Aus der Schatzkammer der Zeugnisse — Band 2

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Die Wahl der Leiter

Der Apostel Paulus schreibt an Titus: “Du solltest vollends ausrichten, was ich gelassen habe, und besetzen die Städte hin und her mit Ältesten, wie ich dir befohlen habe; wo einer ist untadelig, eines Weibes Mann, der gläubige Kinder habe, nicht berüchtigt, daß sie Schwelger und ungehorsam sind. Denn ein Bischof soll untadelig sein als ein Haushalter Gottes.” Titus 1,5-7. Es wäre gut, wenn alle unsre Prediger diese Worte beachteten und nicht übereilt Männer zu einem Amt beriefen ohne reifliche Überlegung und ernstliches Gebet zu Gott, damit er durch seinen Heiligen Geist kundtue, wen er annehmen wolle. Sch2 235.1

Der Apostel sagt unter der Eingebung des Heiligen Geistes: “Die Hände lege niemand zu bald auf.” 1.Timotheus 5,22. In manchen unserer Gemeinden schritt man zu schnell zur Einsetzung und zur Einsegnung von Ältesten; die biblischen Regeln wurden nicht beachtet, und große Schwierigkeiten in der Gemeinde waren die Folge. Man sollte es nicht so eilig haben, Leiter zu wählen oder Männer einzusegnen, die sich in keiner Weise zu dem verantwortungsvollen Werk eignen — Männer, die der Bekehrung, der Heranbildung, der Veredelung und Verfeinerung bedürfen, bevor sie im Werke Gottes in irgendeinem Amt dienen können. Sch2 235.2

Das Netz des Evangeliums fängt Gute und Böse. Es erfordert Zeit, den Charakter zu entwickeln; es erfordert Zeit, Menschen wirklich kennenzulernen. Wird jemand für ein Amt vorgesehen, dann sollte man sich seine Familie genau ansehen. Ist sie dem Herrn ergeben? Kann der Mann seinem eigenen Hause in Ehren vorstehen? Welchen Charakter haben seine Kinder? Werden sie dem Wirken ihres Vaters Ehre machen? Hat er kein Feingefühl, keine Weisheit und Kraft der Gottesfurcht, um daheim seiner Familie vorzustehen, so kann man mit Sicherheit annehmen, daß er dieselben Mängel auch in die Gemeinde hineintragen wird und daß in ihr dieselbe unheilige Leitung zu finden sein wird. Es ist entschieden besser, einen Mann zu beurteilen, bevor er in ein Amt berufen wird, als nachträglich; es ist besser, vor dem entscheidenden Schritt zu beten und zu beraten, als nachträglich die Folgen einer falschen Wahl wiedergutmachen zu wollen. Sch2 235.3

In manchen Gemeinden hat der Leiter nicht das rechte Geschick, die Glieder zur Arbeit zu erziehen. Es fehlt am Takt und rechten Urteil, um eine lebendige Anteilnahme am Werke Gottes wachzuhalten. Er ist etwas langsam und weitschweifig, spricht zuviel, und seine öffentlichen Gebete sind zu lang. Er hat keine lebendige Gemeinschaft mit Gott, die ihm neue Erfahrung schenkte. Sch2 236.1

Überall müssen die Leiter der Gemeinden ernst, voller Eifer und selbstloser Hingabe sein, Männer Gottes, die dem Werk das rechte Gepräge geben können. Sie sollen Gott ihre Bitten im Glauben vortragen. Zum Gebet im Kämmerlein können sie sich so viel Zeit nehmen, wie sie es wünschen, in der Öffentlichkeit aber sollten sie ihre Gebete und Zeugnisse kurz und sachlich darbringen. Lange und trockene Gebete sowie endlose Ermahnungen soll man vermeiden. Wenn Geschwister etwas zur Stärkung und Erbauung anderer zu sagen haben, muß es erst in ihren Herzen leben. Sie müssen täglich mit Gott verbunden sein und ihre Bedürfnisse aus seinem unerschöpflichen Vorratshause decken, aus dem sie Altes und Neues gewinnen. Sind sie selbst durch den Geist Gottes belebt, dann können sie auch andere erfreuen, stärken und ermutigen; aber wenn sie selbst nicht von dem lebendigen Quell der Erlösung getrunken haben, werden sie andere auch nicht dorthin bringen können. Sch2 236.2

Die Notwendigkeit religiöser Erfahrung muß denen klargemacht werden, die die Theorie der Wahrheit annehmen. Die Prediger müssen selbst in der Liebe Gottes bleiben und dann anderen die Notwendigkeit der persönlichen Weihe und Bekehrung einprägen. Alle müssen für sich eine lebendige Erfahrung gewinnen; Christus muß in ihren Herzen wohnen, und sein Geist muß ihre Neigungen beherrschen, sonst ist ihr Glaubensbekenntnis wertlos, und ihr Zustand wird schlimmer sein, als hätten sie die Wahrheit nie gehört. Sch2 236.3

Für kleinere Gruppen, die die Wahrheit annehmen, sollte eine Ordnung gefunden werden, die das Gedeihen der Gemeinde sichert. Die Leitung könnte einem Mann für eine Woche oder für einen Monat übertragen werden, dann einem anderen für einige Wochen; auf diese Weise könnten verschiedene Glieder zur Arbeit herangezogen werden. Nach einer angemessenen Probezeit könnte einer durch die Gemeinde zum ständigen Leiter gewählt werden, freilich niemals für länger als ein Jahr. Dann kann ein anderer herangezogen oder derselbe wiedergewählt werden, wenn sein Dienst der Gemeinde zum Segen gewesen ist. In der gleichen Weise sollte man bei der Wahl von Männern für andere verantwortungsvolle Ämter verfahren, auch bei den Ämtern der Vereinigung. Ohne Probezeit sollte niemand zum Vereinigungsvorsteher gewählt werden. Viele lassen bei der Erledigung dieser wichtigen Angelegenheiten, die doch Fragen der Ewigkeit berühren, die erforderliche Einsicht vermissen. Sch2 237.1