Erziehung
Kapitel 19: Geschichte und Prophetie
“Wer hat vor langer Zeit angekündigt,
was nun geschehen ist? Wer hat es längst vorausgesagt?
War ich es nicht, der Herr?”
Jesaja 45,21.
Die Bibel ist wohl das älteste und umfassendste Geschichtswerk, das die Menschheit besitzt. Ihre Aussagen gründen sich auf die ewige Wahrheit, und Gott hat sein Wort durch alle Zeitalter hindurch vor Verfälschung bewahrt. ERZ 183.1
Die Heilige Schrift berichtet von Ereignissen und Entwicklungen in grauer Vorzeit, die ansonsten menschlichem Forschergeist unzugänglich sind. Durch sie erfahren wir aus erster Hand etwas über die Erschaffung der Welt, den Ursprung der Menschheit und die Entstehung der Völker. Und wenn sich die Bibel über geschichtliche Fakten und Entwicklungen äußert, dann geschieht das wahrheitsgemäß und nicht einseitig oder geschönt, wie das sonst oft der Fall ist. ERZ 183.2
In der menschlichen Geschichtsschreibung werden historische Entwicklungslinien meist im Zusammenhang mit bestimmten Persönlichkeiten dargestellt. Das Hervortreten bestimmter Völker, der Aufstieg und Niedergang von Weltreichen oder bestimmte geschichtliche Konstellationen werden mit der Tatkraft oder den Fehlleistungen einzelner Menschen oder bestimmter Gruppierungen in Verbindung gebracht. ERZ 183.3
In der Tat sieht es ja auch so aus, als ob Menschen das Geschehen in dieser Welt bestimmen. Manchmal treibt sie politische Verantwortung dazu, viel häufiger aber sind es Ehrgeiz, Machthunger, Geldgier oder ähnliche Beweggründe. Die Bibel vertritt eine völlig andere Geschichtsschau. Sie berichtet zwar auch vom Handeln historischer Persönlichkeiten, aber sie weiß, daß Menschen immer nur im Vordergrund agieren, ohne wirklich die Fäden der Geschichte in der Hand zu halten. ERZ 183.4
Gottes Wort zeigt über allem Spiel und Gegenspiel menschlicher Interessen, Machtausübung und Leidenschaft den handelnden Gott, der souverän dafür sorgt, daß letztlich sein Wille geschieht. Auf dem Marktplatz von Athen entwickelte Paulus eine Geschichtsschau, die den griechischen Gelehrten neu war: “Er [Gott] hat aus dem ersten Menschen alle Völker der Menschheit hervorgehen lassen, damit sie die Erde bewohnen. Für jedes Volk hat er im voraus bestimmt, wie lange es bestehen und in welchen Grenzen es leben soll. Er wollte, daß die Menschen ihn suchen und sich bemühen, ihn zu finden. Er ist jedem von uns nahe.”1 ERZ 184.1
Gott wollte von Anfang an, daß die Menschen, die er geschaffen hatte, die Erde bevölkern, in Frieden miteinander leben und ihn ehren sollten. Um das zu ermöglichen, hatte er im Gesetz entsprechende Richtlinien festgelegt und die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen. Dem Volk Israel sagte Mose später: “Nehmt euch alles zu Herzen, was ich euch heute weitergesagt habe! Lehrt auch eure Kinder alle Gebote aus diesem Gesetz, damit sie sich genau daran halten. Es sind keine leeren Worte, sie sind euer Leben. Richtet euch danach, und ihr werdet lange in dem neuen Land jenseits des Jordan bleiben, das ihr jetzt in Besitz nehmt.”2 Die Segnungen, die Israel zugesichert wurden, können unter den gleichen Bedingungen von allen anderen, seien es Völker oder einzelne Menschen, in Anspruch genommen werden. ERZ 184.2
Irdische Herrscher haben ihre Macht von Gott. Was aus ihnen und denen, über die sie herrschen, wird, hängt davon ab, wie sie die Macht gebrauchen. Für jeden, der Macht erlangt und ausübt, gilt das Wort des himmlischen Wächters: “Ich bin der Herr und sonst keiner, außer mir gibt es keinen Gott. Ich gebe dir die Macht, obwohl du nichts von mir weißt.”3 Und das, was Gott Nebukadnezar mitteilen ließ, gilt auch allen anderen Machthabern: “Laß dir deshalb raten, mein König: kehre dich ab vom Unrecht und halte dich an das Recht; mach deine Verfehlungen wieder gut, indem du den Armen Gutes tust. Sonst wird dein Glück nicht von Dauer sein.”1 ERZ 184.3
