Leben und Wirken von Ellen G. White

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Kapitel 54: Im südlichen Californien

“Alle unsere ärztlichen Anstalten sind als Anstalten der Siebenten-Tags-Adventisten begründet worden, um die verschiedenen Grundzüge evangelischer ärztlicher Missionsarbeit zu repräsentieren und so den Weg für das Kommen des Herrn zu bereiten”,1 schrieb Frau White im Jahre 1903, als die Entwicklung des ärztlichen Missionswerkes im südlichen Californien unter Erwägung war. LW 455.1

Wenn wir die Mittel auf das Bauen von Heilanstalten verwenden sollen, um für das Seelenheil der Kranken und Leidenden zu wirken, so müssen wir unser Werk in einer solchen Weise planen, dass diejenigen, denen wir zu helfen wünschen, auch die Hilfe bekommen, deren sie bedürfen. Wir müssen alles, was in unserer Kraft steht, zur Heiligung des Leibes tun; aber wir müssen die Heiligung der Seele als von weit größerer Wichtigkeit ansehen. Den zu unsern Heilanstalten kommenden Patienten muss der Weg des Heils gezeigt werden, damit sie Buße tun und die Worte hören: Deine Sünden sind dir vergeben; gehe hin und sündige nicht mehr.”2 LW 455.2

Weil sich außerordentliche Gelegenheiten zum Gewinnen von Seelen darboten, legte Frau White ein entschiedenes Zeugnis zu Gunsten der Begründung einer Gruppe ärztlicher Anstalten im südlichen Californien ab. “Von dem Lichte, das mir gegeben wurde, als ich in Australien war, und das erneuert wurde, seit ich wieder nach Amerika kam”, schrieb sie im Jahre 1903, “weiß ich, dass unser Werk im südlichen Californien schneller voranschreiten muss. Die Leute, die nach jener Gegend strömen, um ihre Gesundheit wieder zu erlangen, müssen die letzte Gnadenbotschaft hören ... “Von vielen Orten im südlichen Californien muss das Licht zu den großen Massen ausstrahlen. Die gegenwärtige Wahrheit muss wie eine Stadt sein, die auf einem Berge liegt, die nicht verborgen werden kann. LW 455.3

“Im südlichen Californien sind viele Grundstücke zu verkaufen, auf welchen schon Gebäude errichtet sind, die sich für Heilanstalten eigen. Einige dieser Grundstücke könnten angekauft und so das ärztliche Missionswerk in vernünftiger und rationeller Weise betrieben werden. Mehrere kleine Heilanstalten müssen im südlichen Californien begründet werden zum Nutzen der vielen, die dahin ziehen in der Hoffnung, ihre Gesundheit wieder zu erlangen. Ich bin unterwiesen worden, dass jetzt unsere Gelegenheit gekommen ist. Die Leidenden zu erreichen, die nach den Kurorten im südlichen Californien strömen, und dass auch ein Werk für ihre Pfleger getan werden kann ... LW 456.1

“Anstatt alle zu erlangenden Mittel in einer ärztlichen Anstalt anzulegen, sollten wir an vielen Orten kleinere Heilanstalten begründen. Bald wird der Ruf der Kurorte im südlichen Californien ein noch besserer sein als jetzt. Jetzt ist für uns die Zeit gekommen, jenes Feld zu betreten, um das ärztliche Missionswerk zu betreiben.”3 LW 456.2

Während der Jahre, in denen solche Ratschläge gegeben wurden, besuchte Frau White bei mehreren Gelegenheiten das südliche Californien in der Hoffnung, die Brüder zu ermutigen, mit ihrem Suchen nach Grundstücken mit geeigneten Gebäulichkeiten für ärztliche Anstalten fortzufahren. Bisweilen wurden ihr in Gesichten des Nachts Bilder von in Betrieb befindlichen Heilanstalten vorgeführt. Diese Darstellungen versuchte sie zu beschreiben und den verantwortliche Stellungen einnehmenden Brüdern zuzustellen. Zu andern Zeiten wurden ihr in vergangenen Jahren gegebene Instruktionen in bezug auf Ziel und Zweck der ärztlichen Missionsarbeit und das Muster, das bei der Begründung und dem Betrieb von Heilanstalten in verschiedenen Teilen der Welt befolgt werden sollte, wiederum lebendig vorgeführt. LW 456.3

