Das Wirken der Apostel

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Kapitel 24: Korinth

Auf der Grundlage von Apostelgeschichte 18,1-18.

Korinth war im ersten Jahrhundert des christlichen Zeitalters eine der führenden Städte nicht nur Griechenlands, sondern der ganzen Welt. In den Straßen drängten sich Griechen, Juden, Römer und Reisende aus allen Ländern, die eifrig ihren Geschäften oder Vergnügungen nachgingen. Dieses wichtige, von allen Teilen des Römischen Reiches leicht erreichbare Handelszentrum war ein bedeutender Ort, so daß dort Gedächtnisstätten für Gott und seine Wahrheit errichtet werden sollten. WA.243.2 Gleich zu Beginn seines Wirkens in diesem Verkehrsmittelpunkt sah Paulus auf allen Seiten ernste Hindernisse für den Fortgang seiner Arbeit. Die Stadt war faßt ausnahmslos dem Götzendienst ergeben. Venus war die Lieblingsgöttin, und mit ihrer Verehrung waren zahlreiche verderbliche Riten und Sitten verknüpft. Wegen ihrer sittlichen Verderbtheit waren die Korinther selbst unter den Heiden verrufen. Ihr Denken und Tun schien auf nichts anderes als auf Vergnügungen und Lustbarkeiten des Augenblicks gerichtet zu sein. WA 243.1

Bei der Verkündigung des Evangeliums in Korinth ging der Apostel anders als in Athen vor. Dort hatte er versucht, seine Art dem Wesen seiner Zuhörer anzupassen. Er war der Logik mit Logik, der Wissenschaft mit Wissenschaft und der Philosophie mit Philosophie begegnet. Als er aber über die Zeit nachdachte, die er dort verbracht hatte, und sich bewußt wurde, wie wenig Frucht seine Arbeit in Athen gezeitigt hatte, entschloß er sich einen andern Weg einzuschlagen, um die Aufmerksamkeit dieser sorglosen und gleichgültigen Menschen zu fesseln. Er nahm sich vor, alle gelehrten Beweisführungen und Erörterungen zu vermeiden und unter den Korinthern nichts anderes zu wissen “als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten”. “Nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft” (1.Korinther 2,2.4) wollte er predigen. WA 243.2

Jesus, den Paulus den Griechen in Korinth als den Christus verkündigte, war als Jude einfacher Herkunft in einer Stadt herangewachsen, deren Gottlosigkeit sprichwörtlich geworden war. Er war von seinem eigenen Volk verworfen und schließlich als Übeltäter ans Kreuz geschlagen worden. Die Griechen hielten es für notwendig, die Menschheit auf eine höhere Stufe zu bringen; sie meinten aber, das Studium der Philosophie und der Wissenschaften sei das einzige Mittel zu wahrem Fortschritt und zu wahrer Ehre. Konnte Paulus sie davon überzeugen, daß der Glaube an die Macht dieses unbekannten Juden ihre Fähigkeiten fördern und veredeln würde? WA 244.1

Heute ist für viele das Kreuz von Golgatha von biblischen Erinnerungen umgeben. Sie stellen weihevolle Gedankenverbindungen zu dem Geschehen der Kreuzigung her. Zur Zeit des Apostels Paulus aber wurde das Kreuz mit Abscheu und Entsetzen betrachtet. Jemanden zum Heiland der Menschheit zu erklären, der den Kreuzestod erlitten hatte, mußte natürlich Spott und Widerspruch hervorrufen. WA 244.2

Paulus wußte genau, wie sich sowohl die Juden als auch die Griechen Korinths zu seiner Botschaft stellen würden. Trotzdem sagte er: “Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.” 1.Korinther 1,23. Unter seinen jüdischen Zuhörern gab es viele, die sich über die Botschaft, die er verkündigen wollte, ärgern würden. Nach Meinung der Griechen würden seine Worte völlig unsinnig sein. Es war zu erwarten, daß er für schwachsinnig angesehen würde, sobald er zu zeigen versuchte, daß das Kreuz in enger Beziehung zum Aufstieg der Menschheit und zur Erlösung der Menschen stehe. WA 244.3