Wenn man das begreift und erkennt, daß Gerechtigkeit ein Volk stark macht und einer Regierung Bestand gibt, wenn man die Verwirklichung dieser Grundsätze im Handeln Gottes, der Könige einsetzt und absetzt, entdeckt, dann spürt man etwas vom eigentlichen Sinn der Geschichte. Nur in der Bibel werden diese Zusammenhänge so klar dargestellt. Ob ein Volk mächtig wird oder in die Bedeutungslosigkeit abgleitet, ob jemand zu Einfluß kommt oder ihn verliert, hängt nur bedingt von den Gegebenheiten ab, die Menschen normalerweise für maßgebend halten. Viel entscheidender ist die Frage, ob man Gottes Willen erkennt und seine Absichten treu erfüllt. ERZ 185.1
Diese Erkenntnis läßt sich recht gut an einer Begebenheit aus dem antiken Babylon darstellen. Gott wollte dem König Nebukadnezar klar machen, warum er ihm die Herrschaft anvertraut hatte. Dazu bediente er sich eines einprägsamen Vergleichs. Er ließ den Herrscher im Traum einen Baum sehen, der immer größer wurde, “so daß er zuletzt bis zum Himmel reichte und man ihn von den äußersten Enden der Erde aus sehen konnte. Er trug dichtes Laub und reiche Früchte. In seinem Schatten ruhten die Tiere; Vögel nisteten in seinen Zweigen; und alles, was lebte, bekam seine Nahrung von ihm.”2 Diese Darstellung sollte dem Herrscher zeigen, daß ihm Herrschaft und Macht nicht um seiner selbst willen gegeben waren, sondern zum Wohl und Schutz seiner Untertanen. Solange Nebukadnezar dieser Aufgabe gerecht wurde, lebte sein Volk in Wohlstand, und Babylon erfuhr eine Blütezeit, wie es sie später nie wieder gegeben hat. In der Heiligen Schrift wird Babylon zutreffend unter dem Symbol des goldenen Hauptes dargestellt. ERZ 185.2
Aber dann vergaß Nebukadnezar den Gott, der ihn groß gemacht hatte. Er schrieb seinen Aufstieg sich selbst, seiner Tüchtigkeit und Tatkraft zu. Stolz rühmte er sich seiner Leistungen: “Da zu meinen Füßen liegt Babylon, die herrliche Stadt! Mir zu Ehren zeigt sie ihre ganze Pracht. Ich habe sie zu meiner Residenz ausgebaut, denn ich bin ein großer und mächtiger König.”1 ERZ 185.3
Diese Gesinnung war nicht nur kennzeichnend für Nebukadnezar selbst, sondern auch für seine Nachfolger. Die Folge war, daß Babylon seiner gottgewollten Funktion als Beschützer der Menschen nicht gerecht werden konnte, sondern zu einer grausamen Unterdrückerin wurde. Damit begann der Niedergang, auch wenn davon zunächst noch nichts zu sehen war. Was der Prophet den Herrschern Israels zum Vorwurf machte, galt auch den überheblichen Königen Babylons: “Ihr solltet für mein Volk wie Hirten sein, die ihre Herde auf eine gute Weide führen. Aber ihr sorgt nur für euch selbst. Ihr trinkt die Milch der Schafe, aus ihrer Wolle webt ihr euch Kleidung, und die fetten Tiere schlachtet ihr. Aber um eure Herde kümmert ihr euch nicht! Die schwachen Tiere füttert ihr nicht, die kranken pflegt ihr nicht gesund; wenn sich ein Tier ein Bein bricht, verbindet ihr es nicht. Hat sich ein Schaf von der Herde entfernt, holt ihr es nicht zurück; und wenn eines verlorengegangen ist, macht ihr euch nicht auf die Suche. Statt dessen herrscht ihr mit Härte und Gewalt.”2 ERZ 186.1
An den Herrscher von Babylon erging deshalb der Spruch des göttlichen Wächters: “König Nebukadnezar, laß dir sagen: Deine Herrschaft ist zu Ende!”3 Und an anderer Stelle läßt Gott Babylon wissen: ERZ 186.2
“Steig von deinem Thron herunter,
Babylon, du feine Dame!
