Der große Kampf

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Untreue und Abfall in der Christenheit

Kapitel 1: Die Zerstörung Jerusalems

Vom Gipfel des Ölberges herab schaute Jesus auf Jerusalem. Lieblich und friedvoll breitete sich die Landschaft vor ihm aus. Es war die Zeit des Passahfestes, und aus allen Ländern hatten sich die Kinder Jakobs versammelt, um dies große Nationalfest zu feiern. Inmitten von Gärten, Weinbergen und grünen, mit Zelten der Pilger übersäten Abhängen erhoben sich die terrassenförmig abgestuften Hügel, die stattlichen Paläste und massiven Bollwerke der Hauptstadt Israels. Die Tochter Zion schien in ihrem Stolz zu sagen: “Ich sitze als Königin ..., und Leid werde ich nicht sehen.” Offenbarung 8,7. Sie war so anmutig und wähnte sich der Gunst des Himmels sicher wie ehedem, als der königliche Sänger ausrief: “Schön ragt, empor der Berg Zion, des sich das ganze Land tröstet; ... die Stadt des großen Königs.” Psalm 48,3. Unmittelbar vor ihm lagen die prächtigen Gebäude des Tempels. Die Strahlen der sinkenden Sonne ließen das schneeige Eis seiner marmornen Mauern aufblitzen und leuchteten von dem goldenen Tor, dem Turm und der Zinne wider. In vollendeter Schönheit stand Zion da, der Stolz der jüdischen Nation. Welches Kind Israels konnte dieses Bild ohne Freude und Bewunderung betrachten! Doch Jesus dachte an etwas ganz anderes. “Als er nahe hinzukam, sah er die Stadt an und weinte über sie.” Lukas 19,41. GK 17.1

In der allgemeinen Freude des triumphierenden Einzuges, während Palmzweige ihm entgegenwehten, fröhliche Hosiannarufe von den Hügeln widerhallten und Tausende von Stimmen ihn zum König ausriefen, überwältigte den Welterlöser ein plötzlicher und geheimnisvoller Schmerz. Der Sohn Gottes, der Verheißene Israels, dessen Macht den Tod besiegt und seine Gefangenen aus den Gräbern hervorgerufen hatte, weinte — keine Tränen gewöhnlichen Wehs, sondern Tränen eines unaussprechlichen, seelischen Schmerzes. GK 17.2

Christi Tränen flossen nicht um seinetwillen, obgleich er genau wußte, wohin sein Weg ihn führte. Vor ihm lag Gethsemane, der Schauplatz seines bevorstehenden Leidens. Das Schaftor, durch das seit Jahrhunderten die Schlachtopfer geführt worden waren, und das sich auch vor ihm auftun sollte, wenn er wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt würde, war ebenfalls zu sehen. Jesaja 53,7. Nicht weit davon lag Golgatha, die Stätte der Kreuzigung. Auf den Pfad, den er bald zu betreten hatte, mußten die Schatten tiefer Finsternis fallen, da Christus seine Seele zu einem Sühnopfer für die Sünde geben sollte. Doch es war nicht der Anblick dieser Schauplätze, der in dieser Stunde allgemeiner Fröhlichkeit Schatten auf ihn warf. Keinerlei Ahnungen von seiner eigenen übermenschlichen Angst trübten das selbstlose Gemüt. Er beweinte das Los der Tausende in Jerusalem, die Blindheit und Unbußfertigkeit derer, die zu segnen und zu retten er gekommen war. GK 18.1

“Wenn doch auch du erkenntest zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient! Aber nun ist’s vor deinen Augen verborgen. Denn es wird die Zeit über dich kommen, daß deine Feinde werden um dich und deine Kinder mit dir eine Wagenburg schlagen, dich belagern und an allen Orten ängsten; und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen, darum daß du nicht erkannt hast die Zeit, darin du heimgesucht bist.” Lukas 19,42-44. GK 18.2

Die Geschichte der besonderen Gunst und Fürsorge Gottes, die er seit über tausend Jahren dem auserwählten Volk bekundet hatte, lag offen vor den Blicken Jesu. Dort erhob sich der Berg Morija, auf dem der Sohn der Verheißung, ein ergebenes Opfer, auf dem Altar gebunden worden war (1.Mose 22,9) — ein Sinnbild des Opferweges des Sohnes Gottes. Dort war der Bund des Segens, die glorreiche messianische Verheißung, dem Vater der Gläubigen bestätigt worden. 1.Mose 22,16-18. Dort hatten die gen Himmel aufsteigenden Flammen des Opfers auf der Tenne Ornans das Schwert des Würgeengels abgewandt (1.Chronik 21) — ein passendes Symbol von des Heilandes Opfer für die schuldigen Menschen. Jerusalem war von Gott vor der ganzen Erde geehrt worden. Der Herr hatte “Zion erwählt”, er hatte “Lust, daselbst zu wohnen”. Psalm 132,13. Dort hatten die heiligen Propheten jahrhundertelang ihre Warnungsbotschaften verkündigt. Die Priester hatten ihre Rauchnäpfe geschwungen, und der Weihrauch war mit den Gebeten der Frommen zu Gott aufgestiegen. Auf diesem Berg hatte man täglich das Blut der geopferten Lämmer, die auf das Lamm Gottes hinwiesen, dargebracht. Dort hatte der Herr in der Wolke der Herrlichkeit über dem Gnadenstuhl seine Gegenwart offenbart. Dort hatte der Fuß jener geheimnisvollen Leiter geruht, die die Erde mit dem Himmel verband (1.Mose 28,12; Johannes 1,51) — jener Leiter, auf der die Engel Gottes auf- und niederstiegen und die der Welt den Weg in das Allerheiligste öffnete. Hätte Israel als Nation dem Himmel seine Treue bewahrt, so würde Jerusalem, die auserwählte Stadt Gottes, ewig gestanden haben. Jeremia 17,21-25. Aber die Geschichte jenes bevorzugten Volkes war ein Bericht über Abtrünnigkeit und Empörung. Es hatte sich der Gnade des Himmels widersetzt und die ihm gestellte Aufgabe mißachtet. GK 18.3

Die Israeliten “spotteten der Boten Gottes und verachteten seine Worte und äfften seine Propheten” (2.Chronik 36,15.16), und doch hatte Gott sich ihnen immer noch als der “Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue” (2.Mose 34,6) erwiesen. Ungeachtet wiederholter Zurückweisungen war ihnen immer wieder seine Gnade nachgegangen. Mit mehr als väterlicher, mitleidsvoller Liebe für das Kind seiner Fürsorge sandte Gott “zu ihnen durch seine Boten früh und immerfort; denn er schonte seines Volks und seiner Wohnung”. 2.Chronik 36,15. Nachdem alle Ermahnungen, Bitten und Zurechtweisungen erfolglos geblieben waren, sandte er ihnen die beste Gabe des Himmels, ja, er schüttete den ganzen Himmel in jener einen Gabe über sie aus. GK 19.1