Während die Augen einiger der Brüder auf die Städte gerichtet waren, lenkte Frau White die Aufmerksamkeit auf die Vorteile des Aufenthaltes auf dem Lande und die Nutzen, den die Patienten dadurch erlangen würden, den schädlichen Einflüssen des modernen Stadtlebens entrückt zu sein. Beträchtliche Teile dieser Belehrung sind in Band 7 von “Testimonies for the Church” veröffentlicht worden.4 Unter den vorgeführten Darstellungen waren die folgenden: LW 457.1

“In der Nacht wurde mir eine Ansicht von einer Heilanstalt auf dem Lande gegeben. Die Anstalt war nicht groß, aber sie war vollständig. Sie war von schönen Bäumen, von Gebüsch und Sträuchern umgeben, über welche hinaus sich Obstgärten und Haine erstreckten. In Verbindung mit dem Platze waren Gärten, in denen die weiblichen Patienten, wenn sie es wünschten, Blumen aller Art ziehen konnten wobei jede Patientin sich ein besonderes Plätzchen wählte, welches sie dann besorgte. Bewegung im Freien in diesen Gärten bildeten einen Teil ihrer regelmäßigen Behandlung. LW 457.2

“Szene nach Szene zog an mir vorüber. In einer Szene waren eine Anzahl leidende Patienten gerade nach einer unserer Heilanstalten auf dem Lande gekommen. LW 457.3

In einer andern sah ich dieselbe Schar, aber wie verändert war ihr Aussehen! Die Krankheit war verschwunden, die Haut war klar, der Gesichtsausdruck freudig; Körper und Gemüt schienen von neuem Leben beseelt ... LW 458.1

“Viele der Kranken und Leidenden werden sich von den Städten zu dem Lande wenden und sich weigern, sich den Gewohnheiten, Gebräuchen und Moden des Stadtlebens anzupassen: sie werden versuchen, in einer unserer ländlichen Heilanstalten ihre Gesundheit wieder zu erlangen. Und so werden wir, obgleich wir zwanzig oder dreißig Meilen von der Stadt entfernt sind, doch imstande sein, die Leute zu erreichen; und diejenigen die Gesundheit zu haben wünschen, werden Gelegenheit bekommen, sie unter den günstigsten Verhältnissen wieder zu erlangen. LW 458.2

“Gott wird Wunder für uns wirken, wenn wir im Glauben seine Mitarbeiter sind. Lasst uns also eine vernünftige Handlungsweise einschlagen, damit unsere Bestrebungen von Gott gesegnet und mit Erfolg gekrönt werden können.”5 LW 458.3

Die Ratschläge in bezug auf die Ausdehnung des ärztlichen Missionswerkes waren nicht auf irgendeinen begünstigten Bezirk beschränkt. “Gott hat sein Volk befähigt, die Welt zu erleuchten”, schrieb Frau White, während ihre Gedanken sich besonders mit den den Siebenten-Tags-Adventisten im südlichen Californien gebotenen Gelegenheiten beschäftigen. “Er hat ihnen Fähigkeiten anvertraut, durch welche sie sein Werk ausdehnen sollen, bis es den ganzen Erdkreis umspannt. In allen Teilen der Erde müssen sie Heilanstalten, Schulen, Verlagshäuser und ähnliche Einrichtungen zur Vollendung seines Werkes begründen ... In vielen Ländern müssen ärztliche Missionen begründet werden, um als helfende Hand Gottes im Dienste der Leidenden benutzt zu werden. LW 458.4

“Christus ist ein Mitarbeiter derjenigen, die in ärztlicher Missionsarbeit tätig sind. Männer und Frauen, die selbstlos tun, was sie können, um Heilanstalten und Behandlungszimmer in vielen Ländern zu begründen, werden reichlich belohnt werden. Personen, die diese Anstalten besuchen, werden leiblich, geistig und geistlich gesegnet werden — die Müden werden erfrischt, die Kranken wieder gesund, den von Sünde Niedergedrückten wird geholfen. In fernen Ländern wird man Lob und Danksagungen von solchen hören, deren Herzen durch diese Mittel vom Dienst der Sünde zur Gerechtigkeit gebracht worden sind. Durch ihre Dank- und Loblieder wird ein Zeugnis abgelegt, das andere zur Treue gegen Christum und zur Gemeinschaft mit ihm gewinnen wird.”6 LW 459.1

