Aus der Schatzkammer der Zeugnisse — Band 2

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Soll ich meines Bruders Hüter sein?

Nehmt einmal an, euch würde ein bestimmter Geldbetrag zu dieser oder jener Verwendung in die Hände gegeben; würdet ihr ihn wegwerfen und erklären, daß ihr nun für seinen Gebrauch nicht mehr verantwortlich seid? Würdet ihr meinen, euch auf diese Weise die Sorge dafür ersparen zu können? Und doch handelt ihr so mit den Gaben, die Gott euch gab. Wer sich unter dem Vorwand der Unfähigkeit der Arbeit für andere entzieht, während er ganz in weltlichen Dingen aufgeht, der verhöhnt Gott. Menschenmassen gehen zugrunde; diejenigen hingegen, die das Licht der Wahrheit erhielten, sind im Kampf gegen das ganze Heer des Bösen nur eine Handvoll. Und dennoch setzen sie ihre Kräfte für alle nur denkbaren Interessen ein, nur nicht dafür, wie man es lernt, Seelen vom Tode zu erretten. Ist es dann ein Wunder, daß die Gemeinde schwach und kraftlos ist und daß Gott nur wenig für sein ihn bekennendes Volk tun kann? Sie stehen dort, wo er keine Möglichkeit hat, an ihnen und durch sie zu wirken. Habt ihr den Mut, seine Forderungen weiterhin unbeachtet zu lassen? Wollt ihr noch länger mit dem heiligsten Vermächtnis des Himmels tändeln? Wollt ihr mit Kain sagen: “Soll ich meines Bruders Hüter sein?” 1.Mose 4,9. Sch2 140.3

Bedenkt, daß eure Verantwortung nicht nach eurem jetzigen Können und Vermögen bemessen wird, sondern nach den euch ursprünglich von Gott verliehenen Kräften und nach den Möglichkeiten, sie zu vervollkommnen. Die Frage, die sich jeder selbst stellen sollte, darf nicht lauten, ob er jetzt für die Arbeit an Gottes Sache unfähig oder ungeübt ist, sondern wodurch und warum er in diesen Zustand geraten ist und wie dem abgeholfen werden kann. Gott wird uns nicht auf übernatürlichem Wege mit Eigenschaften ausstatten, die wir nicht haben; aber wenn wir jede vorhandene Fähigkeit betätigen, wird er in uns wirken und diese Fähigkeiten fördern und stärken. In uns schlummernde und seit langem gelähmte Kräfte wird er wecken und neubeleben. Sch2 141.1

Solange wir in der Welt leben, haben wir uns mit weltlichen Dingen zu befassen. Es wird immer notwendig sein, irdische und rein zeitliche Angelegenheiten zu erledigen; doch wir dürfen nicht ausschließlich darin aufgehen. Der Apostel Paulus hat uns eine sichere Regel gegeben: “Im Eifer seid nicht lässig, im Geist feurig, für den Herrn zum Dienst bereit!” Römer 12,11 (Zürcher). Auch die alltäglichen Pflichten müssen treu erfüllt werden; “mit Einfalt des Herzens”, sagt der Apostel, “als dem Herrn”. Kolosser 3,23. Welcherart auch unsre Arbeit sei, ob Haus- oder Feldarbeit oder geistliche Tätigkeit, wir werden sie zur Ehre Gottes ausführen, wenn uns Christus der Erste, Letzte und Beste in allem ist. Neben diesen weltlichen Obliegenheiten ist jedem Nachfolger Christi eine besondere Aufgabe zum Bau seines Reiches gestellt. Diese Aufgabe verlangt persönliche Bemühungen um die Rettung von Menschen. Wir sollen dieser Pflicht nicht nur einmal in der Woche am Ort der Anbetung nachkommen, sondern zu jeder Zeit und an jedem Ort. Sch2 141.2