Auf den Spuren des großen Arztes

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Kapitel 14: Den Reichen dienen

Cornelius, der römische Hauptmann, war reich und von vornehmer Herkunft. Er bekleidete eine verantwortungsvolle und angesehene Position. Von Geburt, Erziehung und Ausbildung ein Heide, hatte er durch seinen Kontakt mit den Juden Kenntnis über den wahren Gott erlangt; diesem diente er und erwies dabei die Redlichkeit seines Glaubens durch tätiges Mitgefühl für die Armen: “Er gab dem Volk viele Almosen und betete immer zu Gott.” Apostelgeschichte 10,2. SGA 165.1

Cornelius kannte das Evangelium nicht anhand des Lebens und Sterbens Christi, weshalb ihm Gott eine Botschaft unmittelbar vom Himmel gab und durch eine weitere Botschaft den Apostel Petrus anwies, ihn aufzusuchen und zu unterweisen. Cornelius war kein Mitglied der jüdischen Glaubensgemeinschaft, von den Rabbinern wäre er als ein Heide und als unrein angesehen worden; aber Gott sah die Aufrichtigkeit seines Herzens und sandte Botschafter von seinem Thron aus, die sich mit seinem irdischen Diener dazu vereinigen sollten, dem römischen Hauptmann das Evangelium zu verkünden. SGA 165.2

So sucht Gott auch heute Seelen unter den Hohen wie unter den Einfachen. Wie Cornelius gibt es viele Menschen, die Gott seiner Gemeinde hinzufügen möchte. Ihre Sympathien gelten dem Volk Gottes, aber die Fesseln, die sie an die Welt binden, halten sie fest. Sie brauchen moralische Unterstützung, um neben den einfachen Menschen Position zu beziehen. Für diese Seelen, die wegen ihrer Verantwortlichkeiten und Verbindungen in so großer Gefahr stehen, sollten besondere Anstrengungen unternommen werden. SGA 165.3

Vieles ist hinsichtlich unserer Pflicht gegenüber den mißachteten Armen gesagt worden; sollte aber nicht auch den vernachlässigten Reichen einige Aufmerksamkeit gewidmet werden? Viele betrachten diese Gruppe als hoffnungslos und tun wenig, die Augen jener zu öffnen, die — geblendet und gebannt vom Glanz weltlichen Ruhms — die Ewigkeit aus dem Blick verloren haben. Tausende reicher Menschen starben, ohne gewarnt worden zu sein. Aber wenn sie auch gleichgültig erscheinen mögen, ist die Seele vieler Reicher doch schwer beladen. SGA 165.4

“Wer Geld liebt, wird vom Geld niemals satt, und wer Reichtum liebt, wird keinen Nutzen davon haben.” Prediger 5,9. SGA 166.1

Wer zum Feingold sagt, “Du bist meine Zuversicht”, hat damit “verleugnet Gott in der Höhe”. Vgl. Hiob 31,24.28. SGA 166.2

“Kann doch keiner einen andern auslösen oder für ihn an Gott ein Sühnegeld geben — denn es kostet zuviel, ihr Leben auszulösen; er muß davon abstehen ewiglich.” Psalm 49,8.9. SGA 166.3

Reichtümer und weltliche Ehren können die Seele nicht zufriedenstellen. Viele unter den Reichen sehnen sich nach einer von Gott gegebenen Sicherheit, nach einer geistlichen Hoffnung. Sie suchen nach etwas, das die Langeweile ihres ziellosen Lebens beendet. Viele im öffentlichen Leben spüren ein Bedürfnis nach etwas, das sie nicht haben. Jedoch gehen nur wenige von ihnen in eine Kirche, denn sie haben den Eindruck gewonnen, daß sie hier nur wenig Erfüllung finden. Die Lehren, die sie hier hören, erreichen nicht ihr Herz. Sollten wir sie da nicht persönlich zu uns einladen? SGA 166.4

