Auf den Spuren des großen Arztes

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Kapitel 19: Naturverbundenheit

Der Schöpfer wählte für unsere Ureltern die Umgebung, die ihrer Gesundheit und ihrem Glück am zuträglichsten war. Er gab ihnen keinen Palast als Zuhause und umgab sie auch nicht mit den Komfortausstattungen und Luxusgütern, nach deren Erwerb heute so viele streben. Statt dessen stellte er sie in eine enge Verbindung mit der Natur und in enge Gemeinschaft mit den Heiligen des Himmels. SGA 210.1

In dem Garten, den Gott als Heim für seine Kinder schuf, grüßten wunderschöne Sträucher und liebliche Blumen das Auge, wohin es auch blickte. Es gab Bäume vielfältigster Art, viele von ihnen trugen duftende und wohlschmeckende Früchte in Fülle. Auf ihren Zweigen sangen Vögel ihre Lieder zum Lobe Gottes. Unter ihrem Schatten tummelten sich die Tiere der Erde, ohne sich voreinander zu fürchten. SGA 210.2

Adam und Eva erfreuten sich in ihrer unbefleckten Reinheit an der Schönheit für Auge und Ohr in Eden. Gott gab ihnen den Auftrag, den Garten zu bebauen und zu bewahren. Vgl. 1.Mose 2,15. Jedes Tagewerk brachte ihnen Gesundheit und Glück, und beide begrüßten voll Freude ihren Schöpfer, der sie in der Abendkühle besuchte und mit ihnen durch den Garten ging und redete. Täglich lehrte Gott sie seine Lektionen. SGA 210.3

Der Lebensplan, den Gott für unsere ersten Eltern festlegte, enthält auch Lehren für uns. Obwohl die Sünde ihren Schatten auf die Erde geworfen hat, will Gott, daß seine Kinder Freude an den Werken seiner Hände finden. Je genauer sein Lebensplan befolgt wird, desto wunderbarer wird er die Heilung der leidenden Menschheit bewerkstelligen. Die Kranken müssen also in einen engen Kontakt zur Natur gebracht werden. Ein Leben im Freien, inmitten einer natürlichen Umgebung, würde für hilflose und fast hoffnungslos Kranke Wunder wirken. SGA 210.4

Der Lärm, die Hektik und das Chaos in den Städten, das beengte und unnatürliche Leben sind für Kranke höchst ermüdend und beschwerlich. Die Stadtluft mit ihrem Dunst und Staub, ihren Abgasen und Krankheitserregern stellt eine Gefahr für ihr Leben dar. Die Kranken — die die meiste Zeit zwischen vier Wänden eingeschlossen sind — bekommen fast das Gefühl, Gefangene in ihrem Zimmer zu sein. Sie schauen nur auf Häuserwände, Teerstraßen und dahineilende Menschenmengen. Vielleicht sehen sie nicht einmal einen kleinen Ausschnitt des blauen Himmels oder der Sonne, keine Wiesen, Blumen oder Bäume. Auf solche Weise eingeschlossen, brüten sie über ihrem Leiden und Kummer und werden dadurch eine Beute ihrer eigenen tristen Gedanken. SGA 211.1

Für diejenigen, deren moralische Kraft schwach ist, bergen die Städte viele Gefahren. Hier sind Patienten, die übersteigerte Begierden zu überwinden haben, unentwegt Versuchungen ausgesetzt. Sie sollten deshalb in eine andere Umgebung gebracht werden, wo sich ihr Denken verändern kann; sie sollten Einflüssen ausgesetzt werden, die sich gänzlich von denen unterscheiden, die ihr Leben belastet haben. Entfernt sie eine Zeitlang von jenen Einflüssen, die von Gott wegführen, und setzt sie einer reineren Atmosphäre aus. SGA 211.2

