Frühe Schriften von Ellen G. White

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Kapitel 28: Die dritte Engelsbotschaft1

Als der Dienst Jesu im Heiligen zu Ende war, er in das Allerheiligste ging und vor der Bundeslade stand, die das Gesetz Gottes enthielt, sandte er einen anderen mächtigen Engel mit einer dritten Botschaft zur Erde. Ein Pergament wurde dem Engel in die Hand gegeben. Als er in Macht und Majestät zur Erde niederstieg, verkündigte er eine furchtbare Warnung mit der schrecklichsten Drohung, die je an Menschen erging. Diese Botschaft war dazu bestimmt, die Kinder Gottes zu warnen, indem sie ihnen die Stunde der Versuchung und Angst zeigte, die ihnen bevorstand. Der Engel sagte: “Sie werden in einen heftigen Kampf mit dem Tier und seinem Bild geführt werden. Ihre einzige Hoffnung auf ewiges Leben besteht darin, daß sie standhaft bleiben. Obgleich ihr Leben auf dem Spiel steht, müssen sie doch an der Wahrheit festhalten.” Der dritte Engel schließt seine Botschaft mit folgenden Worten: “Hier ist Geduld der Heiligen. Hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus!” Offenbarung 14,12. Als er diese Worte wiederholte, wies er auf das himmlische Heiligtum hin. Die Gedanken aller, die diese Botschaft von Herzen annehmen, sind auf das Allerheiligste gerichtet, wo Jesus vor der Bundeslade steht und seine letzte Fürsprache für alle jene einlegt, für die noch Gnade vorhanden ist, und für solche, die unwissend das Gesetz Gottes übertreten haben. Diese Versöhnung gilt sowohl für die gerechten Toten als auch für die lebenden Gerechten. Es schließt alle ein, die im Vertrauen auf Christus gestorben sind, die aber, da sie das Licht über das Gesetz Gottes noch nicht empfangen hatten, unwissend gesündigt haben, indem sie seine Vorschriften übertraten. FS 240.2

Nachdem Jesus die Tür zum Allerheiligsten geöffnet hatte, erhielt das Volk Gottes Licht über den Sabbat, und wie die Kinder Israel vor alters wurde es geprüft, um zu sehen, ob es das Gesetz Gottes halten würde. Ich sah den dritten Engel aufwärts weisen und den Enttäuschten den Weg zum Allerheiligsten des himmlischen Heiligtums zeigen. Wenn sie durch den Glauben in das Allerheiligste eintreten, finden sie Jesus, und aufs neue sprießen Hoffnung und Freude auf. Ich sah, wie sie zurückblickten auf die Vergangenheit von der Verkündigung der Wiederkunft Jesu an bis zur Erfahrung, als die Zeit im Jahr 1844 verstrich. Sie sehen ihre Enttäuschung erklärt. Freude und Sicherheit beseelen sie wieder. Der dritte Engel hat die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft erleuchtet, und sie wissen, daß Gott sie tatsächlich durch seine wunderbare Vorsehung geführt hat. Es wurde mir gezeigt, daß die “Übrigen” Jesus in das Allerheiligste nachfolgten, die Bundeslade und den Gnadenthron sahen und von ihrer Herrlichkeit gefesselt wurden. Jesus hob dann den Deckel der Bundeslade auf, und siehe da, da waren die Steintafeln, mit den Zehn Geboten darauf geschrieben. Sie lesen die lebendigen, göttlichen Aussprüche, fahren aber mit Zittern zurück, wenn sie das vierte Gebot unter den zehn heiligen Vorschriften von einem Kranz der Herrlichkeit umgeben und mit hellerem Licht als die übrigen neun beleuchtet sehen. Sie finden dort nichts, was sagen würde, daß der Sabbat abgeschafft oder auf den ersten Tag der Woche verlegt worden wäre. Das Gebot lautet noch ebenso, wie es von der Stimme Gottes in feierlicher Majestät auf dem Berg gesprochen wurde, als die Blitze zuckten und die Donner rollten. Es ist noch immer so, wie es mit seinem eigenen Finger auf die Steintafeln geschrieben wurde: “Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun; aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes.” Sie sind erstaunt, wenn sie die Sorgfalt sehen, mit der die Zehn Gebote behandelt werden. Sie sehen sie in der Nähe Jahwes niedergelegt, überschattet und beschützt von seiner Heiligkeit. Sie sehen, daß sie das vierte der Zehn Gebote mit Füßen getreten und einen Tag gehalten haben, der von den Heiden und Papisten weitergegeben worden ist, statt des von Jahwe geheiligten Tages. Sie demütigen sich vor Gott und beklagen ihre vergangenen Übertretungen. 2.Mose 20,9.10. FS 241.1

Ich sah das Räucherwerk im Räuchergefäß aufgehen, als Jesus ihre Bekenntnisse und Gebete seinem Vater darbrachte. Als der Rauch aufstieg, ruhte ein helles Licht auf Jesus und auf dem Gnadenthron. Die ernsten, betenden Menschen, die beunruhigt waren, weil sie entdeckt hatten, daß sie Übertreter des Gesetzes Gottes waren, wurden gesegnet. Ihre Angesichter leuchteten in Hoffnung und Freude auf. Sie nahmen an dem Werk des dritten Engels teil und erhoben ihre Stimmen, um die ernste Warnung zu verkündigen. Zuerst nahmen nur wenige sie an, doch die Treuen fuhren energisch fort, die Botschaft zu verkündigen. Dann sah ich, daß viele die Botschaft des dritten Engels von Herzen annahmen und gemeinsam mit denen verkündigten, die zuerst die Warnung gegeben hatten. Sie ehrten Gott, indem sie seinen geheiligten Ruhetag hielten. FS 242.1