Der Sohn Gottes selbst wurde gesandt, um die unbußfertige Stadt zur Umkehr zu bewegen. War es doch Christus, der Israel als einen guten Weinstock aus Ägypten geholt hatte. Psalm 80,9. Seine eigene Hand hatte die Heiden vor ihm her ausgetrieben. Den Weinstock pflanzt er “an einen fetten Ort”. In seiner Fürsorge baute er einen Zaun um ihn herum und sandte seine Knechte aus seinen Weinstock zu pflegen. “Was wollte man doch mehr tun an meinem Weinberge, daß ich nicht getan habe?”, ruft er aus. Doch als er “wartete, daß er Tauben brächte”, hat er “Herlinge gebracht”. Jesaja 5,1-4. Dennoch kam er mit einer noch immer sehnsüchtigen Hoffnung auf Fruchtbarkeit persönlich in seinen Weinberg, damit dieser, wenn möglich, vor dem Verderben bewahrt bliebe. Er lockerte die Erde um den Weinstock herum; er beschnitt und pflegte ihn. Unermüdlich wahren seine Bemühungen, diesen mit eigenen Händen gepflanzten Weinstock zu retten. GK 19.2

Drei Jahre lang war der Herr des Lichts und der Herrlichkeit unter seinem Volk ein- und ausgegangen. Er war umhergezogen und hatte wohlgetan und gesund gemacht alle, die vom Teufel überwältigt waren; er hatte die zerstoßenen Herzen geheilt, die Gefangenen befreit, die Blinden sehend gemacht. Er hieß die Lahmen gehen und die Tauben hören, er reinigte die Aussätzigen, weckte die Toten auf und verkündigte den Armen das Evangelium. Apostelgeschichte 10,38; Lukas 4,18; Matthäus 11,5. Allen Menschen ohne Unterschied galt die gnadenreiche Einladung: “Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.” Matthäus 11,28. GK 20.1

Obgleich ihm Gutes mit Bösem und Liebe mit Haß belohnt wurde (Psalm 109,5), war er doch unverwandt seiner Mission der Barmherzigkeit nachgegangen. Nie waren die Menschen abgewiesen worden, die seine Gnade gesucht hatten. Selbst ein heimatloser Wanderer, dessen tägliches Teil Schmach und Entbehrung hieß, hatte er gelebt, um den Bedürftigen zu dienen, das Leid der Menschen zu lindern und Seelen zur Annahme der Gabe des Lebens zu bewegen. Wenn sich auch die Wogen der Gnade an widerspenstigen Herzen brachen, sie kehrten mit einer noch stärkeren Flut mitleidsvoller, unaussprechlicher Liebe zurück. Aber Israel hatte sich von seinem besten Freund und einzigen Helfer abgewandt, hatte die Mahnungen seiner Liebe verachtet, seine Ratschläge verschmäht, seine Warnungen verlacht. GK 20.2

Die Stunde der Hoffnung und der Gnade neigte sich dem Ende zu; die Schale des lange zurückgehaltenen Zornes Gottes war nahezu gefüllt. Die nunmehr unheildrohende Wolke, die sich in den Jahren des Abfalls und der Empörung gebildet hatte, war im Begriff, sich über ein schuldiges Volk zu entladen. Der allein sie vor dem bevorstehenden Schicksal hätte bewahren können, war verachtet, mißhandelt, verworfen worden und sollte bald gekreuzigt werden. Christi Kreuzestod auf Golgatha würde Israels Zeit als einer von Gott begünstigten und gesegneten Nation beenden. Der Verlust auch nur einer Seele ist ein Unglück, das unendlich schwerer wiegt als die Vorteile und Reichtümer der Welt. Als Christus auf Jerusalem blickte, sah er das Schicksal einer ganzen Stadt, einer ganzen Nation vor seinem inneren Auge abrollen — jener Stadt, jener Nation, die einst die Auserwählte Gottes, sein ausschließliches Eigentum gewesen war. GK 20.3

Propheten hatten über den Abfall der Kinder Israel und über die schrecklichen Verwüstungen, die ihre Sünden heraufbeschworen, geweint. Jeremia wünschte, daß seine Augen Tränenquellen wären, um Tag und Nacht die Erschlagenen der Tochter seines Volkes und des Herrn Herde, die gefangengenommenen worden war, beweinen zu können. Jeremia 8,23; Jeremia 13,17. Welchen Schmerz muß da Christus empfunden haben, dessen prophetischer Blick nicht Jahre, sondern ganze Zeitalter umfaßte! Er sah den Würgeengel mit dem gegen die Stadt erhobenen Schwert, die so lange Wohnstätte des Höchsten gewesen war. Von der Spitze des Ölberges, von derselben Stelle, die später von Titus und seinem Heer besetzt wurde, schaute er über das Tal auf die heiligen Höfe und Säulenhallen, und vor seinem tränenumflorten Auge tauchte eine schreckliche Vision auf: die Stadtmauern waren von einem feindlichen Heer umzingelt. Er hörte das Stampfen der sich sammelnden Horden, vernahm die Stimme der in der belagerten Stadt nach Brot schreienden Mütter und Kinder. Er sah ihren heiligen, prächtigen Tempel, die Paläste und Türme den Flammen preisgegeben, und dort, wo diese Bauwerke sich einst erhoben, schaute er nur einen rauchenden Trümmerhaufen. GK 21.1

Den Zeitenfluß überblickend, sah er das Bundesvolk in alle Länder zerstreut wie Schiffbrüchige an einem öden Strand. In der irdischen Vergeltung, die sich anschickte, seine Kinder heimzusuchen, sah er die ersten Tropfen aus jener Zornesschale, die sie beim Gericht bis zur Neige leeren müssen. Sein göttliches Erbarmen und seine mitleidsvolle Liebe fanden ihren Ausdruck in den klagenden Worten: “Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt!” Matthäus 23,37. Oh, hättest, du, das vor allen andern bevorzugte Volk, die Zeit deiner Heimsuchung und das, was zu deinem Frieden diente, erkannt! Ich habe den Engel des Gerichts aufgehalten, ich habe dich zur Buße gerufen, aber umsonst. Nicht nur Knechte, Boten und Propheten hast du abgewiesen, auch den Heiligen Israels, deinen Erlöser, hast du verworfen. Wenn du vernichtet wirst, so bist du allein dafür verantwortlich. “Ihr wollt nicht zu mir kommen, daß ihr das Leben haben möchtet.” Johannes 5,40. GK 21.2

Christus sah in Jerusalem ein Sinnbild der in Unglauben und Empörung verhärteten Welt, die dem vergeltenden Gericht Gottes entgegen eilt. Die Leiden eines gefallenen Geschlechtes bedrückten seine Seele, und seinen Lippen entrang sich jener außerordentlich bittere Aufschrei. Er sah im menschlichen Elend, in Tränen und Blut die Spuren der Sünde, sein Herz wurde von unendlichem Mitleid mit den Bedrängten und Leidenden auf dieser Erde bewegt; er sehnte sich danach, ihnen allen Erleichterung zu verschaffen. Aber selbst seine Hand konnte nicht die Flut menschlichen Elends abwenden; denn nur wenige würden die Quelle ihrer einzigen Hilfe suchen. Er war bereit, in den Tod zu gehen, um ihnen die Erlösung zu ermöglichen; aber nur wenige kämen zu ihm, um das Leben zu ererben. GK 22.1

