Erfahrungen und Gesichte sowie Geistliche Gaben

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Kapitel 18: Das Geheimnis der Bosheit

Es war immer die Absicht Satans, die Gedanken des Volkes von Jesu auf die Menschen zu lenken und die persönliche Verantwortlichkeit zu vernichten. Bei der Versuchung des Sohnes Gottes schlug Satans Absicht fehl, aber als er zu den gefallenen Menschen kam, hatte er besseren Erfolg. Das Christentum war gesunken. Päpste und Priester vermaßen sich, erhabene Stellungen einzunehmen, und lehrten das Volk, zur Vergebung ihrer Sünden auf sie zu blicken, anstatt auf Christum. EG 203.2

Das Volk wurde vollständig verführt. Es wurde gelehrt, daß die Päpste und Priester Gottes Stellvertreter seien, während sie in der Tat Satans Stellvertreter waren, und diejenigen, die sich vor ihnen beugten, Satan dienten. Das Volk verlangte die Bibel, aber die Priester hielten es für gefährlich, ihm dieselbe in die Hand zu geben und für sich selbst lesen zu lassen, denn dadurch könnte es erleuchtet werden und die Sünden seiner Leiter bloßstellen. Die Menschen wurden gelehrt, jedes Wort von diesen Betrügern als von dem Munde Gottes anzunehmen. Sie übten solche Gewalt über das Gewissen aus, wie sie nur Gott allein haben sollte. Wenn irgend jemand es wagte, seiner eigenen Überzeugungen zu folgen, so entflammte derselbe Haß gegen ihn, welchen Satan und die Juden Jesu gegenüber offenbarten, und man dürstete nach seinem Blut. EG 204.1

Es wurde mir eine Zeit vorgeführt, wo Satan besonders triumphierte. Eine Menge Christen wurden auf schreckliche Art und Weise getötet, weil sie die Reinheit ihrer Religion bewahren wollten. Die Bibel wurde gehaßt und es wurden Anstrengungen gemacht, sie aus der Welt zu räumen. Dem Volk war bei Todesstrafe verboten, sie zu lesen, und alle Abschriften, die man finden konnte, wurden verbrannt. Aber ich sah, daß Gott besondere Fürsorge für sein Wort trug. Er behütete es. Zu verschiedenen Zeiten gab es nur noch einige Abschriften der Bibel; doch ließ er sein Wort nicht verloren gehen, und in den letzten Tagen wird es so vervielfältigt sein, daß jede Familie es besitzen kann. Ich sah, daß zur Zeit, als es nur wenige Abschriften der Bibel gab, sie den verfolgten Nachfolgern Jesu köstlich und tröstlich war. Sie wurde auf die geheimste Weise gelesen, und diejenigen, die dies erhabene Vorrecht hatten, fühlten, daß sie eine Unterredung mit Gott, mit seinem Sohn Jesu und mit seinen Jüngern hatten. Aber dies herrliche Vorrecht kostete vielen das Leben. Wenn sie entdeckt wurden, wurden sie zum Schafott oder Märtyrerpfahl geführt oder in Höhlen geworfen, um dort den Hungertod zu sterben. EG 204.2

Satan konnte den Erlösungsplan nicht verhindern. Jesus war gekreuzigt worden und am dritten Tage wieder auferstanden. Aber Satan sagte seinen Engeln, daß er selbst die Kreuzigung und Auferstehung zu seinem Vorteil verwenden wolle. Er war bereit, zuzugeben, daß diejenigen, die den Glauben an Jesu bekannten, glauben könnten, daß die Gesetze, die die jüdischen Opfer und Gaben regelten, mit dem Tode Jesu aufhörten, wenn er sie dann noch weiter führen und sie glauben machen könne, daß das Gesetz der zehn Gebote ebenfalls mit Christo aufgehört habe. EG 205.1

Ich sah, daß viele in diese Täuschung Satans verfielen. Der ganze Himmel war mit Entrüstung erfüllt, als die Bewohner desselben das heilige Gesetz unter die Füße getreten sahen. Jesus und all die himmlischen Heerscharen waren mit der Natur des Gesetzes vertraut; sie wußten, daß er es nicht verändern oder abschaffen würde. Der hoffnungslose Zustand des Menschen nach dem Fall verursachte im Himmel den tiefsten Kummer und bewog Jesum zu dem Anerbieten, daß er für die Übertreter des heiligen Gesetzes Gottes sterben wolle. Wenn aber dies Gesetz hätte abgeschafft werden können, so hätte auch der Mensch ohne den Tod Jesu errettet werden können. Folglich zerstörte sein Tod nicht das Gesetz seines Vaters, sondern verherrlichte und ehrte es und schärfte Gehorsam gegen alle seine heiligen Vorschriften ein. EG 205.2

