Erziehung

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Kapitel 31: Die Lebensaufgabe

“Das will ich tun.”
Lukas 12,18.

Wer im Leben vorwärtskommen will, muß den Blick fest auf ein Ziel gerichtet halten, das dieser Mühe wert ist. Der Auftrag Gottes, der ganzen Welt das Evangelium zu bringen, ist der wichtigste Ruf, der an einen Gläubigen ergehen kann. Er erschließt jedem, der innerlich von Christus berührt ist, ein weites Betätigungsfeld. ERZ 262.1

Gott hat mit unseren Kindern oft mehr vor, als wir uns das vorstellen können. Wenn wir in die Geschichte schauen, begegnen wir immer wieder Menschen, die aus ganz einfachen Verhältnissen kamen und dennoch vor den Großen ihrer Zeit als Zeugen für Gott auftreten konnten. Mancher von unseren jungen Leuten, der — wie damals Daniel in seiner hebräischen Heimat — in einer gläubigen Familie aufwächst, Gottes Wort studiert und nach dem Willen Gottes fragt, wird später einmal in einer gesetzgebenden Versammlung, in einem Gerichtssaal oder in einer Regierungsdienststelle durch sein Auftreten Zeugnis für Gott ablegen können. Andere werden als Prediger des Evangeliums Botschafter Gottes in aller Welt sein, denn die Welt wird sich der Frohen Botschaft öffnen. ERZ 262.2

Afrika streckt die Hände aus nach Gott, und suchende Menschen in Japan, China, Indien oder Südamerika sehnen sich nach der Liebe Gottes, die in Jesus Christus sichtbar geworden ist. Sie haben ein Recht darauf, diese Botschaft zu hören, und sie haben den gleichen Anspruch auf Gottes Gnade wie wir. Wir haben diese Erkenntnis und können sie unseren Kindern weitergeben, und es liegt an uns, wie wir auf diese Herausforderung reagieren. Jeder von uns, ob wir nun christliche Eltern oder Kinder, Lehrer oder Schüler sind, muß sich der Frage stellen, mit der sich die Jüdin Ester an einem Wendepunkt in der Geschichte Israels auseinanderzusetzen hatte: “Wer weiß, ob du nicht genau um dieser Gelegenheit willen zur Königin erhoben worden bist?”1 ERZ 262.3

Wenn wir darüber nachdenken, wie es sich auswirken würde, wenn wir die Verkündigung des Evangeliums fördern oder behindern, haben wir meist nur uns selbst oder die irdische Welt vor Augen. Kaum jemand fragt danach, welchen Kummer die Sünde unserem Schöpfer bereitet hat. Der ganze Himmel litt mit, als Christus hier auf Erden leiden und sterben mußte. Aber das Kreuz war eigentlich nur der Punkt, an dem für uns Menschen sichtbar wurde, welchen Schmerz die Sünde und ihre Folgen dem Herzen Gottes schon lange zuvor zugefügt hatten. ERZ 263.1

Jedes Abweichen vom Recht, jede grausame Tat, jedes Versagen bereitet Gott Kummer. Als sich Israel von Gott abwandte und Unglück über das Volk hereinbrach, heißt es von Gott: “Da konnte er ihr Elend nicht länger ertragen.”2 Und an anderer Stelle: “Denn wenn sie in Bedrängnis waren, litt auch er. Immer wieder ist sein Engel zu ihnen gekommen und hat sie gerettet.”3 Wie “die gesamte Schöpfung leidet und unter Qualen auf ihre Neugeburt wartet”,4 so leidet auch Gott selbst im Herzen mit an der Sünde und ihren schrecklichen Auswirkungen. ERZ 263.2