Die Majestät des Himmels in Tränen! Der Sohn des ewigen Gottes niedergebeugt von Seelenangst! Dieser Anblick setzte den ganzen Himmel in Erstaunen. Jene Szene offenbart uns die überaus große Verderbtheit der Sünde; sie zeigt, welch eine schwere Aufgabe es selbst für die göttliche Allmacht ist, die Schuldigen von den Folgen der Übertretung des Gesetzes zu retten. Auf das letzte Geschlecht herabblickend, sah Jesus die Welt von einer Täuschung befallen, ähnlich der, die zur Zerstörung Jerusalems führen sollte. Die große Sünde der Juden war die Verwerfung Christi; das große Vergehen der christlichen Welt wäre die Verwerfung des Gesetzes Gottes, der Grundlage seiner Regierung im Himmel und auf Erden. Die Gebote des Herrn würden verachtet und verworfen werden. Millionen Menschen in den Banden der Sünden, Sklaven Satans, verurteilt, den ewigen Tod zu erleiden, würden sich in den Tagen ihrer Heimsuchung weigern, auf die Worte der Wahrheit zu lauschen. Schreckliche Blindheit; seltsame Verblendung! GK 22.2

Als Christus zwei Tage vor dem Passahfest zum letztenmal den Tempel verließ, wo er die Scheinheiligkeit der jüdischen Obersten bloßgestellt hatte, ging er abermals mit seinen Jüngern nach dem Ölberg und setzte sich mit ihnen auf einen grasbewachsenen Abhang, von dem man die Stadt gut überblicken konnte. Noch einmal schaute er auf ihre Mauern, Türme und Paläste; noch einmal betrachtete er den Tempel in seiner blendenden Pracht, dieses Diadem der Schönheit, das den heiligen Berg krönte. GK 23.1

1000 Jahre zuvor war die Güte Gottes gegenüber Israel von dem Psalmisten gepriesen worden, weil er ihr heiliges Haus zu seiner Wohnstätte gemacht hatte: “Zu Salem ist sein Gezelt, und seine Wohnung zu Zion.” Er “erwählte den Stamm Juda, den Berg Zion, welchen er liebte, und baute sein Heiligtum hoch, wie die Erde, die ewiglich fest stehen soll”. Psalm 76,3; Psalm 78,68.69. Der erste Tempel war in der Glanzzeit der Geschichte Israels errichtet worden. Große Vorräte an Schätzen hatte einst zu diesen Zweck König David angesammelt. Die Baupläne waren durch göttliche Eingebung entworfen worden. 1.Chronik 28,12.19. Salomo, der weiseste der Herrscher Israels, hatte das Werk vollendet. Dieser Tempel war das herrlichste Gebäude, das die Welt je gesehen hatte, doch der Herr erklärte durch den Propheten Haggai betreffs des zweiten Tempels: “Es soll die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer werden, denn des ersten gewesen ist.” “Ja, alle Heiden will ich bewegen. Da soll dann kommen aller Heiden Bestes; und ich will dies Haus voll Herrlichkeit machen, spricht der Herr Zebaoth.” Haggai 2,9.7. GK 23.2

Nach der Zerstörung des Tempels durch Nebukadnezar wurde er von 520 bis 560 v. Chr. wieder erbaut von einem Volk, daß aus einer ein Menschenleben währenden Gefangenschaft in ein verwüstetes und nahezu verlassenes Land zurückgekehrt war. Darunter befanden sich bejahrte Männer, die die Herrlichkeit des salomonischen Tempels gesehen hatten und nun bei der Grundsteinlegung des neuen Gebäudes weinten, daß es so sehr hinter dem ersten zurückstehen müsse. Das damals herrschende Gefühl wird von dem Propheten eindringlich beschrieben: “Wer ist unter euch übriggeblieben, der dies Haus in seiner vorigen Herrlichkeit gesehen hat? und wie seht ihr’s nun an? Ist’s nicht also, es dünkt euch nichts zu sein?” Haggai 2,3; Esra 3,12. Dann wurde die Verheißung gegeben, daß die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer sein sollte denn die des vorigen. GK 23.3

Der zweite Tempel erreichte jedoch weder die Großartigkeit des ersten, noch wurde er durch jene sichtbaren Zeichen der göttlichen Gegenwart geheiligt, die dem ersten Tempel eigen waren. Keine übernatürliche Macht offenbarte sich bei seiner Einweihung; die Wolke der Herrlichkeit erfüllte nicht das neuerrichtete Heiligtum; kein Feuer fiel vom Himmel hernieder, um das Opfer auf dem Altar zu verzehren. Die Herrlichkeit Gottes thronte nicht mehr zwischen den Cherubim im Allerheiligsten; die Bundeslade, der Gnadenstuhl und die Gesetzestafeln wurden nicht darin gefunden. Keine Stimme erscholl vom Himmel, um dem fragenden Priester den Willen des Höchsten kundzutun. GK 24.1

Jahrhundertelang versuchten die Juden vergebens zu zeigen, inwiefern jene durch Haggai ausgesprochene Verheißung Gottes erfüllt worden war. Stolz und Unglauben verblendeten jedoch ihren Geist, so daß sie die wahre Bedeutung der Worte des Propheten nicht verstehen konnten. Der zweite Tempel wurde nicht durch die Wolke der Herrlichkeit des Herrn geehrt, sondern durch die lebendige Gegenwart des Einen, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte — der selbst Gott war, offenbart im Fleisch. Als der Mann von Nazareth in den heiligen Vorhöfen lehrte und heilte, war er tatsächlich als “aller Heiden Bestes” zu seinem Tempel gekommen. Durch die Gegenwart Christi, und nur dadurch, übertraf der zweite Tempel die Herrlichkeit des ersten. Aber Israel stieß die angebotene Gabe des Himmels von sich. Mit dem demütigen Lehrer, der an jenem Tage durch das goldene Tor hinausging, wich die Herrlichkeit für immer vom Tempel, und damit waren die Worte des Heilandes schon erfüllt: “Siehe euer Haus soll euch wüst gelassen werden.” Matthäus 23,38. GK 24.2

Die Jünger waren bei Jesu Prophezeiung von der Zerstörung des Tempels mit Scheu und Staunen erfüllt worden, und sie wünschten, daß er ihnen die Bedeutung seiner Worte erläuterte. Reichtum, Arbeit und Baukunst waren über 40 Jahre lang in freigebiger Weise zur Verherrlichung des Tempels eingesetzt worden. Herodes der Große hatte dafür sowohl römischen Reichtum als auch jüdische Schätze dafür aufgewandt, und sogar der römische Kaiser hatte ihn mit seinen Geschenken bereichert. Massive Blöcke weißen Marmors von geradezu unwahrscheinlicher Größe, zu diesem Zweck aus Rom herbeigeschafft, bildeten einen Teil seines Baues; und darauf lenkten die Jünger die Aufmerksamkeit ihres Meisters, als sie sagten: “Meister, siehe, welche Steine und welch ein Bau ist das!” Markus 13,1. GK 24.3

