Christi Gleichnisse

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Das Suchen nach dem Schatz

Das Wort Gottes soll unser Studium sein. Wir sollen unsere Kinder in den darin gefundenen Wahrheiten unterrichten. Es ist ein unerschöpflicher Schatz; aber die Menschen finden diesen Schatz nicht, weil sie nicht darnach suchen, bis er in ihrem Bereich ist. Viele werden sich dann mit einer Voraussetzung betreffs der Wahrheit zufrieden geben, ihnen genügt ein oberflächliches Forschen und sie nehmen an, daß sie alles haben, was notwendig ist. Sie lassen die Aussagen anderer als Wahrheit gelten, weil sie zu träge sind, selbst fleißig und ernstlich zu forschen, wie es im Worte als ein Graben nach einem verborgenen Schatze dargestellt wird. Aber die Erfindungen des Menschen sind nicht nur unzuverlässig, sondern auch gefährlich, denn sie stellen den Menschen dahin, wo Gott sein sollte. Sie bringen die Aussagen von Menschen dahin, wo es “so spricht der Herr” heißen sollte. CGl 107.2

Christus ist die Wahrheit. Seine Worte sind Wahrheit und sie haben eine tiefere Bedeutung als oberflächlich ersichtlich ist. Alle Worte Christi haben einen Wert, der weit über ihr unscheinbares Äußere hinausgeht. Seelen, die durch den Heiligen Geist belehrt worden sind, werden den Wert dieser Worte erfassen; sie werden die köstlichen Edelsteine der Wahrheit erkennen, selbst wenn dieselben vergrabene Schätze sein mögen. CGl 108.1

Menschliche Theorien und Spekulationen werden nie zum Verständnis des Wortes Gottes führen. Wer glaubt die Philosophie zu verstehen, der hält seine Auseinandersetzungen für notwendig, um die Schätze der Erkenntnis zu erschließen und zu verhindern, daß Ketzereien in die Gemeinde hineinkommen. Aber gerade diese Erklärungen haben falsche Theorien und Ketzereien hineingebracht. Männer haben große Anstrengungen gemacht, Schriftstellen, die ihnen dunkel und verwickelt schienen, zu erklären; aber nur zu oft haben ihre Bestrebungen das, was sie zu erklären versuchten, nur noch mehr verdunkelt. CGl 108.2

Die Priester und Pharisäer dachten, daß sie als Lehrer große Dinge täten, wenn sie ihre eigenen Auslegungen des Wortes Gottes brachten; aber Christus sagte von ihnen: “Ihr irret darum, daß ihr nichts wisset von der Schrift, noch von der Kraft Gottes.” Markus 12,24. Er beschuldigte sie, daß sie solche Lehre lehrten, die nichts war “denn Menschengebot”. Markus 7,7. Obgleich sie die Lehrer der Offenbarung Gottes waren, obgleich von ihnen angenommen wurde, daß sie Gottes Wort verstanden, waren sie doch keine Täter seines Wortes. Satan hatte ihre Augen verblendet, so daß sie die wahre Bedeutung desselben nicht sehen konnten. CGl 108.3

Auch in unserer Zeit wird oft so gehandelt. Viele Gemeinden sind dieser Sünde schuldig. Es ist Gefahr vorhanden und zwar große Gefahr, daß die vermeintlichen Weisen unserer Zeit dasselbe tun, wie damals die jüdischen Lehrer. Sie legen die göttliche Offenbarung falsch aus und Seelen werden durch die falsche Auffassung von göttlichen Wahrheiten in Verwirrung gebracht und in Finsternis gehüllt. CGl 108.4

Die Heilige Schrift braucht nicht bei dem trüben Licht der Überlieferung oder menschlicher Mutmaßung gelesen zu werden. Wir könnten gerade so gut versuchen, der Sonne mit einer Fackel Licht zu geben, als die Schrift durch menschliche Überlieferungen oder Einbildungen zu erklären. Gottes heiliges Wort bedarf des Fackellichts der Erde nicht, um seine Herrlichkeiten erkenntlich zu machen. Es ist Licht in sich selbst. — Es ist die offenbare Herrlichkeit Gottes, und neben diesem Licht ist alles andere Licht trübe. CGl 108.5

Aber ernstes Studium und genaue Untersuchungen müssen angewandt werden. Eine klare Erkenntnis der Wahrheit wird niemals der Lohn der Trägheit sein. Selbst die irdischen Segnungen können nicht ohne ernstes, geduldiges, andauerndes Streben erlangt werden. Will jemand Erfolg im Geschäft haben, dann muß er mit einem festen Willen daran gehen, etwas schaffen zu wollen, und auch mit dem Vertrauen, daß er Erfolg haben wird. So können wir auch nicht erwarten, geistliche Erkenntnis ohne ernstes Streben zu erlangen. Wer die Schätze der Wahrheit zu finden wünscht, der muß darnach graben, wie der Bergmann nach dem in der Erde verborgenen Schatz gräbt. Halbherzige, gleichgültige Arbeit wird nichts nützen. Jung und alt müssen nicht nur das Wort Gottes lesen, sondern es mit Ernst studieren, darüber beten und nach der Wahrheit forschen, wie nach einem verborgenen Schatz. Die dies tun, werden belohnt werden, denn Christus wird das Verständnis beleben. CGl 109.1