Für Paulus dagegen bildete das Kreuz den Mittelpunkt all seines Denkens. Seitdem seiner Laufbahn als Verfolger der Anhänger des gekreuzigten Nazareners Einhalt geboten worden war, hatte er nie aufgehört, sich des Kreuzes zu rühmen. Damals war ihm Gottes unendliche Liebe offenbart worden, die sich in Christi Tod erwiesen hat. Dies hatte eine wunderbare Umwandlung in seinem Leben bewirkt, die all seine Pläne und Absichten in Übereinstimmung mit dem Himmel brachte. Von Stund an war er ein neuer Mensch in Christus Jesus. Aus eigener Erfahrung wußte er nun, daß jeder Sünder solch eine Veränderung seines Herzens erfährt, sobald er der Liebe des Vaters innewird, die sich im Opfer seines Sohnes offenbart, und sobald er sich dem göttlichen Einfluß hingibt. Fortan ist Christus für ihn “alles und in allen”. Kolosser 3,11; 1.Korinther 15,28. WA 245.1

Seit seiner Bekehrung war Paulus von dem einen Verlangen beseelt, seinen Mitmenschen zu helfen, in Jesus von Nazareth den Sohn des lebendigen Gottes zu erkennen, der Macht hat, umzugestalten und zu retten. Sein Leben war ganz dem Bestreben geweiht, die Liebe und Macht des Gekreuzigten zu bezeugen. Sein mitfühlendes Herz umschloß alle Bevölkerungsgruppen. “Ich bin”, so erklärte er, “ein Schuldner der Griechen und der Nichtgriechen, der Weisen und der Nichtweisen.” Römer 1,14. Liebe zu dem Herrn der Herrlichkeit, den er so unbarmherzig in der Gestalt seiner Heiligen verfolgt hatte, war für ihn der bestimmende Grundsatz und die treibende Kraft seines Handelns. Wenn je sein Eifer auf dem Pfad der Pflicht zu erlahmen drohte, genügte ein Blick auf das Kreuz und auf die dort offenbarte wunderbare Liebe, um ihn erneut die Lenden seines Gemüts umgürten (siehe 1.Petrus 1,13; Epheser 6,14) und auf dem Weg der Selbstverleugnung voranschreiten zu lassen. WA 245.2

So sehen wir, wie der Apostel in der Synagoge zu Korinth predigt und anhand der Schriftbeweise von Mose an bis zu den Propheten seine Zuhörer im Geiste hin zum Erscheinen des verheißenen Messias führt. Wir hören, wie er das Wirken des Erlösers erläutert, dessen Aufgabe als der große Hohepriester der Menschheit darin bestand, durch das Opfer seines Lebens ein für allemal Sühne zu leisten für die Sünde, um dann sein Amt im himmlischen Heiligtum aufzunehmen. Paulus machte es seinen Zuhörern verständlich, daß der Messias, dessen Erscheinen sie herbeigesehnt hatten, bereits gekommen war, daß sein Tod das Gegenbild aller Opferdienste bildete und daß sein Dienst im himmlischen Heiligtum das Wahrhaftige sei, das seinen Schatten zurück in die Vergangenheit werfe und den Dienst der jüdischen Priesterschaft verständlich mache. WA 246.1

Paulus “bezeugte den Juden, daß Jesus der Christus sei”. Apostelgeschichte 18,5. Aus den Schriften des Alten Testaments zeigte er, daß gemäß den Prophezeiungen und der allgemeinen Erwartung der Juden der Messias Nachkomme Abrahams und Davids sein sollte. Ferner wies er nach, daß Jesus wirklich von dem Patriarchen Abraham und von dem königlichen Sänger abstammte. Dann verlas er die Zeugnisse der Propheten über das Wesen und Wirken des verheißenen Messias und zeigte, wie er auf Erden aufgenommen und behandelt werden würde. Alle diese Voraussagen hätten sich im Leben, Wirken und Sterben Jesu von Nazareth erfüllt, versicherte er. WA 246.2