Not und Elend wachsen in unserer Welt lawinenartig an. Oft sind die Verhältnisse so schlimm, daß wir uns von ihnen überfordert fühlen und lieber wegschauen und die Gedanken daran verdrängen. Aber Gott kann nicht wegschauen, und er kann auch nicht sagen “Was geht mich das an?”! Er leidet an der Sünde mehr als wir, und um ihr für immer ein Ende zu machen, gab er das Liebste hin, das er besaß — seinen einzigen Sohn. Deshalb sind auch wir, die wir zu Christus gehören, aufgerufen, nach Kräften dazu beizutragen, daß das alles möglichst bald überwunden wird. Wir können das am besten tun, indem wir die Erlösungsbotschaft an andere weitergeben. Denn Jesus selbst hat vorausgesagt: “Die Heilsbotschaft vom Reich Gottes wird in der ganzen Welt verkündet werden, damit alle Völker sie hören. Dann erst wird das Ende kommen.”1 Deshalb lautet sein Auftrag an alle, die ihm nachfolgen: “Geht nun in die ganze Welt und verkündet allen die gute Nachricht!”2 Selbstverständlich können nicht alle Prediger oder Missionare sein, aber jeder von uns wird zum Mitarbeiter Gottes, indem er die Frohe Botschaft an die Menschen in seinem Umfeld weitergibt. Jesus braucht uns und verläßt sich auf uns, ob wir nun alt oder jung sind, Einfluß haben oder nicht. ERZ 263.3

Wenn wir uns dieser Verpflichtung bewußt sind, können wir uns nicht damit zufriedengeben, unsere Kinder nur zu guten, christlich gesinnten Menschen zu erziehen, denen aber letztlich die Bereitschaft fehlt, sich ganz unter Jesu Auftrag zu stellen und dafür auch Opfer zu bringen. Wir würden uns an ihnen versündigen, wenn sie einst aus seinem Mund hören müßten: “Was wollt ihr denn? Ich kenne euch nicht!”3 ERZ 264.1

Aber Tausende von Christen handeln genau so. Sie möchten zwar, daß ihre Kinder an den Segnungen des Evangeliums teilhaben, versäumen es aber, ihnen etwas vom Geist des Evangeliums zu vermitteln. Diese Art Erziehung ist zum Scheitern verurteilt. Wer Gnade und Segen beansprucht, ohne zum Dienst für Jesus bereit zu sein, entzieht sich damit der Erziehungsarbeit Gottes, die allein dazu befähigen kann, einmal an seiner Herrlichkeit teilzuhaben. Er lehnt nämlich die Ausbildung ab, die in diesem Leben charakterliche Stärke und ein geheiligtes Wesen vermittelt. Manche Eltern, die das Kreuz Christi von ihren Kindern fernhielten, mußten später erleben, daß sie die Kinder damit sich selbst, den Menschen oder gar dem Feind Gottes ausgeliefert hatten. Oft sind solche Kinder unfähig, Versuchungen zu widerstehen. Sie geraten in Sünde, bringen Schande und Kummer über ihre Eltern, verpfuschen ihr irdisches Leben und verspielen das ewige. ERZ 264.2

Aber selbst junge Leute, die sich bewußt auf den Dienst für Gott vorbereiten wollen, stehen in der Gefahr, durch fragwürdige Lehrmethoden vom richtigen Weg abzuirren. Das Leben wird üblicherweise in fest umrissene Abschnitte eingeteilt: erst lernen, dann arbeiten; erst Berufsausbildung, dann Berufsausübung. Um junge Menschen auf ihre Lebensaufgaben vorzubereiten, schicken wir sie zur Schule. Im Prinzip ist das ja auch richtig. Leider erschöpft sich das Lernen häufig im bloßen Aneignen von Bücherwissen, weil die Kinder mehr oder weniger abgeschnitten sind von den Verantwortlichkeiten des täglichen Lebens. ERZ 265.1

Es kommt immer wieder vor, daß sich junge Leute so sehr in die Theorie vergraben, daß sie die Praxis und das eigentliche Ziel völlig aus den Augen verlieren. Ihre Begeisterung für Gottes Sache und die anfängliche Hingabe schwinden oder werden ganz von ehrgeizigen, persönlichen Zielen verdrängt. Ihr Streben nach beruflichem Aufstieg und einem gesicherten Leben läßt ihnen dann kaum noch Zeit, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten für Gott einzusetzen. ERZ 265.2

