Für die Gemeinde geschrieben — Band 2

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Unterschiedliche Gehälter, aber gerechte Bedingungen

Während ich in der Schweiz war, hörte ich, daß in Battle Creek beschlossen worden war, niemandem im Verlag mehr als zwölf Dollar Lohn wöchentlich zuzubilligen. Ich sagte sofort: Das kann nicht gutgehen; einige müssen bestimmt höher entlohnt werden. Aber das Doppelte zu zahlen muß zwangsläufig den Finanzetat so belasten, daß man den anderen nicht mehr gerecht werden kann. Einigen wenigen Spitzengehälter zu zahlen, während man die Masse mit Niedriglöhnen abspeist, das mag weltliche Praxis sein, aber es ist nicht gerecht. In jeder unserer Institutionen, seien es Verlage, Druckereien, Schulen oder Krankenhäuser, arbeiten treue und gottesfürchtige Angestellte. Für ihre Entlohnung können nicht rein weltliche Maßstäbe ausschlaggebend sein. Alle sollten so gerecht wie möglich behandelt werden. Es darf sich keine Elite bilden, denen besondere Zugeständnisse gemacht werden; so etwas gibt es im Himmel auch nicht. Jesus sagte: denn “ihr seid alle Brüder”. Matthäus 23,8. Es darf einfach nicht sein, daß einige wenige hohe Gehälter fordern können oder daß man mit hohen Löhnen qualifizierte Arbeitskräfte anzulocken versucht. Im weltlichen Geschäftsleben mag so etwas gang und gäbe sein, aber bei uns geht das nicht. Das würde nur den Stolz einiger anstacheln und sie dazu verführen, Geld, das durch die Opferwilligkeit und die Grundsatztreue vieler einfacher Geschwister aufgebracht worden ist, für einen aufwendigen Lebensstil zu verschwenden. Vor Gott sind alle gleich, weil er alle liebt. Dennoch stehen ihm opferbereite, demütige und bußfertige Menschen, die ihren Dienst aus Liebe zu ihm tun, näher als ichsüchtige, die meinen, ihnen stünden alle Annehmlichkeiten dieser Welt zu. FG2 193.2

Nicht am Maßstab der Welt messen

Gott hat mir gezeigt, daß wir uns nicht die Maßstäbe dieser Welt zu eigen machen sollen. Uns kann es nicht nur darum gehen, soviel wie möglich vom Leben haben zu wollen. Wir dürfen unser Geld auch nicht nur in teure Kleidung stecken oder für ein Luxusleben ausgeben, wie das häufig in der Welt geschieht zumal man nicht dadurch glücklich wird, daß man sich jeden Wunsch erfüllt. Was wir unnütz ausgeben, wird der Schatzkammer Gottes vorenthalten, und der Mangel muß am Ende von anderen ausgeglichen werden. Wir sollten auf keinen Fall dem Trugschluß erliegen, daß hohe Gehaltsforderungen auch ein hohes Maß an Brauchbarkeit gewährleisten. Der Herr sieht das nicht selten ganz anders. Deshalb gilt es zu fragen: Was ist ein Mitarbeiter in Gottes Augen wert? Im Himmel wird der Wert eines Menschen nicht an dem Geld gemessen, das er für seine Leistung fordert, sondern daran, wie er mit dem Geld umgeht, das er hat, und wieviel Gutes er damit tut. FG2 194.1

Der wahre Wert eines Menschen zeigt sich in seiner Liebe und Gottesfurcht und darin, daß er seine Fähigkeiten zur Verherrlichung Gottes einsetzt. Erst die Beurteilung im Gericht Gottes wird zeigen, was im Leben eines Menschen von bleibendem Wert war. FG2 194.2

Seit Jahren richtet sich mein Zeugnis gegen die dürftigen Gehälter, die einigen unserer Predigern gezahlt werden. Überprüft nur mal eure Gehaltsunterlagen. Da werdet ihr feststellen, daß so mancher überaus kärglich entlohnt wird. Gewiß, in den für Finanzfragen zuständigen Ausschüssen müssen Leute mitarbeiten, die ihr Fach verstehen, aber sie sollten auch den Geist Christi haben. Ich fürchte, daß an verantwortlichen Stellen auch engherzige Männer sitzen, die keine Ahnung mehr von dem entbehrungsreichen und aufopferungsvollen Dienst eines Predigers haben. Sie können sich auch nicht vorstellen, was beispielsweise ein Missionar auf sich nimmt, wenn er Frau und Kinder in der Heimat zurücklassen muß, um irgendwo im Missionsfeld seinen Dienst der Seelenrettung aufzunehmen. Und dann verlangt man von solchen Mitarbeitern gar noch kleinkrämerisch Rechenschaft. Niemand sollte vergessen, daß das Leben eines wahren Dieners Gottes fast durchweg aus Selbstverleugnung und Opfer besteht. FG2 195.1