Unter den Opfern von Begierde und Sünde gibt es auch solche, die früher reich waren. Menschen aus verschiedensten Berufen und gesellschaftlichen Schichten sind von der moralischen Verkommenheit der Welt, vom Alkoholkonsum, von der unmäßigen Befriedigung ihrer Triebe besiegt worden und der Versuchung unterlegen. Diese Gefallenen erfordern natürlich Mitleid und Hilfe; sollte aber nicht auch denen einige Aufmerksamkeit geschenkt werden, die zwar noch nicht in diese Tiefen abgestiegen, aber schon dorthin unterwegs sind? SGA 166.5

Tausende in Vertrauens- und Ehrenstellungen frönen Begierden, die den Ruin für Seele und Körper bedeuten. Prediger des Evangeliums, Staatsmänner, Schriftsteller, Männer von Reichtum und Talent, erfolgreiche Geschäftsleute mit wertvollen Erfahrungen stehen in tödlicher Gefahr, weil sie die Notwendigkeit der Selbstkontrolle in allen Bereichen nicht erkennen. Man muß sie auf die Prinzipien der Mäßigkeit aufmerksam machen, nicht auf engstirnige oder rücksichtslose Weise, sondern im Licht von Gottes großer Erlösungsabsicht für die Menschheit. Wenn ihnen so die Grundsätze wahrer Mäßigkeit vermittelt werden könnten, gäbe es viele aus den höheren Gesellschaftsschichten, die den Wert dieser Grundsätze erkennen und sie von Herzen annehmen würden. SGA 166.6

Wir sollten diesen Menschen die Auswirkungen schädlicher Begierden vor Augen stellen, nämlich die Schwächung körperlicher, geistiger und moralischer Kräfte. Helft ihnen, ihre Verantwortung als Treuhänder göttlicher Gaben zu erkennen. Weist sie auf das Gute hin, das sie mit dem Geld tun könnten, welches sie jetzt für Dinge ausgeben, die ihnen nur schaden. Weist sie auf den Nutzen völliger Enthaltsamkeit von schädlichen Genußmitteln hin und bittet sie, das Geld, das sie bisher für Alkohol, Tabak und ähnliches ausgeben, zur Hilfe für Kranke, sozial Schwache oder zur Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu spenden. So würden sie der Gesellschaft einen Dienst erweisen. Einem solchen Appell verschlössen sich nur wenige. SGA 167.1

Es gibt noch eine weitere Gefahr, der die Reichen besonders ausgesetzt sind, und die ebenfalls eine Aufgabe für den medizinischen Missionar darstellt. Viele, die in der Welt erfolgreich sind und die sich niemals den gewöhnlichen Formen des Lasters hingeben, laufen dennoch dem Verderben entgegen, und zwar durch ihre Liebe zum Reichtum. Der Kelch, der am schwierigsten zu tragen ist, ist nicht der leere, sondern der bis zum Rand gefüllte. Dieser muß am sorgfältigsten balanciert werden. Leid und Not führen zu Enttäuschung und Sorge, aber der Wohlstand gefährdet das geistliche Leben am meisten. SGA 167.2

Diejenigen, die vom Unglück betroffen sind, sollen an den Dornbusch denken, den Mose in der Wüste sah. Er brannte, aber er verbrannte nicht. Der Engel des Herrn war inmitten des Busches. Genauso umgibt uns in Not und Kummer der helle Lichtschein der Gegenwart des Unsichtbaren, um uns zu trösten und zu bewahren. Oft wird zum Gebet für die aufgerufen, die Krankheit oder Not leiden; aber noch mehr brauchen jene Menschen unsere Gebete, die über Wohlstand und Einfluß verfügen. SGA 167.3

Im Tal der Demut, wo Menschen ihre Unzulänglichkeit fühlen und auf Gottes Führung vertrauen, herrscht vergleichsweise hohe Sicherheit. Die Menschen aber, die sozusagen auf einer hohen Zinne stehen und von denen aufgrund ihrer Position angenommen wird, sie besäßen große Weisheit — diese befinden sich in größter Gefahr. Wenn diese Menschen sich nicht auf Gott verlassen, werden sie ganz bestimmt zu Fall kommen. SGA 168.1