Andere sind zwar gut ausgebildet, haben sich aber so weit vom praktischen Leben entfernt, daß sie im Berufsleben scheitern und an sich selbst zweifeln. Wieder andere sind an schnellen Erfolg gewöhnt und greifen zu fragwürdigen Praktiken, wenn er sich nicht einstellt. Damit gehen der Welt Menschen verloren, die positiv in die Gesellschaft hätten hineinwirken können. Und Gott muß auf fähige Mitarbeiter verzichten, die er eigentlich zu Botschaftern der Erlösung machen wollte. ERZ 265.3

Viele Eltern begehen den Fehler, ihre Kinder erziehungsmäßig unterschiedlich zu behandeln. Für ein begabtes Kind sind sie zu jedem Opfer bereit, während sie bei seinem weniger begabten Bruder oder seiner Schwester wenig Wert auf eine angemessene Ausbildung legen. Aber wer weiß schon im voraus, welches der Kinder einmal die meiste Verantwortung übernehmen muß? Wie oft hat sich in dieser Beziehung die menschliche Sicht als falsch erwiesen! Man denke nur an Samuel, den Gott beauftragt hatte, unter den Söhnen Isais den herauszusuchen, der Israel später anstelle von Saul regieren sollte. Sieben gutaussehende junge Männer wurden ihm vorgestellt. Schon beim ersten dachte er des anziehenden Äußeren und der königlichen Haltung wegen: Das ist der neue König! Aber Gott sprach: “Laß dich von seinem Aussehen und von seiner Größe nicht beeindrucken. Er ist es nicht. Denn ich urteile nach anderen Maßstäben als die Menschen. Für die Menschen ist wichtig, was sie mit den Augen wahrnehmen können; ich dagegen schaue jedem Menschen ins Herz.”1 ERZ 265.4

Auch bei den sechs anderen Söhnen Isais lautete Gottes Urteil: “Er ist es nicht!”, unabhängig davon, ob Samuel sie für geeignet hielt. Erst als David von den Schafen nach Hause gerufen wurde, konnte der Prophet seinen Auftrag erfüllen, denn der Herr sagte: “Das ist er ... salbe ihn!” ERZ 266.1

Hätte Samuel entscheiden können, wäre Eliab, der älteste Sohn, König von Israel geworden. Aber das wäre ein Fehler gewesen, denn offenbar verfügten weder er noch seine sechs Brüder über die charakterlichen Voraussetzungen, Gottes Volk zu regieren. Sie waren zu stolz, zu ehrgeizig und zu selbstsicher. Gott wählte ausgerechnet den Jüngsten, dem die Brüder nicht allzuviel zutrauten, der aber aufrichtigen Herzens war, Gott kindlich vertraute und sich selbst nicht so wichtig nahm. Ihn konnte Gott noch formen und so auf die schwere Aufgabe vorbereiten, Israel im Sinne Gottes zu regieren. ERZ 266.2

So ist es bis heute geblieben. So manches Kind, dem Eltern und Geschwister nicht viel zutrauen, hat Gott mit Gaben und Fähigkeiten beschenkt, die weitaus wertvoller sind, als die Eigenschaften und Begabungen derer, von denen die Eltern viel erwarten. ERZ 266.3

Und wenn wir an die vielfältigen Möglichkeiten denken, die das Leben dem einzelnen bietet: wer kann da entscheiden, was groß ist und was klein? Mancher “unbedeutende” Mensch hat Dinge in Bewegung gesetzt, die der Welt zum Segen wurden, und dadurch so viel bewirkt, daß manche bedeutende Persönlichkeit vor Neid erblassen müßte. ERZ 266.4

