Das Wirken der Apostel
Kapitel 15: Aus dem Gefängnis befreit
Auf der Grundlage von Apostelgeschichte 12,1-23.
“Um diese Zeit legte der König Herodes die Hände an etliche von der Gemeinde, sie zu peinigen.” Apostelgeschichte 12,1. WA 143.1
Judäa wurde zu jener Zeit von Herodes Agrippa, einem Vasallen des römischen Kaisers Claudius, regiert. Dieser Herodes war gleichzeitig Vierfürst von Galiläa. Angeblich hatte er sich als Proselyt zum jüdischen Glauben bekehrt und war scheinbar eifrig darauf bedacht, die jüdischen Gesetzesvorschriften zu erfüllen. Da er die Gunst der Juden zu erlangen wünschte und zugleich hoffte, sich auf diese Weise Amt und Würden zu sichern, gab er ihren Wünschen nach und ließ die Gemeinde Christi verfolgen. Häuser und Eigentum der Gläubigen ließ er beschlagnahmen und die leitenden Brüder gefangensetzen. Er warf Jakobus, den Bruder des Johannes, ins Gefängnis und ließ ihn durchs Schwert des Scharfrichters töten, so wie zuvor ein anderer Herodes Johannes den Täufer hatte enthaupten lassen. Als Herodes sah, daß das den Juden gefiel, setzte er auch Petrus gefangen. WA 143.2
Ausgerechnet während der Zeit des Passahfestes wurden diese grausamen Verbrechen verübt. Während die Juden ihre Befreiung aus Ägypten feierten und großen Eifer für Gottes Gesetz vorspiegelten, übertraten sie gleichzeitig jeden Grundsatz dieses Gesetzes, indem sie die an Christus Glaubenden verfolgten und umbrachten. WA 143.3
Der Tod des Jakobus löste Kummer und Bestürzung unter den Gläubigen aus; und als auch Petrus gefangengenommen wurde, fastete und betete die ganze Gemeinde. WA 144.1
Die Hinrichtung des Jakobus durch Herodes fand den Beifall der Juden, wenn sich auch einige darüber beklagten, daß sie so heimlich geschehen war. Sie meinten, eine öffentliche Urteilsvollstreckung hätte die Gläubigen und deren Anhänger mehr eingeschüchtert. Deshalb hielt Herodes den Petrus in Haft, denn er wollte den Wünschen der Juden durch dessen öffentliche Hinrichtung weitgehend nachkommen. Dennoch hatte man um der Sicherheit willen Bedenken, den ehrwürdigen Apostel vor den Augen der vielen in Jerusalem Versammelten hinzurichten, mußte man doch ernstlich damit rechnen, daß die Volksmenge beim Anblick des zum Tode Geführten von Mitleid ergriffen würde. WA 144.2
Außerdem befürchteten die Priester und Ältesten, daß Petrus noch einmal einen jener machtvollen Aufrufe ergehen lassen könnte, die schon oft das Volk aufgerüttelt hatten, Jesu Leben und Charakter zu studieren. Diesen Predigten hatten die Obersten nichts Beweiskräftiges entgegenzuhalten vermocht. Des Petrus Freudigkeit bei der Verteidigung der Sache Christi hatte schon viele dazu geführt, sich auf die Seite des Evangeliums zu stellen. Gäbe man ihm, so befürchteten die Obersten, die Gelegenheit, seinen Glauben vor den vielen zu bezeugen, die zum Gottesdienst in die Stadt gekommen waren, dann würden sie vom König seine Freilassung fordern. WA 144.3
Während unter den verschiedensten Vorwänden des Petrus Hinrichtung bis nach dem Passahfest verschoben wurde, nutzten die Gemeindeglieder diese Zeit zu gründlicher Herzensprüfung und zu ernstem Gebet. Ohne Unterlaß flehten sie für Petrus; denn sie spürten, daß das Werk des Herrn ihn nicht entbehren könnte. Außerdem erkannten sie, daß die Gemeinde an einen Punkt gekommen sei, an dem sie ohne wirksames Eingreifen Gottes zugrunde gehen müßte. WA 144.4