Paulus zeigte außerdem auf, daß Christus gekommen war, um zunächst dem Volk das Heil anzubieten, das auf das Kommen des Messias als Vollendung seiner Hoffnung und als Krönung seines nationalen Daseins wartete. Aber das Volk hatte ihn, der ihm Leben hatte geben wollen, verworfen und sich einen andern Führer erwählt, dessen Herrschaft im Tod enden mußte. Mit aller Mühe suchte der Apostel seinen Zuhörern begreiflich zu machen, daß wahre Umkehr allein das jüdische Volk vor dem drohenden Untergang retten könnte. Er zeigte ihnen, wie unwissend sie in der Erkenntnis jener Schriftstellen waren, die zu verstehen sie sich besonders brüsteten und rühmten, und tadelte ihre weltliche Gesinnung, ihre Vorliebe für Rang, Titel und Prunk sowie ihre maßlose Selbstsucht. WA 246.3

In der Kraft des Geistes berichtete Paulus die Geschichte seiner eigenen wunderbaren Bekehrung und sprach von seinem Vertrauen zu den Schriften des Alten Testaments, die sich in Jesu von Nazareth vollkommen erfüllt hatten. Seine Worte waren von heiligem Ernst getragen, und seine Zuhörer mußten erkennen, daß er den gekreuzigten und auferstandenen Heiland von ganzem Herzen liebte. Sie sahen, daß sein ganzes Denken sich auf Christus bezog und daß sein Leben völlig in dem seines Herrn aufging. Seine Worte waren so eindrucksvoll, daß davon nur die unberührt blieben, die von bitterem Haß gegen das Christentum erfüllt waren. WA 247.1

Dennoch verschlossen die Juden von Korinth ihre Augen vor den Beweisen, die der Apostel so klar erbrachte, und weigerten sich, ihm weiter zuzuhören. Der gleiche Geist, der sie veranlaßt hatte, Christus zu verwerfen, erfüllte sie nun mit Zorn und Wut gegen seinen Diener. Hätte Paulus nicht unter Gottes besonderem Schutz gestanden, so daß er weiterhin den Heiden das Evangelium verkündigen konnte, so hätten sie sicherlich seinem Leben ein Ende gemacht. WA 247.2

“Da sie aber widerstrebten und lästerten, schüttelte er die Kleider aus und sprach zu ihnen: Euer Blut komme über euer Haupt; rein gehe ich von nun an zu den Heiden! Und machte sich von dannen und kam in das Haus eines Mannes mit Namen Titius Justus, der gottesfürchtig war; dessen Haus war neben der Synagoge.” Apostelgeschichte 18,6.7. WA 247.3

Unterdessen waren “Silas und Timotheus aus Mazedonien” (Apostelgeschichte 18,5) gekommen, um Paulus zu helfen. Gemeinsam arbeiteten sie nun unter den Heiden. Ihnen sowie den Juden predigten Paulus und seine Gefährten Christus als Retter der gefallenen Menschheit. Die Boten des Kreuzes vermieden schwerverständliche, weithergeholte Beweise, verweilten aber bei den Eigenschaften des Schöpfers der Erde und Herrn des Weltalls. Ihre Herzen entflammten in Liebe zu Gott und seinem Sohn. Sie forderten die Heiden auf, auf das unermeßliche Opfer zu schauen, das für die Menschen gebracht worden war. Sie wußten, daß selbst diejenigen, die lange in der Finsternis des Heidentums umhergetappt waren, zum Heiland hingezogen würden, wenn sie nur erst das Licht wahrnehmen könnten, das sich vom Kreuz auf Golgatha ergoß. “Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde”, hatte der Heiland gesagt, “so will ich alle zu mir ziehen.” Johannes 12,32. WA 248.1

Die Boten des Evangeliums in Korinth erkannten die schrecklichen Gefahren, die denen drohten, für die sie wirkten. Sie waren sich ihrer Verantwortung bewußt, als sie die Wahrheit verkündeten, die sich auf Jesus gründet. Klar, einfach und bestimmt war ihre Botschaft, “diesen ein Geruch des Todes zum Tode, jenen aber ein Geruch des Lebens zum Leben”. 2.Korinther 2,16. Nicht nur durch ihre Worte, sondern auch durch ihr tägliches Leben offenbarten sie das Evangelium. Engel wirkten mit ihnen zusammen, und Gottes Gnade und Kraft wurden in der Bekehrung vieler sichtbar. “Krispus aber, der Vorsteher der Synagoge, kam zum Glauben an den Herrn mit seinem ganzen Hause; und viele Korinther, die zuhörten, wurden gläubig und ließen sich taufen.” Apostelgeschichte 18,8. WA 248.2

