Frühe Schriften von Ellen G. White

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Kapitel 24: Die zweite Engelsbotschaft1

Als die Kirchen sich weigerten, die erste Engelsbotschaft anzunehmen, verwarfen sie das Licht vom Himmel und verloren die Gunst Gottes. Sie vertrauten auf ihre eigene Kraft. Indem sie sich gegen die erste Botschaft stellten, brachten sie sich selbst dahin, daß sie das Licht der zweiten Engelsbotschaft nicht erkennen konnten. Aber die Geliebten Gottes, die unterdrückt waren, nahmen die Botschaft “Babylon ist gefallen” an und verließen die Kirchen. Offenbarung 14,8. FS 223.2

Gegen Ende der zweiten Engelsbotschaft1 sah ich ein großes Licht vom Himmel auf das Volk Gottes scheinen. Die Strahlen dieses Lichtes schienen hell wie die Sonne zu sein; ich hörte die Stimmen der Engel rufen: “Siehe, der Bräutigam kommt! Geht aus, ihm entgegen!” Matthäus 25,6. FS 224.1

Dies war der Mitternachtsruf, der der zweiten Engelsbotschaft Kraft geben sollte. Es wurden Engel vom Himmel gesandt, um die entmutigten Heiligen aufzurütteln und sie auf das große Werk, das vor ihnen lag, vorzubereiten. Die begabtesten Männer waren nicht die ersten, die diese Botschaft annahmen. Es wurden Engel zu den demütigen, ergebenen Seelen gesandt, die sie drängten, den Ruf zu erheben: “Siehe, der Bräutigam kommt! Geht aus, ihm entgegen!” Jene, denen dieser Ruf anvertraut war, eilten voran, verkündigten die Botschaft in der Kraft des Heiligen Geistes und rüttelten ihre entmutigten Brüder auf. Dieses Werk bestand nicht in menschlicher Weisheit und Gelehrsamkeit, sondern in der Kraft Gottes. Seine Heiligen, die den Ruf hörten, konnten ihm nicht widerstehen. Die am meisten geistlich gesinnten Menschen nahmen die Botschaft zuerst an, und jene, die früher im Werk die Führer gewesen waren, waren die letzten, die sie annahmen und den Ruf verstärken halfen: “Siehe, der Bräutigam kommt! Geht aus, ihm entgegen!” FS 224.2

In allen Teilen des Landes leuchtete das Licht der zweiten Engelsbotschaft, und der Ruf rührte die Herzen Tausender. Er ging von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf, bis das wartende Volk Gottes vollständig aufgerüttelt war. In vielen Kirchen war es nicht erlaubt, die Botschaft zu verkündigen. Eine große Schar, die das lebendige Zeugnis hatte, verließ diese gefallenen Kirchen. Durch den Mitternachtsruf wurde ein großes Werk ausgeführt. Die Botschaft veranlaßte die Gläubigen, ihre Herzen zu erforschen, und führte sie dazu, für sich selbst eine lebendige Erfahrung zu suchen. Sie wußten, daß keiner sich auf den andern stützen konnte. FS 224.3

Die Heiligen warteten sehnlichst auf ihren Herrn mit Fasten, Wachen und ständigem Gebet. Selbst manche Sünder blickten dem Zeitpunkt mit Schrecken entgegen. Die große Masse aber offenbarte den Geist Satans in ihrem Widerstand gegen die Botschaft. Sie spotteten und höhnten und wiederholten überall: “Niemand weiß den Tag noch die Stunde.” Böse Engel trieben sie dazu, ihre Herzen zu verhärten und jeden Lichtstrahl, der vom Himmel kam, zu verwerfen, damit sie in den Schlingen Satans gefangen blieben. Viele, die vorgaben, auf Christus zu warten, hatten keinen Anteil am Werk der Botschaft. Die Herrlichkeit Gottes, von der sie Zeuge gewesen waren, die Demut und tiefe Ergebenheit der Wartenden, die überwältigende Macht der Beweise hatten sie zu dem Bekenntnis veranlaßt, die Wahrheit anzunehmen; doch sie waren nicht bekehrt worden. Sie waren nicht bereit für das Kommen ihres Herrn. FS 225.1

Ein Geist feierlichen und ernsten Gebets wurde überall von den Heiligen verspürt. Heiliger Ernst ruhte auf ihnen. Engel beobachteten mit größtem Interesse die Auswirkungen der Botschaft. Sie richteten die auf, die die Botschaft annahmen, und zogen sie von irdischen Dingen ab, damit sie reichlich aus der Quelle des Heils tränken. Da nahm Gott sein Volk an. Jesus blickte mit Wohlgefallen auf sie, denn sein Bild strahlte aus ihnen. Sie hatten alles geopfert und sich gänzlich geweiht. Nun erwarteten sie, zur Unsterblichkeit verwandelt zu werden. Aber noch einmal sollten sie schmerzlich enttäuscht werden. Die Zeit, zu der sie die Erlösung erwarteten, verstrich; sie aber waren immer noch auf der Erde; und die Folgen des Fluches schienen niemals zuvor sichtbarer zu sein. Sie hatten ihre ganze Liebe dem Himmel zugewandt und einen süßen Vorgeschmack unsterblicher Erlösung gehabt; aber ihre Hoffnungen wurden nicht erfüllt. FS 225.2

Die Furcht, die viele im Volk beherrscht hatte, verschwand nicht sofort; sie triumphierten nicht gleich über die enttäuschten Seelen. Als aber keine sichtbaren Zeichen des Zornes Gottes erschienen, erholten sie sich von der Furcht, die sie empfunden hatten, und fingen an, zu lachen und zu spotten. Das Volk Gottes wurde wieder geprüft. Die Welt lachte, höhnte und beschimpfte sie. Wer ohne einen Zweifel geglaubt hatte, daß Jesus schon hätte kommen sollen, um die Toten aufzuerwecken, die lebenden Heiligen zu verwandeln und das Reich einzunehmen, um es für ewig zu besitzen, empfand wie die Jünger am Grab Christi: “Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.” Johannes 20,13. FS 226.1