Inzwischen besuchten Anbeter aus allen Nationen den Tempel, der der Anbetung Gottes geweiht war. Im Glanz des Goldes und der kostbaren Steine bot er einen prächtigen Anblick. Aber Jahwe wohnte nicht mehr in diesem herrlichen Palast; denn Israel als Nation hatte sich von Gott getrennt. Als Christus gegen Ende seines irdischen Lehramtes zum letztenmal in das Innere des Tempels blickte, sagte er: “Siehe, euer Haus soll euch wüste gelassen werden.” Matthäus 23,38. Bislang hatte er den Tempel das Haus seines Vaters genannt, aber als der Sohn Gottes nun diese Mauern hinter sich ließ, wurde Gottes Gegenwart diesem Bau, der einst zu Gottes Ehre errichtet worden war, für immer entzogen. WA 145.1
Mittlerweile war der Tag der Urteilsvollstreckung an Petrus festgesetzt worden, aber noch immer stiegen die Gebete der Gläubigen zum Himmel empor. Während sie mit ganzer Kraft inbrünstig um Hilfe flehten, wachten Gottes Engel über dem gefangenen Apostel. WA 145.2
Eingedenk des früheren Entkommens der Apostel aus dem Gefängnis, hatte Herodes diesmal besondere Vorsichtsmaßnahmen angeordnet. Um jede Möglichkeit einer Flucht zu unterbinden, wurde Petrus Tag und Nacht von sechzehn Soldaten bewacht, die in mehrere Wachen eingeteilt waren. Er lag in seiner Zelle zwischen zwei Soldaten, gebunden mit Ketten, die jeweils am Handgelenk der Wachsoldaten befestigt waren. So war es für ihn unmöglich, sich zu bewegen, ohne daß sie es merkten. Da außerdem die Gefängnistüren fest verschlossen und eine starke Wache davor aufgestellt war, bestand keine Möglichkeit einer Befreiung oder Flucht durch menschliche Hilfe. Aber des Menschen Verlegenheit ist Gottes Gelegenheit. WA 145.3
Petrus hatte man in ein aus dem Felsen gehauenes Verließ eingesperrt, dessen Türen fest verriegelt und verschlossen waren. Obendrein waren die Wachsoldaten persönlich verantwortlich für die sichere Verwahrung des Gefangenen. Doch die Schlösser, Riegel und die römischen Wächter, die alle Möglichkeiten menschlicher Hilfe ausschalteten, sollten den Triumph Gottes bei der Befreiung des Petrus nur vergrößern. Herodes hatte seine Hand gegen den Allmächtigen erhoben und sollte deshalb vernichtend geschlagen werden. Gott selbst wollte durch seine starke Hand das wertvolle Leben retten, das zu vernichten sich die Juden verschworen hatten. WA 145.4
Der Abend unmittelbar vor der festgesetzten Hinrichtung ist gekommen. Da wird ein Engel vom Himmel gesandt, der Petrus erretten soll. Die schweren Tore, die sich hinter dem Diener Gottes geschlossen hatten, öffnen sich ohne Zutun einer menschlichen Hand. Der Engel des Allerhöchsten geht hindurch, und die Pforten schließen sich lautlos hinter ihm. Er betritt die Zelle; vor ihm liegt Petrus im tiefen, friedvollen Schlaf ungetrübten Gottvertrauens. WA 146.1
Das den Engel umgebende Licht erfüllt die Zelle, aber der Apostel wacht nicht auf. Erst als er die Berührung durch den Engel verspürt und eine Stimme sagen hört: “Stehe behende auf”, wird er soweit munter, um zu sehen, daß seine Zelle von himmlischem Licht erfüllt ist und ein Engel in großer Herrlichkeit vor ihm steht. Rein mechanisch gehorcht er dessen Worten, und als er beim Aufstehen die Hände erhebt, ist er sich kaum bewußt, daß die Ketten bereits von ihnen gefallen sind. WA 146.2
