Für die Gemeinde geschrieben — Band 1

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Kapitel 64: “Und die Finsternis hat’s nicht ergriffen”*

“Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen. Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.” Johannes 1,1-9. FG1 423.1

Man hat mich gefragt: “Glaubst du, daß der Herr für uns als Gemeinde neue Erkenntnisse bereithält?” Ich antworte: Er will uns neue Erkenntnisse schenken. Doch diese neuen Erkenntnisse sind in Wirklichkeit wertvolle alte Erkenntnisse, die neu aus dem Wort der Wahrheit herausleuchten. Bis jetzt sehen wir nur einen schwachen Schimmer dessen, was noch auf uns wartet. Noch ziehen wir nicht den größtmöglichen Nutzen aus dem Licht, das der Herr uns bereits geschenkt hat. Weiterführende Erkenntnisse bleiben uns verborgen, weil wir nicht in dem Licht wandeln, das uns schon jetzt den Weg erhellt. FG1 423.2

Wir sagen, wir seien die Gemeinde, die die Gebote hält. Dennoch begreifen wir die umfassende und weitreichende Bedeutung des Gesetzes Gottes nicht. Wir verstehen nicht, wie heilig es ist. Viele, die sich als Lehrer der Wahrheit bezeichnen, erfassen nicht wirklich, was sie tun, wenn sie das Gesetz Gottes lehren, denn sie kennen Jesus Christus nicht richtig. FG1 423.3

Wenn wir von Luther, Knox und anderen bekannten Reformatoren lesen, bewundern wir die Kraft, die Standhaftigkeit und den Mut dieser treuen Diener Gottes. Wir wünschten uns, uns beseelte derselbe Geist, der sie vorwärtstrieb. Wir möchten wissen, wodurch sie in ihrer Schwäche gestärkt wurden. Obwohl diese Menschen als Werkzeuge Gottes eingesetzt wurden, waren sie nicht fehlerfrei. Sie waren irrende Menschen und begingen große Fehler. Wir sollten uns bemühen, ihren Tugenden nachzueifern, aber wir sollten sie nicht zu unseren absoluten Vorbildern machen. Diese Menschen hatten seltene Gaben, die geeignet waren, das Werk der Reformation voranzubringen. Sie wurden von einer Macht außerhalb ihrer selbst gelenkt. Dennoch sollten nicht die Menschen, die Werkzeuge, die Gott benutzte, erhöht und geehrt werden, sondern der Herr Jesus, der sein Licht und seine Kraft über sie kommen ließ. Alle Menschen, die die Wahrheit und die Gerechtigkeit lieben und die die von diesen Fahnenträgern ererbten Schätze sammeln, sollen Gott preisen, denn er ist die Quelle aller Erkenntnis. FG1 423.4

Stellt euch vor, Engel würden den Menschen die Schätze des Wissens über die himmlischen Dinge eröffnen. Welche Aufregung würde eine solche Ankündigung in der christlichen Welt hervorrufen! Die Atmosphäre des Himmels würde die himmlischen Boten umgeben, und viele würden ungemein aufmerksam und gespannt auf jedes ihrer Worte lauschen. Sogar Bücher würden geschrieben werden, in denen auf die Worte der Engel aufmerksam gemacht werden soll. Dabei ist ein weit Größerer als alle Engel in unserer Welt gewesen. Der Herr selbst kam, um den Menschen das Licht des Himmels leuchten zu lassen. Er hat gesagt, er sei eins mit dem Vater, voller Gnade und Wahrheit, Gott offenbart im Fleisch. FG1 424.1

Der Herr Jesus, das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes, gab sein eigenes Leben, um die untergehende Menschheit zu retten. Welch großartiges Licht, welch ungeheure Macht bringt er mit sich! In ihm ist die Fülle der Gottheit verkörpert! Welch ein Geheimnis! Es fällt dem Verstand schwer, die Herrlichkeit Christi und das Geheimnis der Erlösung zu begreifen. Das schändliche Kreuz wurde aufgestellt, die Nägel durch seine Hände und Füße geschlagen, der Speer ihm in die Seite gestoßen. Damit wurde der Preis der Erlösung für die Menschheit bezahlt. Das fehlerlose Lamm Gottes trug unsere Sünden und all unser Leid, als sein Körper ans Kreuz geschlagen wurde. FG1 424.2