Krankenhäuser und Erholungsheime wären viel erfolgreicher, wenn sie außerhalb der Städte erbaut werden könnten. Alle, die wieder gesund werden wollen, sollten sich so oft wie möglich in ländlicher Umgebung aufhalten, wo sie die Wohltaten eines Lebens im Freien genießen können. Die Natur ist der Assistenzarzt Gottes. Die saubere Luft, der frohmachende Sonnenschein, die Blumen und Bäume, die Obstgärten und Weinberge sowie die Bewegung im Freien, inmitten dieser Umgebung, sind gesundheitsförderlich und lebensfreundlich. SGA 211.3

Ärzte und Krankenschwestern sollten ihre Patienten dazu ermutigen, sich viel in der frischen Luft aufzuhalten. Im Freien zu sein ist für viele Kranke das einzige Arzneimittel, das sie benötigen. Dies hat eine wunderbare Macht zur Heilung von Krankheiten, die von der Hektik und den Auswüchsen unseres modernen Lebens verursacht werden, eines Lebens, das die Kräfte von Körper, Geist und Seele schwächt und zerstört. SGA 211.4

Wie wohltuend sind die Ruhe und die unverbaute Umgebung auf dem Land für die Kranken, die des Stadtlebens, des Lichtscheins der vielen Neonlampen und des Lärms der Straßen müde sind! Wie gern wenden sie sich der Schönheit der Natur zu! Wie glücklich wären sie, wenn sie in der frischen Luft säßen, den Sonnenschein genießen und den angenehmen Duft von Bäumen und Blumen einatmen könnten! Der Balsam der Kiefer und die Duftstoffe der Zeder und der Tanne enthalten lebenspendende Eigenschaften; auch andere Bäume bieten Stoffe, die der Gesundung dienen. SGA 212.1

Für den chronisch Kranken trägt nichts so sehr zu seiner Genesung und zum Wiedergewinnen seiner Fröhlichkeit bei wie das Leben in einer anziehenden ländlichen Umgebung. Hier können die Schwerstpflegebedürftigen im Sonnenlicht oder im Schatten der Bäume sitzen bzw. liegen. Sie brauchen nur ihre Augen zu öffnen, um über sich das herrliche Laubwerk zu sehen. Ein angenehmes Gefühl der Ruhe und Erquickung überkommt sie, wenn sie dem Rauschen des Windes in den Blättern zuhören. Die niedergedrückten Lebenskräfte erwachen dann wieder; die geschwundene Stärke kehrt zurück. Unbewußt kehrt Ruhe in das Gemüt ein, der unregelmäßige Puls wird ruhiger und stetiger. Wenn die Kranken wieder kräftiger werden, haben sie schließlich einige Schritte zu gehen, um einige der schönen Blumen — dieser kostbaren Botschafter der Liebe Gottes für seine geplagte Familie hier auf Erden — zu pflücken. SGA 212.2

Es sollten Pläne dafür gelegt werden, wie man Patienten den Aufenthalt im Freien ermöglichen kann. Für die Arbeitsfähigen unter ihnen sollten einige angenehme und leichte Beschäftigungsmöglichkeiten vorgesehen sein. Vermittelt ihnen, wie annehmbar und hilfreich diese Tätigkeit im Freien für sie ist. Ermutigt sie ausgiebig, die frische Luft einzuatmen. Lehrt sie, tief zu atmen und beim Atmen wie beim Sprechen die Bauchmuskeln zu Hilfe zu nehmen. Dies ist eine Unterweisung von unschätzbarem Wert. SGA 212.3

Bewegung in der freien Luft sollte als eine lebenspendende Notwendigkeit verordnet werden, und für solche Bewegung eignet sich nichts besser als die Landwirtschaft und der Gartenbau. Weist den Patienten Blumenbeete zur Pflege zu, oder auch Arbeit in einem Obst- oder Gemüsegarten. Wenn sie dazu ermutigt werden, ihre Zimmer zu verlassen und Zeit mit Blumenzüchten oder einer anderen, leichten Tätigkeit in der frischen Luft zuzubringen, wird ihre Aufmerksamkeit von ihnen selbst und ihren Beschwerden abgelenkt. SGA 212.4

