Patriarchen und Propheten

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Kapitel 25: Der Auszug

Aufbruchsbereit, mit Sandalen an den Füßen und dem Stab in der Hand, hatte das Volk Israel schweigend und ehrfürchtig, aber voller Hoffnung auf den Befehl des Königs gewartet, der sie ausziehen hieß. Ehe noch der Morgen graute, waren sie auf dem Wege. Als die Plagen Gottes Allmacht offenbarten, wuchs das Vertrauen der Versklavten, während ihre Bedrücker in Schrecken versetzt wurden. Indessen hatten sich die Israeliten nach und nach in Gosen versammelt. Obwohl der Aufbruch recht plötzlich kam, war doch für die notwendige Ordnung und Überwachung der ausziehenden Volksmenge vorgesorgt und diese in Abteilungen unter bestimmte Führer gestellt worden. PP 256.1

Und sie zogen aus, “sechshunderttausend Mann zu Fuß ohne die Frauen und Kinder. Und es zog auch mit ihnen viel fremdes Volk”. 2.Mose 12,37.38. Das waren aber nicht nur solche, bei denen der Glaube an den Gott Israels die treibende Kraft war. Die meisten wollten den Plagen entrinnen, oder sie folgten der aufbrechenden Menge aus Sensationsbedürfnis und Neugier. Sie waren und blieben ein Hindernis und eine Ursache zur Verführung in Israel. PP 256.2

Das Volk nahm auch “Schafe und Rinder, sehr viel Vieh” (2.Mose 12,38) mit. Diese waren Eigentum der Israeliten, die niemals etwas an den König verkauft hatten wie die Ägypter. Schon Jakob und seine Söhne hatten ihre Herden mit nach Ägypten gebracht, wo sie sich beträchtlich vermehrten. Ehe nun das Volk Ägypten verließ, forderte es auf Moses Geheiß Entschädigung für die unbezahlte Arbeit. Und die Ägypter waren viel zu sehr darauf bedacht, sie los zu werden, als daß sie darauf nicht eingegangen wären. So zogen die bisherigen Sklaven mit Beute beladen von ihren Bedrückern hinweg, Schar um Schar, wie es der Herr befohlen hatte. PP 256.3

An jenem Tage erfüllte sich, was Abraham Jahrhunderte zuvor in einer Vision offenbart worden war: “Das sollst du wissen, daß deine Nachkommen werden Fremdlinge sein in einem Lande, das nicht das ihre ist; und da wird man sie zu dienen zwingen und plagen vierhundert Jahre. Aber ich will das Volk richten, dem sie dienen müssen. Danach sollen sie ausziehen mit großem Gut.” 1.Mose 15,13.14. Die vierhundert Jahre waren abgelaufen. “Als diese um waren, an eben diesem Tage zog das ganze Heer des Herrn aus Ägyptenland.” 2.Mose 12,41. Ein kostbares Vermächtnis aber nahmen die Israeliten bei ihrem Wegzug mit: Josephs Gebeine, die bis zur Erfüllung der göttlichen Verheißung geruht hatten und in den Jahren der Knechtschaft ein Hinweis auf Israels spätere Befreiung gewesen waren. PP 257.1

Anstatt den geraden Weg nach Kanaan zu nehmen, der durch das Land der Philister führte, lenkte der Herr sie nach Süden auf die Küste des Roten Meeres zu; denn er dachte, “es könnte das Volk gereuen, wenn sie Kämpfe vor sich sähen, und sie könnten wieder nach Ägypten umkehren”. 2.Mose 13,17. Hätten sie versucht, durch das Philisterreich zu ziehen, wäre ihr Vormarsch bestimmt gehindert worden, denn die Philister hätten in ihnen entlaufene Sklaven gesehen und nicht gezögert, Krieg mit ihnen zu führen. Auf einen Zusammenstoß mit diesem mächtigen, kriegerischen Volk waren die Israeliten aber kaum vorbereitet. Sie hatten noch zu wenig Erfahrung mit Gott gemacht und keinen starken Glauben an ihn, so daß sie erschreckt und entmutigt worden wären. Dazu waren sie unbewaffnet und kriegsungewohnt, weil ihre Tatkraft durch die lange Knechtschaft geschwächt worden war. Auch wurden sie durch ihre Frauen samt den Kindern und das Vieh behindert. Wenn der Herr sie den Weg zum Roten Meer führte, offenbarte er sich ihnen als erbarmungsvoller und zugleich gerechter Gott. PP 257.2