Auf diese Worte gab Jesus die erste und bestürzende Erwiderung: “Wahrlich ich sage euch: Es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde.” Matthäus 24,2. GK 25.1

Die Jünger verbanden mit der Zerstörung Jerusalems die Ereignisse der persönlichen Wiederkunft Christi in zeitlicher Herrlichkeit, um den Thron des Weltreiches einzunehmen, die unbußfertigen Juden zu strafen und das römische Joch zu zerbrechen. Der Herr hatte ihnen gesagt, daß er wiederkommen werde; deshalb richteten sich ihre Gedanken bei der Erwähnung der göttlichen Strafgerichte über Jerusalem auf jene Wiederkunft. Und als sie auf dem Ölberg um den Heiland versammelt waren, fragten sie ihn: “Sage uns, wann wird das geschehen? Und welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und des Endes der Welt?” Matthäus 24,3. GK 25.2

Die Zukunft war den Jüngern barmherzigerweise verhüllt. Hätten sie zu jener Zeit die zwei furchtbaren Tatsachen — des Heilandes Leiden und Tod sowie die Zerstörung ihrer Stadt und des Tempels — völlig verstanden, so wären sie von Entsetzen überwältigt worden. Christus gab ihnen einen Umriß der wichtigsten Ereignisse, die vor dem Ende der Zeit eintreten sollen. Seine Worte wurden damals nicht völlig begriffen; aber ihr Sinn sollte enthüllt werden, sobald sein Volk der darin gegebenen Belehrung bedurfte. Die von ihm ausgesprochene Prophezeiung galt einem doppelten Geschehen: sie bezog sich auf die Zerstörung Jerusalems, und gleichzeitig schilderte sie die Schrecken des Jüngsten Tages. GK 25.3

Jesus erzählte den lauschenden Jüngern von den Strafgerichten, die über das abtrünnige Israel kommen würden, und sprach besonders von der vergeltenden Heimsuchung, die es wegen der Verwerfung und Kreuzigung des Messias ereilen sollte. Untrügliche Zeichen würden dem furchtbaren Ende vorausgehen. Die gefürchtete Stunde bräche schnell und unerwartet herein. Der Heiland warnte seine Nachfolger: “Wenn ihr nun sehen werdet den Greuel der Verwüstung (davon gesagt ist durch den Propheten Daniel), daß er steht an der heiligen Stätte (wer das liest, der merke darauf!), alsdann fliehe auf die Berge, wer im jüdischen Lande ist.” Matthäus 24,15.16; Lukas 21,20. Wenn die Römer ihre Standarten mit den heidnischen Symbolen auf den heiligen Boden, der sich auch auf einige hundert Meter Landes außerhalb der Stadtmauern erstreckte, aufgepflanzt hätten, dann sollten sich die Nachfolger Christi durch die Flucht retten. Sobald das Warnungszeichen sichtbar würde, dürften alle, die entrinnen wollen, nicht zögern; im ganzen Land Judäa wie in Jerusalem selbst müßte man dem Zeichen der Flucht sofort gehorchen. Wer gerade auf dem Dache wäre, dürfte nicht ins Haus gehen, selbst nicht um seine wertvollsten Schätze zu retten. Wer auf dem Feld oder im Weinberg arbeitete, sollte sich nicht die Zeit nehmen, wegen des Oberkleides, das er wegen der Hitze des Tages abgelegt hatte, zurückzukehren. Sie dürften keinen Augenblick zögern, wenn sie nicht bei der allgemeinen Zerstörung mit zugrunde gehen wollten. GK 25.4

Während der Regierungszeit des Herodes war Jerusalem nicht nur bedeutend verschönert worden, sondern durch die Errichtung von Türmen und Mauern und Festungswerken war die von Natur schon geschützte Stadt, wie es schien, uneinnehmbar geworden. Wer zu dieser Zeit öffentlich ihre Zerstörung vorhergesagt hätte, wäre wie einst Noah ein verrückter Schwarzseher genannt worden. Christus hatte jedoch gesagt: “Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.” Matthäus 24,35. Weil die Kinder Israel gesündigt hatten, war Jerusalem Gottes Zorn angedroht worden. Ihr hartnäckiger Unglaube besiegelte ihr Schicksal. GK 26.1

Der Herr hatte durch den Propheten Micha erklärt: “So höret doch dies, ihr Häupter im Hause Jakob und ihr Fürsten im Hause Israel, die ihr das Recht verschmähet und alles, was aufrichtig ist, verkehret; die ihr Zion mit Blut bauet und Jerusalem mit Unrecht: Ihre Häupter richten um Geschenke, ihre Priester lehren um Lohn, und ihre Propheten wahrsagen um Geld, verlassen sich auf den Herrn und sprechen: Ist nicht der Herr unter uns? Es kann kein Unglück über uns kommen.” Micha 3,9-11. GK 26.2

Diese Worte schildern genau die verderbten und selbstgerechten Einwohner Jerusalems. Während sie behaupteten, die Vorschriften des Gesetzes Gottes streng zu beachten, übertraten sie alle seine Grundsätze. Sie haßten Christus, weil seine Reinheit und Heiligkeit ihre Bosheit offenbarte. Sie klagten ihn an, die Ursache all des Unglücks zu sein, das infolge ihrer Sünden sie bedrängte. Obwohl sie wußten, daß er sündlos war, erklärten sie für die Sicherheit ihrer Nation seinen Tod als notwendig. “Lassen wir ihn also”, sagten die jüdischen Obersten, “so werden sie also an ihn glauben; so kommen dann die Römer und nehmen uns Land und Leute.” Wenn Christus geopfert würde, könnten sie noch einmal ein starkes, einiges Volk werden, so urteilten sie und stimmten der Entscheidung ihres Hohenpriesters zu, daß es besser sei, “ein Mensch sterbe ... denn daß das ganze Volk verderbe”. Johannes 11,48.50. GK 27.1

Auf diese Weise hatten die führenden Juden “Zion mit Blut ... und Jerusalem mit Unrecht” gebaut, und während sie ihren Heiland töteten, weil er ihre Sünden getadelt hatte, war ihre Selbstgerechtigkeit so groß, daß sie sich als das begnadete Volk Gottes betrachteten und vom Herrn erwarteten, er werde sie von ihren Feinden befreien. “Darum”, fuhr der Prophet fort, “wird Zion um euretwillen wie ein Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zum Steinhaufen werden und der Berg des Tempels zu einer Höhe wilden Gestrüpps.” Micha 3,10.12. GK 27.2