Je länger man einen Patienten außerhalb des Zimmers lassen kann, desto weniger Pflege benötigt er. Je erfreulicher seine Umgebung ist, desto hoffnungsvoller wird er sein. In ein Haus eingesperrt aber wird er — auch wenn es noch so elegant ausgestattet ist — mürrisch und deprimiert. Umgebt ihn mit den schönen Dingen der Natur; gebt ihm einen Platz, wo er Blumen betrachten kann und Vögel singen hört — und sein Herz wird harmonisch in diesen Gesang einstimmen. Erleichterung wird über Körper und Geist kommen. Das Denken wird wieder aufgeweckter, die Vorstellungskraft flinker und der Geist willig zur Wahrnehmung der Schönheit des Wortes Gottes. SGA 213.1

In der Natur läßt sich stets etwas finden, das die Aufmerksamkeit des Kranken von sich selbst weg und seine Gedanken zu Gott hinlenkt. Von Gottes wunderbaren Werken umgeben, werden seine Gedanken von den sichtbaren zu den unsichtbaren Dingen erhoben. Die Schönheit der Natur führt ihn dazu, an die himmlische Heimat zu denken, wo es nichts mehr geben wird, was diese Pracht entstellt, nichts Verderbendes oder Zerstörendes, nichts, das Krankheit oder Tod verursacht. SGA 213.2

Die Ärzte und Krankenschwestern sollen aus den Gegebenheiten der Natur Lehren über Gott ziehen. Sie sollen die Patienten auf Gott hinweisen, dessen Hand die hohen Bäume, das Gras und die Blumen erschaffen hat, und sie so dazu ermutigen, in jeder Knospe und Blume einen Ausdruck der Liebe zu seinen Kindern zu sehen. Er, der für die Vögel und die Blumen sorgt, wird auch für die Wesen sorgen, die er nach seinem eigenen Bild erschaffen hat. SGA 213.3

Außerhalb der Zimmer, inmitten der Dinge, die Gott geschaffen hat, kann den Kranken, wenn sie frische, gesundheitsförderliche Luft atmen, das neue Leben in Christus am besten vermittelt werden. Hier kann man wunderbar aus Gottes Wort vorlesen. Hier kann das Licht der Gerechtigkeit Christi in von Sünde verdunkelte Herzen hineinscheinen. SGA 213.4

Männer und Frauen, die körperlicher und geistlicher Heilung bedürfen, sollen auf diese Weise mit jenen Menschen bekannt gemacht werden, deren Worte und Taten sie zu Christus ziehen werden. Sie sollen dem Einfluß des obersten medizinischen Missionars unterstellt werden, der sowohl die Seele als auch den Körper heilen kann. Sie sollen die Geschichte von der Liebe des Heilands hören, von der bedingungslos gewährten Vergebung für alle, die mit dem Bekenntnis ihrer Sünden zu ihm kommen. SGA 214.1

Unter solchen Einflüssen werden viele Leidende auf den Weg des Lebens geführt werden. Himmlische Engel wirken dabei mit menschlichen Werkzeugen zusammen, um den Herzen der Kranken und Leidenden Ermutigung, Hoffnung, Freude und Frieden zu bringen. Unter solchen Umständen sind Kranke doppelt gesegnet, und viele werden so wieder gesund. Der schwächliche Gang gewinnt seine Elastizität zurück, die Augen ihren Glanz. Der Hoffnungslose bekommt wieder Hoffnung. Die einst gebeugte Körperhaltung drückt wieder Freude aus. Der klagende Ton der Stimme weicht einem Ton der Fröhlichkeit und Zufriedenheit. SGA 214.2

Wenn die körperliche Gesundheit wiederhergestellt ist, dann sind Männer und Frauen besser imstande, jenen Glauben an Christus auszuleben, der auch die Gesundheit der Seele sichert. In dem Bewußtsein, daß die Sünden vergeben wurden, liegen unaussprechlicher Friede, Freude und Ruhe. Die zeitweise verdunkelte Hoffnung des Christen ist wieder hell geworden. Folgende Bibelworte bringen diesen Glauben zum Ausdruck: “Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.” Psalm 46,2. “Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.” Psalm 23,4. SGA 214.3

“Er gibt dem Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden.” Jesaja 40,29. SGA 214.4