Wenn die Gemeinde rein und standhaft geblieben wäre, so hätte Satan sie nicht verführen können, das Gesetz Gottes unter die Füße zu treten. In diesem frechen Plan stritt Satan direkt gegen die Grundlage von Gottes Regierung im Himmel und auf Erden. Seiner Empörung wegen wurde er aus dem Himmel ausgeschlossen, nachdem er sich empört hatte, wünschte er, um sich selbst zu retten, daß Gott sein Gesetz verändere; aber es wurde ihm vor allen himmlischen Heerscharen gesagt, daß Gottes Gesetz unveränderlich sei. Satan weiß, daß, wenn er andere verleiten kann, das Gesetz Gottes zu verachten, er sie für seine Zwecke gewonnen hat; denn jeder Übertreter dieses Gesetzes muß sterben. EG 205.3

Satan beschloß, noch weiter zu gehen. Er sagte seinen Engeln, daß manche so eifrig für Gottes Gesetz sein würden, daß sie nicht in diesem Fallstrick gefangen werden könnten. Die Zehn Gebote seien so klar, daß viele glauben würden, daß sie noch bindend seien, und deshalb müsse er suchen, wenigstens eines der Gebote zu verfälschen. Er leitete dann seine Stellvertreter an, zu versuchen, das vierte oder Sabbatgebot zu verändern, das einzige von den zehn, welches den wahren Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde, offenbart. Satan führte ihnen die glorreiche Auferstehung Jesu vor und sagte ihnen, daß der Herr durch sein Auferstehen am ersten Tage der Woche den Sabbat von dem siebenten Tage der Woche auf den ersten verlegt habe. EG 206.1

So benützte Satan die Auferstehung zu seinen Zwecken. Er und seine Engel freuten sich, daß die Irrtümer, die sie vorbereitet hatten, von den bekenntlichen Freunden Christi so gut aufgenommen wurden. Was den einen mit frommen Schrecken erfüllen würde, würde ein anderer annehmen. So wurden verschiedene Irrtümer angenommen und mit Eifer verteidigt. Der Wille Gottes, der in seinem Worte so klar offenbart ist, war mit Irrtümern und Satzungen bedeckt, die als die Gebote Gottes gelehrt werden. Obgleich diese himmelschreiende Täuschung bis zum zweiten Kommen Christi andauern wird, so ist doch Gott durch diese ganze Zeit des Irrtums und der Täuschung nicht ohne Zeugen gelassen worden. Mitten unter der Finsternis und der Verfolgung der Gemeinde fanden sich immer treue und gläubige Seelen, welche alle Gebote Gottes hielten. EG 206.2

Ich sah, daß die Engelschar mit Erstaunen erfüllt wurde, als sie die Leiden und den Tod des Königs der Herrlichkeit sah. Ich sah aber auch, daß es kein Wunder für sie war, daß der Herr des Lebens und der Herrlichkeit, er, der alle Himmel mit Freude und Glanz erfüllte, die Bande des Todes brechen und als ein triumphierender Sieger aus seinem Gefängnisse hervorgehen würde. Wenn deshalb eines dieser Ereignisse durch einen Ruhetag gefeiert werden sollte, so ist es die Kreuzigung. Ich sah aber, daß keines dieser Ereignisse bestimmt war. Gottes Gesetz zu verändern oder abzuschaffen, sie sind im Gegenteil der stärkste Beweis für seine Unveränderlichkeit. EG 207.1

Diese beiden wichtigen Ereignisse haben ihre Erinnerung. Durch die Teilnahme an dem Abendmahl des Herrn, dem gebrochenen Brot und der Frucht des Weinstocks, verkündigen wir des Herrn Tod, bis daß er kommt. Die Szenen seiner Leiden und seines Todes werden auf diese Weise uns frisch ins Gedächtnis gebracht. Die Auferstehung Christi wird gefeiert durch unser Begrabenwerden mit ihm in der Taufe und das Auferstehen aus dem Wassergrabe, gleich seiner Auferstehung, um in einem neuen Leben zu wandeln. EG 207.2

Es wurde mir gezeigt, daß das Gesetz Gottes für immer feststeht und auf der neuen Erde bis in alle Ewigkeit bestehen bleibt. Als bei der Schöpfung die Grundfesten der Erde gelegt wurden, blickten die Söhne Gottes mit Bewunderung auf das Werk des Schöpfers, und alle himmlischen Heerscharen jauchzten vor Freude. Damals wurde der Grund des Sabbats gelegt. Am Ende der sechs Schöpfungstage ruhte Gott am siebenten Tage der Woche von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Er segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an demselben von allen seinen Werken geruht hatte. Der Sabbat war vor dem Fall in Eden eingesetzt worden und wurde von Adam und Eva und allen himmlischen Heerscharen beobachtet. Gott ruhte am siebenten Tage und segnete und heiligte ihn. Ich sah, daß der Sabbat niemals abgetan werden wird, sondern daß die erlösten Heiligen und die ganze Engelschar ihn bis in alle Ewigkeit dem großen Schöpfer zu Ehren beobachten werden. EG 207.3