Erziehung

66/75

Kapitel 28: Mode und Erziehung

“Holt den schönsten Anzug, den wir im Hause haben,
und gebt ihn meinem Sohn.”

Lukas 15,22.

Wenn es um Fragen der Erziehung geht, darf der Bereich Kleidung und Mode nicht ausgespart werden. Ohne klare Hinweise kommt christliche Erziehungsarbeit diesbezüglich nicht aus, zumindest gestaltet sie sich schwierig. Die meisten Lehrer können ein Lied davon singen, wie stark Kleider- und Modefragen in den schulischen Bereich hineinwirken — und das nicht nur positiv. ERZ 248.1

Im allgemeinen regiert Frau Mode mit harter Hand. Sie verlangt Aufmerksamkeit und diktiert die Regeln. Es ist geradezu beängstigend, wieviel Zeit und Kraft Eltern und Kinder aufwenden müssen, oft auch wollen, um ihren Anforderungen gerecht zu werden. Besonders ausgeprägt ist das bei den Reichen, die sich häufig der Mode bedienen, um ihren Reichtum zur Schau zu stellen und sich gegenseitig zu übertrumpfen. Damit setzen sie Maßstäbe, denen sich der Mittelstand — oft auch Leute, die es sich gar nicht leisten können — anzupassen versucht, um irgendwie mitzuhalten. Meist übersteigt das die finanziellen Möglichkeiten und wird so für viele zu einer unerträglichen Belastung.1 ERZ 248.2

Heute wird nicht mehr danach gefragt, ob ein Kleidungsstück noch gut aussieht und seinen Zweck erfüllt, sondern ob es der Mode entspricht. Mit der Mode ändert sich nämlich der Geschmack, und was nicht mehr dem augenblicklichen Trend entspricht, muß umgearbeitet oder ausrangiert werden — am besten gleich neu kaufen. Das bindet Kraft und verschlingt Geld, so daß in vielen Familien kaum noch Zeit für die Kindererziehung, für Gottes Wort und fürs Gebet bleibt. ERZ 248.3

Wenn es darum geht, eine gute Sache zu unterstützen, denken viele sofort: Wenn ich mir neue Garderobe kaufen will, muß ich mein Geld zusammenhalten! ERZ 249.1

Manche sparen um der Mode willen sogar am Essen. Sie fragen nicht danach, ob die Lebensmittel gesund sind und ihren Nährstoffbedarf decken, sondern ob sie billig sind und sich schnell zubereiten lassen. Die Folgen sind meist Mangelernährung und falsche Eßgewohnheiten, die entweder Krankheiten nach sich ziehen oder zu Unmäßigkeit verleiten. ERZ 249.2

Gerade bei jungen Leute — allerdings nicht nur bei ihnen — besteht das Bedürfnis, sich durch das Äußere hervorzutun oder aufzuwerten. Oft führt das dazu, daß sie kaum Interesse an den Dingen zeigen, die einen Menschen erst wirklich wertvoll machen. Heutzutage begegnet man vielen jungen Menschen, die auf eine gediegene Ausbildung verzichten, um möglichst schnell Geld zu verdienen, mit dem sie sich ihre Modewünsche erfüllen können. Nicht wenigen ist das zum Verhängnis geworden. ERZ 249.3

Viele Familien geben mehr aus als sie verdienen können. Schon mancher Vater hat sich ruiniert oder zu krummen Touren verleiten lassen, weil er den Forderungen seiner Familie nicht Einhalt gebieten konnte. So etwas kann auf die Dauer nicht gut gehen. Entweder führt es zu ständiger Überforderung oder endet schlimmstenfalls in Schande und Hoffnungslosigkeit. ERZ 249.4

Auch der Sabbat und der Gottesdienst sind nicht vom Diktat der Mode verschont. Im Gegenteil, gerade hier zeigt sich, welche Macht die Mode auch über gläubige Menschen besitzt. Wie oft kann man es erleben, daß der Gemeindesaal quasi zur Modenschau wird, und daß man Kleiderfragen mehr Aufmerksamkeit widmet als der Verkündigung des Wortes Gottes. Manche bleiben sogar dem Gottesdienst fern, weil sie modemäßig nicht mithalten können und sich deshalb beschämt oder gar ausgegrenzt fühlen. In dem Maße, wie junge Menschen den Kontakt zur Gemeinde verlieren, wenden sie sich anderen Aktivitäten zu und geraten dabei nicht selten in fragwürdige Gesellschaft. ERZ 249.5

