In den Fußspuren des großen Arztes

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Unterwerfung unter Gottes Willen

Beim Gebet für die Kranken sollte man daran gedenken, daß “wir nicht wissen, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt.” Römer 8,26. Wir wissen nicht, ob der erwünschte Segen das Beste sein wird oder nicht. Deshalb sollten unsre Gebete diesen Gedanken einschließen: “Herr, du kennst jedes Geheimnis der Seele, du bist bekannt mit diesen Personen. Jesus, ihr Fürsprecher, gab sein Leben für sie; seine Liebe für dieselben ist größer als unsere Liebe sein kann. Wenn es deshalb zu deiner Ehre und zum Guten der Kranken gereicht, so bitten wir im Namen Jesu, daß sie gesund werden möchten. Wenn es nicht dein Wille ist, daß sie wiederhergestellt werden, so bitten wir, daß deine Gnade sie trösten und deine Gegenwart sie in ihren Leiden unterstützen möge.” FA 233.2

Gott weiß das Ende vom Anbeginn, er ist mit den Herzen aller Menschen bekannt. Er kann jedes Geheimnis der Seele lesen. Er weiß, ob diejenigen, für welche Gebete dargebracht werden, imstande sind oder nicht, die Prüfungen zu erdulden, welche über sie kommen werden, wenn sie am Leben bleiben. Er weiß, ob ihr Leben für sie selbst und für die Welt ein Segen oder ein Fluch sein wird. Aus diesem Grunde sollten wir, während wir mit Ernst unsere Bitten vorbringen, sagen: “Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.” Lukas 22,42. Jesus fügte diese Worte der Unterwerfung unter die Weisheit und den Willen Gottes hinzu, als er im Garten Gethsemane betete: “Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch von mir.” Matthäus 26,39. Und wenn sie für ihn, den Sohn Gottes, passend waren, wieviel mehr sind sie den Lippen sterblicher irrender Menschen angepaßt! FA 233.3

Der folgerichtige Weg ist, unsre Wünsche unserem allweisen himmlischen Vater zu übergeben und ihm dann in vollkommener Hingabe alles anzuvertrauen. Wir wissen, daß Gott uns hört, wenn wir nach seinem Willen bitten. Aber mit unsren Bitten ohne einen unterwürfigen Geist drängen, ist nicht recht; unsere Gebete dürfen nicht die Form eines Befehls, sondern der Bitte haben. FA 234.1

Es gibt Fälle, wo Gott entschieden durch seine göttliche Macht zur Wiederherstellung der Gesundheit wirkt, aber nicht alle Kranken werden geheilt. Viele werden in Jesu zur Ruhe gelegt. Johannes wurde auf der Insel Patmos geboten zu schreiben: “Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.” Offenbarung 14,13. Hieraus sehen wir, daß, wenn Personen nicht wieder gesund werden, man deshalb nicht denken sollte, daß es ihnen an Glauben fehlt. FA 234.2

Wir alle wünschen auf unsere Gebete eine unverzügliche und direkte Antwort und sind geneigt, entmutigt zu werden, wenn sich die Antwort verzögert oder in anderer Form kommt als wir erwarteten. Aber Gott ist zu weise und zu gütig, unsere Gebete stets gerade zu der Zeit und gerade auf die Weise zu beantworten, wie wir es wünschen. Er will mehr und Besseres für uns tun als alle unsere Wünsche zu erfüllen. Und weil wir seiner Weisheit und Liebe vertrauen können, sollten wir ihn nicht bitten, nach unserem Willen zu geben, sondern sollten versuchen, in seine Absicht einzudringen und sie zu erfüllen. Unsere Wünsche und Interessen sollten in seinem Willen aufgehen. FA 234.3

Diese Erfahrungen, welche den Glauben prüfen, dienen zu unsrem Besten. Dadurch wird es offenbar, ob unser Glaube wahrhaftig und aufrichtig ist, ob er auf dem Worte Gottes allein ruht, oder ob er von Umständen abhängt und deshalb unsicher und veränderlich ist. Der Glaube wird durch Übung gestärkt. Wir müssen die Geduld ein vollkommenes Werk tun lassen, indem wir daran gedenken, daß die Schrift köstliche Verheißungen für diejenigen enthält, die auf den Herrn warten. FA 234.4

Nicht alle verstehen diese Grundsätze. Viele, welche des Herrn heilende Gnade suchen, denken, daß sie eine direkte und unverzügliche Antwort auf ihre Gebete erhalten müssen oder ihr Glaube sei mangelhaft. Aus diesem Grunde sollte man solche, die durch Krankheit geschwächt sind, in aller Weisheit darüber aufklären, damit sie vorsichtig handeln. Sie sollten nicht ihre Pflicht gegen ihre Freunde, die sie überleben mögen, mißachten, oder es vernachlässigen, natürliche Mittel zur Wiederherstellung der Gesundheit anzuwenden. FA 235.1

Hier liegt oft eine Gefahr des Irrtums. Indem sie glauben, daß sie durch Gebet geheilt werden, fürchten sich manche, irgend etwas zu tun, was wie ein Mangel an Glauben aussehen könnte. Aber sie sollten nicht vernachlässigen, ihre Angelegenheiten zu ordnen, wie sie es tun würden, wenn sie erwarteten, durch den Tod weggerafft zu werden. Sie sollten sich auch nicht fürchten, Worte der Ermutigung oder des Rates zu sprechen, welche sie in der Abschiedsstunde an ihre Geliebten richten möchten. FA 235.2