Bei der Einweihung der Heilanstalt in Loma Linda am 15. April 1906 gab Frau White einen Überblick über das bemerkenswerte Walten der göttlichen Vorsehung, das die Bestrebungen der Brüder, sich Grundstücke mit Heilanstalten im südlichen Californien zu sichern, begleitet hat. Sie gab auch kurz eine Darlegung des göttlichen Zweckes, der durch solche Mittel erreicht werden soll. Im Laufe ihrer Bemerkungen erklärte sie: LW 459.2

“Ernst und feierlich ist die Verantwortung, die auf ärztlichen Missionaren ruht. Sie sollen Missionare im wahren Sinne des Wortes sein. Die Kranken und Leidenden, die sich der Pflege der Arbeiter in unsern ärztlichen Anstalten anvertrauen, dürfen nicht enttäuscht werden. Es muss ihnen gelehrt werden, im Einklang mit Gott zu leben. Indem sie lernen, dem Gesetze Gottes zu gehorchen, werden sie an Körper und Geist reich gesegnet werden. LW 459.3

“Die Vorteile des Lebens im Freien dürfen nie aus den Augen gelassen werden. Wie dankbar sollten wir doch sein, dass Gott uns schöne Heilanstalten in Paradise Valley, Glendale und Loma Linda gegeben hat! ‘Aus den Städten heraus! — dies ist seit Jahren meine Botschaft gewesen. Wir können nicht erwarten, dass die Kranken schnell gesund werden, wenn sie in irgendeiner Stadt innerhalb vier Wänden eingeschlossen sind, mit keiner andern Aussicht ins Freie als auf Häuser, Häuser, Häuser — nichts, um sie anzuregen, nichts, um sie zu beleben. Und doch, wie langsam erkennen einige, dass die gedrängt angefüllten Städten keine günstigen Orte für Heilanstalten sind! LW 460.1

“Selbst im südlichen Californien gab es vor nicht sehr vielen Jahren einige, die die Errichtung einer großen Heilanstalt im Herzen von Los Angeles befürworteten. Im Lichte der von Gott gegebenen Belehrung konnten wir der Ausführung eines solchen Planes nicht zustimmen. In Nachtgesichten hatte der Herr mir unbenutzte Grundstücke auf dem Lande gezeigt, die sich für Heilanstalten eigneten und zu einem Preise zu kaufen waren, der weit unter dem ursprünglichen Kaufpreis stand. LW 460.2

“Es nahm etwas Zeit, ehe wir diese Plätze fanden. Zuerst sicherten wir uns die Heilanstalt zu Paradise Valley, in der Nähe von San Diego. Ein paar Monate später kam in der Vorsehung Gottes das Grundstück bei Glendale zur Kenntnisnahme unserer Glieder; es wurde gekauft und für seinen Zweck eingerichtet. Aber wir erhielten Licht darüber, dass unser Werk in der Begründung von Heilanstalten im südlichen Californien noch nicht beendet sei; und bei mehreren verschiedenen Gelegenheiten wurden Zeugnisse gegeben, dass irgendwo in der Umgegend von Redlands ärztliche Missionsarbeit getan werden müsse. LW 460.3

“In einem Aufsatz, der in der (The Review and Herald, 6. April 1905) veröffentlicht wurde, schrieb ich: LW 461.1

‘Auf unserer Rückreise nach Redlands, als unser Zug durch Meilen von Orangenhainen fuhr, dachte ich an die Versuche, die in diesem schönen Tal gemacht werden sollten, die Wahrheit für diese Zeit zu verkündigen. Ich erkannte diesen Bezirk des südlichen Californiens als einen der Plätze, der mir mit der Anweisung, dass er eine voll ausgestattete Heilanstalt haben sollte, vorgeführt worden war.’ LW 461.2

‘Warum sollten wir solche Felder wie Redlands und Riverside beinahe unbearbeitet lassen? ... Der Herr wünscht, dass mutige, ernste Männer und Frauen sein Werk an diesen Plätzen anfangen. Das Werk Gottes muss schnelleren Fortschritt im südlichen Californien machen als es in der Vergangenheit gemacht hat. Jedes Jahr besuchen Tausende von Leuten das südliche Californien, um ihre Gesundheit wieder zu erlangen, und wir sollten durch verschiedene Methoden versuchen, sie mit der Wahrheit zu erreichen. Sie müssen die Warnung hören, um sich für den großen Tag des Herrn, der gerade vor der Tür ist, vorzubereiten ... Arbeiter, die zu den Massen sprechen können, müssen sich niederlassen, wo sie das Volk erreichen und ihm die Botschaft geben können ... Sie sollten schnell die Gelegenheiten ergreifen, die gegenwärtige Wahrheit denen, die sie noch nicht kennen, vorzuführen. Sie sollten die Botschaft mit Klarheit und Kraft verkündigen, auf dass diejenigen, die Ohren haben, zu hören, hören können.’” LW 461.3