“So zogen sie aus von Sukkoth und lagerten sich in Etham am Rande der Wüste. Und der Herr zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten. Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht.” 2.Mose 13,20-22. Der Psalmist sagt: “Er breitete eine Wolke aus, sie zu decken, und ein Feuer, des Nachts zu leuchten.” Psalm 105,39. Das Banner des Unsichtbaren war immer vor den Israeliten. Am Tage geleitete sie die Wolke auf ihrer Wanderung, oder sie breitete sich wie ein Baldachin über die Menge. Sie war Schutz gegen die sengende Hitze, und mit ihrer Kühle und Feuchtigkeit gewährte sie in der ausgedörrten Wüste wohltuende Erfrischung. Des Nachts wurde sie zur Feuersäule, die das Lager erleuchtete und sie ständig von der göttlichen Gegenwart überzeugte. PP 257.3

An einer der schönsten und tröstlichsten Stellen der Weissagungen Jesajas bezieht sich der Prophet auf die Wolken- und Feuersäule. Sie weist darauf hin, daß Gott acht hat auf sein Volk in dem großen Endkampf mit den Mächten des Bösen: “Dann wird der Herr über der ganzen Stätte des Berges Zion und über ihren Versammlungen eine Wolke schaffen am Tage und Rauch und Feuerglanz in der Nacht. Ja, es wird ein Schutz sein über allem, was herrlich ist, und eine Hütte zum Schatten am Tage vor der Hitze und Zuflucht und Obdach vor dem Wetter und Regen.” Jesaja 4,5.6. PP 258.1

So zogen sie durch öde, wüstenartige Gebiete und wunderten sich schon, wohin der Weg noch führte. Allmählich wurden sie müde von der beschwerlichen Wanderung, und einige überkam Furcht vor der Verfolgung durch die Ägypter. Aber die Wolke bewegte sich vorwärts, und sie folgten ihr. Und nun wies der Herr Mose an, sich seitlich einem felsigen Engpaß zuzuwenden und am Meer lagern zu lassen. Er offenbarte ihm, daß Pharao sie verfolge, aber daß infolge ihrer Befreiung Gott geehrt würde. PP 258.2

In Ägypten verbreitete sich rasch die Kunde, daß die Kinder Israel, anstatt zum Gottesdienst in der Wüste zu verweilen, zum Roten Meer gelangen wollten. Seine Ratgeber machten Pharao klar, daß die Sklaven geflohen seien, um niemals zurückzukehren. Und nun bedauerte das Volk seine Torheit, den Tod der Erstgeborenen der Macht Gottes zugeschrieben zu haben. Nachdem auch ihre Großen sich von der Furcht erholt hatten, erklärten sie die Plagen als Folgen natürlicher Ursachen. “Warum haben wir das getan und haben Israel ziehen lassen, so daß sie uns nicht mehr dienen?” (2.Mose 14,5) klang der erbitterte Ruf. PP 258.3

Pharao sammelte seine Streitkräfte “und nahm sechshundert auserlesene Wagen und was sonst an Wagen in Ägypten war” (2.Mose 14,7), Reiter, Hauptleute und Fußvolk. Der König selbst, von den hervorragendsten Männern seines Reiches begleitet, führte das angreifende Heer. Auch die Priester waren dabei, um die Gunst der Götter zu sichern und damit den Erfolg des Unternehmens zu garantieren. Der König war entschlossen, die Israeliten mit einem großartigen Machtaufwand einzuschüchtern, denn die Ägypter fürchteten, daß ihre erzwungene Unterwerfung unter den Gott Israels sie zum Gespött anderer Völker werden ließ. Traten sie aber jetzt mit einer großen Zurschaustellung ihrer Stärke auf und brachten die Flüchtigen zurück, war nicht nur ihre Ehre gerettet, sie hatten auch die Dienste ihrer Sklaven wieder. PP 258.4

Die Hebräer lagerten am Meer, dessen Wasser ein scheinbar unüberwindliches Hindernis vor ihnen bildete, während im Süden ein zerklüfteter Gebirgszug ihren Vormarsch versperrte. Plötzlich gewahrten sie in der Ferne blitzende Waffen und rollende Wagen, die Vorhut eines großen Heeres. Bei dessen Näherrücken erkannte man, daß die gesamte ägyptische Streitmacht zur Verfolgung aufgebrochen war. Entsetzen ergriff die Israeliten. Einige schrien zum Herrn, aber die meisten liefen zu Mose und beklagten sich: “Waren nicht Gräber in Ägypten, daß du uns wegführen mußtest, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, daß du uns aus Ägypten geführt hast? Haben wir’s dir nicht schon in Ägypten gesagt: Laß uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben.” 2.Mose 14,11.12. PP 259.1