Laßt allen Kindern die bestmögliche Erziehung und Ausbildung angedeihen, damit sie auch schwierigen Aufgaben gewachsen sind. In der Bibel heißt es: “Säe am Morgen deine Saat aus, leg aber auch am Abend die Hände nicht in den Schoß! Denn du weißt nicht, ob das eine oder das andere gedeiht — oder vielleicht sogar beides zusammen!”1 ERZ 266.5

Der Platz, der uns im Leben zugewiesen wird, ist abhängig von unseren Fähigkeiten. Die Menschen sind ganz unterschiedlich in ihren Anlagen, ihren Entwicklungsmöglichkeiten und ihrem Leistungsvermögen. Das müssen wir einfach akzeptieren. Gott erwartet ja auch nicht, daß ein Ysopstrauch genauso groß wird wie eine Zeder oder ein Olivenbaum so hoch wie eine Palme. Aber jeder sollte mit Gottes Hilfe nach dem höchsten für ihn erreichbaren Ziel streben. Viele schöpfen ihre Gaben und Fähigkeiten nur deshalb nicht aus, weil sie sich nicht nach Kräften darum bemühen. Sie strecken sich auch zu wenig nach der Kraft aus, die sie von Gott bekommen könnten. Vielen fehlt die Ausdauer, auf dem Weg zu bleiben, der sie zum Erfolg führen würde. Andere schlagen eine Laufbahn ein, für die sie nicht geeignet sind, weil sie meinen, sie seien zu Höherem bestimmt. Sie wollen unbedingt einen akademischen Beruf ausüben, und während sie vielleicht gute Landwirte, Handwerker oder Krankenschwestern geworden wären, quälen sie sich nun mehr schlecht als recht als Pastoren, Rechtsanwälte oder Ärzte durchs Leben. ERZ 267.1

Wir sollten mehr danach fragen, was Gott mit uns vorhat und von uns erwartet. Dazu gehört, daß wir die jeweilige Arbeit so gut wie möglich erledigen und alle Entscheidungen unter Gottes Führung stellen. Das sind Regeln, die uns auch bei der Wahl des richtigen Berufs helfen können. ERZ 267.2

Obwohl Jesus Gottes Sohn war, erlernte er einen handwerklichen Beruf und arbeitete fast dreißig Jahre als Zimmermann. Aber das war nur die eine Seite seines Erdendaseins. Zugleich studierte er eingehend Gottes Wort, nahm die Lehren der Natur in sich auf und schuf sich so in beispielhafter Weise das geistige und geistliche Rüstzeug, um seinen göttlichen Auftrag erfüllen zu können. Als er dann sein öffentliches Wirken begann, heilte er Kranke, tröstete Trauernde, machte den Verachteten Mut und predigte den Armen und Entrechteten den Anbruch des Reiches Gottes. Alles Aufgaben, die er vor seiner Rückkehr zum himmlischen Vater seinen Nachfolgern übertrug. Wie er den Menschen diente, so sollen wir es auch tun: “Der Erste unter euch soll sich anderen unterordnen, und wer euch führen will, muß allen dienen. Wer ist denn der Herr? Wer sich bedienen läßt oder wer dient? Ich aber bin unter euch wie ein Diener.”1 ERZ 267.3

Dienst für Christus ist nicht denkbar ohne Liebe und Treue. Der Wunsch, für ihn zu arbeiten, kann eigentlich nur in einem Herzen entstehen, das von seiner Liebe berührt worden ist. Solches Empfinden muß bestärkt und in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Weder in der Familie, noch in der Nachbarschaft oder in der Schule sollten Hilfsbedürftige, Kranke, seelisch Angeschlagene oder Behinderte — Leute also, die Arbeit machen und Zuwendung verlangen — als Last empfunden werden, sondern als Gelegenheit zum Dienen. ERZ 268.1

Bei solchen Tätigkeiten ist es wie bei jeder anderen Arbeit auch: Übung bekommt man, während man arbeitet. Wenn man die alltäglichen Pflichten gewissenhaft erfüllt, sich um bedürftige und leidende Menschen kümmert, gewinnt man Erfahrung, ohne die die bestgemeinten Bemühungen oft nutzlos, manchmal sogar schädlich sein können. Schwimmen lernt man im Wasser und nicht an Land. ERZ 268.2