Der Haß, den die Juden den Aposteln gegenüber schon immer empfunden hatten, wurde jetzt noch stärker. Auch die Bekehrung und Taufe des Krispus konnte diese hartnäckigen Widersacher nicht überzeugen, sondern erbitterte sie nur um so mehr. Da sie die Predigt des Paulus nicht stichhaltig zu widerlegen vermochten, nahmen sie ihre Zuflucht zu Betrug und boshaften Angriffen. Sie lästerten das Evangelium und den Namen Jesu. In ihrem blinden Zorn waren ihnen keine Worte zu scharf kein Anschlag zu gemein, um davon nicht Gebrauch zu machen. Zwar konnten sie die Wunder Christi nicht leugnen, aber sie behaupteten, daß er sie durch die Kraft Satans vollbracht hatte. Frech erklärten sie, daß es sich mit den von Paulus vollbrachten wunderbaren Werken nicht anders verhielte. WA 248.3

Obwohl Paulus in Korinth einen gewissen Erfolg hatte, wurde er doch durch die Bosheit, die er in dieser verderbten Stadt sah und hörte, beinahe entmutigt. Die moralische Verderbtheit, die er unter den Heiden fand, die Verachtung und Beleidigungen, die ihm von den Juden zugefügt wurden, bereiteten ihm tiefe innere Not. Er zweifelte daran, ob es weise sei, zu versuchen, unter diesen Menschen eine Gemeinde aufzubauen. WA 249.1

Ernstlich plante er, die Stadt zu verlassen und mit einem versprechenderen Gebiet zu vertauschen und zu erfahren, wo er seine Pflicht zu tun habe. Da erschien ihm der Herr in einem Gesicht und sagte: “Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! denn ich bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden; denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.” Apostelgeschichte 18,9.10. Paulus faßte dies als Befehl auf, in Korinth zu bleiben und zugleich als Zusicherung, daß der Herr zur erfolgten Aussaat auch das Wachstum schenken würde. Dadurch gestärkt und ermutigt, fuhr er fort, weiterhin mit Eifer und Ausdauer in dieser Stadt zu arbeiten. WA 249.2

Der Apostel beschränkte sich in seinem Wirken nicht allein auf die öffentliche Verkündigung, denn viele hätte er auf diesem Wege nicht erreichen können. Deshalb verwandte er viel Zeit auf die Arbeit von Haus zu Haus. Er nutzte die Gelegenheit zu Gesprächen im Familienkreis, besuchte Kranke und Trauernde, tröstete die Betrübten und richtete die Bedrückten auf. In allem, was er sagte und tat, verherrlichte er den Namen Jesu. So wirkte er “in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern”. 1.Korinther 2,3. Er zitterte bei dem Gedanken, seine Verkündigung könnte mehr den Stempel des Menschlichen als des Göttlichen tragen. WA 249.3

“Wovon wir aber reden”, erklärte Paulus später, “das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, welche vergehen. Sondern wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Zeit der Welt zu unserer Herrlichkeit, welche keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Sondern es ist gekommen, wie geschrieben steht: ‘Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.’ Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes. WA 250.1

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt und deuten geistliche Sachen für geistliche Menschen.” 1.Korinther 2,6-13. WA 250.2

Paulus war sich bewußt, daß seine Tüchtigkeit nicht in ihm selbst begründet war, sondern in der Gegenwart des Heiligen Geistes, dessen gnadenreicher Einfluß sein Herz erfüllte und sein ganzes Denken Christus unterordnete. Er sprach von sich selbst, wenn er sagte: Wir “tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde”. 2.Korinther 4,10. Christus war der Mittelpunkt der Lehre des Apostels. “Ich lebe”, erklärte er, “doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.” Galater 2,20. Das Ich war verborgen; Christus dagegen wurde offenbart und erhöht. WA 250.3