Die Bibel verdammt niemanden wegen seines Reichtums, wenn er ihn auf ehrliche Weise erworben hat. Nicht das Geld, sondern die Liebe zum Geld ist die Wurzel allen Übels. Es ist Gott, der den Menschen die Kraft gibt, Reichtum zu erwerben. In den Händen dessen, der als Gottes Diener handelt und somit seine Mittel nicht selbstsüchtig gebraucht, ist Reichtum ein Segen, sowohl für seinen Besitzer als auch für die Welt. Aber viele, die von der Sorge um die Vermehrung ihrer Reichtümer völlig eingenommen sind, werden unsensibel für die Ansprüche Gottes und die Nöte ihrer Mitmenschen. Sie betrachten den Reichtum als Mittel zur Verherrlichung ihrer selbst. Sie kaufen ein Haus und ein Stück Land nach dem anderen und füllen ihre Heime mit Luxus, während um sie herum Menschen mit Elend und Verbrechen, Krankheit und Tod kämpfen. Wer in seinem Leben so ausschließlich für eigene Bedürfnisse arbeitet, entwickelt in sich nicht die Eigenschaften Gottes, sondern die des Bösen. SGA 168.2

Diese Menschen brauchen das Evangelium. Ihr Blick muß auf die Vergänglichkeit alles Materiellen gerichtet werden, damit sie die Kostbarkeit der ewigen Reichtümer Gottes erkennen können. Sie müssen die Freude des Gebens und den Segen erfahren, Gottes Mitarbeiter zu sein. SGA 168.3

Der Herr bittet uns: “Den Reichen in dieser Welt gebiete”, daß sie “nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen; daß sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich seien, sich selbst einen Schatz sammeln als guten Grund für die Zukunft, damit sie das wahre Leben ergreifen.” 1.Timotheus 6,17-19. SGA 168.4

Ein gelegentlicher oder zufälliger Hinweis genügt nicht, um reiche, weltverliebte, geldanbetende Seelen zu Christus zu führen. Diese Menschen sind oft am schwierigsten zu gewinnen. Persönlicher Einsatz von Männern und Frauen, die mit missionarischem Geist erfüllt sind und nicht versagen oder sich entmutigen lassen, ist hier vonnöten. SGA 169.1

Einige sind für die Arbeit in höheren Gesellschaftsschichten besonders geeignet. Sie sollten Weisheit von Gott erbitten, um zu erkennen, wie sie diese Menschen erreichen können. Ein nur gelegentlicher Kontakt dazu genügt nicht, sondern sie müssen sie durch persönlichen Einsatz und lebendigen Glauben auf die Bedürfnisse der Seele hinweisen und sie zu einer Erkenntnis der Wahrheit führen, die in Jesus liegt. SGA 169.2

Viele meinen, daß man, um die höheren Schichten zu erreichen, deren Lebensweise und Arbeitsmethoden übernehmen muß. Ein Anschein von Reichtum, kostspielige Gebäude, teure Bekleidung, luxuriöse Autos und Accessoires, Anpassung an weltliche Gepflogenheiten, die künstliche Etikette der vornehmen Gesellschaft, klassische Bildung und rhetorisches Geschick werden für notwendig erachtet. Das aber ist ein Irrtum. Diese weltliche Methode ist nicht Gottes Weg zur Erreichung der höheren Schichten. Was sie am wirkungsvollsten erreicht, ist eine konsequente, selbstlose Darbietung des Evangeliums von Christus. SGA 169.3