In den Staub mußt du dich setzen,
das Verwöhnen hat ein Ende.
Sklavenarbeit wird dein Los sein:
Bück dich nieder, dreh den Mühlstein.
Weg der Schleier, weg die Schleppe! Raff die Kleider hoch, geh durch Pfützen.
Jeder sehe deine Blöße,
offenbar sei deine Schande.
Ich der Herr will jetzt vergelten,
niemand soll mich daran hindern.
Höre, was ich, der Herr, dir sage:
Babylon, du mußt ins Dunkel,
einsam in der Stille sitzen,
man wird dich nicht länger nennen:
‘Herrin vieler Königreiche’.”1
ERZ 186.3
Und damit nicht genug: ERZ 187.1
“Du große Stadt, von vielen Wasserläufen durchzogen, dein Reichtum ist unermeßlich! Doch jetzt ist dein Ende gekommen, deine Zeit ist abgelaufen!”2 ERZ 187.2
“Babylon, heute noch die glanzvollste Stadt aller Königreiche, der ganze Stolz der Babylonier, wird restlos zerstört. Der Herr vernichtet sie wie damals die Städte Sodom und Gomorra ... Babylon mache ich zu einem Sumpfgebiet, in dem die Vögel nisten. Ich werde die Stadt mit dem Besen der Zerstörung auskehren. Mein Wort gilt!”3 ERZ 187.3
Jede Nation, die den Schauplatz der Geschichte betrat, mußte zeigen, ob sie die ihr vom “heiligen Wächter” übertragene Aufgabe erfüllen würde oder nicht. Grundsätzlich war der Aufstieg und Niedergang der großen Weltreiche Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom prophetisch vorausgesagt. Bei ihnen allen hat sich, wie auch bei vielen weniger bedeutenden Völkern, die Geschichte wiederholt. Jede dieser Mächte hatte ihre Zeit, sich zu bewähren, alle haben versagt, deshalb verblaßte ihr Ruhm, und sie verloren ihre Macht, um schließlich von einem anderen Volk verdrängt zu werden. ERZ 187.4
Wenn auch die Völker Gottes Grundsätze mißachteten und dadurch ihren eigenen Untergang heraufbeschworen, so zeigte sich doch, daß dadurch Gottes Plan für diese Welt nicht außer Kraft gesetzt werden konnte. Diese Wahrheit wurde durch den Propheten Hesekiel, der damals im babylonischen Exil lebte, höchst anschaulich dargestellt. Der Prophet war sehr niedergedrückt, denn das Land seiner Väter war verwüstet worden und Jerusalem lag in Trümmern. Er selbst lebte als Fremder in einem Land, in dem Eigennutz, Machtgier und Unterdrückung herrschten. Tyrannei und Unrecht, wohin man schaute. Und da er auch für die Zukunft keine Veränderung mehr erwartete, hatte er alle Hoffnung aufgegeben. ERZ 187.5
In dieser schwierigen Situation schenkte Gott ihm eine grandiose geistige Schau. Er lebte damals unter den Verbannten am Fluß Kebar. Dort sah er, “wie der Sturm eine mächtige Wolke von Norden herantrieb; sie war von einem hellen Schein umgeben, und Blitze zuckten aus ihr. Die Wolke brach auf, und aus ihrem Inneren leuchtete ein helles Licht, wie der Glanz von gleißendem Gold.” Eine Anzahl merkwürdig ineinandergreifende Räder wurden von vier Lebewesen bewegt. Über allem “aber stand etwas, das aussah wie ein Thron aus blauem Edelstein, und darauf war eine Gestalt zu erkennen, die einem Menschen glich ... Unter den Flügeln der Keruben sah ich etwas, das aussah wie Menschenarme.”1 Die Räder waren so kompliziert