Erziehung

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Elisa

Der Prophet Elisa wuchs in ländlicher Umgebung auf, wo Gott und die Natur seine Lehrmeister waren. Obwohl er vermutlich aus einer begüterten Familie stammte, lebte er nicht als Müßiggänger, sondern wurde früh zu nützlicher Arbeit angehalten. ERZ 57.2

Zu jener Zeit gab es in Israel kaum jemanden, der nicht in den Götzendienst verwickelt war. Elisas Eltern gehörten zu den wenigen Israeliten, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt hatten. Zwei Dinge waren in dieser Familie wichtig: Glaube an Gott und Pflichterfüllung. ERZ 57.3

Als Bauernsohn tat Elisa das Nächstliegende, er wurde ebenfalls Bauer. Obwohl er über Führungsqualitäten verfügte, wurde er zunächst für die einfachen Pflichten des Lebens ausgebildet. Um später einmal anderen befehlen zu können, mußte er erst selber gehorchen lernen. Er hätte keine verantwortungsvollen Aufgaben übernehmen können, ohne durch gewissenhafte Pflichterfüllung darauf vorbereitet worden zu sein. ERZ 57.4

Elisa war weichherzig und bescheiden, verfügte andererseits aber auch über Tatkraft und Ausdauer. Vor allem verehrte und liebte er Gott. Das alles formte seinen Charakter positiv und ließ ihn in der Gnade und Erkenntnis Gottes wachsen. ERZ 57.5

Der Ruf zum Prophetenamt erging an Elisa beim Pflügen auf dem Feld. Gott hatte dem alternden Elia aufgetragen, einen Nachfolger zu suchen. Als der Gottesmann ihm den Prophetenmantel umlegte, begriff Elisa, daß Gott ihn zu seinem Sprecher erwählt hatte. Im biblischen Text heißt es: “Da eilte Elisa nach Hause und bereitete für seine Familie ein Abschiedsessen [...] Danach schloß er sich Elia an und wurde sein Diener.”1 Wie er “von der Pieke auf” den Beruf des Landwirts gelernt hatte, so wurde er nun auch auf seinen Dienst als zukünftiger Prophet vorbereitet. Das begann ganz klein mit den täglich anfallenden Handreichungen, die ein Diener damals zu leisten hatte. Aber indem Elisa dem Mann Gottes diente, wuchs er mehr und mehr in die Aufgaben des Prophetenamts hinein, zu dem der Herr ihn erwählt hatte. ERZ 57.6

Die Berufungsgeschichte macht deutlich, wie wichtig es Elia war, daß sich sein Nachfolger ohne äußeren Druck für diesen Dienst entschied. Er schickte Elisa erst noch einmal nach Hause, damit er diese grundlegende Entscheidung im Kreise seiner Familie bedenken konnte. Doch für den war von Anfang an klar, daß er diese Berufung um keinen Preis der Welt ausschlagen würde. ERZ 58.1

Als abzusehen war, daß der Herr Elia bald abberufen würde, wollte der Prophet sich noch einmal vergewissern, wie es um den Glauben Elisas und um seine Bereitschaft, das Prophetenamt auf sich zu nehmen, stand. Am Tag seiner Entrückung zu Gott sagte Elia: “Willst du nicht hier bleiben? Ich muß nach Bethel, denn der Herr hat mich dorthin geschickt.” Doch Elisa ging nicht auf dieses Angebot ein, denn er hatte als Landwirt gelernt, nicht zurückzuschauen, wenn er einmal die Hand an den Pflug gelegt hatte. Und in gewissem Sinne hatte er immer noch die Hand am Pflug, wenn auch anders als damals, als er noch Äcker bestellte. Deshalb antwortete Elisa: “So gewiß der Herr lebt und so gewiß du lebst — ich verlasse dich nicht!”1 ERZ 58.2

