Christi Gleichnisse

12/72

Auf gutes Land

Der Sämann soll nicht immer Enttäuschung erfahren. Von dem Samen, der auf gutes Land fiel, sagte der Heiland: “Das ist, wenn jemand das Wort höret und verstehet es, und dann auch Frucht bringet; und etlicher trägt hundertfältig, etlicher aber sechzigfältig, etlicher dreißigfältig.” Matthäus 13,23. “Das aber auf dem guten Land sind: die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.” Lukas 8,15. CGl 57.1

Die Menschen mit “einem feinen, guten Herzen,” von welchen das Gleichnis spricht, sind nicht Menschen mit einem Herzen ohne Sünde, denn das Evangelium soll den Verlorenen gepredigt werden. Christus sagte: “Ich bin kommen, zu rufen die Sünder zur Buße, und nicht die Gerechten.” Matthäus 2,17. Wer sich durch den Heiligen Geist überzeugen läßt, hat ein feines Herz. Er bekennt seine Schuld und fühlt, daß er der Gnade und Liebe Gottes bedürftig ist und hat den aufrichtigen Wunsch, die Wahrheit zu kennen, um ihr zu gehorchen. Das gute Herz ist ein gläubiges Herz, ein Herz, das Vertrauen in das Wort Gottes setzt. Es ist unmöglich, ohne Glauben das Wort aufzunehmen. “Wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er sei, und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde.” Hebräer 11,6. CGl 57.2

“Das aber in das gute Land gesät ist, das ist, wenn jemand das Wort höret und verstehet es.” Die Pharisäer zur Zeit Christi verschlossen ihre Augen, um nicht zu sehen, und ihre Ohren, um nicht zu hören; deshalb konnte die Wahrheit ihre Herzen nicht erreichen, und sie mußten ihrer mutwilligen Unwissenheit und ihrer selbstauferlegten Blindheit wegen die Folgen auf sich nehmen. Aber Christus lehrte seine Jünger, daß sie ihr Verständnis den Belehrungen öffnen und bereit sein sollten zu glauben. Er sprach einen Segen über sie aus, weil sie mit gläubigen Augen und Ohren sahen und hörten. CGl 57.3

Der mit dem guten Lande verglichene Hörer nimmt das Wort auf, “nicht als Menschenwort, sondern, wie es denn wahrhaftig ist, als Gottes Wort.” 1.Thessalonicher 2,13. Nur der, welcher die Heilige Schrift als die zu ihm sprechende Stimme Gottes annimmt, ist ein wahrer Lernender. Er nimmt das Wort Gottes mit Ehrfurcht auf, denn es ist ihm eine lebendige Wirklichkeit, der er sein Verständnis und sein Herz öffnet. Solche Hörer waren Kornelius und seine Freunde, welche zu dem Apostel Petrus sagten: “Nun sind wir alle hier gegenwärtig vor Gott, zu hören alles, was dir von Gott befohlen ist.” Apostelgeschichte 10,33. CGl 57.4

Die Erkenntnis der Wahrheit hängt nicht so viel von der Größe der Fassungskraft wie von der Lauterkeit der Absicht, der Einfachheit eines ernsten, sich auf Gott verlassenden Glaubens ab. Solchen, die in Herzensdemut göttliche Führung suchen, nahen sich die Engel Gottes, und der Heilige Geist eröffnet ihnen die reichen Schätze der Wahrheit. CGl 58.1

Die mit dem guten Lande verglichenen Hörer behalten das Wort, wenn sie es gehört haben, und Satan mit all seinen höllischen Werkzeugen ist nicht imstande, es ihnen fortzunehmen. CGl 58.2

Es genügt nicht, das Wort nur zu hören oder zu lesen. Wer wünscht, daß die Heilige Schrift ihm etwas nützen soll, der muß über die ihm vorgeführte Wahrheit nachdenken, muß unter Gebet und mit großer Aufmerksamkeit die Bedeutung der Worte der Wahrheit zu erkennen suchen und muß in tiefen Zügen den Sinn des heiligen Wortes aufnehmen. CGl 58.3

Gott wünscht, daß wir uns mit erhabenen, lauteren Gedanken beschäftigen, über seine Liebe und seine Barmherzigkeit nachdenken und sein wunderbares Wirken im großen Erlösungsplan studieren. Dann wird uns die Wahrheit immer klarer und unser Wunsch nach Herzensreinheit und Gedankenklarheit höher und heiliger werden. Die in der reinen Atmosphäre heiliger Gedanken wohnende Seele wird durch den Verkehr mit Gott, im Studium der Heiligen Schrift, umgebildet werden. CGl 58.4