angeordnet, daß es auf den ersten Blick schien, als ginge alles durcheinander. Aber in Wirklichkeit bewegten sie sich in vollkommener Harmonie. Angetrieben wurden sie von himmlischen Wesen, die unterstützt wurden von dem, was aussah wie eine menschliche Hand. Diese Schau wirft ein bezeichnendes Licht auf die Weltgeschichte. Wie die komplizierten radähnlichen Gebilde von einer Hand gelenkt wurden, so zeigt sich auch in der mitunter verworren scheinenden Weltgeschichte immer wieder die führende Hand Gottes. ERZ 188.1
Die Geschicke der Völker, die jeweils zu der ihnen bestimmten Zeit den ihnen zugemessenen Platz einnahmen, sind so zu Zeugen einer Wahrheit geworden, deren Bedeutung sie meist selbst nicht erkannten. Sollte uns das nicht zu denken geben? Auch heute noch hat Gott für Völker und Menschen einen bestimmten Platz in seinem Heilsplan. Und sie werden daran gemessen, wie sie ihn ausfüllen. Gott möchte, daß wir unserer Aufgabe gerecht werden. Geschieht das nicht, kommt er auch ohne uns zum Ziel. ERZ 188.2
Die prophetische Kette, die vom Anfang der Weltgeschichte bis hin zu ihrem Ende reicht, besteht aus vielen ineinandergreifenden Gliedern. Sie zeigt, wo wir uns im Ablauf der Menschheitsgeschichte heute befinden, und was für die Zukunft noch zu erwarten ist. ERZ 189.1
Alles, was das prophetische Wort bis zur Stunde an Ereignissen und Entwicklungen vorausgesagt hat, ist in Erfüllung gegangen und läßt sich anhand historischer Dokumente überprüfen. Das sollte uns in der Gewißheit stärken, daß sich auch die restlichen Prophezeiungen wie zugesagt erfüllen. Irgendwann wird die Zeit dieser Welt und all derer, die auf ihr herrschen, zu Ende gehen. Und das nicht zufällig, sondern im Rahmen des göttlichen Plans. In gewissem Sinne klingt das schon in der Weissagung, die Gott als Urteilsspruch über den letzten König Israels fällte, an: “Du gottloser Herrscher von Israel, dem nichts heilig ist, jetzt ist die Zeit für die endgültige Abrechnung gekommen! Ich, der Herr, sage dir: Weg mit deinem Stirnband, weg mit deiner Krone! Nichts bleibt, wie es ist: Der Mächtige wird gestürzt, der Machtlose erhöht. Zur Ruine mache ich Jerusalem, ja, ich lege es in Trümmer. Doch dies wird nicht eher geschehen, bis der kommt, den ich dazu beauftragt habe. Ihm werde ich das Gericht übergeben.”1 ERZ 189.2
Die Krone, die Israel genommen wurde, ging nacheinander auf die Königreiche Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom über. Keiner soll sie mehr tragen bis der kommt, dem Gott sie zugedacht hat. Diese Zeit ist da. Die Zeichen der Zeit deuten darauf hin, daß wir an der Schwelle zu grundlegenden Veränderungen stehen. Die ganze Welt ist in Bewegung. Vor unseren Augen erfüllen sich die prophetischen Aussagen Jesu über die Ereignisse, die seinem zweiten Kommen vorausgehen: “Erschreckt nicht, wenn nah und fern Kriege ausbrechen ... Ein Volk wird gegen das andere kämpfen, ein Staat den anderen angreifen. Es wird überall Hungersnöte und Erdbeben geben.”2 ERZ 189.3