Wichtig ist auch, jungen Menschen von Anfang an das Gefühl zu geben, daß die Gemeinde sie braucht, und daß auch sie die Gemeinde brauchen. Die Bibel schildert die Beziehung zwischen Christus und seiner Gemeinde an verschiedenen Stellen als sehr enge Gemeinschaft. Er ist der Bräutigam, die Gemeinde die Braut. Er ist das Haupt, die Gemeinde der Leib. Daher gehört zu einer echten Beziehung mit Christus auch der Kontakt zur Gemeinde. Die Gemeinde ist zum Dienst berufen, und wenn jemand Christus dienen will, ist der erste Schritt, die Verbindung mit der Gemeinde zu suchen. ERZ 268.3

Ob jemand in Treue zu Christus steht, zeigt sich nicht zuletzt darin, ob er in der Gemeinde Aufgaben übernimmt und sie gewissenhaft erfüllt. Das ist ein wichtiger Faktor in der Erziehung. Wenn eine Gemeinde ihren Auftrag ernst nimmt und sich am Vorbild Jesu orientiert, wird sie nicht lange um sich selbst kreisen können, sondern sich den Menschen ihrer Umgebung zuwenden und positiv in die Gesellschaft und die Welt hineinwirken. Und wo es darum geht, anderen zu helfen, wird jede jugendliche Hand gebraucht. Wenn junge Leute sich in kleinen Gruppen zum Hilfsdienst für Christus zusammentun, bleibt das nicht ohne Wirkung für alle Beteiligten. Schön, wenn ältere Geschwister der Gemeinde die jungen Leute mit Rat und Tat unterstützen. So kann Dienst für Christus gelingen, denn sie haben die größeren Erfahrungen, die Jugendlichen den größeren Schwung und die nötige Unbekümmertheit. ERZ 268.4

Niemand wird sich für eine Sache begeistern, von der er nur flüchtig gehört hat. Um in Kindern und Jugendlichen Mitgefühl zu wecken und sie zur Opferbereitschaft für die Millionen Notleidenden draußen in der Welt zu erziehen, müssen sie erst einmal lernen, die Probleme in ihrer unmittelbaren Umgebung zu sehen. In dieser Beziehung müßte in unseren Schulen mehr geschehen. Anstatt wochenlang über historische Gestalten wie Napoleon Bonaparte oder Alexander den Großen zu referieren, sollten unsere Lehrer den Schülern mehr über das Leben und Wirken des Apostels Paulus, Martin Luthers, Robert Moffats, David Livingstones und William Careys erzählen. Für junge Leute ist es auch immer beeindruckend — oft sogar richtungweisend — Erfahrungen aus den Missionsgebieten zu hören, in denen adventistische Missionare arbeiten. Statt ihr Gedächtnis mit einer Fülle von Namen, Jahreszahlen, Formeln und Theorien zu belasten, die später für ihr Leben kaum noch Bedeutung haben, sollte man Jugendliche mit den Gegebenheiten in anderen Ländern, mit den Bedürfnissen der Menschen und den missionarischen Möglichkeiten vertraut machen. ERZ 269.1

Bevor die Frohe Botschaft von Christus die Menschen in aller Welt erreichen kann, gibt es noch viel zu tun. Mehr jedenfalls, als augenblicklich Hände da sind, diese Aufgabe anzupacken. Deshalb muß es uns nicht wundern, daß Gott junge und auch ältere Menschen von ihrer bisherigen Arbeit auf dem Feld, in der Werkstatt, im Geschäft oder wo sie sonst tätig waren, weggerufen hat, um sie als Botschafter für Christus in die Welt zu schicken. Viele von ihnen hatten nicht die Möglichkeit, eine umfassende Bildung zu erwerben, aber Christus kennt ihre Fähigkeiten, und setzt diese Menschen so ein, daß sie einen gesegneten Dienst für ihn tun können. Wer mit ganzem Herzen bei der Sache ist und nie aufhört dazuzulernen, wird vom Herrn auch entsprechend für den Dienst ausgerüstet, den er ihm überträgt. ERZ 269.2

