Auf den Spuren des großen Arztes

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Fünf kleine Gerstenbrote sättigen eine große Menschenmenge

Den ganzen Tag über war das Volk bei Jesus und seinen Jüngern geblieben, als er einmal am See Genezareth lehrte. Gern hatten sie seinen freundlichen Worten gelauscht — die so einfach und klar waren, daß sie auf ihre Seelen wie die Salbe von Gilead wirkten. Vgl. Jeremia 8,22; 46,11. Seine heilenden Hände hatten Kranke gesund gemacht und Sterbende am Leben erhalten. Dieser Tag war ihnen deshalb wie der Himmel auf Erden vorgekommen — und so wußten sie schließlich gar nicht mehr, wie lange es her war, seit sie etwas gegessen hatten. SGA 28.3

Die Sonne stand schon tief im Westen, doch das Volk wollte immer noch nicht gehen. Schließlich kamen die Jünger zu Jesus und drangen darauf, die Menge jetzt heimzuschicken. Viele seien doch von weither gekommen und hätten seit dem Morgen nichts gegessen; in den umliegenden Ortschaften könnten sie jetzt noch etwas kaufen. Aber Jesus sagte: “Es ist nicht nötig, daß sie fortgehen. Gebt ihr ihnen zu essen.” Matthäus 14,16. Dann wandte er sich an Philippus und fragte ihn: “Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?” Johannes 6,5. SGA 29.1

Philippus blickte über die riesige Menschenmenge und erkannte, wie unmöglich es war, diese mit Nahrung zu versorgen. Deshalb antwortete er: “Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, daß jeder ein wenig bekomme.” Johannes 6,7. SGA 29.2

Da fragte Jesus, wieviel Nahrung denn unter der Menschenmenge verfügbar sei. Der Jünger Andreas antwortete: “Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das für so viele?” Johannes 6,9. Jesus ließ sich dies wenige bringen und bat die Jünger, das Volk auf dem grasigen Boden lagern zu lassen. Dann nahm er den Proviant, “sah auf zum Himmel, dankte und brach’s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll.” Matthäus 14,19.20. SGA 29.3

Kraft seiner göttlichen Macht versorgte Christus diese Menschenmenge; aber wie einfach war die verteilte Nahrung — nur Fische und Gerstenbrote, also die übliche Kost der Fischersleute von Galiläa! SGA 29.4

Selbstverständlich hätte Jesus dem Volk ein opulentes Mahl verschaffen können, aber Nahrung, die nur der Befriedigung des Geschmackes dient, hätte ihnen kein gutes Beispiel gegeben. Denn mit diesem Wunder wollte Jesus ihnen eine Lektion in einfacher Lebensweise erteilen. SGA 29.5

Wenn wir heutigen Menschen in unseren Lebens- und Eßgewohnheiten ähnlich einfach wären und in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen lebten, so wie es Adam und Eva anfangs taten, könnten die Bedürfnisse der gesamten Menschheitsfamilie reichlich befriedigt werden. Aber Egozentrik und Nachgiebigkeit gegenüber der Eßlust haben Sünde und Elend mit sich gebracht, und zwar einerseits durch Exzesse, andererseits durch Mangel. SGA 29.6

Es war nie das Ziel Jesu, die Menschen durch Befriedigung ihrer Luxusbedürfnisse für sich zu gewinnen. Für jene Menschenmenge, die nach einem langen, aufwühlenden Tag müde und hungrig war, bedeutete die einfache Mahlzeit ein Beweis sowohl der Macht Jesu als auch seiner einfühlsamen Sorge für sie hinsichtlich der gewöhnlichen Bedürfnisse des Lebens. Der Heiland hat seinen Nachfolgern nie den Luxus dieser Welt versprochen; es kann sogar sein, daß sie beständig in Armut leben müssen. Aber er hat zugesagt, daß ihre Grundbedürfnisse befriedigt werden und daß sie etwas erwartet, was besser ist als aller irdischer Reichtum: die beständige Wohltat seiner Gegenwart. SGA 30.1

Als die Menschenmenge gegessen hatte, blieb noch reichlich Nahrung liegen. Da bat Jesus seine Jünger: “Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt.” Johannes 6,12. Dieses Wort bedeutete mehr, als nur die Reste in Körbe zu sammeln. Seine Lehre reichte viel weiter: SGA 30.2