Wir leben in einer spannenden und bedeutsamen Zeit. Unzählige Menschen spüren, daß sich große Veränderungen anbahnen, und sie starren wie gebannt auf die sich überstürzenden Ereignisse. Obwohl alle ihre Friedensliebe beteuern, verschärfen sich in vielen Regionen der Welt die Konflikte zwischen den Nationen. Die Natur scheint aus den Fugen zu geraten und für uns zur Bedrohung zu werden. Wohin man schaut, überall stößt man auf Zeichen einer beginnenden globalen Krise. ERZ 190.1
Noch halten Engel die verheerenden Stürme zurück, denn Gott will nicht, daß unsere Welt ungewarnt ins Verderben gerissen wird. Aber irgendwann wird das, was sich am Horizont der Welt zusammenbraut, als Gewittersturm über die Erde hinwegfegen. Wenn Gott seinen Engeln befiehlt, den Stürmen freien Lauf zu lassen, werden die Konflikte, vor denen sich viele Menschen jetzt schon fürchten, mit ungebrochener Gewalt über uns hereinbrechen. ERZ 190.2
Nur die Bibel — wirklich nur sie! — vermittelt uns die richtige Sicht der letzten Dinge, die bereits ihre Schatten vorauswerfen. ERZ 190.3
“Der Herr verwüstet die Erde und fegt sie leer, er entstellt ihr Gesicht und zerstreut ihre Bewohner ... Die Menschen haben die Erde entweiht, sie haben Gottes Gebote übertreten, sein Gesetz mißachtet und den Bund gebrochen, den er für immer mit ihnen geschlossen hat. Darum vernichtet sein Fluch die Erde, und die Menschen müssen büßen für ihre Schuld ... Verstummt ist der fröhliche Klang der Trommeln, zu Ende das Lärmen der feiernden Menge, verklungen das jubelnde Spiel der Lauten.”1 ERZ 190.4
“Wehe, was steht uns bevor! Der Tag, an dem der Herr Gericht hält, ist nahe. Der allmächtige Gott kommt zum Strafgericht! ... Die Saatkörner liegen vertrocknet unter den Erdschollen. Die Vorräte sind aufgebraucht, die Speicher verfallen; denn es gibt kein Korn mehr. Brüllend irren die Rinder umher, weil sie kein Futter finden, und sogar die Schafherden leiden Not ... Die Weinstöcke sind verdorrt, die Feigen- und Dattelbäume, die Granat- und Apfelbäume und alle wildwachsenden Bäume im Land sind entlaubt. Die ganze Freude der Menschen welkt dahin.”2 ERZ 190.5
“Mein Herz klopft, daß es fast zerspringt. Ich kann nicht mehr schweigen. Ich hör die Signalhörner und Kriegsgeschrei! Von überall her meldet man Niederlagen und Zerstörungen, das ganze Land wird verwüstet ... Ich sah die Erde an — ein wüstes Chaos! Ich blickte zum Himmel hinauf — da leuchtete kein Stern mehr! Ich sah hinüber zu den Bergen — sie wankten und alle Hügel bebten. Ich sah nach den Menschen — da war keiner mehr; auch die Vögel waren fortgeflogen. Ich sah nach dem fruchtbaren Land — es war zur Wüste geworden, alle Städte lagen in Trümmern, zerstört durch den glühenden Zorn des Herrn.”1 ERZ 191.1
“Ja, das wird ein furchtbarer Tag sein, keinem anderen gleich, eine Zeit der Not für die Nachkommen Jakobs — doch sie werden aus dieser Not gerettet werden.”2 “Ihr Leute meines Volkes, geht in eure Häuser und schließt die Türen hinter euch zu! Haltet euch für kurze Zeit verborgen, bis das Strafgericht vorüber ist.”3 ERZ 191.2
“Du sagst: ‘Der Herr ist meine Zuflucht.’