Nachdem das Schicksal Jerusalems von Christus selbst verkündet worden war, hielt der Herr seine Strafgerichte über Stadt und Volk fast 40 Jahre zurück. Bewundernswert war die Langmut Gottes gegen jene, die sein Evangelium verworfen und seinen Sohn gemordet hatten. Das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum zeigt uns das Verhalten Gottes gegenüber dem jüdischen Volk. Das Gebot war ausgegangen: “Haue ihn ab! was hindert er das Land?” Lukas 13,7. Aber die göttliche Gnade verschonte das Volk noch eine letzte Zeit. Es gab noch viele Juden, denen der Charakter und das Werk Christi unbekannt waren; die Kinder hatten nicht die günstigen Gelegenheiten gehabt und nicht das Licht empfangen, das ihre Eltern zurückgewiesen hatten. Durch die Predigt der Apostel und ihrer Glaubensgefährten wollte Gott auch ihnen das Licht scheinen lassen; sie durften erkennen, wie die Prophezeiung nicht nur durch die Geburt und das Leben Christi, sondern auch durch seinen Tod und seine Auferstehung erfüllt worden war. Die Kinder wurden nicht um der Sünden ihrer Eltern willen verurteilt; sobald sie aber trotz der Kenntnis alles Lichtes, das ihren Eltern gegeben worden war, das hinzugekommene, ihnen selbst gewährte Licht verwarfen, wurden sie Teilhaber der Sünden ihrer Eltern und füllten das Maß ihrer Missetat. GK 27.3

Gottes Langmut gegen Jerusalem bestärkte die Juden nur in ihrer hartnäckigen Unbußfertigkeit. In ihrem Haß und in ihrer Grausamkeit gegen die Jünger Jesu verwarfen sie das letzte Anerbieten der Gnade. Daraufhin entzog Gott ihnen seinen Schutz; er beschränkte die Macht Satans und seiner Engel nicht länger, und die jüdische Nation wurde der Herrschaft des Führers überlassen, den sie sich erwählt hatte. Ihre Kinder verschmähten die Gnade Christi, die sie befähigt hätte, ihre bösen Triebe zu unterdrücken, und diese bekamen nun die Oberhand. Satan erweckte die heftigsten und niedrigsten Leidenschaften der Seele. Die Menschen handelten ohne Überlegung; sie waren von Sinnen, nur noch erfüllt von Begierde und blinder Wut. Sie wurden satanisch in ihrer Grausamkeit. In der Familie wie unter dem Volk, unter den höchsten wie unter den niedrigsten Klassen herrschten Argwohn, Neid, Haß, Streit, Empörung, Mord. Nirgends war Sicherheit zu finden. Freunde und Verwandte verrieten einander. Eltern erschlugen ihre Kinder und Kinder ihre Eltern. Die Führer des Volkes hatten nicht die Kraft sich selbst zu beherrschen. Ungezügelte Leidenschaften machten sie zu Tyrannen. Die Juden hatten ein falsches Zeugnis angenommen, um den unschuldigen Gottessohn zu verurteilen. Jetzt machten falsche Anklagen ihr eigenes Leben unsicher. Durch ihre Handlungen hatten sie lange genug zu erkennen gegeben: “Lasset den Heiligen Israels aufhören bei uns!” Jesaja 30,11. Nun war ihr Wunsch erfüllt; Gottes Furcht beunruhigte sie nicht länger. Satan stand an der Spitze der Nation, und er beherrschte die höchste zivile und religiöse Obrigkeit. GK 28.1

Die Führer der Gegenparteien vereinigten sich zeitweise, um ihre unglücklichen Opfer zu plündern und zu martern, und dann fielen sie übereinander her und mordeten ohne Gnade. Selbst die Heiligkeit des Tempels konnte ihre schreckliche Grausamkeit nicht zügeln. Die Anbetenden wurden vor dem Altar niedergemetzelt und das Heiligtum durch die Leichname der Erschlagenen verunreinigt. Dennoch erklärten die Anstifter dieses höllischen Werkes in ihrer blinden und gotteslästerlichen Vermessenheit öffentlich, daß sie nicht fürchteten, Jerusalem könnte zerstört werden; denn es sei Gottes eigene Stadt. Um ihre Macht zu stärken, bestachen sie falsche Propheten, die, selbst als die römischen Legionen bereits den Tempel belagerten, verkündigen mußten, daß das Volk der Befreiung durch Gott harren solle. Bis zum Ende hielt die Menge an dem Glauben fest, daß sich der Allerhöchste zur Vernichtung der Gegner ins Mittel legen werde. Israel aber hatte die göttliche Hilfe verschmäht und war nun den Feinden schutzlos preisgegeben. Unglückliches Jerusalem! Durch innere Zwistigkeiten zerrissen, die Straßen vom Blut seiner Söhne gefärbt, die sich gegenseitig erwürgten, während fremde Heere seine Festungswerke niederwarfen und seine Krieger erschlugen, so erfüllten sich buchstäblich alle Weissagungen Christi über die Zerstörung Jerusalems. Das jüdische Volk mußte die Wahrheit der Warnungsbotschaften Christi am eigenen Leibe erfahren: “Mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.” Matthäus 7,2. GK 28.2

Als Vorboten des Unglücks und Untergangs erschienen Zeichen und Wunder. Mitten in der Nacht schwebte ein unnatürliches Licht über Tempel und Altar. Die Abendwolken glichen in ihren Umrissen sich zum Kampfe sammelnden Kriegern und Streitwagen. Die nachts im Heiligtum dienenden Priester wurden durch geheimnisvolle Töne erschreckt; die Erde erbebte, und einen Chor von Stimmen hörte man sagen: “Lasset uns von hinnen gehen!” Das große östliche Tor, das so schwer war, daß es von 20 Männern nur mit Mühe geschlossen werden konnte und dessen ungeheure eiserne Riegel tief in der Steinschwelle befestigt waren, tat sich um Mitternacht von selbst auf. GK 29.1

Sieben Jahre lang ging ein Mann durch die Straßen Jerusalems und verkündigte den der Stadt drohenden Untergang. Tag und Nacht sang er das wilde Trauerlied: “Stimme von Morgen, Stimme von Abend, Stimme von den vier Winden, Stimme über Jerusalem und den Tempel, Stimme über den Bräutigam und die Braut, Stimme über das ganze Volk.” Dies seltsame Wesen wurde eingekerkert und gegeißelt; aber keine Klage kam über seine Lippen. Auf Schmähungen und Mißhandlungen antwortete er nur: “Wehe, wehe Jerusalem! Wehe, wehe der Stadt, dem Volk und dem Tempel!” Dieser Warnungsruf hörte nicht auf, bis der Mann bei der Belagerung, die er vorhergesagt hatte, getötet wurde.1 GK 29.2

