Erziehung

19/75

Die umwandelnde Kraft Christi

Vier aus der Gruppe der Zwölf sollten sich durch ihr Schicksal oder Tun aus dem Jüngerkreis herausheben — sowohl in positiver Hinsicht als auch auf tragische Weise. Jesus wußte das im Voraus und bereitete sie und die anderen Jünger darauf vor. ERZ 88.1

Jakobus war ein früher Märtyrertod bestimmt; Johannes dagegen sollte Christus trotz schwerer Verfolgungen länger dienen als alle anderen; Petrus war dafür ausersehen, im Blick auf die Verkündigung der Christusbotschaft unter den Heidenvölkern Vorurteile zu durchbrechen; Judas Iskariot, von seinen natürlichen Anlagen her der Fähigste der Zwölf, sollte durch seinen Verrat an Jesus zur tragischen Figur des Jüngerkreises werden. Um diese vier kümmerte sich Jesus besonders intensiv und liebevoll. ERZ 88.2

Petrus, Jakobus und Johannes nutzten jede Gelegenheit, um Jesus nahe zu sein, und der Herr ging auch oft auf dieses Bedürfnis ein. Die engste Beziehung zu Christus hatte zweifellos Johannes. Diese Entwicklung hatte sich schon ganz am Anfang abgezeichnet. Gemeinsam mit Andreas, dem Bruder des Petrus, begegnete er Jesus am Jordan. Eigentlich waren die beiden Anhänger von Johannes dem Täufer, doch als sie Jesus predigen hörten, schlossen sie sich ihm spontan an. Während Andreas sofort missionarisch tätig wurde und seinem Bruder Simon Petrus von der Begegnung erzählte, dachte Johannes in der Stille über das nach, was er gehört hatte. Das heißt allerdings nicht, daß er von sanfter, nachgiebiger Natur gewesen wäre. Er konnte sogar ziemlich unbeherrscht und aufbrausend sein, deshalb bezeichnete Jesus ihn und seinen Bruder Jakobus einmal als “Donnersöhne”. ERZ 88.3

Johannes war stolz, ehrgeizig und angriffslustig, aber Jesus wußte, daß unter dieser rauhen Schale ein aufrichtiges, begeisterungsfähiges und liebendes Herz schlug. Christus rügte ihn wegen seiner Selbstsucht, enttäuschte seinen Ehrgeiz und prüfte seinen Glauben, aber er ließ ihn auch erleben, wonach er sich so sehr sehnte: die umwandelnde Liebe Gottes und die Schönheit eines geheiligten Wesens. ERZ 88.4

Johannes war ein geselliger Mensch, der sich nach Liebe und Wohlwollen sehnte. Er hielt sich immer möglichst nahe zu Jesus. Wie eine Blume Sonnenschein und Tau aufnimmt, so nahm er das göttliche Licht und Leben in sich auf. Er bewunderte und liebte den Erlöser so sehr, daß er sich nur noch eines wünschte: immer bei Christus zu sein und so zu werden wie er, damit in seinem Wesen Christus zu erkennen sei. ERZ 89.1

“Seht doch,” sagte er, “wie sehr uns der Vater geliebt hat! Seine Liebe ist so groß, daß er uns seine Kinder nennt. Und wir sind es wirklich! Die Welt versteht uns nicht, weil sie Gott nicht kennt. Meine lieben Freunde, wir sind schon Kinder Gottes. Was wir einmal sein werden, ist jetzt noch nicht sichtbar. Aber wir wissen: wenn es sichtbar wird, werden wir Gott ähnlich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er wirklich ist. Jeder, der das voll Vertrauen von ihm erwartet, hält sich von allem Unrecht fern, so wie Christus es getan hat.”1 ERZ 89.2