Auf den Spuren des großen Arztes

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Nachsicht bei Unrecht

Wir dürfen nicht zulassen, daß unser Gemüt sich über irgendeinen wirklichen oder vermeintlichen Fehler erregt, den man an uns begangen hat. Das Ich ist der Feind, den wir am meisten fürchten müssen. Kein anderes Fehlverhalten entfaltet unheilvollere Wirkung auf den Charakter als menschliche Leidenschaft, die nicht der Kontrolle durch den Heiligen Geist untersteht. Kein anderer Sieg, den wir erringen können, wird so kostbar sein, wie der Sieg über unser Ich. SGA 405.1

Wir sollten nicht zulassen, daß unsere Gefühle leicht verletzbar werden. Wir leben nicht, um unsere Gefühle oder unser Ansehen zu bewahren, sondern um Seelen zu retten. Wenn wir an der Rettung von Seelen arbeiten, werden wir aufhören, uns um die kleinen Streitereien zu kümmern, die in unserem menschlichen Miteinander so oft auftreten. Was auch immer andere über uns denken oder uns antun mögen, es darf unsere Einheit mit Christus und die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist nicht stören. “Denn was ist das für ein Ruhm, wenn ihr um schlechter Taten willen geschlagen werdet und es geduldig ertragt? Aber wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott.” 1.Petrus 2,20. SGA 405.2

Übt keine Vergeltung. Soweit es euch möglich ist, beseitigt jede Ursache für Mißverständnisse. Vermeidet jeglichen Streit. Tut alles, was ohne Aufgabe von Grundsätzen in eurer Macht liegt, um andere zu besänftigen. “Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder und dann komm und opfere deine Gabe.” Matthäus 5,23.24. SGA 405.3

Wenn man ungeduldig mit dir spricht, dann erwidere nie in demselben Geist. Bedenke: “Eine linde Antwort stillt den Zorn.” Sprüche 15,1. Und im Schweigen liegt eine wunderbare Macht. Eine Gegenrede macht jemanden der schon ärgerlich ist, oft nur noch ärgerlicher, aber Ärger, dem man in liebevollem, nachsichtigem Geist mit Schweigen begegnet, klingt schnell ab. SGA 406.1

Unter einem Schwall verletzender, kritischer Worte konzentriere deine Gedanken auf Gottes Wort. Laß Geist und Herz bei Gottes Verheißungen verweilen. Wenn du schlecht behandelt oder fälschlich angeklagt wirst, dann wiederhole dir folgende kostbare Verheißungen, anstatt mit einer ärgerlichen Antwort zu reagieren: “Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.” Römer 12,21. “Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.” Psalm 37,5.6. SGA 406.2

“Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird.” Lukas 12,2. SGA 406.3

“Du hast Menschen über unser Haupt kommen lassen, wir sind in Feuer und Wasser geraten. Aber du hast uns herausgeführt und uns erquickt.” Psalm 66,12. SGA 406.4

Wir neigen dazu, Mitgefühl und Worte der Ermutigung von unseren Mitmenschen zu erwarten anstatt von Jesus. In seiner Gnade und Treue gestattet Gott oftmals denen, in die wir unser Vertrauen gesetzt haben, uns zu enttäuschen, damit wir begreifen, wie sinnlos es ist, auf Menschen zu bauen und sich auf Irdisches zu verlassen. Laßt uns vollkommen, demütig und selbstlos auf Gott vertrauen. Er kennt die Sorgen, die wir bis in die Tiefen unseres Daseins fühlen, aber nicht formulieren können. Wenn alles dunkel und unverständlich erscheint, dann erinnere dich an die Worte Christi: “Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.” Johannes 13,7. SGA 406.5

Betrachtet die Geschichte Josephs und Daniels. Der Herr verhinderte die Verschwörungen von Menschen nicht, die ihnen schaden wollten; aber er sorgte dafür, daß all das Böse sich für seine Diener, die inmitten der Prüfung und des Konfliktes ihren Glauben und ihre Treue bewahrten, zum Guten auswirkte. SGA 406.6

Solange wir in der Welt leben, werden wir widrigen Einflüssen ausgesetzt sein. Es wird Provokationen geben, um unsere Beherrschung zu prüfen; und die christlichen Tugenden werden dadurch entwickelt, daß man diesen Provokationen mit dem richtigen Geist begegnet. Wenn Christus in uns wohnt, werden wir inmitten von Verdruß und Ärger geduldig, freundlich, nachsichtig und heiter bleiben. Tag für Tag und Jahr um Jahr werden wir unser Ich besiegen und dabei dankbare Freude empfinden. SGA 407.1