Wiederum gebietet ihm die Stimme des himmlischen Boten: “Gürte dich und tu deine Schuhe an!” Apostelgeschichte 12,8a. Und wiederum gehorcht Petrus, während seine Augen unverwandt auf seinen Besucher gerichtet sind und er überlegt, ob er träume oder eine Vision erblicke. Nochmals befiehlt ihm der Engel: “Wirf deinen Mantel um dich und folge mir nach!” Apostelgeschichte 12,8b. Der Engel geht zur Tür, gefolgt von Petrus, der stumm vor Erstaunen ist, während er doch sonst recht gesprächig sein kann. Sie schreiten über die Wachen hinüber und erreichen das fest verriegelte Tor, das sich von selbst öffnet und unmittelbar hinter ihnen wieder schließt, während die Wachen drinnen und draußen bewegungslos auf ihrem Posten liegen. WA 146.3
Sie erreichen das zweite Tor, das ebenso von innen und außen bewacht wird. Wie das erste öffnet es sich ohne ein Knarren der Angeln und ohne ein Geräusch der eisernen Riegel. Sie gehen hindurch, und auch diesmal schließt sich alles lautlos. So durchschreiten sie auch das dritte Tor und befinden sich schließlich auf offener Straße. Kein Wort wird gesprochen; kein Fußtritt ist zu hören. Der Engel geht voran, umgeben von strahlendem Lichtglanz, und Petrus, verwirrt und noch immer in der Vorstellung, er träume, folgt seinem Befreier. So ziehen sie durch eine Straße. Plötzlich verschwindet der Engel, denn sein Auftrag ist erfüllt. WA 147.1
Das himmlische Licht erlosch, und Petrus sah sich von tiefer Dunkelheit umgeben. Aber als sich seine Augen daran gewöhnten, schien sie sich aufzuhellen. Der Apostel fand sich allein in der stillen Straße. Die kühle Nachtluft strich um seine Stirn. Nun wurde ihm bewußt, daß er frei war und sich in einem ihm bekannten Stadtteil befand. Er erkannte die Stätte wieder, an der er so oft geweilt hatte und über die man ihn, wie er meinte, am folgenden Morgen zum letztenmal führen würde. WA 147.2
Er versuchte, sich die Ereignisse der eben verflossenen Augenblicke ins Gedächtnis zurückzurufen. Dabei entsann er sich, wie er zwischen den beiden Soldaten eingeschlafen war, nachdem er Sandalen und Mantel abgelegt hatte. Als er sich nun betrachtete, fand er sich vollständig angezogen und gegürtet. Seine Handgelenke, geschwollen vom Tragen der grausamen Schellen, waren ledig von ihren Fesseln. Seine Freiheit, das erkannte er, war keine Täuschung, kein Traum, kein Gesicht, sondern herrliche Wirklichkeit. An dem Morgen, an dem er hätte getötet werden sollen, hatte ihn ein Engel aus Kerker und Tod befreit. “Und da Petrus zu sich selber kam, sprach er: Nun weiß ich wahrhaftig, daß der Herr seinen Engel gesandt hat und mich errettet aus der Hand des Herodes und von allem, was das jüdische Volk erwartete.” Apostelgeschichte 12,11. WA 147.3
Der Apostel begab sich sofort zu dem Haus, in dem sich seine Brüder gerade zu dieser Zeit in ernstem Gebet für ihn vereint hatten. “Als er aber an die Tür des Tores klopfte, trat hervor eine Magd, zu horchen, mit Namen Rhode. Und als sie des Petrus Stimme erkannte, tat sie das Tor nicht auf vor Freuden, sondern lief hinein und verkündete es ihnen, Petrus stünde vor dem Tor. Sie aber sprachen zu ihr: Du bist von Sinnen. Sie aber bestand darauf, es wäre so. Sie sprachen: Es ist sein Engel. WA 148.1