“Diese Worte wurden geschrieben, ehe ich irgend etwas von dem Grundstück bei Loma Linda gehört hatte. Immer noch ruhte die Bürde, dass eine weitere Heilanstalt begründet werden sollte, auf mir. Im Herbste 1903 hatte ich ein Gesicht von einer Heilanstalt inmitten einer herrlichen Landschaft irgendwo im südlichen Californien; und kein Grundstück, das ich gesehen hatte, entsprach der mir in diesem Gesicht vorgeführten Darstellung. Zur Zeit schrieb ich über dieses Gesicht an unsere Brüder und Schwestern, die sich anfangs September 1903 auf der Lagerversammlung in Los Angeles versammelt hatten.” LW 461.4

“Während ich die Generalkonferenz von 1905 in Washington, D. C., besuchte, erhielt ich einen Brief vom Ältesten F. A. Burden, der ein Grundstück beschrieb, das er vier Meilen westlich von Redlands, fünfeinhalb Meilen südlich von San Bernardino und acht Meilen nordöstlich von Riverside gefunden hatte. Als ich seinen Brief las, erhielt ich den Eindruck, dass dies einer der Plätze sei, den ich im Gesicht gesehen hatte ...” LW 462.1

“Als ich später dies Grundstück sah, erkannte ich es als einen der Plätze, den ich beinahe zwei Jahre vorher im Gesicht gesehen hatte. Wie dankbar ich dem Herrn, unserm Gott, für diesen Platz bin, der für uns bereitet ist, um denselben zur Ehre und Verherrlichung seines Namens zu benutzen!”7 LW 462.2

Den auf der Generalkonferenz von 1909 versammelten Deligierten erzählte Frau White einige der Erfahrungen, die mit der festen Begründung der ärztlichen Missionsarbeit im südlichen Californien verbunden waren, und zwar nahm sie besonders Bezug auf die segnende Hand Gottes, indem er Mittel und Wege zur Ausbildung vieler ärztlicher Missionare und Evangelisten für den sich über die ganze Welt hin erstreckenden Dienst eröffnete. In diesem Zusammenhange sagte sie: LW 462.3

“Einer der Hauptvorteile von Loma Linda ist die gefällige Mannigfaltigkeit der entzückenden Szenerie, die wir auf allen Seiten sehen. Der weite Ausblick auf die Berge und Täler ist großartig. Aber wichtiger als großartige Szenerie, schöne Gebäulichkeiten und ausgedehnte Landschaften ist die Nähe eines dicht bevölkerten Bezirks und die somit gebotene Gelegenheit, vielen, vielen Leuten die Dritte Engelsbotschaft zu verkündigen. Wir müssen klare geistliche Unterscheidungsgabe besitzen; sonst werden wir das Walten der göttlichen Vorsehung, die uns den Weg bereitet, um die Welt zu erleuchten, nicht erkennen.” LW 462.4

“Mit dem Besitz dieses Platzes kommt aber auch die schwere Verantwortlichkeit, dem Wirken dieser Anstalt einen erzieherischen Charakter zu geben. Loma Linda soll nicht nur eine Heilanstalt sein, sondern auch ein erzieherischer Mittelpunkt. Es muss hier eine Schule zur Ausbildung von evangelischen ärztlichen Missionaren und Evangelisten begründet werden ...” LW 463.1

“In Loma Linda haben wir einen vorteilhaften Mittelpunkt für die Förderung verschiedener Missionsunternehmungen. Wir können sehen, dass es in der Vorsehung Gottes lag, dass diese Heilanstalt in den Besitz unserer Gemeinschaft kam. Wir sollten Loma Linda schätzen als einen Platz, den wir, wie Gott im voraus sah, brauchen würden, und den er uns gab. Es ist in Verbindung mit den Interessen der Heilanstalt und der Schule in Loma Linda ein Werk zu tun, und dies wird getan werden, wenn wir alle auf dieses Ziel hinarbeiten und vereint nach der Ordnung Gottes voranschreiten.”8 LW 463.2