Dies ist die uns bestimmte Aufgabe; aber ohne Hilfe von Jesus, feste Entschiedenheit, unerschütterliche Zielorientierung, beständige Wachsamkeit und unaufhörliches Gebet kann sie nicht erfüllt werden. Jeder von uns hat hier einen persönlichen Kampf auszufechten. Nicht einmal Gott kann unseren Charakter veredeln oder unserem Leben Sinn geben, wenn wir nicht seine Mitarbeiter werden. Diejenigen, die im Kämpfen nachlassen, verlieren die Stärke und Freude, die aus dem Sieg erwachsen. SGA 407.2

Ein “Tagebuch der Sorgen”, in dem wir alle unsere Prüfungen, Schwierigkeiten und Kümmernisse aufzeichnen, brauchen wir nicht zu führen. Alle diese Dinge sind in den himmlischen Büchern verzeichnet, und der Himmel wird sich auch darum kümmern. Wenn wir die unangenehmen Dinge im Gedächtnis behalten, vergessen wir vieles andere, über das nachzudenken sich lohnt, zum Beispiel die barmherzige Freundlichkeit Gottes, die uns in jedem Moment umgibt, und die Liebe, über die selbst Engel staunen, daß Gott seinen Sohn für uns in den Tod gab. Wenn ihr als Mitarbeiter Christi meint, daß ihr größere Sorgen und Prüfungen zu bewältigen hättet als andere, dann bedenkt, daß es für euch einen Frieden gibt, der denen unbekannt ist, die diese Lasten scheuen. Im Dienst für Christus liegen Trost und Freude. Laßt die Welt erkennen, daß ein Leben mit ihm kein Mißerfolg sein kann. SGA 407.3

Wenn ihr einmal nicht in fröhlicher Stimmung seid, dann sprecht nicht über eure Gefühle. Belastet nicht andere damit. Eine kalte, freudlose Religion zieht niemals Seelen zu Christus. Vielmehr zieht sie sie von ihm weg in die Netze, die Satan den Füßen der Abirrenden ausgespannt hat. Denke nicht an deine Entmutigungen, sondern an die Kraft, die du in Christi Namen erbitten kannst. Laß deine Vorstellungskräfte Halt finden in der unsichtbaren Welt. Richte deine Gedanken auf die Beweise der großen Liebe Gottes, die du erfahren hast. Glaube kann Prüfungen ertragen, Versuchungen widerstehen und in Enttäuschungen durchhalten. Jesus lebt und arbeitet als unser Anwalt. Alles, was seine Vermittlung uns sichert, gehört uns. SGA 407.4

Glaubt ihr nicht, daß Christus diejenigen schätzt, die sich für ihn ganz entschieden haben? Glaubt ihr nicht, daß er diejenigen besucht, die, wie der geliebte Jünger Johannes in der Verbannung, um seinetwillen an rauhen und entbehrungsreichen Orten leben? Gott wird es nicht zulassen, daß einer dieser aufrichtigen Arbeiter allein gegen große Schwierigkeiten kämpfen muß und vielleicht den Kampf verliert. Er bewahrt jeden, dessen Leben mit Christus in ihm verborgen ist, als ein kostbares Juwel. Von einem solchen Menschen sagt er: “Ich will dich ... wie einen Siegelring halten; denn ich habe dich erwählt.” Haggai 2,23. SGA 408.1

Sprecht dann von den Verheißungen; sprecht von Jesu Bereitschaft, euch zu segnen. Er vergißt uns nicht einen einzigen Moment lang. Wenn wir trotz widriger Umstände vertrauensvoll in seiner Liebe bleiben und enge Gemeinschaft mit ihm suchen, wird das Bewußtsein seiner Gegenwart in uns eine tiefe, ruhige Freude erzeugen. Christus sagt von sich selbst: “Ich tue nichts von mir selber, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er läßt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt.” Johannes 8,28.29. SGA 408.2

Die Gegenwart des Vaters umgab Christus, und nichts widerfuhr ihm außer dem, was eine unendliche Liebe zum Segen der Welt zuließ. Hier lag seine Quelle des Trostes, und sie ist es auch für uns. Wer mit dem Geist Christi erfüllt ist, bleibt in Christus. Was auch immer auf ihn zukommt, kommt vom Heiland, der ihn mit seiner Gegenwart umgibt. Nichts kann an ihn herankommen, außer wenn der Herr es erlaubt. Alle unsere Leiden und Sorgen, alle unsere Versuchungen und Prüfungen, unsere Traurigkeit und unser Kummer, alle unsere Verfolgungen und Entbehrungen, all das muß uns zum Besten dienen. Alle Erfahrungen und Umstände sind Gottes Helfer, durch die uns Gutes gebracht wird. SGA 408.3