Petrus aber klopfte weiter an. Da sie nun auftaten, sahen sie ihn und entsetzten sich. Er aber winkte ihnen mit der Hand, zu schweigen, und erzählte ihnen, wie ihn der Herr hatte aus dem Gefängnis geführt, und sprach: Verkündet dies dem Jakobus und den Brüdern. Und ging hinaus und zog an einen andern Ort.” Apostelgeschichte 12,13-17. Freude und Lob erfüllten die Herzen der Gläubigen; denn Gott hatte ihre Gebete erhört und Petrus aus der Hand des Herodes errettet. WA 148.2
Am Morgen versammelte sich eine große Volksmenge, die Zeuge der Hinrichtung des Apostels sein wollte. Herodes schickte Offiziere nach dem Gefängnis, die Petrus holen sollten. Unter einem mächtigen Aufgebot von Waffen und Wächtern sollte er vorgeführt werden, nicht allein, um eine etwaige Flucht zu verhindern, sondern auch um die Freunde des Petrus einzuschüchtern und die Macht des Königs zu zeigen. WA 148.3
Als die Torwächter entdeckten, daß Petrus entkommen war, wurden sie von Schrecken gepackt. Es war ihnen ausdrücklich gesagt worden, daß sie mit ihrem Leben für den Gefangenen hafteten. Deshalb hatten sie ihn auch entsprechend scharf bewacht. Als nun die Offiziere kamen, um Petrus zu holen, standen die Soldaten noch immer vor dem Gefängnistor. Die Schlösser und Riegel waren unversehrt, und selbst die Ketten umschlossen noch die Handgelenke der beiden Soldaten — aber der Gefangene war verschwunden! WA 148.4
Als man Herodes von der Flucht des Petrus unterrichtete, geriet er außer sich und wurde von Zorn erfüllt. Er beschuldigte die Wachen der Untreue und befahl, sie zu töten. Dabei wußte Herodes, daß keine menschliche Macht Petrus befreit hatte; aber er wollte nicht eingestehen, daß eine göttliche Macht sein Vorhaben vereitelt hatte, und lehnte sich trotzig gegen Gott auf. WA 149.1
Nicht lange nach des Petrus Befreiung aus dem Gefängnis reiste Herodes nach Cäsarea. Dort ließ er ein großes Fest ausrichten, um Bewunderung zu erregen und den Beifall des Volkes zu gewinnen. Dieses Fest besuchten Vergnügungssüchtige von überallher; es wurde ausgiebig gefeiert und Wein getrunken. Mit großem Gepränge und riesigem Aufwand erschien Herodes vor dem Volk und hielt eine glänzende Rede. In einem mit Gold und Silber bestickten Gewand, in dessen Faltenwurf die Sonnenstrahlen spielten, so daß die Zuschauer geblendet wurden, sah er prachtvoll aus. Die Majestät seiner Erscheinung und die Kraft seiner gutgewählten Sprache übten auf die Versammelten einen mächtigen Eindruck aus. Ihre bereits vom Festschmaus und Weingenuß berauschten Sinne wurden durch des Herodes Schmuck, durch sein Auftreten und seine Redegabe geradezu überwältigt. Von Begeisterung hingerissen, überschütteten sie den König mit Lobhudeleien, wobei sie ihm schmeichelten, kein Sterblicher böte solch einen Anblick dar oder verfüge über eine so bezaubernde Redegabe. Schließlich erklärten sie, daß sie ihn zwar bislang schon als Herrscher geachtet hätten, sie ihn fortan aber auch als einen Gott anbeten wollten. WA 149.2
Manche von denen, die jetzt lauthals einen gemeinen Sünder priesen, hatten wenige Jahre zuvor geschrien: “Hinweg mit diesem”, mit Jesus! und “Kreuzige, kreuzige ihn!” Lukas 23,18.21. Die Juden hatten sich geweigert, Christus anzunehmen, dessen grob gewobenes und häufig von der Reise beflecktes Kleid ein Herz voller göttlicher Liebe barg. Ihre Augen hatten nicht unter dem bescheidenen Äußeren den Herrn des Lebens und der Herrlichkeit zu erkennen vermocht, obwohl sich Christi Macht vor ihnen in Werken offenbart hatte, die keiner tun konnte, der bloß ein Mensch war. Nun aber waren sie bereit, den hochmütigen König, unter dessen herrlichen, mit Silber und Gold bestickten Kleidern ein verdorbenes, grausames Herz schlug, als einen Gott anzubeten. WA 149.3