Wenn sich jemand modisch kleidet, heißt das noch nicht, daß er auch zweckmäßig gekleidet ist. Besonders bei Mädchen kommt es vor, daß sie durch modische, aber unbequeme und unzweckmäßige Kleidung am Lernen gehindert werden und auch nicht am Sport teilnehmen können. Oft sind sie der Garderobe wegen abgelenkt, und der Lehrer hat es schwer, ihr Interesse zu wecken. ERZ 250.1

Das beste Gegengewicht gegen die Überbetonung der Mode sind gemeinsame Erlebnisse in Gottes freier Natur. Zeigt euren Schülern die Schönheiten der Schöpfung — etwa an einem idyllischen See, in Wald und Feld, bei einer Tour ins Gebirge oder einem Sonnenuntergang am Meer —, dann wird es für sie nicht mehr so wichtig sein, ob sie ein Bändchen oder Rüschchen mehr am Kleid haben als die anderen. ERZ 250.2

Junge Leute müssen begreifen lernen, daß schlichte Kleidung und eine einfache Ernährung sich förderlich auf unser Denken und Empfinden auswirken. Ihnen muß auch klar werden, daß sie sich in der Jugendzeit soviel wie möglich an Wissen und praktischen Fertigkeiten aneignen sollten, um später ihren Verpflichtungen in Gesellschaft und Beruf nachkommen zu können. Helft ihnen auch, die Reichtümer zu heben, die im Wort Gottes, in der Natur und in den Lebensbeschreibungen bedeutender Menschen zu finden sind. ERZ 250.3

Sie sollten begreifen, daß Menschen allemal wichtiger sind als Kleidung und andere Statussymbole. Jede für unnütze Äußerlichkeiten ausgegebene Mark schmälert unsere Möglichkeiten, Hungrige zu speisen, Bedürftige zu kleiden und Traurige zu trösten. ERZ 250.4

Niemand kann es sich leisten — auch junge Leute nicht —, Leib und Seele zu schaden, die Gesundheit zu ruinieren und das wirklich Wichtige im Leben zu versäumen, nur um einer Mode zu huldigen, die weder zweckentsprechend noch bequem ist. Gott möchte, daß wir uns geschmackvoll, schicklich und zugleich zweckmäßig kleiden. Auch damit können wir Gott ehren. ERZ 250.5

Von der Art, wie sich jemand kleidet, kann man häufig auf seinen Charakter schließen. Bildung und guter Geschmack zeigt sich in der Regel auch in der äußeren Erscheinung. Junge Frauen werden vor vielen Gefahren bewahrt bleiben, wenn sie sich geschmackvoll, aber nicht herausfordernd kleiden. Es wäre auch zu wünschen, daß sich jedes Mädchen Grundkenntnisse im Nähen aneignet. Das würde ihr selbst und ihrer Familie später zugute kommen und zugleich ein Stück Unabhängigkeit bedeuten. ERZ 250.6

Daß wir uns nicht falsch verstehen: Es ist durchaus in Ordnung, schöne Dinge zu lieben und sie sich zu wünschen, aber Gott möchte, daß wir die “schönsten Dinge”, nämlich die ewigen und unvergänglichen, an die erste Stelle setzen. Schönheit des Charakters zählt bei Gott allemal mehr als schöne Kleider, Schmuck oder andere Kostbarkeiten. Weckt in den jungen Leuten das Verlangen nach dem “herrlichen Kleid aus reinem, leuchtenden Leinen”,1 das einst alle geheiligten Menschen tragen werden. Dieses Kleid, Christi fleckenloser Charakter, wird jedem Menschen umsonst angeboten, aber wer es annimmt, wird es im Geist schon hier auf Erden tragen. ERZ 251.1

Unsere Kinder müssen begreifen, daß sie dieses schöne Kleid eines guten Charakters anziehen, indem sie ihr Herz edlen Gedanken öffnen und liebevoll mit anderen umgehen. Solche “Kleidung” macht schön und liebenswert. Es ist übrigens das einzige Gewand, das der Mensch in die Ewigkeit mitnehmen kann. Von solchen Menschen sagt Christus: “Sie werden immer bei mir sein und weiße Kleider tragen; denn sie sind es wert.”2 ERZ 251.2