Auf den Spuren des großen Arztes

225/229

Das Vorrecht des Gebets

Auch wir müssen uns Zeiten freihalten zum vertieften Nachdenken und Beten sowie zum Empfang geistlicher Stärkung. Wir schätzen die Macht und Wirksamkeit des Gebets nicht so, wie wir sollten. Gebet und Glaube werden vollbringen, was keine Macht der Erde zuwege bringen kann. Wir werden uns nur selten zweimal in genau der gleichen Situation befinden. Vielmehr müssen wir ständig aufs neue Erlebnisse und Prüfungen durchstehen, in denen uns die Erfahrungen der Vergangenheit keine ausreichende Hilfestellung geben. Wir brauchen also das beständige Licht, das von Gott kommt. SGA 426.3

Christus sendet denen, die auf seine Stimme hören, stets Botschaften. In der Nacht der Todesqualen in Gethsemane hörten die schlafenden Jünger nicht die Stimme Jesu. Sie nahmen undeutlich die Gegenwart der Engel wahr, erkannten aber nicht die Kraft und Herrlichkeit der Szene. Ihre Schläfrigkeit und Benommenheit brachte sie um die Stärkung, die sie für die schrecklichen vor ihnen liegenden Ereignisse dringend gebraucht hätten. So geht es auch heute oft gerade den Menschen, die göttliche Unterweisung am nötigsten brauchen. Sie verpassen sie, weil sie keine ausreichende Gemeinschaft mit dem Himmel pflegen. SGA 426.4

Die Versuchungen, denen wir täglich ausgesetzt sind, machen das Gebet zu einer Notwendigkeit. Auf jedem Weg lauern Gefahren. Diejenigen, die andere vor Lastern und Verderben retten wollen, sind der Versuchung besonders ausgesetzt. Da sie in beständigem Kontakt mit dem Bösen stehen, brauchen sie einen starken Halt bei Gott; andernfalls werden sie selbst verdorben. Kurz und entscheidend sind die Schritte, die Menschen von hohem und heiligem Boden hinunter auf eine niedrige Ebene führen. In einem Moment können Entscheidungen getroffen werden, die eines Menschen Schicksal entscheiden. Ein Fehler, den man nicht ernst nimmt, öffnet die Türen. Eine schlechte Gewohnheit wird, wenn wir sie nicht ernsthaft bekämpfen, sich zu einer Fessel aus Stahl verstärken und den ganzen Menschen gefangenhalten. SGA 427.1

Die Ursache dafür, daß so viele in der Versuchung sich selbst überlassen sind, liegt darin, daß sie den Herrn nicht überallhin mitnehmen. Wenn wir es zulassen, daß unsere Gemeinschaft mit Gott unterbrochen wird, dann sind wir schutzlos. Selbst alle deine guten Ziele und Absichten werden dich nicht dazu befähigen, dem Bösen zu widerstehen. Deshalb müßt ihr Männer und Frauen des Gebets sein. Eure Bitten dürfen nicht zaghaft, nur gelegentlich und von Stimmungen abhängig sein, sondern ernst, kontinuierlich und beständig. Es ist nicht immer notwendig, sich zum Gebet niederzuknien. Pflege die Gewohnheit, mit dem Heiland zu sprechen, wenn du allein bist, wenn du gehst und wenn du mit deiner täglichen Arbeit beschäftigt bist. Laß das Herz beständig in stiller Bitte um Hilfe, Erhellung, Stärke und Erkenntnis erhoben sein. Laß jeden Atemzug ein Gebet sein. SGA 427.2

Als Arbeiter für Gott müssen wir Menschen dort erreichen, wo sie sind, umgeben von Dunkelheit, versunken in Laster und befleckt mit Verdorbenheit. Aber solange wir unseren Sinn auf den Einen richten, der unsere Sonne und unser Schild ist, wird das Böse, das uns umgibt, nicht einen einzigen Flecken auf unser Gewand bringen. Während wir für die Rettung derer arbeiten, die verlorenzugehen drohen, werden wir selbst dabei nicht zugrunde gehen, wenn wir nur auf Gott vertrauen. Christus im Herzen, Christus im Leben — dies ist unsere Sicherheit. Die Atmosphäre seiner Gegenwart wird die Seele mit Abscheu vor allem Bösen erfüllen. Unser Geist kann so sehr mit dem seinen vereinigt werden, daß wir in Gedanken und Zielsetzung mit ihm eins sind. SGA 427.3

Durch Glaube und Gebet wurde Jakob von einem Mann der Schwäche und der Sünde zu einem Fürsten Gottes. Auf diese Weise könnt ihr zu Männern und Frauen mit hohen und heiligen Absichten und einem edlen Leben werden, zu Männern und Frauen, die mit keiner Überlegung von Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit abzubringen sind. Alle Menschen haben mit drängenden Sorgen, Lasten und Pflichten zu kämpfen, aber je schwieriger eure Lage ist und je schwerer eure Lasten wiegen, desto mehr braucht ihr Jesus. SGA 428.1

Es ist ein großer Fehler, den öffentlichen Gottesdienst zu vernachlässigen. Der Segen des Gottesdienstes sollte nicht gering geschätzt werden. Diejenigen, die sich um die Kranken kümmern, haben oft keine Gelegenheit, von diesem Vorrecht Gebrauch zu machen, aber sie sollten sorgfältig darauf achten, dem Haus des Gottesdienstes nicht ohne Grund fernzubleiben. SGA 428.2

Im Dienst an den Kranken hängt das Gelingen mehr als in jedem anderen Beruf vom Geist der Weihe und der Selbsthingabe ab, mit dem diese Arbeit getan wird. Diejenigen, die hier Verantwortung tragen, müssen sich dorthin begeben, wo sie tief vom Geist Gottes geprägt werden. Je verantwortungsvoller eure Aufgabe ist, desto mehr müßt ihr auch um die Hilfe des Heiligen Geistes und die Erkenntnis Gottes besorgt sein. SGA 428.3

Nichts ist in unserem Werk nötiger als die praktischen Ergebnisse einer Gemeinschaft mit Gott. Wir sollten in unserem Alltagsleben zeigen, daß wir im Heiland Frieden und Ruhe haben. Sein Friede in unserem Herzen wird auch auf unserem Gesicht zu sehen sein. Er wird der Stimme eine überzeugende Kraft verleihen. Gemeinschaft mit Gott wird den Charakter und das Leben veredeln. Die Menschen werden an uns wie an den ersten Jüngern wahrnehmen, daß wir mit Jesus Gemeinschaft haben. Dies wird dem Arbeiter eine Kraft verleihen, die er nirgendwo anders findet. Von dieser Kraft darf er sich nie trennen lassen. SGA 428.4

Wir müssen ein zwiefältiges Leben führen — ein Leben des Nachdenkens und des Handelns, des stillen Gebets und der ernsten Arbeit. Die Kraft, die wir durch die Gemeinschaft mit Gott erhalten, vereint mit dem ernsten Bemühen, unseren Geist an ruhiges Nachdenken und Sorgfalt zu gewöhnen, bereitet uns auf die täglichen Pflichten vor und erhält das Gemüt unter allen Umständen in Frieden. SGA 429.1