Obwohl Herodes genau wußte, daß ihm das Lob und die dargebrachte Huldigung nicht zukamen, nahm er die Vergötterung durch das Volk als ihm gebührend an. Sein Herz hüpfte vor Frohlocken, und eitler Stolz ließ sein Antlitz erglühen, als der Ruf erschallte: “Das ist Gottes Stimme und nicht eines Menschen!” Apostelgeschichte 12,22. WA 150.1
Aber plötzlich ging eine schreckliche Veränderung mit ihm vor sich! Sein Gesicht wurde leichenblaß und von Todesangst verzerrt. Große Schweißtropfen traten aus seinen Poren. Für einen Augenblick stand er von Schmerz und Schreck wie versteinert da; dann wandte er sein fahles Angesicht seinen entsetzten Freunden zu und schrie verzweifelt: Den ihr zum Gott erhoben habt, ist dem Tod verfallen! WA 150.2
Unter qualvollsten Ängsten wurde er vom Schauplatz ausgelassener Lustbarkeit und des Prunkes hinweggetragen. Noch eben hatte er die Huldigung der Menge stolz entgegengenommen; doch nun mußte er erkennen, daß er in der Hand eines Mächtigeren lag. Gewissensbisse peinigten ihn; er erinnerte sich an seine unbarmherzige Verfolgung der Jünger Christi; er dachte an seinen grausamen Befehl zur Ermordung des unschuldigen Jakobus und an seine Absicht, auch den Apostel Petrus hinzurichten; schließlich fiel ihm ein, wie seine Wut ihn zu völlig unbegründeter Rache gegenüber den Gefängniswächtern getrieben hatte. Er spürte, daß Gott mit ihm, dem erbarmungslosen Verfolger, abrechnete. Weder in seinen körperlichen Schmerzen noch in seinen seelischen Qualen trat eine Erleichterung ein; er erwartete auch keine. WA 150.3
Herodes kannte das Gesetz Gottes, in dem es heißt: “Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.” 2.Mose 20,3. Er wußte, daß er durch die Annahme göttlicher Verehrung das Maß seiner Bosheit gefüllt und den gerechten Zorn Jahwes auf sich gezogen hatte. WA 151.1
Derselbe Engel, der aus dem Himmel gekommen war, um Petrus zu befreien, war für Herodes der Bote des göttlichen Zorns und Gerichts. Er hatte Petrus geschlagen, um ihn aus dem Schlummer zu wecken; einen ganz anderen Schlag aber versetzte er dem gottlosen König, den er auf diese Weise demütigte und an ihm die Strafe des Allmächtigen vollzog. Herodes widerfuhr das Gericht Gottes, und er starb unter qualvollen Schmerzen. WA 151.2
Diese Offenbarung göttlicher Gerechtigkeit beeindruckte das Volk außerordentlich stark. Die Nachricht, daß Christi Apostel aus dem Gefängnis und vor dem Tod wunderbar errettet worden war, während dessen Verfolger der göttliche Fluch getroffen hatte, breitete sich in allen Landen aus und wurde vielen ein Anstoß zum Glauben an Christus. WA 151.3
Die Erfahrung des Philippus, den ein himmlischer Bote an den Ort verwies, wo er einen nach Wahrheit suchenden Menschen traf; das Erlebnis des Kornelius, dem ein Engel eine Botschaft Gottes überbrachte, und das Geschehen mit Petrus, der — gefangen und zum Tode verurteilt — durch einen Engel in Sicherheit gebracht wurde, all das zeigt, wie nahe der Himmel uns Menschen gekommen ist. WA 151.4
