.Korinther 4,11.12. Durch die Entbehrungen und Mühsale, die sie als Diener Christi an ihrem Körper zu erleiden hatten, wurden sie “seinem Tode gleichgestaltet”. Philipper 3,10. Aber was in ihnen den Tod bewirkte, brachte den Korinthern geistliche Gesundheit und geistliches Leben. Durch den Glauben an die Wahrheit wurden sie Teilhaber des ewigen Lebens. Darum sollen sich Jesu Nachfolger hüten, die Lasten und Prüfungen der Diener Christi durch Gleichgültigkeit oder Abneigung zu vermehren. WA 330.2

“Weil wir aber”, fuhr Paulus fort, “denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: ‘Ich glaube, darum rede ich’, so glauben wir auch, darum so reden wir auch.” 2.Korinther 4,13. Paulus war von der Wirklichkeit der ihm anvertrauten Wahrheit völlig überzeugt. Deshalb war er auch durch nichts zu bewegen das Wort Gottes trügerisch zu handhaben oder seine innerste Überzeugung zu verhehlen. Ihm lag es fern, sich den Anschauungen der Welt anzupassen, um sich dadurch Wohlstand, Ehre oder Vergnügen zu erkaufen. Obwohl er ständig in der Gefahr schwebte, um des Glaubens willen, den er den Korinthern verkündigt hatte, den Märtyrertod zu erleiden, fürchtete er sich nicht; denn er wußte, daß jener, der gestorben und auferstanden war, auch ihn aus dem Grabe erwecken und vor dem Vater darstellen würde. WA 330.3

“Es geschieht alles um euretwillen, auf daß die überschwengliche Gnade durch vieler Danksagen Gott reichlich preise.” 2.Korinther 4,15. Nicht um sich selber zu verherrlichen, predigten die Apostel das Evangelium: die Hoffnung, Menschen zu retten, veranlaßte sie, ihr Leben diesem Werke zu weihen. Diese Hoffnung bewahrte sie auch davor, angesichts von Gefahren oder Leiden ihre Bemühungen aufzugeben. WA 331.1

“Darum”, so erklärte Paulus selber, “werden wir nicht müde; sondern ob auch unser äußerlicher Mensch verfällt, so wird doch der innerliche von Tag zu Tag erneuert.” 2.Korinther 4,16. Paulus spürte die Macht des Feindes. Obwohl seine körperliche Kraft abnahm, verkündigte er dennoch treu und unentwegt das Evangelium Christi. Angetan mit der vollen Waffenrüstung Gottes, schritt dieser Held des Kreuzes mutig in den Kampf. Der frohe Klang seiner Stimme zeugte vom Sieg. Den Blick auf die Belohnung der Treuen gerichtet, rief er jubelnd aus: “Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.” 2.Korinther 4,17.18. WA 331.2

Mit ernsten, bewegten Worten bat der Apostel die Brüder in Korinth, sich aufs neue die unvergleichliche Liebe ihres Erlöser vor Augen zu halten. “Denn ihr wisset”, so schrieb er, “die Gnade unsres Herrn Jesus Christus, daß, ob er wohl reich ist, ward er doch arm um euretwillen, auf daß ihr durch seine Armut reich würdet.” 2.Korinther 8,9. Ihr wißt, von welcher Höhe er sich herabließ und welch tiefe Erniedrigung er auf sich nahm. Nachdem er einmal den Weg der Selbstverleugnung und des Opfers betreten hatte, wandte er sich nicht wieder von ihm ab, bis er sein Leben dahingegeben hatte. Zwischen dem Thron und dem Kreuz gab es für ihn kein Verweilen. WA 331.3

In allen Einzelheiten erläuterte Paulus, wie der Heiland sich um unsertwillen erniedrigt hatte, damit jeder, der seinen Brief lesen würde, es begreifen konnte. Er zeigte Christus so, wie er war, als er Gott gleich war und mit ihm die Huldigung der Engel empfing. Dann zeichnete er Jesu Weg bis hinab in die tiefsten Tiefen der Demütigung. Paulus war davon überzeugt, daß alle Selbstsucht aus dem Leben seiner Leser verbannt werden würde, wenn er ihnen das unvergleichliche Opfer der Majestät des Himmels begreiflich machen könnte. Er machte ihnen klar, wie Gottes Sohn sich seiner Herrlichkeit entäußert, sich freiwillig den Bedingungen der menschlichen Natur unterworfen, sich erniedrigt und Knechtsgestalt angenommen hatte, “gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz”. Philipper 2,8. Das alles tat er, um die gefallene Menschheit aus der Schande und Erniedrigung wieder emporzuheben und ihr Hoffnung, Freude und den Himmel zu geben. WA 332.1

Wenn wir seinen göttlichen Charakter im Lichte des Kreuzes betrachten, dann sehen wir Barmherzigkeit, Rücksichtnahme und Vergebungsbereitschaft gepaart mit Gerechtigkeit. In der Mitte des Thrones erblicken wir einen, der an den Händen, an den Füßen und an seiner Seite die Male des Leidens trägt, die er erduldete, um die Menschen mit Gott zu versöhnen. Wir sehen einen himmlischen Vater, der in unnahbarem Lichte wohnt und uns doch um der Verdienste seines Sohnes willen annimmt. Die Wolke der Vergeltung, die nichts als Elend und Verzweiflung androhte, trägt im Widerstrahl des Lichtes vom Kreuz — wie von Gottes Hand geschrieben — die Worte: Lebe, Sünder, lebe! Ihr reumütigen, Gläubigen Seelen, lebt! Ich habe das Lösegeld gezahlt. WA 332.2

Wenn wir über das Leben Christi nachsinnen, erkennen wir eine Liebe, die unermeßlich ist. Wir versuchen diese Liebe zu schildern, aber unsere Sprache reicht nicht aus. Betrachten wir aber Jesu Leben auf Erden, sein Opfer für uns, seinen Dienst im Himmel als unser Fürsprecher, denken wir an die Wohnungen, die er denen bereitet, die ihn lieben, dann können wir nur ausrufen: Welch eine Höhe und Tiefe der Liebe Christi! “Darin steht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.” 1.Johannes 4,10. “Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß wir Gottes Kinder sollen heißen!” 1.Johannes 3,1. WA 333.1

Im Herzen eines jeden wahren Jüngers brennt diese Liebe wie ein heiliges Feuer. Auf der Erde wurde Gottes Liebe durch Christus offenbart, und auf ihr sollen seine Kinder diese Liebe durch ein heiliges Leben widerspiegeln. Auf diese Weise werden Sünder zum Kreuz geführt, um dort das Lamm Gottes zu schauen. WA 333.2