Christus kennt das Elend dieser Welt und die Verzweiflung der Menschen wie kein anderer. Aber das ist nicht alles: er weiß auch, wie der Not und den Mißständen abzuhelfen ist. Überall sieht er Menschen, die in der Finsternis der Sünde leben, gebeugt von Kummer, Leid und Schmerz. Aber er kennt auch die Möglichkeiten, die in ihnen stecken; er sieht, was aus ihnen werden könnte. Selbst wenn die Menschen die angebotene Gnade mißbraucht, ihre Fähigkeiten vergeudet, ihre Würde und Gottähnlichkeit verloren haben, soll doch ihr Schöpfer verherrlicht werden durch ihre Erlösung. ERZ 270.1

Gott sucht Menschen, die Mitgefühl haben mit den Bedrängten, Benachteiligten, Verirrten und Gestrauchelten, wo immer sie ihnen begegnen. Er wird denen, deren Herz Mitleid empfindet, durch seinen Heiligen Geist helfen, selbst wenn ihre Hände unbeholfen sind und ihr Geist ungeschult ist. Er will gerade durch solche Menschen wirken, die hinter dem Elend die Gnade erkennen und deshalb im Verlust noch einen möglichen Gewinn sehen. Wenn uns Christus, das Licht der Welt, begegnet, erkennen wir noch im Leid die Gnade, im Durcheinander die Ordnung, im scheinbaren Fehlschlag den Erfolg, im Unglück den versteckten Segen und im Leid die Barmherzigkeit. Wichtig ist nicht, wo ein Mitarbeiter Gottes herkommt, sondern ob er bereit ist, mit seinem unsichtbaren Herrn an der Seite, die ihm übertragene Aufgabe zu erfüllen. ERZ 270.2

“Der große Tag des Herrn ist nahe, unaufhaltsam rückt er heran.”1 Das verpflichtet uns dazu, die Welt zu warnen. Jung und alt sollte sich so gut wie möglich vorbereitet dieser Aufgabe widmen. Mehr und mehr Gläubige reagieren auf den Ruf Jesu, und ihre Zahl wird noch steigen. Christliche Erzieher sollten diesen Menschen nicht nur Wohlwollen signalisieren, sondern aktiv mit ihnen zusammenarbeiten. Sie sollten Jugendliche, die sich auf den Missionsdienst vorbereiten, ermutigen und nach besten Kräften unterstützen. ERZ 270.3

Nichts ist für sie selbst segensreicher, als wenn sich junge Menschen diesem Dienst zuwenden. Sie sind Beauftragte Gottes und Mitarbeiter der Engel, die mit ihnen gemeinsam das Werk der Evangeliumsverkündigung treiben. Engel sprechen durch ihren Mund und wirken durch ihre Hände. So profitieren Menschen von dem Wissen und der Erfahrung himmlischer Boten Gottes. Welche Universität könnte solch eine Ausbildung vermitteln? ERZ 271.1

Mit solch einem Heer von gut ausgebildeten jungen Menschen könnte die Botschaft vom gekreuzigten, auferstandenen und wiederkommenden Christus in kurzer Zeit in alle Welt getragen werden. Wie bald könnte Gottes Werk abgeschlossen und damit die Zeit des Leids, der Trauer und der Sünde ein für allemal vorbei sein. Wie schnell könnte sich an uns und unseren Kindern erfüllen, was in prophetischer Schau so ausgedrückt wurde: “Alle, die Gott vertrauen, werden das Land besitzen und es für immer bewahren” ... “Im ganzen Land wird keiner mehr klagen: ‘Ach, ich bin schwach und krank!’, denn dem Volk wird jede Schuld vergeben sein.”1 ERZ 271.2