Die Berichte vom Eingreifen dieser Engel sollten dem Mitarbeiter in Gottes Werk Kraft und Mut vermitteln. Wie in den Tagen der Apostel gehen auch heute noch himmlische Boten über die Erde, trösten die Bekümmerten, beschützen die Unbußfertigen und suchen Menschen für Christus zu gewinnen. Wir können sie zwar nicht mit unseren Augen wahrnehmen, aber dennoch sind sie bei uns, um uns zu führen, zu unterweisen und zu bewahren. WA 151.5
Der Himmel ist mit der Erde wie durch eine geheimnisvolle Leiter verbunden, die auf der Erde steht und mit ihrer Spitze bis an den Thron des Allmächtigen reicht. Beständig steigen Engel diese von Licht umflutete Leiter auf und nieder. Sie bringen die Gebete der Notleidenden und Bedrängten zum Vater empor und vermitteln den Menschenkindern Segen und Hoffnung, Mut und Hilfe. Diese Engel des Lichts umgeben den Menschen mit himmlischer Atmosphäre und rücken uns dem Unsichtbaren und Ewigen entgegen. Mit unseren natürlichen Sinnen können wir ihre Gestalt nicht wahrnehmen. Nur mit dem geistlichen Auge können wir himmlische Dinge erkennen. Nur das geistliche Ohr kann die himmlischen Stimmen vernehmen. WA 152.1
“Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn fürchten, und hilft ihnen heraus.” Psalm 34,8. Gott beauftragt seine Engel, seine Auserwählten vor Unheil zu bewahren, “vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt”. Psalm 91,6. Wie ein Mann mit seinem Freund spricht, so haben Engel immer wieder mit Menschen gesprochen und sie in Sicherheit gebracht. Oft haben hilfreiche Worte himmlischer Boten den sinkenden Mut der Gläubigen wieder aufgerichtet, ihre Gedanken über das Irdische erhoben und sie bestärkt, im Glauben die weißen Kleider, die Kronen und die Siegespalmen zu schauen, die den Überwindern gegeben werden, wenn sie vor dem großen weißen Thron stehen werden. WA 152.2
Die Engel sind beauftragt, sich den Geprüften, Leidenden und Versuchten zu nahen. Unermüdlich wirken sie um deretwillen, für die Christus starb. Wenn Sünder dazu gebracht werden, sich dem Heiland zu übergeben, vermitteln Engel diese Nachricht dem Himmel; dann herrscht große Freude unter den himmlischen Heerscharen. “Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.” Lukas 15,7. Über jede erfolgreiche Bemühung zur Vertreibung der Finsternis und zur Ausbreitung der Erkenntnis Christi erstatten die Engel im Himmel Bericht. Und wenn solch eine Tat vor den Vater gebracht wird, freuen sich alle himmlischen Wesen. WA 152.3
Die Fürsten und Gewaltigen des Himmels beobachten den Kampf, den Gottes Diener unter anscheinend entmutigenden Bedingungen auszutragen haben. Wenn sich Christen um das Banner ihres Erlösers scharen und den guten Kampf des Glaubens kämpfen, werden sie stets neue Erfolge erzielen und neue Ehren gewinnen. Alle Engel des Himmels stehen dem demütigen, gläubigen Gottesvolk zu Diensten. Sobald die Diener des Herrn hier auf Erden Loblieder singen, dann stimmt der himmlische Chor mit ein, um Gott und seinen Sohn zu preisen. WA 153.1
Wir sollten unbedingt den Dienst der Engel besser verstehen lernen und stets daran denken, daß jedem aufrichtigen Gotteskind der Beistand himmlischer Wesen zuteil wird. Unsichtbare Heere des Lichts und der Kraft begleiten die Sanftmütigen und Demütigen, die den Verheißungen Gottes glauben und sie auf sich beziehen. Cherubim und Seraphim, starke Helden, stehen zur Rechten Gottes, “allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen”. Hebräer 1,14. WA 153.2