Beim höchsten Gott hast du Schutz gefunden.
Darum wird dir nichts Böses geschehen,
kein Unheil darf dein Haus bedrohen.”4
ERZ 191.3
“Gott, der Herr, der Große und Mächtige, spricht:
sein Ruf schallt über die ganze Erde
bis hin zu ihren äußersten Enden.
Auf dem Zion, dem schönsten aller Berge,
zeigt sich Gott in strahlendem Glanz.
Unser Gott kommt, er schweigt nicht länger.
Vor ihm her läuft vernichtendes Feuer,
um ihn stürmt und wütet das Wetter.
Himmel und Erde ruft er als Zeugen auf,
denn er will sein Volk zur Rechenschaft ziehen.
‘Holt mir die Meinen zusammen’, sagt er,
‘sie haben einen Bund mit mir geschlossen und sich verpflichtet mir zu gehorchen;
mit einem Opfer haben sie den Bund besiegelt.’
Der Himmel kann es bezeugen:
Gott hat sein Versprechen gehalten; er ist im Recht,
wenn er nun Rechenschaft von ihnen fordert.”1
ERZ 191.4
“Aber ich sage zu dir, Jerusalem, ... dort befreit dich der Herr aus der Gewalt deiner Feinde! Sie trösten dich, Jerusalem, und sagen: ‘Viele Völker sind jetzt gegen dich herangezogen, die dein Heiligtum schänden und sich an deinem Untergang weiden wollen. Aber sie wissen nicht, was der Herr mit ihnen vorhat; sie merken nicht, daß er sie hier versammelt hat wie Garben, die man zum Dreschen auf der Tenne ausbreitet.’”2 ERZ 192.1
“Sie sagen, ich hätte dich verstoßen: ‘Das ist Jerusalem, die Stadt, nach der niemand mehr fragt.’ ‘Darum werde ich dich wiederherstellen!’ sagt der Herr. ‘Ich werde deine Wunden heilen.’ ... Der Herr sagt: ‘Ich werde mit den Nachkommen Jakobs Erbarmen haben und ihr Schicksal wieder zum Guten wenden.’”3 ERZ 192.2
“An jenem Tage wird man sagen:
‘Er ist der Herr, unser Gott!
Auf ihn hatten wir unsere Hoffnung gesetzt,
und er hat uns die Rettung gebracht;
wir haben nicht vergeblich gehofft.
Nun können wir voll Freude singen,
weil er unser Retter ist.’”4
ERZ 192.3
“Den Tod wird er für immer vernichten ... Dann nimmt er die Schande von seinem Volk, unter der es überall gelitten hat. Er selbst, Gott der Herr, hat es versprochen.”5 “Richtet den Blick auf die Zionsstadt ... Seht Jerusalem, diesen sicheren Ort: ein Zelt, das an seiner Stelle bleibt, dessen Pflöcke man nicht mehr herausreißt, dessen Seile keiner mehr löst. Dort wird der Herr seine Größe zeigen. Der Herr selbst ist unser Herrscher, er ist es, der uns führt. Der Herr selbst ist unser König, er ist es, der uns hilft.”1 ERZ 192.4
“Den Entrechteten verhilft er zum Recht, für die Armen im Land setzt er sich ein.”2 Dann wird erfüllt sein, was Gott von Anfang an wollte, und überall unter der Sonne wird man die Grundsätze seines Reiches achten. ERZ 193.1
“In deinem Land wird es keine Verbrechen mehr geben,
keine Zerstörung und Verwüstung.