Ein unerschöpfliches Thema

Die Erlösung ist ein unerschöpfliches Thema, über das gründlich nachzusinnen sich lohnt. Es übersteigt das Verständnis unserer tiefgründigsten Gedanken, die Reichweite unserer lebhaftesten Vorstellungskraft. Wer kann Gott erfassen, indem er forscht? Die Schätze der Weisheit und des Wissens stehen allen Menschen offen. Selbst wenn Tausende der begabtesten Menschen ihre ganze Zeit einsetzen würden, um uns Jesus zu erklären und darüber nachzusinnen, wie sie seinen unvergleichlichen Zauber am besten beschreiben können, so würden sie damit nie an ein Ende gelangen. FG1 425.1

Obwohl großartige und talentierte Schreiber wunderbare Wahrheiten bekanntgemacht und den Menschen neue Erkenntnisse vermittelt haben, werden wir auch heute noch auf neue Ideen kommen und weite Felder entdecken, in denen wir arbeiten können, denn das Thema der Erlösung ist unerschöpflich. Das Werk ist von Jahrhundert zu Jahrhundert vorangeschritten, hat uns das Leben und den Charakter Christi sowie die Liebe Gottes, die durch das versöhnende Opfer zum Ausdruck kommt, gezeigt. Das Thema der Erlösung wird die Erlösten in alle Ewigkeit beschäftigen, und dabei werden ihnen immer neue wunderbare Einzelheiten des Erlösungsplanes deutlich werden. FG1 425.2

Wäre Jesus heute unter uns, dann würde er uns das Gleiche sagen wie damals seinen Jüngern: “Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.” Johannes 16,12. Jesus wünschte sich sehnlichst, seinen Jüngern tiefe, lebendige Wahrheiten vermitteln zu können, aber ihre Erdgebundenheit, ihr begrenztes Auffassungsvermögen und ihr mangelndes Verständnis machten ihm dies unmöglich. Sie konnten keinen Nutzen aus den großartigen, herrlichen und feierlichen Wahrheiten ziehen. Mangelndes geistliches Wachstum läßt die hellen Lichtstrahlen, die von Christus ausgehen, nicht durchdringen. Wir werden nie an den Punkt gelangen, an dem es keine weitere Erkenntnis für uns geben wird. Alles was Christus gesagt hat, hat einen sehr tiefen Sinn. Die Menschen, die seine Lehren hörten, waren durch ihre Voreingenommenheit nicht in der Lage, die Bedeutung seiner Worte zu verstehen. Jesus war die Quelle der Wahrheit. FG1 425.3

Die erhabenen Themen des Alten Testaments waren mißverstanden und falsch ausgelegt worden. Christus hatte die Aufgabe, die Wahrheit zu erklären, denn die Menschen, denen sie gegeben worden war, hatten sie nicht verstanden. Die Propheten hatten ihre Aussagen gemacht, aber die geistliche Bedeutung dessen, was sie niederschrieben, hatten auch sie nicht erfaßt. Sie verstanden den Sinn der Wahrheit nicht. Jesus tadelte seine Jünger für ihre Begriffsstutzigkeit. Viele seiner wertvollen Lehren hatten keine Wirkung auf sie, weil sie die geistliche Bedeutung seiner Worte nicht verstanden. Aber er versprach, daß der Tröster kommen würde, daß der Geist der Wahrheit sie an seine in Vergessenheit geratenen Worte erinnern würde. Er gab ihnen zu verstehen, daß er ihnen kostbare Perlen der Wahrheit anvertraut hatte, deren Wert sie gar nicht kannten. FG1 426.1