Mose war zutiefst darüber bekümmert, daß sein Volk so wenig Glauben an Gott bekundete, obgleich es wiederholt seine Macht zum eigenen Wohle erlebt hatte. Wie konnten die Israeliten ihm das Wagnis und die Schwierigkeiten ihrer Lage vorwerfen, wenn er doch dem ausdrücklichen Befehl Gottes gefolgt war? Gewiß, wenn nicht Gott selbst zu ihrer Errettung eingriff, gab es keine Möglichkeit des Entrinnens. Aber weil sie erst, indem sie Gottes Auftrag befolgt hatten, in diese Lage gekommen waren, verspürte Mose auch keine Furcht vor deren Folgen. Ruhig und zuversichtlich erwiderte er dem Volk: “Fürchtet euch nicht, stehet fest und sehet zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.” 2.Mose 14,13.14. PP 259.2

Es war keine Kleinigkeit, Israels Scharen in Erwartung der Hilfe des Herrn ausharren zu lassen. Weil es ihnen an Zucht und Selbstbeherrschung fehlte, wurden sie erregt und unvernünftig. Sie rechneten damit, bald wieder in die Hände ihrer Bedrücker zu fallen. Deshalb jammerten und klagten sie laut und anhaltend. Der wunderbaren Wolkensäule, dem Gotteszeichen, das sie vorwärts gehen hieß, waren sie wohl gefolgt. Nun aber fragten sie sich untereinander, ob sie nicht großes Unglück bedeute. Hatte sie das Volk nicht auf die falsche Seite des Berges, auf einen ungangbaren Weg geführt? Der Engel Gottes erschien den Verblendeten als Unglücksbote. PP 259.3

Aber gerade jetzt, als das ägyptische Heer auf sie zurückte und mit ihnen leichtes Spiel zu haben meinte, erhob sich die Wolkensäule majestätisch gen Himmel, schwebte über die Israeliten hinweg und senkte sich zwischen ihnen und dem Heer der Ägypter zur Erde. Eine dunkle Wand legte sich zwischen Verfolgte und Verfolger. Die Ägypter konnten das Lager der Hebräer nicht mehr wahrnehmen und waren gezwungen haltzumachen. Als aber die Dunkelheit der Nacht zunahm, wurde die Wolkenwand für die Hebräer zum großartigen Licht, das das gesamte Lager mit Tageshelligkeit überflutete. PP 260.1

Da kehrte in Israels Herzen wieder Gottvertrauen ein, und Mose betete zum Herrn. Da sprach Gott zu ihm: “Was schreist du zu mir? Sage den Kindern Israel, daß sie weiterziehen. Du aber hebe deinen Stab auf und recke deine Hand über das Meer und teile es mitten durch, so daß die Kinder Israel auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen.” 2.Mose 14,15.16. PP 260.2

Der Psalmist schilderte Israels Durchzug durch das Meer, indem er sang: “Dein Weg ging durch das Meer und dein Pfad durch große Wasser; doch niemand sah deine Spur. Du führtest dein Volk wie eine Herde durch die Hand des Mose und Aaron.” Psalm 77,20.21. Als Mose seinen Stab ausstreckte, teilte sich das Wasser, und Israel ging mitten durch das Meer auf trockenem Boden, während die Wasser wie eine Mauer zu beiden Seiten standen. Das Licht der göttlichen Feuersäule beleuchtete die schaumgekrönten Wogen und den Weg, der wie eine riesige Furche das Meer durchschnitt und sich im Dunkel des jenseitigen Ufers verlor. PP 260.3

“Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Männer, mitten ins Meer. Als nun die Zeit der Morgenwache kam, schaute der Herr auf das Heer der Ägypter aus der Feuersäule und der Wolke und brachte einen Schrecken über ihr Heer.” 2.Mose 14,23.24. Vor ihren überraschten Blicken verwandelte sich die geheimnisvolle Wolke in eine Feuersäule. Donner krachte, Blitze zuckten. “Wasser ergossen sich aus dem Gewölk, die Wolken donnerten, und deine Pfeile fuhren einher. Dein Donner rollte, Blitze erhellten den Erdkreis, die Erde erbebte und wankte.” Psalm 77,18.19. PP 260.4