Nicht ein Christ kam bei der Zerstörung Jerusalems ums Leben. Christus hatte seine Jünger gewarnt, und alle, die seinen Worten glaubten, warteten auf das verheißende Zeichen. “Wenn ihr aber sehen werdet Jerusalem belagert mit einem Heer,” sagte Jesus, “so merket, daß herbeigekommen ist seine Verwüstung. Alsdann, wer in Judäa ist, der fliehe auf das Gebirge, und wer drinnen ist, der weiche heraus.” Lukas 21,20.21. Nachdem die Römer unter Cestius die Stadt eingeschlossen hatten, hoben sie unerwartet die Belagerung auf, gerade zu einer Zeit, als alles für den Erfolg eines sofortigen Angriffs sprach. Die Belagerten, die an einem erfolgreichen Widerstand zweifelten, waren im Begriff, sich zu ergeben, als der römische Feldherr ohne ersichtlichen Grund plötzlich seine Streitkraft zurückzog. Gottes gnädige Vorsehung gestaltete die Ereignisse zum Besten seines Volkes. Das war das verheißene Zeichen für die wartenden Christen. Nun wurde allen, die der Warnung des Heilandes Folge leisten wollten, dazu Gelegenheit geboten, und zwar konnten nach Gottes Willen weder die Juden noch die Römer die Flucht der Christen verhindern. Nach dem Rückzug des Cestius machten die Juden einen Ausfall aus Jerusalem und verfolgten das sich zurückziehende Heer, und während beider Streitkräfte auf diese Weise völlig in Anspruch genommen waren, verließen die Christen die Stadt. Um diese Zeit war auch das Land von Feinden frei, die hätten versuchen können, sie aufzuhalten. Zur Zeit der Belagerung waren die Juden in Jerusalem versammelt, um das Laubhüttenfest zu feiern, und dadurch hatten die Christen im ganzen Land die Möglichkeit, sich unbehelligt in Sicherheit zu bringen. Ohne Zögern flohen sie nach einem sicheren Ort — nach der Stadt Pella im Lande Peräa, jenseits des Jordans. GK 30.1

Die jüdischen Streiter, die Cestius und sein Heer verfolgten, warfen sich mit solcher Wut auf dessen Nachhut, daß ihr vollständige Vernichtung drohte. Nur unter großen Schwierigkeiten gelang es den Römern, sich zurückzuziehen. Die Juden blieben nahezu ohne Verluste und kehrten mit ihrer Beute triumphierend nach Jerusalem zurück. Doch dieser scheinbare Erfolg brachte ihnen nur Unheil. Er beseelte sie mit einem außerordentlich hartnäckigen Widerstandsgeist gegen die Römer, wodurch schnell unaussprechliches Weh über die verurteilte Stadt hereinbrach. GK 31.1

Schrecklich war das Unglück, das über Jerusalem kam, als Titus die Belagerung wieder aufnahm. Die Stadt wurde zur Zeit des Passahfestes umlagert, als Millionen Juden in ihren Mauern weilten. Die Lebensmittelvorräte, die, sorgfältig aufbewahrt, jahrelang für die Bewohner ausgereicht hätten, waren schon durch die Mißgunst und der Rache der streitenden Parteien zerstört worden, und jetzt erlitten sie alle Schrecken der Hungersnot. Ein Maß Weizen wurde für ein Talent verkauft. Die Hungerqualen waren so schrecklich, daß manche an dem Leder ihrer Gürtel, an ihren Sandalen und an den Bezügen ihrer Schilde nagten. Viele Bewohner schlichen zur Nachtzeit aus der Stadt, um wilde Kräuter zu sammeln, die außerhalb der Stadtmauern wuchsen, obwohl etliche ergriffen und unter grausamen Martern getötet wurden, während man anderen, die wohlbehalten zurückgekehrt waren, die Kräuter wegnahm, die sie unter so großen Gefahren gesammelt hatten. Die unmenschlichsten Qualen wurden von den Machthabern auferlegt, um den vom Mangel Bedrückten die letzten spärlichen Vorräte, die sie möglicherweise verborgen hatten, abzuzwingen. Nicht selten begingen diese Grausamkeiten wohlgenährte Menschen, die nur danach trachteten einen Lebensmittelvorrat für die Zukunft aufzuspeichern. GK 31.2

Tausende starben an Hunger und Seuchen. Die natürlichen Bande der Liebe schienen zerstört zu sein. Der Mann beraubte seine Frau und die Frau ihren Mann. Man sah Kinder, die den greisen Eltern das Brot vom Munde wegrissen. Der Frage des Propheten: “Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen?” Jesaja 49,15. wurde innerhalb der Mauern jener verurteilten Stadt die Antwort zuteil: “Es haben die barmherzigsten Weiber ihre Kinder selbst müssen kochen, daß sie zu essen hätten in dem Jammer der Tochter meines Volkes.” Klagelieder 4,10. Wiederum erfüllte sich die warnende Weissagung, die vierzehn Jahrhunderte zuvor gegeben worden war: “Ein Weib unter euch, das zuvor zärtlich und in Üppigkeit gelebt hat, daß sie nicht versucht hat, ihre Fußsohle auf die Erde zu setzen, vor Zärtlichkeit und Wohlleben, die wird dem Manne in ihren Armen und ihrem Sohne und ihrer Tochter nicht gönnen die Nachgeburt, ... dazu ihre Söhne, die sie geboren hat; denn sie werden sie vor Mangel an allem heimlich essen in der Angst und Not, womit dich dein Feind bedrängen wird in deinen Toren.” 5.Mose 28,56.57. GK 31.3

Die römischen Anführer versuchten, die Juden mit Schrecken zu erfüllen und dadurch zur Übergabe zu bewegen. Israeliten, die sich ihrer Gefangennahme widersetzten, wurden gegeißelt, gefoltert und vor der Stadtmauer gekreuzigt. Hunderte erlitten täglich auf diese Weise den Tod, und dieses grauenvolle Werk setzte man so lange fort, bis im Tal Josaphat und auf Golgatha soviel Kreuze aufgerichtet waren, daß kaum Raum blieb, sich zwischen ihnen zu bewegen. Schrecklich erfüllte sich die frevelhafte, vor dem Richterstuhl des Pilatus ausgesprochene Verwünschung: “Sein Blut komme über uns und über unsre Kinder!” Matthäus 27,25. GK 32.1

Titus hätte der Schreckensszene gern ein Ende gemacht und damit der Stadt Jerusalem das volle Maß ihres Gerichtes erspart. Entsetzen packte ihn, als er die Leichname der Erschlagenen haufenweise in den Tälern liegen sah. Wie überwältigt schaute er vom Gipfel des Ölberges auf den herrlichen Tempel und gab Befehl, nicht einen Stein davon zu berühren. Ehe er daranging, diese Stätte einzunehmen, beschwor er die jüdischen Führer in einem ernsten Aufruf, ihn nicht zu zwingen die heilige Stätte mit Blut zu entweihen. Wenn sie herauskommen und an irgendeinem andern Ort kämpfen wollten, so sollte kein Römer die Heiligkeit des Tempels verletzen. Josephus gar forderte sie mit höchst beredten Worten auf, den Widerstand einzustellen und sich selbst, ihre Stadt und die Stätte der Anbetung zu retten. Aber seine Worte wurden mit bitteren Verwünschungen beantwortet. Wurfspieße schleuderte man nach ihm, ihrem letzten menschlichen Vermittler, als er vor ihnen stand, um mit ihnen zu verhandeln. Die Juden hatten die Bitten des Sohnes Gottes verworfen, und nun machten die ernsten Vorstellungen und flehentlichen Bitten sie nur um so entschiedener, bis zum letzten Widerstand zu leisten. Die Bemühungen des Titus, den Tempel zu retten, waren vergeblich. Ein Größerer als er hatte erklärt, daß nicht ein Stein auf dem andern bleiben sollte. GK 32.2