Kostbare Edelsteine im Bergwerk der Wahrheit

Nach der Kreuzigung und der Auferstehung Christi lauschten die Jünger verwundert seinen Lehren. Sie kamen ihnen völlig neuartig vor. “Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war ... Da öffnete er ihnen das Verständnis, so daß sie die Schrift verstanden.” Lukas 24,44.45. Die Wahrheit entfaltet sich ständig weiter, so daß jeder einzelne immer neue Züge entdecken kann. Uns liegt sehr viel daran, daß alle, die nach eigenem Bekunden an die uns jetzt offenbarte Wahrheit glauben, und insbesondere jene, die die Verantwortung auf sich genommen haben, diese Wahrheit auch anderen zu vermitteln, selbst ein klareres Verständnis für die überragende Bedeutung der von der Bibel behandelten Themen gewinnen. FG1 426.2

Wer an der Verteidigung des Gesetzes Gottes beteiligt ist, braucht dringend den Geist Gottes. Wenn es unseren Predigern an Bescheidenheit und Demut fehlt, wenn sie leicht in Zorn geraten, sobald man ihnen widerspricht, dann benötigen sie ganz offensichtlich göttliche Erleuchtung. Wer für andere Menschen wirkt, muß die Barmherzigkeit Christi in seinem Leben zeigen. Wenn die Wahrheit in Jesus ausgelebt wird, macht sie einen ganz anderen Eindruck auf Ungläubige, als wenn sie ihnen nur als Theorie oder als umstrittene Angelegenheit präsentiert wird. FG1 426.3

Wenn wir unser Bestes geben, um Menschen, die im Irrtum leben, die Wahrheit zu bringen, die aufrüttelnde, den Meinungen und Vorstellungen anderer widersprechende Wahrheit, dann wird sie mißdeutet, verdreht und falsch wiedergegeben werden, damit sie möglichst unakzeptabel wirkt. Nur wenige, denen ihr die Wahrheit bringt, haben nicht vom Wein Babylons getrunken. Es ist schwer für sie, die Wahrheit zu erfassen. Das ist der Grund, weshalb wir sie so lehren müssen, wie sie in Jesus verkörpert ist. FG1 427.1

Wer behauptet, die Wahrheit zu lieben, kann es sich leisten, so bescheiden und demütig wie unser großer Lehrer zu sein. Wer fleißig im Bergwerk des Wortes Gottes gegraben und in den reichen Erzgängen der Wahrheit, in den göttlichen Geheimnissen, die den Menschen jahrhundertelang verborgen waren, das wertvolle Metall gefunden hat, der wird den Herrn Jesus, die Quelle aller Wahrheit, preisen: An seinem Charakter wird die heiligende Kraft dessen sichtbar werden, woran er glaubt. Jesus und seine Barmherzigkeit müssen in unserem Herzen wohnen. Dann werden unsere Worte, unsere Gebete, unser Lob und Dank, unsere Verkündigung der heiligen Wahrheit ihn offenbaren. Hierin liegt das große Geheimnis des geistlichen Erfolges. FG1 427.2

Wenn wir aber unser Ich in unsere Bemühungen mit einbringen, dann wird die Wahrheit, die wir anderen sagen, uns nicht heiligen, reinigen und erhöhen. Sie wird nicht bezeugen, daß wir geeignete Gefäße sind, die unser Meister brauchen kann. Nur durch inniges Gebet können wir enge Gemeinschaft mit Jesus haben. Durch diese gesegnete Gemeinschaft werden unsere Worte und unser Geist vom Geist Jesu erfüllt. Kein Mensch kommt ohne Wachsamkeit aus. Jesus, unser unschätzbarer Retter, hat uns befohlen, wachsam zu sein. Unsere Selbstdisziplin darf keinen Augenblick nachlassen. Unser Herz muß sorgfältig gehütet werden, denn es bestimmt, was aus unserem Leben wird. Seid wachsam und haltet eure Gedanken unter Kontrolle, damit ihr nicht mit Worten sündigt. FG1 427.3