Und weiter heißt es: “So wanderten sie zusammen hinunter nach Bethel. Dort kamen ihnen einige Prophetenjünger entgegen, die in Bethel zusammen lebten. Sie nahmen Elisa beiseite und fragten ihn: ‘Weißt du es schon? Der Herr wird heute deinen Lehrer zu sich holen!’ ‘Ja, ich weiß es’, antwortete Elisa, ‘redet bitte nicht darüber.’ Wieder sagte Elia zu seinem Begleiter: ‘Elisa, willst du nicht hier bleiben? Ich muß weiter nach Jericho, denn der Herr hat mich dorthin geschickt.’ Elisa antwortete: ‘So gewiß der Herr lebt und so gewiß du lebst — ich verlasse dich nicht!’ Sie wanderten gemeinsam weiter [...] Fünfzig Prophetenjünger aus Jericho folgten ihnen. Als Elia und Elisa den Jordan erreichten, blieben ihre Begleiter in einiger Entfernung stehen. Elia zog seinen Mantel aus, rollte ihn zusammen und schlug damit auf das Wasser. Da teilte es sich, und die beiden konnten trockenen Fußes das Flußbett durchqueren. Am andern Ufer sagte Elia zu Elisa: ‘Ich möchte noch etwas für dich tun, bevor ich von dir genommen werde. Hast du einen Wunsch?’ Da antwortete Elisa: ‘Ich möchte als dein Schüler und Nachfolger doppelt soviel von deinem Geist bekommen wie die anderen Propheten!’ Elia wandte ein: ‘Das liegt nicht in meiner Macht. Aber wenn der Herr dich sehen läßt, wie ich von hier weggeholt werde, dann wirst du erhalten, worum du gebeten hast. Wenn nicht, dann geht auch dein Wunsch nicht in Erfüllung.’ ERZ 58.3

Während die beiden so in ihr Gespräch vertieft weitergingen, erschien plötzlich ein Wagen aus Feuer, gezogen von Pferden aus Feuer und trennte die Männer voneinander. Und dann wurde Elia in einem Wirbelsturm zum Himmel hinaufgetragen. Elisa sah es und schrie: ‘Mein Vater, mein Vater! Du Beschützer und Führer Israels!’ Doch schon war alles vorbei. Aufgewühlt packte Elisa sein Gewand und riß es entzwei. Dann hob er den Mantel des Elia auf, der zu Boden gefallen war, und ging zum Jordan zurück. Wie vorher sein Lehrer Elia schlug jetzt er mit dem Mantel auf das Wasser und rief: ‘Wo ist der Herr, der Gott Elias?’ Da teilte sich das Wasser, und Elisa konnte den Fluß wieder durchqueren. Als die Prophetenjünger, die den beiden Männern gefolgt waren, Elisa zurückkommen sahen, sagten sie zueinander: ‘Der Geist Elias ist nun auf Elisa übergegangen!’ Sie liefen zu ihm und warfen sich ehrfürchtig vor ihm zu Boden.”1 ERZ 59.1

Von da an übernahm Elisa die Aufgaben des Elia. Und wie er sich in den kleinen Dingen als treu erwiesen hatte, so blieb er es auch jetzt, da Gott ihm eine große Verantwortung auferlegt hatte. ERZ 59.2

Elia war eine von jenen starken Persönlichkeiten gewesen, die nicht eher ruhen, bevor sie die ihnen übertragene Aufgabe erfüllt haben. Er war dem Abfall Israels mutig und kompromißlos entgegengetreten. Ihm gelang es, den von König Ahab und seiner gottlosen Frau Isebel eingeführten Götzendienst zu zerschlagen. Keiner der heidnischen Priester war am Leben geblieben, und Israel wandte sich von den falschen Göttern ab. Nun wurde jemand gebraucht, der das Volk mit Feingefühl und großer Geduld zur wahren Gottesanbetung zurückführte. Und da war Elisa dank seiner Erziehung und der Erfahrung, die er im Laufe seines Lebens gesammelt hatte, genau der richtige Mann. ERZ 59.3

Aus dieser alten Geschichte läßt sich manches lernen. Niemand weiß, was Gott mit ihm vorhat, wenn er ihn in seine Schule nimmt. Aber eins ist sicher: Wer in den kleinen Dingen treu ist, zeigt dadurch, daß er geeignet ist, auch größere Verantwortung zu übernehmen. ERZ 60.1