Nichts soll verschwendet werden. Wir dürfen keinen Vorteil, der uns zu bestimmten Zeiten geboten wird, ungenutzt vorbeiziehen lassen. Wir sollten nichts vernachlässigen, was dazu dienen kann, einem Menschen wohlzutun. Sammeln wir alles auf, was die Not der Hungernden in der Welt lindern kann. Und mit derselben Sorgfalt sollen wir auch mit dem Brot des Himmels umgehen, um die Bedürfnisse der Seele zu stillen. Wir sollen von einem jeden Wort Gottes leben. Nichts von dem, was Gott je ausgesprochen hat, darf verlorengehen. Nicht ein einziges Wort, das unsere ewige Errettung betrifft, dürfen wir vernachlässigen; nicht ein Wort darf nutzlos auf den Boden fallen. SGA 30.3

Das Wunder der Brotvermehrung lehrt Abhängigkeit von Gott. Als Christus die Fünftausend speiste, lagen die Nahrungsmittel nicht parat; anscheinend gab es keinerlei Möglichkeiten der Hilfe. Da war nur er, mit fünftausend Männern und ihren Frauen und Kindern — in der Wildnis. Er hatte die Menge nicht eingeladen, ihm dorthin zu folgen. Aber bestrebt, in seiner Gegenwart zu bleiben, waren sie gekommen — ohne Einladung oder Aufforderung. Nun sah Jesus den Hunger und die Erschöpfung, nachdem sie den ganzen Tag seiner Rede zugehört hatten. Sie waren weit weg von ihrem Zuhause, und es wurde bald Nacht. Viele von ihnen hatten kein Geld, um Nahrung zu kaufen. Aber der, der um ihretwillen vierzig Tage in der Wüste gefastet hatte, wollte sie nicht fastend und hungernd in ihre Heime zurückkehren lassen. SGA 30.4

Die Vorsehung Gottes hatte Jesus an den Ort geführt, an dem er sich jetzt befand, und entsprechend verließ er sich auf seinen himmlischen Vater, was die Mittel zur Überwindung der hier eingetretenen Notlage betraf. Analog sollen auch wir auf Gott vertrauen, wenn wir in schwierige Situationen geführt werden. In jeder Notlage sollen wir Hilfe von dem erbitten, dem unbegrenzte Möglichkeiten zu Gebote stehen. SGA 31.1

Bei diesem Wunder erhielt Jesus etwas von seinem himmlischen Vater; dies gab er seinen Jüngern weiter, die Jünger wiederum gaben es dem Volk, und das Volk gab dann einer dem anderen. Genauso werden alle, die mit Christus vereint sind, von ihm das Brot des Lebens bekommen und es dann an andere austeilen. Seine Nachfolger sind die berufenen Diener der Verständigung zwischen Jesus und den Menschen. SGA 31.2

Als die Jünger die Anweisung des Heilands “Gebt ihr ihnen zu essen!” hörten, tauchten in ihren Gedanken gleich alle damit verbundenen Schwierigkeiten auf. Deshalb fragten sie: “Sollen wir in die Dörfer gehen, um Nahrung zu kaufen?” Was aber hatte Jesus ihnen gesagt? “Gebt ihr ihnen zu essen!” Daraufhin brachten die Jünger alles zu ihm, was sie finden konnten. Er aber lud nicht sie zum Essen ein; vielmehr bat er sie, dem Volk zu dienen. Die Nahrungsmittel vermehrten sich nun in seinen Händen, und die Hände der Jünger blieben nie leer, sooft sie sie Jesus auch entgegenstreckten. Der winzige Vorrat reichte für alle. Als die Menge schließlich versorgt war, aßen auch die Jünger und Jesus die kostbare, vom Himmel geschenkte Nahrung. SGA 31.3

Wenn nun wir die Bedürfnisse der Armen, der Unwissenden und der Geplagten wahrnehmen — wie oft verläßt uns da der Mut. Wir fragen dann: “Was richten denn unsere geringe Kraft und unsere wenigen Möglichkeiten gegen diese immense Not aus? Sollen wir nicht lieber auf jemanden mit größerer Befähigung zu dieser Aufgabe warten, oder auf irgendeine Organisation, die das übernimmt?” Christus aber sagt: “Gebt ihr ihnen zu essen!” Setze die Mittel, die Zeit und die Fähigkeiten ein, die du hast. Bringe deine Gerstenbrote zu Jesus. SGA 31.4

Wenn deine Mittel auch nicht reichen mögen, um Tausende zu versorgen, so können sie doch genug sein für einen. In der Hand Jesu können sie dann für mehrere reichen. Mach es wie die Jünger — gib, was du hast. Christus wird deine Gabe vervielfachen. Er wird aufrichtiges, einfaches Vertrauen auf ihn belohnen. Was scheinbar nur ein winziger Vorrat ist, wird sich als eine reichliche Menge erweisen. SGA 32.1

“Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen ... Gott aber kann machen, daß alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk; wie geschrieben steht (Psalm 112,9): ‘Er hat ausgestreut und den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.’ Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit. So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt.” 2.Korinther 9,6-11. SGA 32.2