Für die Gemeinde geschrieben — Band 2

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Prüft alle “Offenbarungen”

Mancherorts wurde behauptet, ich hätte die angeblichen Visionen von Anna Phillips als echt bezeichnet. Das zwingt mich, eindeutig zu sagen: Ich habe ihre visionären Erlebnisse nie gutgeheißen. Ganz im Gegenteil: Ich wurde von Gott beauftragt, klarzustellen, daß durch sie viele Menschen in die Irre geführt und zu fanatischen Reaktionen verleitet würden. Es wäre allerdings zu wünschen, daß unsere Geschwister ihre geistliche Erkenntnis mehr dazu nutzen würden, solche angeblichen Offenbarungen selbst auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen, ehe sie sie annehmen. FG2 90.3

Was mich besonders bekümmert, ist der Umstand, daß sogar leitende Brüder in den Gemeinden die Äußerungen von Anna Phillips mit meinen Zeugnissen gleichsetzten. Manche haben sogar den Eindruck, das wäre von mir gefördert worden ... Mir wurde aufgetragen, unseren Geschwistern zu sagen: Folgt Jesus nach, aber meint nicht, Ihr müßtet ihm vorauseilen! FG2 90.4

Was wir in dieser Zeit tun, sollte nicht vom Zufall bestimmt sein. Hütet Euch davor, bestimmte Erscheinungen so hochzuspielen, daß ehrgeizige Menschen in ihrer Meinung bestätigt werden, Gott habe ihnen besondere Erkenntnis verliehen. Wer glaubt, anderen göttliche Weisungen weitergeben zu müssen, sollte daran denken, daß Anmaßung und Glaube manchmal nicht weit auseinander liegen. Auf alle Fälle sollten extreme Äußerungen vermieden werden, weil sie bei bestimmten Gruppen zu unkontrollierbaren Reaktionen führen können, die man ebenso wenig in den Griff bekommt wie ein ungezähmtes Pferd. Wenn Eingebungen und Gefühle sich über das gesunde Urteilsvermögen hinwegsetzen, besteht die Gefahr, selbst auf einem richtigen Weg zu schnell vorwärtszudrängen. Wer es zu eilig hat, der wird früher oder später in die Irre gehen. FG2 91.1

Wir dürfen es niemals zulassen, daß Gefühle die Herrschaft über unseren Verstand gewinnen. Wenn jemand etwas Falsches tut, bringt ihn das mit Sicherheit auf Abwege. Wenn einer das Richtige übertreibt, kann das die gleiche Wirkung haben. Wenn neue Anschauungen weitergegeben werden, ohne daß geprüft worden wäre, ob sie wirklich begründet sind, kann das nur Schaden anrichten. Ganz besonders trifft das auf Menschen zu, die meinen, Offenbarungen von Gott erhalten zu haben. Gerade in solchen Fällen muß man auf der Hut sein und in ernstem Gebet Klarheit suchen. Wer im Werk Gottes Verantwortung trägt, darf sich nicht nur auf sein eigenes Urteil stützen. Er muß unbedingt den Rat anderer einholen, bevor wichtige Entscheidungen getroffen oder neue Anschauungen in die Gemeinde hineingetragen werden. Brief 6a, 1894. FG2 91.2