Unser Heil hängt von der Erkenntnis der in der Schrift enthaltenen Wahrheit ab und Gott wünscht, daß wir diese besitzen. Erforscht, o erforscht die köstliche Bibel mit hungrigem Herzen! Sucht im Worte Gottes wie der Bergmann die Erde durchsucht, um Goldadern zu finden. Gebt das Forschen nie auf, bis ihr euer Verhältnis zu Gott und seinen Willen in bezug auf euch erkannt habt. Christus sagte ja: “Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, auf daß der Vater geehret werde in dem Sohne. Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun.” Johannes 14,13.14. CGl 109.2

Fromme und begabte Menschen schauen bisweilen die ewigen Wirklichkeiten, ohne sie zu verstehen, denn die sichtbaren Dinge verdunkeln die Herrlichkeit der unsichtbaren Dinge. Wer nach dem verborgenen Schatz mit Erfolg suchen will, muß höhere Ziele haben als die Dinge dieser Welt. Sein ganzes Streben und alle seine Fähigkeiten müssen dem Forschen geweiht werden. CGl 109.3

Der Ungehorsam hat oft der Erkenntnis, die aus dem Worte Gottes hätte erlangt werden können, die Tür verschlossen. Erkenntnis bedeutet Gehorsam gegen Gottes Gebote. Die Heilige Schrift soll dem Vorurteil und dem Mißtrauen der Menschen nicht angepaßt werden. Sie kann nur von denen verstanden werden, die demütig nach der Erkenntnis der Wahrheit suchen, um derselben gehorchen zu können. CGl 110.1

Fragst du: was muß ich tun, daß ich selig werde? Da mußt du, ehe du mit der Untersuchung beginnst, deine vorher geformten Ansichten, deine angeborenen und anerzogenen Ideen beiseite legen. Wenn du in der Schrift suchst, um deine eigenen Ansichten bestätigt zu finden, so wirst du nie die Wahrheit erfahren. Suche in der Schrift, um zu erfahren, was der Herr sagt. Wenn du während des Suchens überzeugt wirst, wenn du siehst, daß deine bisherigen Ansichten nicht im Einklang mit der Wahrheit sind, dann deute die Wahrheit nicht so, daß sie deinem eigenen Glauben entspricht, sondern nimm das gegebene Licht an. Öffne dein Gemüt und Herz, damit du das Wunderbare im Worte Gottes erkennst. CGl 110.2

Der Glaube an Christum als den Erlöser der Welt kann nur von einem erleuchteten Verständnis, welches von einem Herzen beherrscht wird, das den himmlischen Schatz erkennen und würdigen kann, angenommen werden. Dieser Glaube ist unzertrennlich von Buße und Umbildung des Charakters. Glauben zu haben, heißt, den Evangeliumsschatz mit allen seinen Verpflichtungen zu finden und anzunehmen. CGl 110.3

“Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.” Johannes 3,3. Er kann mutmaßen, kann sich etwas vorstellen, aber er kann ohne das Auge des Glaubens den Schatz nicht sehen. Christus gab sein Leben, um uns diesen unermeßlich großen Schatz zu sichern, aber ohne Wiedergeburt durch Glauben an sein Blut gibt es keine Sündenvergebung, keinen Schatz für irgend eine dem Verderben entgegengehende Seele. CGl 110.4

Wir bedürfen der Erleuchtung des Heiligen Geistes, um die Wahrheiten des Wortes Gottes zu erkennen. Die lieblichen Dinge in der natürlichen Welt werden nicht gesehen, bis die Sonne, indem sie die Dunkelheit vertreibt, sie mit ihrem Lichte überflutet. So werden auch die Schätze des Wortes Gottes nicht gewürdigt, bis sie durch die hellen Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit offenbar werden. CGl 111.1

Der durch die Güte der ewigen Liebe vom Himmel gesandte Heilige Geist offenbart einer jeden Seele, die unbedingten Glauben an Christum hat, göttliche Dinge. Durch seine Kraft werden die lebendigen Wahrheiten, von denen das Heil der Seele abhängt, dem Gemüte eingeprägt und der Weg des Lebens so klar gemacht, daß niemand irre zu gehen braucht. Wenn wir die Heilige Schrift studieren, sollten wir um das Licht des Heiligen Geistes Gottes bitten, damit es auf das Wort scheine und wir die Schätze desselben sehen und würdigen können. CGl 111.2