Paulus war ein gewandter Redner. Vor seiner Bekehrung hatte er oft seine Zuhörer durch seine begeisternde Redegabe zu beeindrucken versucht. Das aber war nun abgetan. Er erging sich nicht mehr in poetischen Redewendungen oder schwärmerischen Darstellungen, die zwar gefällig wirkten und die Einbildungskraft bereicherten, aber die Wirklichkeit des Alltags nicht berührten. Paulus war vielmehr darauf bedacht, in einfacher Sprache die lebenswichtige Wahrheit dem Herzen nahezubringen. Eine überschwengliche Darstellung der Wahrheit mag schwärmerische Gefühle hervorrufen; aber nur zu oft bieten die in dieser Weise verkündigten Wahrheiten nicht die Speise, die der Gläubige zur Stärkung und Ermutigung in den Kämpfen des Lebens benötigt. Den augenblicklichen Bedürfnissen, den gegenwärtigen Anfechtungen kämpfender Seelen muß man nur mit einer gesunden, lebensbezogenen Unterweisung in den wesentlichen Grundsätzen der christlichen Botschaft begegnen. WA 251.1

Das Wirken des Apostels in Korinth blieb nicht ohne Frucht. Viele wandten sich vom Götzenkult ab, um dem lebendigen Gott zu dienen. Eine große Gemeinde scharte sich um das Banner Christi. Sogar aus dem tiefsten Heidentum wurden einige gerettet und so zu Denkmälern der Gnade Gottes und der Kraft des Blutes Christi, das von der Sünde reinigt. WA 251.2

Der wachsende Erfolg des Apostels durch die Verkündigung Christi trieb die Ungläubigen Juden zu noch entschiedenerem Widerstand an. Einmütig “empörten sich die Juden ... wider Paulus und führten ihn vor den Richterstuhl” des Landvogtes Gallio, des Statthalters in Achaja. Sie erwarteten, daß sich die Behörde — wie bei früheren Anlässen — auf ihre Seite stellen würde. Laut und aufgebracht erhoben sie Anklage gegen den Apostel. Sie sagten: “Dieser Mensch überredet die Leute, Gott zu dienen dem Gesetze zuwider.” Apostelgeschichte 18,12.13. WA 251.3

Die jüdische Religion stand unter dem Schutz des römischen Staates, und die Ankläger des Paulus dachten, wenn sie ihn damit belasten könnten, die Gesetze ihrer Religion freventlich übertreten zu haben, würde er ihnen vielleicht zum Verhör und zur Aburteilung ausgeliefert werden. Auf diese Weise hofften sie seinen Tod herbeiführen zu können. Gallio aber, ein rechtschaffener Mann, weigerte sich, Handlanger der eifersüchtigen, ränkeschmiedenden Juden zu sein. Angewidert von ihrer Scheinheiligkeit und Selbstgerechtigkeit, ging er auf ihre Anklage nicht ein. Als Paulus sich vor Gallio verteidigen wollte, erklärte der Landvogt dies für unnötig. Dann wandte er sich an die wütenden Ankläger: “Wenn es ein Frevel oder ein Vergehen wäre, ihr Juden, so hörte ich euch billig; weil es aber Fragen sind von der Lehre und von Personen und von dem Gesetz unter euch, so sehet ihr selber zu; ich gedenke, darüber nicht Richter zu sein. Und trieb sie von dem Richterstuhl.” Apostelgeschichte 18,14-16. WA 252.1

Gespannt hatten Juden und Griechen auf Gallios Entscheidung gewartet; doch seine sofortige Zurückweisung der Angelegenheit, die nicht das allgemeine Interesse betraf, war für die Juden das Zeichen, sich verblüfft und verärgert zurückzuziehen. Die Entschiedenheit des Landvogts öffnete auch dem lärmenden Pöbel, der die Juden unterstützt hatte, die Augen. Zum erstenmal, seitdem Paulus in Europa wirkte, stellte sich die Volksmenge auf seine Seite. Vor den Augen des Landvogts und ohne sein Eingreifen bedrängten sie die führenden Ankläger des Apostels. “Da ergriffen sie alle Sosthenes, den Vorsteher der Synagoge, und schlugen ihn vor dem Richterstuhl, und Gallio kümmerte sich nicht darum.” Apostelgeschichte 18,17. So errang das Christentum einen bemerkenswerten Sieg. WA 252.2

“Paulus aber blieb noch eine Zeitlang daselbst.” Apostelgeschichte 18,18. Wäre Paulus damals gezwungen worden, Korinth zu verlassen, so hätte das die an Christus gläubig Gewordenen in eine bedrohliche Lage gebracht. Die Juden hätten hinfort alles darangesetzt, den erlangten Vorteil bis zur Vernichtung des Christentums in jener Gegend auszunutzen. WA 253.1