Frühe Schriften von Ellen G. White

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Kapitel 18: Gebet und Glaube

Ich habe oft gesehen, daß die Kinder Gottes das Gebet, besonders das stille Gebet, allzusehr vernachlässigen; daß viele nicht den Glauben üben, wie es ihr Vorrecht und ihre Pflicht ist, und oft auf das Gefühl warten, das der Glaube allein geben kann. Gefühl ist nicht Glaube; die beiden sind verschieden. Glauben zu üben ist unsere Sache, aber freudige Gefühle und Segnungen zu geben ist Gottes Sache. Die Gnade Gottes kommt durch den Kanal des lebendigen Glaubens zur Seele, und es liegt in unserer Macht, diesen Glauben zu üben. FS 62.1

Wahrer Glaube erfaßt und beansprucht die versprochenen Segnungen, ehe sie wahrgenommen und empfunden werden. Wir müssen unsere Bitten im Glauben emporsenden, hinter den zweiten Vorhang. Im Glauben müssen wir die versprochenen Segnungen erfassen und sie als die unsrigen beanspruchen. Wir können dann glauben, daß wir den Segen empfangen, weil unser Glaube ihn erfaßt hat und er gemäß dem Wort unser ist: “Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch werden.” Markus 11,24. Das ist wahrer Glaube, wenn wir glauben, daß wir die Segnungen empfangen, noch ehe wir sie wahrnehmen. Wenn der versprochene Segen dann verwirklicht ist, ist der Glaube erfüllt. Aber viele meinen, daß sie nur dann viel Glauben haben, wenn sie viel von dem Heiligen Geist haben, und daß sie keinen Glauben haben können, wenn sie die Kraft des Heiligen Geistes nicht fühlen. Solche verwechseln den Glauben mit dem Segen, der durch den Glauben kommt. Die rechte Zeit, Glauben zu üben, ist gerade dann, wenn wir uns vom Geiste verlassen fühlen. Wenn dicke Wolken der Finsternis über uns zu hängen scheinen, dann ist es Zeit, durch lebendigen Glauben die Finsternis zu durchbrechen und die Wolken zu zerreißen. Wahrer Glaube ruht auf den Verheißungen, die in dem Worte Gottes enthalten sind, und nur jene, die dem Wort gehorsam sind, können seine herrlichen Verheißungen beanspruchen. “Wenn ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.” Johannes 15,7. “Was wir bitten, werden wir von ihm empfangen; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm wohlgefällig ist.” 1.Johannes 3,22. FS 63.1

Wir sollten viel im stillen beten. Christus ist der Weinstock, wir sind die Reben. Und wenn wir wachsen und Frucht tragen wollen, müssen wir beständig Saft und Nahrung von dem lebendigen Weinstock nehmen, denn getrennt vom Weinstock haben wir keine Kraft. FS 63.2

Ich fragte den Engel, warum nicht mehr Glaube und Kraft in Israel sei. Er sagte: “Ihr laßt den Arm des Herrn zu bald los. Sendet eure Bitten zu dem Thron empor und haltet an in starkem Glauben. Die Verheißungen sind sicher. Glaubt, daß ihr die Dinge empfangen werdet, um die ihr bittet, und ihr sollt sie haben.” Dann wurde ich auf Elia hingewiesen. Er war ein Mensch gleichwie wir, und er betete ernstlich. Sein Glaube ertrug die Prüfung. Siebenmal betete er zu dem Herrn, und zuletzt erschien die Wolke. Ich sah, daß wir die sicheren Verhei-ßungen bezweifelt und den Herrn durch unseren schwachen Glauben verletzt hatten. Der Engel sagte: “Ziehet an den Harnisch Gottes, vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, denn er wird das Herz, in dem das Leben ist, vor den feurigen Pfeilen des Bösewichts bewahren.” Wenn es dem Feind gelingt, die Augen der Schwachen von Jesus abzuwenden, so daß sie auf sich selbst sehen und bei ihrer eigenen Unwürdigkeit verweilen, anstatt auf die Würde Jesu zu sehen, auf seine Liebe, seine Verdienste und seine große Gnade, so wird er ihren Schild des Glaubens wegnehmen und sein Ziel erreichen, und sie werden seinen heftigen Versuchungen ausgesetzt sein. Die Schwachen sollten deshalb auf Jesus blicken und ihm vertrauen, dann können sie Glauben üben. FS 63.3