Die blinde Hartnäckigkeit der führenden Juden und die verabscheuungswürdigen Verbrechen, die in der belagerten Stadt verübt wurden, erweckten bei den Römern Entsetzen und Entrüstung, und endlich beschloß Titus, den Tempel im Sturm zu nehmen, ihn aber, wenn möglich, vor der Zerstörung zu bewahren. Seine Befehle wurden jedoch mißachtet. Als er sich abends in sein Zelt zurückgezogen hatte, unternahmen die Juden einen Ausfall aus dem Tempel und griffen die Soldaten draußen an. Im Handgemenge wurde von einem Soldaten ein Feuerbrand durch die Öffnung der Halle geschleudert, und unmittelbar darauf standen die mit Zedernholz getäfelten Räume des heiligen Gebäudes in Flammen. Titus eilte mit seinen Obersten und Legionären herbei und befahl den Soldaten, die Flammen zu löschen. Seine Worte blieben unbeachtet. In ihrer Wut schleuderten die Legionäre Feuerbrände in die an den Tempel stoßenden Gemächer und metzelten viele, die dort Zuflucht gesucht hatten, mit dem Schwert nieder. Das Blut floß gleich Wasser die Tempelstufen hinunter. Tausende und aber Tausende von Juden kamen um. Das Schlachtgetöse wurde übertönt von dem Ruf: “Ikabod!”, das heißt die Herrlichkeit ist dahin. GK 33.1

“Titus war es unmöglich, der Wut der Soldaten Einhalt zu gebieten; er trat mit seinen Offizieren ein und besichtigte das Innere des heiligen Gebäudes. Der Glanz erregte ihre Bewunderung, und da die Flammen noch nicht bis zum Heiligtum vorgedrungen waren, unternahm er einen letzten Versuch, es zu retten. Er sprang hervor und forderte die Mannschaften auf, das Umsichgreifen der Feuersbrunst zu verhindern. Der Hauptmann Liberalis versuchte mit seinem Stab Gehorsam zu erzwingen; doch selbst die Achtung vor ihrem Feldherrn verging vor der rasenden Feindseligkeit gegen die Juden, der heftigen Aufregung des Kampfes und der unersättlichen Beutegier. Die Soldaten sahen alles um sich herum von Gold blitzen, das in dem wilden Lodern der Flammen einen blendenden Glanz ausstrahlte; sie wähnten unermeßliche Schätze im Heiligtum aufgespeichert. Unbemerkt warf ein Soldat eine brennende Fackel zwischen die Angeln der Tür, und im Nu stand das ganze Gebäude in Flammen. Die dichten Rauchschwaden und das Feuer zwangen die Offiziere, sich zurückzuziehen und das herrliche Gebäude seinem Schicksal zu überlassen. GK 33.2

War es schon für die Römer ein erschreckendes Schauspiel, wie mögen es erst die Juden empfunden haben! Die ganze Höhe, die die Stadt weit überragte, erschien wie ein feuerspeiender Berg. Ein Gebäude nach dem andern stürzte mit furchtbarem Krachen zusammen und wurde von dem feurigen Abgrund verschlungen. Die Dächer aus Zedernholz glichen einem Feuermeer, die vergoldeten Zinnen glänzten wie flammende Feuerzungen, die Türme der Tore schossen Flammengarben und Rauchsäulen empor. Die benachbarten Hügel waren erleuchtet; gespenstisch wirkende Zuschauergruppen verfolgten in fürchterlicher Angst die fortschreitende Zerstörung; auf den Mauern und Höhen der oberen Stadt drängte sich Kopf an Kopf. Manche waren bleich vor Angst und Verzweiflung, andere blickten düster, in ohnmächtiger Rache. Die Rufe der hin und her eilenden römischen Soldaten, das Heulen der Aufständischen, die in den Flammen umkamen, vermischten sich mit dem Brüllen der Feuersbrunst und dem donnernden Krachen des stürzenden Gebälks. Das Echo antwortete von den Bergen und ließ die Schreckensrufe des Volkes auf den Höhen widerhallen; entlang der Wälle erscholl Angstgeschrei und Wehklagen; Menschen, die von der Hungersnot erschöpft im Sterben lagen, rafften alle Kraft zusammen, um einen letzten Schrei der Angst und der Verlassenheit auszustoßen. Das Blutbad im Innern war noch schrecklicher als der Anblick von außen. Männer und Frauen, alt und jung, Aufrührer und Priester, Kämpfende und um Gnade Flehende wurden unterschiedslos niedergemetzelt. Die Anzahl der Erwürgten überstieg die der Würger. Die Legionäre mußten über Berge von Toten hinwegsteigen, um ihr Vertilgungswerk fortsetzen zu können.”1 GK 34.1

Nach der Zerstörung des Tempels fiel bald die ganze Stadt in die Hände der Römer. Die Obersten der Juden gaben ihre uneinnehmbar scheinenden Türme auf, und Titus fand sie alle verlassen. Staunend blickte er auf sie und erklärte, daß Gott sie in seine Hände gegeben habe; denn keine Kriegsmaschine, wie gewaltig sie auch sein mochte, hätte jene staunenswerten Festungsmauern bezwingen können. Sowohl die Stadt als auch der Tempel wurden bis auf die Grundmauern geschleift, und der Boden, auf dem das heilige Gebäude gestanden hatte, wurde “wie ein Acker gepflügt”. Jeremia 6,18. Während der Belagerung und bei dem darauffolgenden Gemetzel kamen über eine Million Menschen ums Leben; die Überlebenden wurden in die Gefangenschaft geführt, als Sklaven verkauft, nach Rom geschleppt, um den Triumph des Eroberers zu zieren, sie wurden in den Amphitheatern den wilden Tieren vorgeworfen oder als heimatlose Wanderer über die ganze Erde zerstreut. GK 34.2

