Für die Gemeinde geschrieben — Band 1

85/104

Kapitel 46: Der Eine, der die Sünden trägt*

Adam fiel durch Ungehorsam. Er hatte das Gesetz Gottes gebrochen. Dadurch war die göttliche Regentschaft entehrt worden. Nun erforderte die Gerechtigkeit, daß die Strafe für die Übertretung bezahlt wurde. FG1 324.1

Um die Menschheit vor dem ewigen Tod zu erretten, nahm es der Sohn Gottes freiwillig auf sich, die Strafe für den Ungehorsam zu tragen. Nur durch die Demütigung und die Erniedrigung des Prinzen des Himmels konnte die Schmach beseitigt und der Gerechtigkeit Genüge getan werden. Der Mensch konnte wieder in den Stand versetzt werden, den er durch seinen Ungehorsam verwirkt hatte. Einen anderen Weg gab es nicht. Niemals hätte es ausgereicht, wenn ein Engel auf diese Erde gekommen wäre, um den Boden zu betreten, auf dem Adam gestrauchelt und gefallen war. Auf diese Weise hätte kein einziger der Flecken, die durch die Sünde verursacht wurden, ausgelöscht werden können: dem Menschen wäre keine einzige Möglichkeit der Umkehr zuteil geworden. FG1 324.2

Christus, in seiner Gottgleichheit der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters und “das Ebenbild seines Wesens” (Hebräer 1,3), umhüllte seine Göttlichkeit mit Menschlichkeit und kam auf diese Erde, um hier für Sünder zu leiden und zu sterben. Der eingeborene Sohn Gottes erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tode, ja, bis zum Tode am Kreuz. Indem er an seinem Leibe den Fluch der Sünde trug, machte er echtes Glück und Unsterblichkeit für jeden Menschen möglich. FG1 324.3

Der Eine, den der ganze Himmel ehrte, kam in diese Welt, um sich in menschlicher Natur vor die ganze Menschheit zu stellen. Er bezeugte damit den gefallenen Engeln, aber auch den Bewohnern ungefallener Welten, daß es durch die göttliche Hilfe, die zur Verfügung steht, sehr wohl möglich sei, den Weg des Gehorsams gegenüber den Geboten Gottes zu gehen. Der Sohn Gottes starb für diejenigen, die von sich aus keinen Anspruch auf seine Liebe geltend machen konnten. Für uns erduldete er alles, was Satan gegen ihn vorbringen konnte. FG1 324.4

Wunderbar — fast zu wunderbar für das menschliche Begriffsvermögen — ist das Opfer, das der Erlöser für uns auf sich nahm. Es war bereits in der Vergangenheit in allen Einzelheiten des Heiligtumsdienstes, in all den Opferungen, die man dort im Tempel darbrachte, vorgeschattet worden. Alles verlangte nach diesem Opfer. Wenn wir uns vor Augen halten, daß Jesu Leiden notwendig waren, um unser ewiges Wohlergehen zu gewährleisten, so berührt dies unsere Herzen und läßt sie in dankbarer Liebe schmelzen. Er verpflichtete sich, unsere Erlösung in einer Weise zu vollenden, die nicht nur den Forderungen der Gerechtigkeit Gottes entsprach, sondern auch der Erhabenheit und Heiligkeit seines Gesetzes gerecht wurde. FG1 325.1

Außer dem Einen, der vom Vater kam, hätte niemand ein Opfer darbringen können, das wirkungsvoll genug gewesen wäre, alle diejenigen zu reinigen — seien sie auch noch so sündig und verkommen —, die ihn, den Heiland, als ihr Sühnopfer annehmen und dem Gesetz des Himmels Gehorsam leisten würden. Kein Geringerer als er hatte es fertiggebracht, den Menschen wieder in die Gunst Gottes einzusetzen. FG1 325.2

Welches Recht hatte Christus, die Gefangenen aus der Hand des Feindes zu reißen? Es war das Recht dessen, der ein Opfer dargebracht hatte, das den Prinzipien der Gerechtigkeit, nach welchen das Königreich des Himmels regiert wird, entsprach. Er war als der Erlöser eines verlorenen Geschlechtes auf diese Erde gekommen, um den listigen Feind zu besiegen und durch sein unerschrockenes, unerschütterliches Eintreten für das Recht alle diejenigen zu erretten, die ihn als ihren Heiland annehmen würden. Am Kreuz von Golgatha zahlte er den Sühnepreis für das Menschengeschlecht. Dadurch erwarb er sich das Recht, die Gefangenen aus der Gewalt des großen Verführers zu befreien, der durch eine Lüge, die gegen die Regierung Gottes gerichtet war, den Fall des Menschen verursacht und damit endgültig jeglichen Anspruch verloren hatte, als treuer Untertan des ewigen Königreiches Gottes bezeichnet zu werden. FG1 325.3

Unser Heiland bezahlte das Lösegeld für uns. Niemand braucht mehr von Satan versklavt zu werden. Christus steht vor uns als unser mächtiger Helfer. “Daher mußte er in allem seinen Brüdern gleich werden, damit er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu sühnen die Sünden des Volkes. Denn worin er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden.” Hebräer 2,17.18. FG1 326.1

“Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben ... Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, ... voller Gnade und Wahrheit ... Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.” Johannes 1,11-16. FG1 326.2

Wer in die Familie Gottes aufgenommen wird, der wird durch seinen Geist verändert werden. Selbstsucht und übersteigerte Eigenliebe sind nun umgewandelt in Selbstverleugnung und alles beherrschende Liebe zu Gott. Niemand erbt Heiligkeit als ein selbstverständliches Geburtsrecht; man kann auch nicht durch die Anwendung bestimmter Methoden — mag man auch noch so viele davon ersinnen — zu echter Treue Gott gegenüber gelangen. “Ohne mich”, sagt Christus, “könnt ihr nichts tun.” Johannes 15,5. Die menschliche Gerechtigkeit gleicht einem “unflätigen Kleid”. Mit Gott jedoch sind alle Dinge möglich. In der Kraft des Erlösers kann der schwache, irrende Mensch mehr als ein Überwinder des Bösen werden, das ihn ständig umgibt. FG1 326.3