Das abschreckende Beispiel von Salamanca

Als ich im November 1890 in Salamanca im Staate New York war, zeigte mir Gott, daß sich in der dortigen Dienststelle unserer Gemeinschaft ein Geist breitgemacht hatte, den er nicht dulden konnte. FG2 195.2

Einige Verantwortungsträger billigten sich hohe Gehälter zu, speisten aber gleichzeitig langjährige Mitarbeiter mit geringen Löhnen ab. Der Herr ließ mich wissen, daß seine Ordnung nicht auf diese Weise mißachtet und der missionarische Geist nicht durch solche Praktiken erstickt werden dürfe ... FG2 195.3

Ich weiß, wie sehr sich manche Geschwister einschränken und auf wieviel sie verzichten müssen, um Zehnten und Gaben für die Sache Gottes aufbringen zu können. Deshalb ist es für unsere leitenden Brüder eine heilige Pflicht, sich in jeder Beziehung so zu verhalten, daß sie, ohne rot zu werden, sagen können: “Kommt, laßt uns gemeinsam diesem Werk dienen. Es ist auf Opferbereitschaft gegründet; und wir wollen es im Geist der Selbstverleugnung weiterführen.” Die Gemeindeglieder sollten nicht auf mehr verzichten und sparsamer leben müssen als die leitenden Kräfte in unseren Institutionen. Manuskript 25a, 1891. FG2 195.4

Eine für 1890 heraufziehende Gefahr

Wenn ich an unser Sanatorium, an den Verlag und die anderen Einrichtungen in Battle Creek denke, erfaßt mich große Sorge. Dort hat sich mehr und mehr ein Geist breitgemacht, der nicht mehr dem entspricht, was der Herr uns in seinem Wort über das Verhalten von Ärzten und Angestellten in diesen Einrichtungen offenbart hat. Die Ärzte am Sanatorium und die Leiter des Verlages verhalten sich so, als gälten die christlichen Grundsätze der Opferbereitschaft und Selbstverleugnung nur für andere. Hinter solcher Haltung kann nur der Teufel stecken. Wenn beispielsweise Ärzte unseres Sanatoriums mehr an die Höhe ihrer Gehälter als an ihre Arbeit denken, kann man sie nicht mehr als selbstlose, gottesfürchtige und treue Diener Christi bezeichnen. Selbstsüchtige Menschen sind aber in unseren Einrichtungen fehl am Platz ... FG2 196.1

Diese Leute sollten bedenken: Wenn sie ihren Wert so hoch einschätzen, wie sie ihre finanziellen Forderungen ansetzen, wird Gott auch seine Meßlatte ihrer Selbsteinschätzung gemäß anlegen. Aber wie wenige von ihnen haben eine wirkliche Beziehung zu Gott oder zu Jesus Christus! Wenn sie vom Geist Christi erfüllt wären, müßte man in ihrer Arbeit auch etwas von seiner Gesinnung spüren. “Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.” Philipper 2,5. FG2 196.2

Die Talente gehören Gott

Der gerechte Richter sagt: “Ohne mich könnt ihr nichts tun.” Johannes 15,5. All unsere Fähigkeiten sind nur Leihgabe Gottes, die er in seinem Dienst eingesetzt sehen möchte. Wenn jemand seine Gaben nur zum eigenen Vorteil nutzt, ohne darauf bedacht zu sein, sie gemeinsam mit anderen im medizinischen Dienst für die Sache Gottes einzusetzen, ist das eine schlechte Antwort auf Jesu Gebet um die Einheit. An Mitarbeiter, die für ihre Arbeit hohe Gehälter fordern, wird Gott ebenfalls hohe Forderungen stellen. Sie haben verlangt, daß ihre Leistungen mit Geld aufgewogen werden müßten. Nun wird Gott sie selbst am Wert ihrer Arbeit messen. Wenn diese Männer, die sich selbst überschätzen, sich nicht bekehren, wird keiner von ihnen das ewige Leben empfangen. Das, was sie im Dienst Christi für andere tun, wird nämlich weit hinter dem zurückbleiben, was sie aufgrund ihrer hohen Entlohnung tun müßten ... FG2 196.3

Wer in Eigennutz und Habgier nur darauf bedacht ist, aus seinem Dienst in unseren Einrichtungen soviel Vorteile wie möglich für sich selber herauszuschlagen, der schadet der Sache Gottes und hat seinen Lohn dahin. Welchen Anspruch hätte er auf einen der Plätze in Gottes neuer Welt, die der Herr für diejenigen bereithält, die sich in seiner Nachfolge selbst verleugnen und sein Kreuz auf sich nehmen? Am Verhalten auf dieser Erde zeigt sich, ob jemand bereit ist für ein Leben in der Ewigkeit. Ob jemand teilhaben wird an Christi Herrlichkeit, hängt davon ab, ob in seinem Leben auch etwas von dem Geist selbstloser Hingabe zu spüren ist. Niemand wird aus dem Becher der ewigen Freude trinken, der nicht auch bereit ist, den Kelch der Selbstverleugnung an die Lippen zu setzen. Brief 41, 1890. FG2 197.1