Die Juden hatten sich selbst die Fesseln geschmiedet, sich selbst den Becher der Rache gefüllt. In der vollständigen Vernichtung, die ihnen als Nation widerfuhr, und in all dem Weh, das ihnen in die Diaspora (Zerstreuung) nachfolgte, ernteten sie nur, was sie mit eigenen Händen gesät hatten. Ein Prophet schrieb einst: “Israel, du bringst dich in Unglück! ... denn du bist gefallen um deiner Missetat willen.” Hosea 13,9; Hosea 14,2. Ihre Leiden werden oft als eine Strafe hingestellt, mit der sie auf direkten Befehl Gottes heimgesucht wurden. Auf diese Weise sucht der große Betrüger sein eigenes Werk zu verbergen. Durch eigensinnige Verwerfung der göttlichen Liebe und Gnade hatten die Juden den Schutz Gottes verwirkt, so daß Satan sie nach seinem Willen beherrschen konnte. Die schrecklichen Grausamkeiten, die bei der Zerstörung Jerusalems verübt worden waren, kennzeichnen Satans rachsüchtige Macht über jene, die sich seiner verderbenbringenden Herrschaft unterstellen. GK 35.1

Wir können nicht ermessen, wieviel wir Christus für den Frieden und Schutz schuldig sind, deren wir uns erfreuen. Es ist die mäßigende Kraft Gottes, die verhindert, daß die Menschen völlig unter die Herrschaft Satans geraten. Die Ungehorsamen und die Undankbaren haben allen Grund, Gott für seine Gnade und Langmut dankbar zu sein, weil er die grausame, boshafte Macht des Bösen im Zaum hält. Überschreiten aber die Menschen die Grenzen der göttlichen Nachsicht, dann wird jene Einschränkung aufgehoben. Gott tritt dem Sünder nicht als Scharfrichter gegenüber, sondern er überläßt jene, die seine Gnade verwerfen, sich selbst, damit sie ernten, was sie gesät haben. Jeder verworfene Lichtstrahl, jede verschmähte oder unbeachtete Warnung, jede geduldete Leidenschaft, jede Übertretung des Gesetzes Gottes ist eine Saat, die ihre bestimmte Ernte hervorbringen wird. Der Geist Gottes wird sich schließlich von dem Sünder, der sich ihm beharrlich widersetzt, zurückziehen, und dann bleibt dem Betreffenden weder die Kraft, die bösen Leidenschaften der Seele zu beherrschen, noch der Schutz, der ihn vor der Bosheit und Feindschaft Satans bewahrt. Die Zerstörung Jerusalems ist eine furchtbare und ernste Warnung an alle, die das Anerbieten der göttlichen Gnade geringachten und den Mahnrufen der Barmherzigkeit Gottes widerstehen. Niemals wurde ein entscheidenderes Zeugnis für den Abscheu Gottes gegenüber der Sünde und für die sichere Bestrafung der Schuldigen gegeben. GK 35.2

Die Weissagung des Heilandes, die die göttliche Heimsuchung Jerusalems ankündigte, wird noch eine andere Erfüllung finden, von der jene schreckliche Verwüstung nur ein schwacher Abglanz ist. In dem Schicksal der auserwählten Stadt können wir das Los einer Welt sehen, die Gottes Barmherzigkeit von sich gewiesen und sein Gesetz mit Füßen getreten hat. Grauenhaft sind die Berichte des menschlichen Elends, das die Erde während der langen Jahrhunderte des Verbrechens erlebte. Das Herz wird beklommen und der Geist verzagt, wenn wir über diese Dinge nachdenken. Schrecklich waren die Folgen, als die Macht des Himmels verworfen wurde. Doch ein noch furchtbareres Bild wird uns in den Offenbarungen über die Zukunft enthüllt. Die Berichte der Vergangenheit — die lange Reihe von Aufständen, Kämpfen und Revolutionen, alle Kriege “mit Ungestüm ... und die blutigen Kleider” (Jesaja 9,4) —, was sind sie im Vergleich zu den Schrecken jenes Tages, an dem der mäßigend wirkende Geist Gottes den Gottlosen gänzlich entzogen und nicht länger die Ausbrüche menschlicher Leidenschaften und satanischer Wut zügeln wird! Dann wird die Welt wie niemals zuvor die entsetzlichen Folgen der Herrschaft Satans erkennen. GK 36.1

An jenem Tage aber wird, wie zur Zeit der Zerstörung Jerusalems, Gottes Volk errettet werden, “ein jeglicher, der geschrieben ist unter die Lebendigen”. Jesaja 4,3. Christus hat vorhergesagt, daß er wiederkommen will, um seine Getreuen um sich zu sammeln: “Und alsdann werden heulen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen, und sie werden sammeln seine Auserwählten von den vier Winden, von dem einen Ende des Himmels zu dem andern.” Matthäus 24,30.31. Dann werden alle, die dem Evangelium nicht gehorchten, “mit dem Geist seines Mundes” umgebracht und “durch die Erscheinung seiner Zukunft” vernichtet werden. 2.Thessalonicher 2,8. Gleichwie einst Israel, so bringen auch die Gottlosen sich selbst um; sie fallen infolge ihrer Übertretungen. Durch ein sündenreiches Leben haben sie so wenig Gemeinschaft mit Gott, und ihr Wesen ist durch das Böse so verderbt und entwürdigt worden, daß die Offenbarung seiner Herrlichkeit für sie zu einem verzehrenden Feuer werden wird. GK 36.2

Hüteten sich die Menschen doch davor, die ihnen in Christi Worten gegebenen Lehren geringzuschätzen. Gleichwie er seine Jünger vor der Zerstörung Jerusalems warnte, indem er ihnen ein Zeichen des herannahenden Untergangs nannte, damit sie fliehen könnten, ebenso hat er die Welt vor dem Tag der endgültigen Vernichtung gewarnt und ihr Zeichen seines Nahens gegeben, damit alle, die dem zukünftigen Zorn entrinnen wollen, ihm auch entrinnen können. Jesus erklärt: “Es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen; und auf Erden wird den Leuten bange sein.” Lukas 21,25; Matthäus 24,29; Markus 13,24-26; Offenbarung 6,12-17. Wer diese Vorboten seines Kommens sieht, soll wissen “daß es Nahe vor der Tür ist”. “So wachet nun!” lauten seine mahnenden Worte. Matthäus 24,33; Markus 13,35. Alle, die auf diese Stimme achten, sollen nicht in Finsternis bleiben, damit jener Tag sie nicht unvorbereitet überfalle; aber über alle, die nicht wachen wollen, wird der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb in der Nacht. GK 37.1

Die Welt ist jetzt nicht geneigter, die Warnungsbotschaften für diese Zeit anzunehmen, als damals die Juden, die sich der Botschaft unseres Heilandes über Jerusalem widersetzten. Mag er kommen, wann er will — der Tag des Herrn wird die Gottlosen unvorbereitet finden. Wenn das Leben seinen gewöhnlichen Gang geht, wenn die Menschheit von Vergnügungen, Geschäften, Handel und Gelderwerb in Anspruch genommen ist. Wenn religiöse Führer den Fortschritt und die Aufklärung der Welt verherrlichen, wenn das Volk in falsche Sicherheit gewiegt ist —, dann wird, wie ein Dieb sich um Mitternacht in die unbewachte Behausung einschleicht, das plötzliche Verderben die Sorglosen und Bösewichte überfallen, und sie werden keine Gelegenheit mehr haben, dem Verhängnis zu entfliehen. 1.Thessalonicher 5,2-5. GK 37.2