Für die Gemeinde geschrieben — Band 2

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Ein Gemisch von Wahrheit und Irrtum

In der Nacht gegen halb zwei bin ich aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Deshalb bereitete ich eine Botschaft an Bruder T. vor, die Gott mir aufgetragen hatte. Die Ansichten, die dieser Bruder vertritt, sind eine Mischung aus Wahrheit und Irrtum. Wenn er miterlebt hätte, wie Gott seine Gemeinde in den vergangenen vierzig Jahren geführt hat, wäre er besser in der Lage, die Schrift richtig zu deuten. Die wichtigen Meilensteine, die uns unseren Standort auf dem prophetisch vorhergesagten Weg der Geschichte erkennen lassen, müssen unangetastet bleiben. Wer sie niederreißt oder durch neue Theorien zu ersetzen versucht, bringt keine neuen Erkenntnisse, sondern schafft nur Verwirrung. Die Vertreter solcher irrigen Ideen scheuen nicht davor zurück, Aussagen von mir zur Unterstützung ihrer Lehren zu mißbrauchen oder Bibelworte zu verdrehen und in ihrem Sinne zu deuten. Obwohl diese Theorien nicht der Wahrheit entsprachen, wurden sie eifrig propagiert. FG2 100.2

Gerade die Prophezeiungen von Daniel und Johannes sind für unsere Zeit hochaktuell und sollten aufmerksam studiert werden. Viele von uns haben durch diese prophetischen Botschaften und deren Erfüllung entscheidende Erkenntnisse gewonnen. Historische Ereignisse wurden in ihrer Beziehung zur biblischen Prophetie gesehen und entsprechend in die Verkündigung einbezogen. Das brachte eine Fülle neuen Lichtes über Gottes Wirken in der Zeit des Endes unter die Gläubigen. Das betrifft auch das Auftreten und Wirken des “Menschen der Bosheit”, das als eins der letzten endzeitlichen Ereignisse prophetisch vorausgesagt worden ist. In diesem Zusammenhang müssen wir unseren Auftrag sehen, den Menschen die Botschaft der drei Engel zu verkündigen. Wer selber unmittelbar an der Verkündigung der ersten, zweiten und dritten Engelsbotschaft beteiligt war, wird nicht so leicht in Irrtümer hineingezogen werden wie diejenigen, denen diese Erfahrungen fehlen ... FG2 100.3

Es hat immer Leute gegeben, die beim Studium der Bibel meinten, auf “neue Wahrheiten” gestoßen zu sein, ohne zu merken, daß sie sich in Irrtümern verfangen hatten. An sich sind die Aussagen der Heilige Schrift klar, aber wenn man sie eigenwillig deutet, kommt man natürlich zu völlig falschen Schlußfolgerungen. Der Kampf zwischen Wahrheit und Irrtum wird um so härter, je mehr wir uns dem Ende aller Dinge nähern. Der Feind schläft nicht und sucht sich seine Werkzeuge gerade unter denen, die zwar die Lehren des Volkes Gottes vertreten, aber nichts von den Erfahrungen wissen, die wir in den vergangenen fünfzig Jahren gesammelt haben. So kann es geschehen, daß Botschaften, die für die Gegenwart gedacht sind, als erst für die Zukunft bedeutsam erklärt werden. Oder prophetisch vorausgesagte Ereignisse, die sich längst erfüllt haben, werden so dargestellt, als kämen sie erst noch auf uns zu. Dadurch wird der Glaube vieler Menschen untergraben. FG2 101.1

Der Herr hat mir gezeigt, lieber Bruder T., daß Du im Begriff bist, diesen Weg zu beschreiten. Du verlegst Ereignisse, die in der Glaubensgeschichte des Volkes Gottes ihren festgelegten Platz hatten und uns zu dem gemacht haben, was wir sind, in die Zukunft. Damit reißt Du sie aus dem von Gott gegebenen Rahmen heraus. Wahre Diener Jesu setzen nicht auf Alleingänge, sondern arbeiten mit ihren Brüdern zusammen, vor allem, wenn diese auf größere Erfahrungen in der Verkündigung der Engelsbotschaften zurückblicken können. Diese bewährten Mitarbeiter gingen Schritt für Schritt voran und lernten dabei einen Teil der Wahrheit nach dem anderen erkennen. Jahrzehnte hindurch trugen sie ihr Kreuz, weil ihnen nichts wichtiger war, als den Herrn in seiner Herrlichkeit zu erkennen. Du und eine Reihe anderer Brüder sollten die Wahrheit akzeptieren, die anderen durch gewissenhaftes Studium des prophetischen Wortes und durch ihre Erfahrungen mit Gott geschenkt worden ist. Durch Wort und Schrift ist diese Wahrheit in alle Welt getragen worden. So wie Gottes Boten damals eine Botschaft verkündigten, die Menschen zur Entscheidung aufrief, sollte es auch heute geschehen. FG2 101.2

Die wichtigste Warnungsbotschaft für die Menschen unserer Tage ist allerdings die der drei Engel in Offenbarung 14. Wer um das richtige Verständnis dieser biblischen Aussagen ringt, wird von Gott bestimmt nicht dazu geführt werden, das Wort der Bibel so zu verbiegen, daß die Fundamente unseres Glaubens als Siebenten-Tags-Adventisten zerstört werden. Das, was uns damals im Bemühen um das richtige Verständnis der prophetischen Aussagen als Wahrheit offenbart worden ist, bleibt auch heute noch wahr. Unter Fasten und Beten rang man damals um die Wahrheit und spürte die Führung durch den Heiligen Geist ganz deutlich. Diese Wahrheitssuche ging nicht ohne Irrtum ab; denn manches, was vorgebracht wurde, sah der Wahrheit nur ähnlich, entsprach aber nicht der Schrift. Ich habe selbst erlebt, wie um einzelne Glaubenslehren gerungen wurde und wie der Heilige Geist seine Bestätigung gab, wenn die Wahrheit gefunden worden war. Wenn Leute sagten: “Hier ist die Wahrheit”, “Ich habe die Wahrheit”, “Folgt meiner Anschauung”, dann geschah es immer wieder, daß der Heilige Geist warnte: “Folgt ihnen nicht, denn was sie sagen, ist nicht von mir!” Vgl. Jeremia 23,21. FG2 102.1

Es war ganz offensichtlich, daß der Herr mit uns war und uns die Wahrheit Punkt für Punkt erkennen ließ. Was damals Wahrheit war, ist auch heute noch wahr, selbst wenn solche Stimmen nicht verstummen wie: “Hört auf mich, ich habe neue Erkenntnisse!” Aber diese angepriesenen neuen Erkenntnisse — vor allem wenn es sich um Deutungen prophetischer Zusammenhänge handelt — entsprechen nicht den Aussagen der Heiligen Schrift. Sie können nur dazu führen, daß die Gemeinde orientierungslos auf dem Meer gegensätzlicher Theorien hin und her geworfen wird. Unsere Aufgabe ist es nicht, neue Theorien zu erfinden, sondern die bereits offenbarte Wahrheit immer wieder neu zu durchdenken und im christlichen Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Bei Menschen, die so sehr darauf aus waren, ihre “Erkenntnisse” in den Mittelpunkt zu rücken, zeigte sich meist sehr schnell, daß ihr Licht wieder erlosch, weil sie es nicht am “himmlischen Altar” entzündet hatten. Manuskript 31, 1896. FG2 102.2