Erfahrungen und Gesichte sowie Geistliche Gaben

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Erfahrungen und Gesichte

Auf die Bitte lieber Freunde hin habe ich mich entschlossen, einen kurzen Abriß meiner Erfahrungen und Gesichte zu geben, in der Hoffnung, daß es die demütigen Kinder Gottes trösten und stärken wird: EG 9.1

Im Alter von 11 Jahren wurde ich erweckt, und als ich 12 Jahre alt war, wurde ich getauft und ein Glied der Methodistenkirche. In meinem dreizehnten Jahre hörte ich die zweite Reihe von Vorträgen, die Br. Müller in Portland, Maine, hielt. Ich fühlte, daß ich nicht heilig und bereit sei, Jesus zu begegnen. Als die Einladung an Gemeindeglieder und Sünder erging, nach vorne zu kommen, um für sich beten zu lassen, ergriff ich die erste Gelegenheit, denn ich wußte, daß ein großes Werk für mich getan werden müßte, um mich für den Himmel bereit zu machen. Meine Seele dürstete nach vollkommener Heilung, ich wußte aber nicht, wie ich sie erlangen könne. EG 9.2

Im Jahre 1842 wohnte ich beständig den Versammlungen über die Wiederkunft Christi in Portland, Maine, bei und glaubte fest, daß der Herr bald komme. Ich hungerte und dürstete nach wahrer Heiligung und einer vollständigen Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Tag und Nacht rang ich, um diesen kostbaren Schatz zu erlangen, den alle Reichtümer nicht erkaufen können. Als ich im Gebet vor Gott gebeugt lag und um diesen Segen bat, trat die Pflicht vor mich, in einer öffentlichen Gebetsversammlung zu beten. Ich hatte noch niemals laut in einer Versammlung gebetet und schrak vor der Pflicht zurück, denn ich fürchtete, verwirrt zu werden, wenn ich versuchen würde, zu beten. Immer, wenn ich in stillem Gebet vor den Herrn kam, trat diese unerfüllte Pflicht vor mich, bis ich im Beten nachließ und einem Zustand von Mutlosigkeit und schließlich tiefer Hoffnungslosigkeit sank. EG 9.3

In diesem Gemütszustand verblieb ich drei Wochen lang, ohne einen Lichtstrahl, der die dicken Wolken um mich herum zerteilt hätte. Dann hatte ich zwei Träume, welche mir etwas Licht und Hoffnung gaben, worauf ich mich meiner Mutter anvertraute. Sie sagte mir, daß ich nicht verloren sei, und riet mir, zu Bruder Stockman zu gehen, welcher den Adventgläubigen in Portland predigte. Ich hatte großes Vertrauen zu ihm, denn er war ein demütiger und geliebter Jünger Christi. Seine Worte ermutigten mich und ließen mich wieder hoffen. Ich kehrte nach Hause zurück, beugte mich wieder vor dem Herrn und versprach, daß ich alles tun und leiden wolle, wenn ich nur das Wohlgefallen Jesu wieder habe. Die selbe Pflicht trat wieder vor mich. An diesem Abend war eine Gebetsversammlung, der ich beiwohnte, und als die anderen zum Gebet niederknieten, beugte ich mich zitternd mit ihnen, und nachdem zwei oder drei gebetet hatten, öffnete ich meinen Mund im Gebet, ehe ich es selbst wollte. Die Verheißungen Gottes erschienen mir gleich vielen köstlichen Perlen, welche auf das einfache Bitten hin zu erlangen waren. Als ich betete, verließ mich die Last und Qual meiner Seele, die ich so lange erduldet hatte, und der Segen des Herrn kam gleich einem milden Tau über mich. Ich gab dem Herrn die Ehre dafür, aber ich verlangte noch mehr. Ich konnte nicht zufrieden sein, bis ich die Fülle Gottes hatte. Unaussprechliche Liebe zu Jesus erfüllte meine Seele. Woge nach Woge der Herrlichkeit rollten über mich, bis mich meine körperliche Kraft verließ. Alles, außer Jesus und seiner Herrlichkeit versank vor mir, und ich wußte nichts von dem, was um mich herum vorging. EG 10.1

In diesem Zustand verblieb ich längere Zeit, und als ich wieder auf meine Umgebung achtete, schien mir alles verändert. Alles sah neu und herrlich aus, als wenn es Gott lobe und preise. Dann war ich willig, Jesum allenthalben zu bekennen. Sechs Monate lang verdunkelte keine Wolke mein Gemüt, und meine Seele trank täglich reiche Züge der Seligkeit. Ich dachte, daß diejenigen, die Jesum liebten, auch sein Kommen lieben müßten, und deshalb ging ich zur Klassenversammlung und erzählte dort, was Jesus für mich getan habe, und welche Fülle der Freude mir durch den Glauben an das baldige Kommen des Herrn zuteil geworden sei. Der Klassenleiter unterbrach mich mit den Worten: “Durch den Methodismus,” aber ich konnte dem Methodismus nicht die Ehre geben, da es Christus und die Hoffnung auf sein baldiges Kommen war, was mich frei gemacht hatte. EG 10.2

Unsere ganze Familie glaubte an das Kommen des Herrn und legte Zeugnis von dieser herrlichen Lehre ab; sieben von uns wurden deshalb gleichzeitig aus der Methodistenkirche ausgeschlossen. In dieser Zeit wurden uns die Worte des Propheten köstlich: “Eure Brüder, die euch hassen und sondern euch ab um meines Namens willen, sprechen: ‘Lasset sehen, wie herrlich der Herr sei, lasset ihn erscheinen zu eurer Freude,’ die sollen zu Schanden werden.” Jesaja 66,5. EG 11.1

Von dieser Zeit an bis zum Dezember 1844 waren meine Freuden, Arbeiten und Enttäuschungen gleich denen meiner lieben Adventsfreunde. Zu der Zeit besuchte ich eine unserer Schwestern, und des Morgens beugten wir uns an dem Familienaltar. Es war keine besondere Gelegenheit, und wir waren nur fünf Schwestern. Während des Gebetes kam die Kraft Gottes über mich wie nie zuvor, und ich wurde in einem Gesicht zu der Herrlichkeit Gottes entrückt. Ich schien immer höher von der Erde zu steigen und sah einiges von der Reise der Adventisten nach der heiligen Stadt was im folgenden noch näher erzählt wird. EG 11.2