Die Ägypter packte Schrecken und Verwirrung. Unter dem Toben der Elemente, in dem sie die Stimme eines erzürnten Gottes vernahmen, versuchten sie, umzukehren und zur Küste zurück zu fliehen. Aber Mose streckte seinen Stab aus, und die aufgestauten Wasser stürzten donnernd und zischend über ihnen zusammen und rissen das ägyptische Heer mit sich in die schwarze Tiefe. PP 261.1

Der anbrechende Morgen enthüllte Israel, was von ihren mächtigen Feinden übriggeblieben war — die an das Ufer gespülten gepanzerten Leiber. Eine einzige Nacht hatte genügt, Israel aus schrecklichster Gefahr zu befreien. Diese riesige, hilflose Schar — des Kampfes ungewohnte Sklaven mit Frauen, Kindern und Vieh, vor sich das Meer, hinter sich drohend die starken Heere Ägyptens — hatte erlebt, wie sich ein Weg auftat mitten durch das Wasser hindurch und wie ihre Feinde im Augenblick des erwarteten Triumphes verschlungen wurden. Jahwe allein hatte sie errettet, und ihm wandten sich ihre Herzen in gläubiger Dankbarkeit zu. In Lobgesängen brachten sie ihre Gefühle zum Ausdruck. Der Geist Gottes ruhte auf Mose, als er dem Volk ein Siegeslied voll Danksagung vorsang, dem ältesten und zugleich einem der erhabensten, die man kennt. PP 261.2

“Ich will dem Herrn singen,
denn er hat eine herrliche Tat getan,
Roß und Mann hat er ins Meer gestürzt.
Der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang
und ist mein Heil.
Das ist mein Gott, ich will ihn preisen,
er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben.
Der Herr ist der rechte Kriegsmann, Herr ist sein Name.
Des Pharao Wagen und seine Macht warf er ins Meer,
seine auserwählten Streiter versanken im Schilfmeer. Die Tiefe hat sie bedeckt, sie sanken auf den Grund
wie die Steine.
Herr, deine rechte Hand tut große Wunder,
Herr, deine rechte Hand hat die Feinde zerschlagen ...
Herr, wer ist dir gleich unter den Göttern?
Wer ist dir gleich, der so mächtig, heilig,
schrecklich, löblich und wundertätig ist? ...
du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk,
das du erlöst hast, und hast sie geführt durch deine Stärke
zu deiner heiligen Wohnung.
Als das die Völker hörten, erbebten sie ...
Es fiel auf sie Erschrecken und Furcht;
vor deinem mächtigen Arm erstarrten sie wie die Steine,
bis dein Volk, Herr, hindurchzog,
bis das Volk hindurchzog, das du erworben hast.
Du brachtest sie hinein und pflanztest sie ein
auf dem Berge deines Erbteils,
den du, Herr, dir zur Wohnung gemacht hast.”
(2.Mose 15,1-17, gekürzt).
PP 261.3

Wie eine Stimme aus der Tiefe erhob sich der großartige Lobgesang aus den Scharen Israels. Mit Moses Schwester Mirjam an der Spitze nahmen die Frauen Israels ihn auf und setzten ihn fort mit Pauken und Reigen. Weit über Wüste und Meer erscholl der freudige Kehrreim, und von den Bergen kam das Echo ihrer Danklieder: “Laßt uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan.” 2.Mose 15,21. PP 262.1

Dieses Lied zur Erinnerung an die überwältigende Errettung machte auf das hebräische Volk einen unauslöschlichen Eindruck. Von Jahrhundert zu Jahrhundert wiederholten es die Propheten und Sänger Israels und bezeugten damit, daß Jahwe die Stärke und Rettung derer ist, die ihm vertrauen. Dieses Lied geht nicht nur das jüdische Volk an. Es weist auf die zu erwartende Vernichtung aller Feinde der Gerechtigkeit und den endgültigen Sieg des Gottes Israels hin. Der Seher von Patmos schaut die weißgekleidete Menge derer, “die den Sieg behalten hatten”. Sie stehen am “gläsernen Meer, mit Feuer gemengt”, “und hatten Gottes Harfen und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes”. Offenbarung 15,2.3. PP 262.2

“Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deiner Gnade und Treue willen.” Psalm 115,1. Dieser Geist erfüllte Israels Befreiungslied, und er sollte auch in den Herzen all derer wohnen, die Gott lieben und verehren. Indem Gott uns von der Knechtschaft der Sünde befreite, vollbrachte er eine noch größere Befreiungstat als jene für die Hebräer am Roten Meer. Und wie sie sollten wir den Herrn für seine wunderbaren Taten an den Menschenkindern mit Herz und Mund preisen. Die oft über Gottes Barmherzigkeit nachdenken und auch seine geringeren Gaben nicht ganz und gar vergessen, werden dem Herrn voll Freude in ihren Herzen singen. Die täglichen Segnungen aus der Hand des Herrn, vor allem aber der Gedanke an den Tod Jesu, der uns inneren Frieden schenkte und den Himmel erreichbar machte, sollten uns stets dankbar stimmen. Wieviel Mitleid, welche unvergleichliche Liebe hat Gott uns verlorenen Sündern erzeigt, als er sich unserer annahm, damit wir sein geschätztes Eigentum würden! Welches Opfer brachte unser Erlöser, damit wir Gottes Kinder werden konnten! Wir sollten dem Herrn danken für die selige Hoffnung, die uns mit dem großen Erlösungsplan angeboten wird, und für das köstliche himmlische Erbe mit seinen reichhaltigen Verheißungen. Rühmt ihn, weil Jesus lebt und als Fürsprecher für uns eintritt. PP 263.1

“Wer Dank opfert”, sagt der Schöpfer, “der preiset mich.” Psalm 50,23. Alle Himmelsbewohner loben vereint ihren Gott. Laßt uns jetzt schon das Lied der Engel lernen, damit wir es singen können, wenn wir uns ihren strahlenden Reihen anschließen. Laßt uns mit dem Psalmisten sagen: “Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.” — “Es danken dir, Gott, die Völker, es danken dir alle Völker.” Psalm 146,2; 67,6. PP 263.2

Gottes Vorsehung hatte die Hebräer in die bergige Feste am Meer gebracht, um ihnen durch ihre Errettung seine Macht zu offenbaren und den Stolz ihrer Bedrücker sichtbar zu demütigen. Er hätte sie auch auf andere Weise bewahren können. Aber er wählte diesen Weg, um ihren Glauben auf die Probe zu stellen und ihr Vertrauen zu ihm erstarken zu lassen. Das Volk war müde und fürchtete sich entsetzlich. Doch wäre es zurückgeblieben, als Mose gebot, vorwärtszugehen, würde Gott ihm niemals den Weg geöffnet haben. “Durch den Glauben gingen sie durchs Rote Meer wie durch trockenes Land.” Hebräer 11,29. Als sie geradewegs zum Wasser hinabstiegen, bewiesen sie ihren Glauben an das Wort Gottes durch Mose. Sie taten alles, was ihnen möglich war, und dann teilte der Allmächtige Israels das Meer und bereitete ihren Füßen den Weg. PP 263.3

Diese großartige Erfahrung gilt für alle Zeit. Der Christ sieht sich oft unvorhergesehenen Gefahren ausgesetzt, die die Pflichterfüllung schwer erscheinen lassen. Die Phantasie malt sich Untergang und Knechtschaft oder gar Tod aus. Doch die Stimme Gottes sagt deutlich: Geht voran! Wir sollten diesem Befehl gehorchen, selbst wenn unsere Augen das Dunkel nicht durchschauen können und wir die kalten Wellen an unsern Füßen spüren. Die unser Wachstum hemmenden Hindernisse werden bei einem zögernden, unschlüssigen Sinn niemals verschwinden. Die den Gehorsam aufschieben, bis jeder Schatten der Ungewißheit weicht und keine Gefahr für Mißerfolg oder Niederlage mehr besteht, werden niemals gehorchen. Der Unglaube flüstert: Laß uns warten, bis die Schwierigkeiten beseitigt sind und wir unsere Lage besser übersehen können. Der Glaube dagegen drängt zum mutigen Vorwärtsgehen, er hofft alles, er vertraut allem. PP 264.1

Die Wolke, die den Ägyptern wie eine dunkle Wand erschien, war für die Hebräer helles, flutendes Licht, das das ganze Lager erleuchtete und sich auf den Weg vor ihnen ergoß. So bringt göttliche Fügung den Ungläubigen Finsternis und Verzweiflung, den Gläubigen aber Klarheit und Frieden. Gottes Weg mag durch Wüste oder Meer führen, dennoch ist es ein sicherer Weg. PP 264.2