Die Erfahrung des Apostels Paulus bei seinem Zusammentreffen mit den Philosophen Athens erteilt uns diesbezüglich eine Lehre. Als er das Evangelium auf dem Areopag predigte, begegnete er der Logik mit Logik, der Wissenschaft mit Wissenschaft und der Philosophie mit Philosophie. Die klügsten seiner Zuhörer waren erstaunt und verstummten. Seinen Worten konnten sie nichts entgegensetzen, aber diese Bemühungen brachten nur wenig Frucht. Nur wenige wurden zur Annahme des Evangeliums geführt. Von nun an wählte Paulus eine andere Arbeitsweise. Er vermied sorgfältig ausgearbeitete Argumentationen und die Erörterung von Theorien und wies Männer und Frauen statt dessen in einfacher Weise auf Christus als den Erlöser der Sünder hin. Im Brief an die Korinther schrieb er: “Auch ich, liebe Brüder, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten ... mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.” 1.Korinther 2,1-5. SGA 169.4

Ferner schrieb er im Brief an die Römer: “Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.” Römer 1,16. SGA 170.1

Diejenigen, die für die höheren Schichten arbeiten, sollen durch ihr würdevolles Auftreten das Bewußtsein vermitteln, von Engeln begleitet zu sein. Sie sollen die Schatzkammer ihres Geistes und Herzens mit dem “Es steht geschrieben” gefüllt haben. Die kostbaren Worte Christi, in unser Gedächtnis eingeprägt, sind weit wertvoller als Gold oder Silber. SGA 170.2

Christus sagte, daß es für ein Kamel leichter sei, durch ein Nadelöhr zu kriechen, als für einen reichen Menschen, in das Königreich Gottes zu gelangen. In der Arbeit für diese Schicht wird es oft Entmutigungen und manche traurigen Erfahrungen geben. Doch mit Gott sind alle Dinge möglich. Er kann und will durch menschliche Werkzeuge auf die Gedanken von Menschen einwirken, deren Lebensziel nur der Gelderwerb ist. SGA 170.3

Es gibt hier Wunder in echter Bekehrung, Wunder, die wir jetzt noch nicht erkennen. Auch die mächtigsten Menschen der Erde stehen im Machtbereich eines wunderwirkenden Gottes. Wenn seine menschlichen Mitarbeiter ihre Pflicht mutig und treu erfüllen, wird Gott Menschen bekehren, die auf verantwortungsvollen Positionen stehen, Menschen mit hoher Intelligenz und großem Einfluß. Durch die Kraft des Heiligen Geistes werden viele zur Annahme der göttlichen Grundsätze geführt werden. SGA 170.4

Wenn ihnen bewußtgemacht wird, daß der Herr von ihnen als seinen Vertretern erwartet, der leidenden Menschheit zu helfen, werden viele dem Folge leisten und ihre Mittel und ihr Mitgefühl zum Segen der Armen einsetzen. Während sie ihre Gedanken von egozentrischen Zielen abwenden, werden sich viele Christus übergeben. Mit ihren Einflußmöglichkeiten und materiellen Mitteln werden sie sich froh mit dem einfachen Missionar in der Wohltätigkeitsarbeit zusammentun, der Gottes Werkzeug zu ihrer Bekehrung war. Durch einen sinnvollen Gebrauch ihrer irdischen Reichtümer werden sie sich “... Schätze im Himmel sammeln, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen”. Matthäus 6,20. SGA 170.5

Wenn sie zu Christus bekehrt sind, werden viele bei der Arbeit für andere aus ihren eigenen Schichten zu Werkzeugen in der Hand Gottes. Sie werden spüren, daß ihnen die Verbreitung des Evangeliums unter denen übertragen ist, die bisher nur für materielle Ziele lebten. Zeit und Geld werden Gott geweiht, Talent und Einfluß werden der Seelengewinnung für Christus gewidmet werden. SGA 171.1

Erst die Ewigkeit wird enthüllen, was diese Art des Dienstes bewirkt hat — wie viele Seelen, die krank vor Zweifel und müde von Oberflächlichkeit und Rastlosigkeit waren, zu dem großen Erneuerer gefunden haben, der ausnahmslos alle erretten will, die zu ihm kommen. Christus ist unser auferstandener Erretter, und in ihm ist Heilung. SGA 171.2