Deine Mauern geben dir Schutz,
und deine Tore bringen dir Ruhm.”3
ERZ 193.2
“Mein Beistand wird dein Schutz sein.
Du brauchst keine Not zu fürchten,
Angst und Schrecken dürfen sich dir nicht nahen.
Wenn dich jemand angreifen will,
kann er nicht auf meine Hilfe zählen;
du wirst ihm den Untergang bereiten.”4
ERZ 193.3
Die Propheten, denen diese ermutigenden Bilder gezeigt wurden, sehnten sich danach, deren Bedeutung zu verstehen. Sie “... haben danach gesucht und geforscht, und sie haben vorausgesagt, wie reich Gott euch beschenken wird, wenn Christus kommt. In ihnen wirkte bereits der Geist Christi ... Gott hatte sie wissen lassen, daß diese Botschaft nicht ihnen selbst galt, sondern euch ... Was euch erwartet ist unvorstellbar, daß selbst die Engel gern mehr davon erfahren würden.”5 ERZ 193.4
Wie aufschlußreich und lebenswichtig sind diese Schilderungen gerade für uns! Wir stehen unmittelbar vor der Erfüllung der Dinge, die da kommen sollen. Es sind die Ereignisse, auf die Gottes Kinder gewartet haben, seit unsere ersten Eltern das Paradies verlassen mußten. Sie haben sich danach gesehnt und darum gebetet. ERZ 193.5
Und jetzt, vor der letzten großen Krise, ist es wieder wie damals vor der ersten Zerstörung der Welt: Die meisten Menschen haben nichts anderes im Sinn als Genuß und Vergnügen. Völlig im Banne des Diesseitigen, haben sie die Ewigkeit aus den Augen verloren. Für fragwürdige Dinge — kaum gebraucht und schon nichts mehr wert —, setzen sie ihr Heil aufs Spiel. Wenn es uns doch gelänge, sie vom Wert dessen zu überzeugen, was bleibt! Vom Aufsteigen und Vergehen der Völker im Laufe der Geschichte könnten sie lernen, wie fragwürdig und unbeständig irdische Herrlichkeit ist. Babylon mit all seiner Macht und Pracht ist vom Erdboden verschwunden, auch wenn es damals niemand für möglich gehalten hat. “Wie Gras auf dem Feld”, so vergeht alles, was nicht seinen Grund in Gott hat. Nur das, was sich in seinen Plan einfügt und seinem Willen entspricht, kann bestehen. Seine Grundsätze sind das einzig Beständige in dieser Welt. ERZ 194.1
Diese Sicht der Dinge sollte sich jeder von uns zu eigen machen — ob wir nun alt sind oder jung. Das wird uns helfen, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden und daraus die Konsequenzen für unser Leben zu ziehen. Nur im Licht der Ewigkeit läßt sich der wahre Sinn des Lebens erkennen. Wenn wir es jetzt nicht lernen, uns nach den Grundsätzen des Reiches Gottes zu richten, wird Christus uns bei seiner Wiederkunft unvorbereitet finden. Wer mit ihm in seinem Reich leben will, muß hier und heute damit beginnen. Der große Tag ist nahe, und es bleibt nicht mehr viel Zeit für all das, was wir noch lernen müssen, und was sich an unserem Charakter noch ändern muß. ERZ 194.2
“Du Mensch, die Israeliten sagen über dich: ‘Seine Visionen und Prophezeiungen betreffen nicht unsere Gegenwart, sondern eine ferne Zukunft.’ Darum antworte ich ihnen: ‘Gott, der Herr, sagt: Was ich angekündigt habe, wird in Kürze geschehen. Was ich ansage, das trifft auch ein. Das sage ich, der Herr.’”1 ERZ 194.3