Viele, die die dritte Botschaft von Herzen annahmen, hatten keine Erfahrung mit den zwei früheren Botschaften gemacht. Satan wußte dies, und sein böses Auge war darauf gerichtet, sie zu stürzen. Aber der dritte Engel verwies sie auf das Allerheiligste, und jene, die eine Erfahrung auch mit den vergangenen Botschaften hatten, wiesen ihnen den Weg zum himmlischen Heiligtum. Viele sahen die vollkommene Kette der Wahrheit in den Engelsbotschaften, nahmen sie freudig in ihrer Reihenfolge an und folgten Jesus im Glauben in das himmlische Heiligtum. Diese Botschaften wurden mir als ein Anker für Gottes Volk dargestellt. Die, die sie verstehen und annehmen, werden bewahrt, daß sie nicht von den vielen Täuschungen Satans davongerissen werden. FS 243.1

Nach der großen Enttäuschung von 1844 waren Satan und seine Engel eifrig damit beschäftigt, Schlingen zu legen, um den Glauben der Gemeinde ins Wanken zu bringen. Sie beeinflußten die Gedanken von Personen, die eine Erfahrung mit den Botschaften und einen Anschein von Demut hatten. Manche verwiesen bezüglich der Erfüllung der ersten und zweiten Botschaft auf die Zukunft, während andere weit in die Vergangenheit zurück verwiesen und erklärten, daß sie schon dort erfüllt worden seien. Diese gewannen Einfluß auf die Gedanken der Unerfahrenen und brachten ihren Glauben ins Wanken. Manche durchforschten die Bibel, um ein eigenes Glaubensgebäude aufzurichten, unabhängig von der Gemeinde. Satan frohlockte über all dies, denn er wußte, daß er solche, die den Anker losließen, durch verschiedene Irrtümer beeinflussen und sie mit allerlei Wind der Lehre umtreiben könnte. Viele, die in der ersten und zweiten Botschaft eine führende Stellung eingenommen hatten, verleugneten nun die Botschaften. Es entstand eine Spaltung und Verwirrung in der ganzen Gemeinde. FS 243.2

Meine Aufmerksamkeit wurde dann auf William Miller gelenkt. Er blickte verwirrt drein und war von Besorgnis und Schmerz für sein Volk niedergebeugt. Die Schar, die sich 1844 in Liebe zusammengeschlossen hatte, verlor ihre Liebe. Sie waren gegeneinander und fielen in einen kalten Zustand, zurück in ihr altes Leben. Als Miller dies sah, zehrte der Kummer seine Kraft auf. Ich sah, daß führende Männer ihn beobachteten und fürchteten, daß er die dritte Engelsbotschaft und die Gebote Gottes annehmen könnte. Als er sich dem Licht vom Himmel zuneigen wollte, legten diese Männer verschiedene Pläne, um seine Gedanken davon abzuwenden. Menschlicher Einfluß wurde ausgeübt, um ihn in Finsternis zu halten und seinen Einfluß denen zu sichern, die der Wahrheit widerstanden. Schließlich erhob William Miller seine Stimme gegen das Licht vom Himmel. Er machte den Fehler, die Botschaft nicht anzunehmen, die seine Enttäuschung vollständig erklärt und ein herrliches Licht auf die Vergangenheit geworfen hätte. Die Botschaft hätte seine erschöpften Kräfte wieder belebt, seine Hoffnungen erleuchtet und ihn dazu geführt, Gott zu verherrlichen. Er stützte sich auf menschliche Weisheit statt auf göttliche; aber von schwerer Arbeit im Werk seines Meisters und vom Alter gebrochen, war er nicht so verantwortlich wie jene, die ihn von der Wahrheit abhielten. Sie sind verantwortlich. Die Sünde ruht auf ihnen. FS 244.1

Wenn William Miller das Licht der dritten Botschaft gesehen hätte, so wären ihm viele Dinge, die ihm dunkel und geheimnisvoll erschienen, klar geworden. Aber seine Brüder bezeugten solch tiefe Liebe und solches Interesse für ihn, daß er dachte, er könnte sich nicht von ihnen losreißen. Sein Herz wollte sich der Wahrheit zuneigen; aber dann schaute er auf seine Brüder und die widerstanden ihr. Konnte er sich von denen trennen, die bei der Verkündigung des Kommens Jesu Schulter an Schulter mit ihm gestanden hatten? Er dachte, daß sie ihn sicherlich nicht irreführen würden. FS 244.2

Gott duldete, daß er unter die Macht Satans, unter die Herrschaft des Todes kam, und verbarg ihn im Grab vor denen, die ihn beständig von der Wahrheit abwenden wollten. Mose machte einen Fehler, als er im Begriff war, das verheißene Land zu betreten. Ich sah, daß William Miller ebenso einen Fehler machte, als er nahe daran war, das himmlische Kanaan zu betreten, indem er zuließ, daß sich sein Einfluß gegen die Wahrheit auswirkte. Andere führten ihn diesen Weg, andere müssen Rechenschaft dafür ablegen. Aber Engel bewachen den kostbaren Staub dieses Knechtes Gottes. Er wird beim Schall der letzten Posaune hervorkommen. FS 245.1