Erziehung

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Die Schule des Leidens

Wer einen Dienst für Gott übernehmen möchte, wird in der Schule des Leidens darauf vorbereitet. Je wichtiger die Vertrauensstellung und je verantwortungsvoller der Dienst, desto härter wird auch die Prüfung, desto strenger die Zucht sein. Das läßt sich an den Lebenswegen von Mose, Josef, Daniel und David ablesen — oder indem man die Jugendjahre Davids mit denen seines Sohnes Salomo vergleicht und auf die unterschiedlichen Ergebnisse achtet. ERZ 159.3

David war in seiner Jugend eng mit Saul verbunden gewesen. Sein Aufenthalt am Hof und seine Zugehörigkeit zum königlichen Haushalt gaben ihm einen Einblick in die Sorgen und Schwierigkeiten, die hinter der glanzvollen Fassade auch zu finden waren. Er sah, daß irdischer Glanz keine Gewähr dafür ist, daß der Mensch auch zum Frieden der Seele findet. Und er war erleichtert, als er den Königshof verlassen und zu seinen Schafen zurückkehren konnte. ERZ 159.4

Als Sauls krankhafte Eifersucht ihn zur Flucht trieb, lernte David, sich ganz auf Gott zu verlassen. Die Unsicherheit und das rastlose Leben in der Wüste, die ständig drohende Gefahr — nicht zuletzt der stetige Umgang mit Männern, von denen es heißt: “Menschen, die sich in einer ausweglosen Lage befanden, die Schulden hatten oder verbittert waren”1 — verlangten ihm ein hohes Maß an Selbstkontrolle ab. Diese Erfahrungen weckten und entwickelten bei David die Fähigkeit, mit Menschen aller Art umgehen zu können, den Unterdrückten Mitgefühl entgegenzubringen und Ungerechtigkeit zu verabscheuen. ERZ 159.5

In den Jahren des Wartens und der Gefahr lernte David, bei Gott Trost zu suchen und sich auf den Herrn zu verlassen. Er begriff, daß nur Gott ihm die zugesagte Herrschaft über Israel geben, und daß er als König nur dann weise und gerecht herrschen konnte, wenn er sich vom Herrn leiten lassen würde. Dank seiner Erziehung in der Schule des Leids und der Entbehrung konnte später von David gesagt werden: “Als König über ganz Israel sorgte David in seinem ganzen Volk für Recht und Gerechtigkeit.”1 Leider wurde dieses positive Bild später durch eine schlimme Sünde stark beschädigt. ERZ 160.1

Die schweren Erfahrungen der Jugendjahre, die David zeitlebens prägten, fehlten Salomo. Dessen Stellung als Thronfolger, seine außergewöhnliche Begabung und die Lebensumstände bei Hofe sicherten ihm von Anfang an eine Sonderstellung. Er war rein in seiner Jugend, edelmütig im Mannesalter, und er stand bei Gott in hohem Ansehen. So ausgestattet trat Salomo seine Herrschaft an und konnte mit Ehre und Erfolg rechnen. Und tatsächlich drang sein Ruhm und die Kunde von seiner Weisheit weit über die Grenzen hinaus. Aber gerade das, was ihn in aller Welt berühmt machte, wurde ihm zum Verhängnis. Der Stolz auf seine Erfolge führte ihn immer weiter von Gott weg. Während er früher Freude in der Gemeinschaft mit Gott gefunden hatte, suchte er nun Befriedigung durch Sinnenfreuden und Vergnügungen. Später schrieb er selbst über diesen Lebensabschnitt: ERZ 160.2

“Ich vollbrachte große Dinge: Ich baute mir Häuser und pflanzte Weinberge. Ich legte Obstgärten an und pflanzte darin alle Arten von Fruchtbäumen ... Ich kaufte mir zahlreiche Sklaven und Sklavinnen ... Ich füllte meine Vorratskammern mit Silber und Gold aus den Schätzen der unterworfenen Könige und Länder. Ich hielt mir Sänger und Sängerinnen und nahm mir so viele Frauen, wie ein Mann nur wünschen kann. So wurde ich mächtiger und reicher als alle, die vor mir in Jerusalem regiert hatten. Weil ich ein so großes Wissen besaß, konnte ich mir alles verschaffen, worauf ich Lust hatte, und ich versagte mir keine Freude. Mit all meiner Mühe hatte ich es so weit gebracht, daß ich tatsächlich glücklich war. Doch dann dachte ich über alles nach, was ich getan und erreicht hatte, und kam zu dem Ergebnis: Alles ist sinnlos; man könnte genausogut mit der Hand nach dem Wind greifen. Letztlich kommt bei aller Mühe nichts heraus. Über zwei Dinge habe ich nachgedacht: Was hat der Gebildete dem Ungebildeten voraus? Und was wird der Mann tun, der mir auf den Thron folgt? Das was man schon immer getan hat? ... Da war mir das ganze Leben verleidet. Man kann tun was man will auf dieser Erde — es ist doch alles sinnlos und führt zu nichts. Auch der ganze Ertrag meiner Mühe war mir verleidet. Ich muß ja doch alles einem anderen überlassen, der nach mir kommt.”1 ERZ 160.3

Durch eigene bittere Erfahrung lernte Salomo die Leere eines Lebens kennen, das seine Befriedigung nur im Irdischen sucht. Er errichtete heidnischen Göttern Altäre und mußte letztlich doch feststellen, daß sie seiner Seele keine Ruhe zu bringen vermochten. ERZ 161.1

Im Alter wandte sich Salomo überdrüssig von den löchrigen irdischen Brunnen ab, um wieder vom reinen Quell des Lebens zu trinken. Vom Geist Gottes getrieben, schrieb er die Geschichte seiner vergeudeten Jahre mit den daraus erwachsenden Lehren als Warnung für nachfolgende Geschlechter auf. Wie ganz anders hätte sein Leben nach den vielversprechenden Anfängen verlaufen können, wenn er selbst auch aus den leidvollen Erfahrungen anderer gelernt hätte! ERZ 161.2