“Und bringen Frucht.” Diejenigen, welche nachdem sie das Wort gehört haben, es bewahren, werden in Gehorsam Frucht bringen; das in die Seele aufgenommene Wort Gottes wird sich in guten Werken offenbaren. Das Ergebnis wird in einem Christo ähnlichen Leben und Charakter gesehen werden. Christus sagte von sich selbst: “Deinen Willen, mein Gott, tu ich gern, und dein Gesetz hab ich in meinem Herzen.” Psalm 40,9. “Ich suche nicht meinen Willen, sondern des Vaters Willen, der mich gesandt hat.” Johannes 5,30. Und die Schrift sagt: “Wer da saget, daß er in ihm bleibet, der soll auch wandeln, gleichwie er gewandelt hat.” 1.Johannes 2,6. CGl 59.1

Das Wort Gottes steht oft im Widerspruch mit den angeerbten und anerzogenen Charakterzügen und den Gewohnheiten des täglichen Lebens der Menschen. Aber der mit dem guten Lande verglichene Hörer nimmt das Wort mit allen Bedingungen und Forderungen an und macht seine Gewohnheiten und Gebräuche dem Worte Gottes untertan. In seinen Augen werden die Gebote sterblicher, irrender Menschen neben dem Worte des unendlichen Gottes vollkommen wertlos. Von ganzem Herzen, mit ungeteiltem Streben verlangt er nach dem ewigen Leben, wenn es auch Verluste, Verfolgungen oder gar selbst den Tod verursache: er will doch der Wahrheit gehorchen. CGl 59.2

Er bringt “Frucht in Geduld”. Niemand, der das Wort Gottes aufnimmt, entgeht Schwierigkeiten und Prüfungen; aber wenn die Trübsal kommt, gerät der wahre Christ nicht in Unruhe, Mißtrauen oder Verzweiflung. Selbst wenn er das Ende seiner Schwierigkeiten nicht sehen oder die Absicht, die Gott mit ihm hat, nicht erkennen kann, wird er sein Vertrauen nicht wegwerfen, sondern, der Liebe und Gnade des Herrn gedenkend, seine Sorgen auf ihn werfen und mit Geduld auf sein Heil warten. CGl 59.3

Durch Kampf wird das geistliche Leben gestärkt. Gut bestandene Prüfungen werden Standhaftigkeit des Charakters und köstliche, geistliche Tugenden entwickeln. Die vollkommene Frucht des Glaubens, der Sanftmut und der Liebe reift oft in Sturmeswolken und in der Finsternis am besten. CGl 60.1

“Ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde, und ist geduldig darüber, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen.” Jakobus 5,7. So soll auch der Christ mit Geduld auf die in seinem Leben sich zeigende Frucht des Wortes Gottes warten. Oft erhört Gott, wenn wir ihn um die Gaben des Heiligen Geistes bitten, unsere Gebete, indem er uns in Umstände bringt, welche diese Früchte entwickeln; aber wir verstehen seine Absicht nicht, wundern uns deshalb darüber und werden niedergeschlagen oder erschreckt. Und doch kann niemand diese Gnadengaben entwickeln, es sei denn durch Wachstum und Fruchtbringen. Unsere Aufgabe ist es, das Wort Gottes anzunehmen, es fest zu halten und uns vollständig seiner Herrschaft zu unterwerfen; dann wird es seinen Zweck in uns erreichen. CGl 60.2

“Wer mich liebet,” sagte Christus, “der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen, und Wohnung bei ihm machen.” Johannes 14,23. Die Kraft eines stärkeren, eines vollkommenen Willens wird uns regieren, weil wir eine lebendige Verbindung mit der Quelle der alles ertragenden Kraft haben. In unserem göttlichen Leben werden wir unter die Oberherrschaft Jesu Christi gebracht werden; das gewöhnliche Leben der Selbstsucht hört auf, denn Christus lebt in uns. Sein Charakter wird sich in unserer Natur offenbaren und wir werden die Früchte des Heiligen Geistes darbringen — “etliche dreißigfältig, und etliche sechzigfältig, und etliche hundertfältig.” CGl 60.3

*****