Erziehung

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Ein Mann wird auf die Probe gestellt

Für alle, die Gott lieben, enthalten die biblischen Lebensbeschreibungen noch eine tiefere Lehre vom Sinn des Leides. Im Alten Testament heißt es: “Ihr sollt bezeugen können, daß ich Gott bin. Ich habe euch schon früher gerettet, und das werde ich auch in Zukunft tun.”1 Und im Neuen Testament lesen wir: “Ein Schauspiel sind wir, für die ganze Welt, für Engel und Menschen.”2 ERZ 161.3

Nichts verabscheut Satan mehr als Selbstlosigkeit, diese Grundregel in der Welt Gottes. Sie ist ihm so verhaßt, daß er ihre Notwendigkeit rundweg leugnet. Von Anfang an war ihm daran gelegen, alles, was Gott tut, als selbstsüchtig und eigennützig hinzustellen. Und mit denen, die sich zu Gott halten und ihm dienen, verfährt er ebenso. Christus hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, diese Unterstellungen zu widerlegen — sowohl in bezug auf Gott als auch auf diejenigen, die sich zu ihm bekennen. Er wurde Mensch, um in seinem irdischen Leben Gottes Aufopferung ganz praktisch zu bezeugen. Und in gewissem Sinne ist das auch ein Teil unserer Lebensaufgabe. ERZ 162.1

Sich für das Recht zu entscheiden, weil es ums Recht geht, für die Wahrheit einzutreten, selbst wenn wir deshalb leiden und Opfer bringen müssen — “das gilt für alle, die in meinem Dienst stehen”.3 ERZ 162.2

Aus sehr früher Zeit ist die Lebensgeschichte eines Mannes überliefert, an dem sich zeigen sollte, ob Satan mit der Behauptung recht hatte, selbst der Frömmste könne Gott nicht selbstlos und ohne Hintergedanken dienen. Gottes Zeugnis über Hiob, den Patriarchen von Uz, lautete: “Ich kenne keinen zweiten auf der Erde, der so rechtschaffen und aufrichtig ist wie er, der mich achtet und sich nichts zuschulden kommen läßt.” ERZ 162.3

Das wollte und konnte Satan nicht so stehen lassen, deshalb hielt er dagegen: “Überrascht dich das? ... Er tut’s doch nicht umsonst! Du hast ihn, seine Familie und seinen ganzen Besitz stets bewahrt. Seine Arbeit war erfolgreich, und seine Herden haben sich gewaltig vermehrt. Aber — versuch es doch einmal und laß ihn Hab und Gut verlieren, dann wird er dich ganz sicher vor allen Leuten verfluchen.” Gott nahm die Herausforderung an und sagte: “Gut ... mach mit seinem Besitz, was du willst, nur ihn selbst taste nicht an!”4 ERZ 162.4

Auf diese Erlaubnis hin vernichtete Satan alles, was Hiob besaß — Rinder- und Schafherden, Knechte und Mägde, Söhne und Töchter — und schlug ihn selbst mit einer widerlichen Krankheit. ERZ 163.1

Und dann wurde noch ein weiterer Tropfen der Bitternis in den Lebenskelch dieses frommen Mannes gegossen. Seine Freunde, die eigentlich gekommen waren, um ihn zu trösten, machten das Maß mit Verdächtigungen, Unterstellungen und unerträglicher Rechthaberei voll, weil sie sicher waren, dieses Ausmaß an Unglück könne nur die Folge geheimer Sünden sein. ERZ 163.2

Doch Hiob hielt unbeirrt an Gott fest. Aber weil er sich keiner Schuld bewußt war, rief er in seiner Not und Ratlosigkeit aus: ERZ 163.3

“Mein Leben ekelt mich an!
Darum will ich der Klage freien Lauf lassen
und mir die Bitterkeit von der Seele reden.”1
ERZ 163.4

“O Gott, verstecke mich doch bei den Toten!
Schließ mich für eine Weile dort ein,
bis dein Zorn verflogen ist!
Aber setz dir eine Frist und denk
dann wieder an mich.”2
ERZ 163.5

“Ich schreie: ‘Hilfe!’, aber niemand hört mich.
Ich rufe aus Leibeskräften -
aber keiner verschafft mir Recht ...
Ich war angesehen und geachtet,
aber er hat meine Krone weggerissen.
Zerschmettert hat er mich, bald muß ich gehen;
meine Hoffnung riß er aus wie einen Baum ...
Meine Brüder hat Gott mir entfremdet;
die Verwandten wollen nichts mehr von mir wissen.
Meine Nachbarn haben sich zurückgezogen,
alte Bekannte kennen mich nicht mehr ...
Barmherzigkeit! Habt doch Mitleid, meine Freunde!
Gottes Hand hat mich geschlagen!”3
ERZ 163.6

“Wenn ich doch wüßte, wo ich ihn finden könnte
und wie ich zu seinem Thron gelange!
Ich würde ihm meinen Fall darlegen
und alle Gründe nennen, die zu meinen Gunsten sprechen! ...
Doch ich kann ihn nirgends finden!
Ich habe ihn im Osten gesucht — er ist nicht dort,
und auch im Westen entdeckte ich ihn nicht.
Wirkt er im Norden, oder wendet er sich zum Süden hin,
sehe ich doch keine Spur von ihm;
nirgends ist er zu erblicken!
Doch er kennt meinen Weg genau;
wenn er mich prüfte, wäre ich rein wie Gold.”1
ERZ 164.1

“Gewiß wird Gott mich töten,
dennoch vertraue ich auf ihn;
denn ich will mein Leben vor ihm verantworten.”2
ERZ 164.2

“Doch eins weiß ich: Mein Erlöser lebt;
auf dieser todgeweihten Erde spricht er das letzte Wort!
Auch wenn meine Haut in Fetzen an mir hängt
und mein Leib zerfressen ist,
ich werde doch Gott sehen!
Ja, ihn werde ich anschauen;
mit eigenen Augen werde ich ihn sehen ...”3
ERZ 164.3

Hiob hatte sich gewünscht, Gott möge seinen Fall prüfen und seine Schuldlosigkeit ans Licht bringen. So kam es dann auch. Er hatte alles Leid geduldig ertragen, und dadurch seine Lauterkeit unter Beweis gestellt. Zugleich erwies sich, daß Gottes Einschätzung zutraf, die Anschuldigungen Satans dagegen falsch gewesen waren. Am Ende der Geschichte heißt es: “... da wandte der Herr für ihn alles zum Guten. Er gab ihm doppelt so viel, wie er früher besessen hatte ... Der Herr segnete Hiob von jetzt an mehr als zuvor.”4 ERZ 164.4