Erfahrungen und Gesichte sowie Geistliche Gaben

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Kapitel 27: Das Heiligtum

Es wurde mir die schmerzliche Enttäuschung des Volkes Gottes gezeigt, als es Jesum nicht zu der erwarteten Zeit sah. Sie wußten nicht, warum ihr Heiland nicht kam, denn sie konnten keinen Beweis dafür finden, daß die prophetische Zeit noch nicht zu Ende sei. Ein Engel sagte: “Hat Gottes Wort gefehlt? Hat Gott versäumt, seine Verheißungen zu erfüllen? Nein; er hat alles erfüllt, was er verheißen hat. Jesus hat sich erhoben, die Tür des Heiligen im himmlischen Heiligtum geschlossen, eine Tür in das Allerheiligste geöffnet und ist eingetreten, um das Heiligtum zu reinigen. Alle, die geduldig warten, sollen das Geheimnis verstehen. Der Mensch hat sich geirrt; aber auf Seiten Gottes war kein Fehler. Es wurde alles erfüllt, was Gott verheißen hat; aber der Mensch glaubte irrtümlicher Weise, daß die Erde das Heiligtum sei, welches am Ende der prophetischen Zeitangabe gereinigt werden solle. Es sind die Erwartungen des Menschen und nicht die Verheißungen Gottes, die fehlgeschlagen sind.” EG 242.1

Jesus sandte seine Engel, um die Gedanken der getäuschten Seelen auf das Allerheiligste zu richten, wo er eingegangen war, um das Heiligtum zu reinigen und eine besondere Versöhnung für Israel zu wirken. Jesus sagte den Engeln, daß alle, welche ihn finden, das Werk verstehen werden, welches er tue. Ich sah, daß Jesus, während er in dem Allerheiligsten war mit dem neuen Jerusalem vermählt wurde, und nachdem sein Werk im Allerheiligsten erfüllt sein wird, wird er in königlicher Macht auf die Erde herabkommen und die treuen Seelen zu sich nehmen, die geduldig auf seine Rückkehr gewartet haben. EG 242.2

Es wurde mir gezeigt, was am Schluß der prophetischen Perioden 1844 im Himmel stattfand. Als Jesus sein Predigtamt in dem Heiligen beendigte und die Tür zu dieser Abteilung schloß, lagerte sich eine große Finsternis über diejenigen, welche die Botschaften von seinem Kommen gehört und verworfen hatten, und sie verloren ihn aus den Augen. Dann bekleidete sich Jesus mit köstlichen Gewändern. An dem Saum seines Kleides waren abwechselnd Schellen und Granatäpfel. Ein Brustschild von kunstvoller Arbeit hing von seinen Schultern herab. Wenn er sich bewegte, glänzte es gleich Edelsteinen und ließ Buchstaben hervortreten, die auf dem Brustschild geschrieben oder eingegraben waren. Auf seinem Haupte war etwas, was einer Krone ähnlich sah. Als er vollständig bekleidet war, wurde er von Engeln umgeben und fuhr in seinem feurigen Wagen hinter den zweiten Vorhang. EG 243.1

Es wurde mir dann geboten, die zwei Abteilungen des himmlischen Heiligtums zu betrachten. Der Vorhang oder die Tür war offen, und es wurde mir erlaubt einzutreten. In der ersten Abteilung sah ich den siebenarmigen Leuchter, den Tisch mit den Schaubroten, den Räucheraltar und das Rauchfaß. Alle Gegenstände dieser Abteilung schienen reich dem reinsten Golde und strahlten das Bild dessen wieder, der diesen Ort betrat. Der Vorhang, welcher die beiden Abteilungen trennte, bestand aus verschiedenen Farben und verschiedenem Material, mit einer prachtvollen Borte, in welche goldene Bilder, Engel darstellend, eingewebt waren. Der Vorhang wurde gehoben und ich schaute in die zweite Abteilung. Ich sah dort eine Arche, welche das Aussehen von feinstem Golde hatte. Eine prachtvolle Arbeit, Kronen darstellend, umgab als Einfassung den Rand der Arche. In der Arche befanden sich Steintafeln, auf welchen die zehn Gebote geschrieben waren. EG 243.2

Zwei schöne Cherubim standen mit ausgebreiteten Flügeln darüber, an jedem Ende der Arche einer. Sie berührten einander über dem Haupte Jesu, als er vor dem Gnadenstuhle stand. Ihre Angesichter waren gegeneinander gewendet, und sie blickten auf die Arche nieder. Sie stellten die ganze Engelschar dar, die mit Interesse auf das Gesetz Gottes schaut. Zwischen den Cherubim war ein goldenes Rauchfaß, und wenn die im Glauben dargebrachten Gebete der Heiligen aufstiegen, und er sie seinem Vater darbrachte, stieg eine Wolke des Wohlgeruchs von dem Räucheraltar auf, welche wie Rauch in den herrlichen Farben aussah. Über dem Orte vor der Arche, wo Jesus stand, war eine außerordentliche Herrlichkeit, daß ich nicht hinsehen konnte. Es schien gleich dem Throne Gottes. Als der Weihrauch zu dem Vater aufstieg, übertrug sich die große Herrlichkeit von dem Throne auf Jesum, und von ihm war sie über diejenigen ausgegossen, deren Gebete gleich süßem Wohlgeruch aufstiegen. Es wurde Licht in reichlicher Fülle über Jesum ausgegossen und überschattete den Gnadenstuhl, und die Herrlichkeit Gottes füllte den Tempel. Ich konnte nicht lange auf den außerordentlichen Glanz blicken. Keine Sprache kann ihn beschreiben. Ich war überwältigt und wandte mich von der Erhabenheit und Herrlichkeit der Szene ab. EG 244.1

Es wurde mir auch ein Heiligtum auf Erden, zwei Abteilungen enthaltend, gezeigt. Es glich dem himmlischen, und es wurde mir gesagt, daß es ein Bild des himmlischen sei. Die Geräte der ersten Abteilung des irdischen Heiligtums waren gleich denen in der ersten Abteilung des himmlischen. Der Vorhang war emporgehoben und ich blickte in das Allerheiligste und sah, daß die Geräte dieselben waren wie in dem Allerheiligsten des himmlischen Heiligtums. Der Priester diente in beiden Abteilungen des irdischen. Er ging täglich in die erste Abteilung; aber das Allerheiligste betrat er nur einmal im Jahr, um es von den Sünden zu reinigen, welche dorthin übertragen waren. Ich sah, daß Jesus in beiden Abteilungen des himmlischen Heiligtums diente. Das irdische Heiligtum betraten die Priester mit dem Blut eines Tieres, als ein Opfer für die Sünde. Christus betrat das himmlische Heiligtum mit dem Opfer seines eigenen Blutes. Die irdischen Priester wurden durch den Tod weggenommen, deshalb konnten sie nicht lange fortfahren; aber Jesus ist ein Priester ewiglich. Durch die Gaben und Opfer, die in das irdische Heiligtum gebracht wurden, wurden die Kinder Israel angeleitet, die Verdienste eines zukünftigen Heilandes zu erfassen. In der Weisheit Gottes sind uns Einzelheiten dieses Werkes gegeben, damit wir, indem wir darauf zurückblicken, das Werk Jesu im himmlischen Heiligtum verstehen möchten. EG 244.2

Als Jesus auf Golgatha starb, rief er aus: “Es ist vollbracht!” Und “der Vorhang im Tempel zerriß in zwei Stücke, von oben an bis unten aus.” Dies sollte zeigen, daß der Dienst des irdischen Heiligtums für immer beendet sei, und daß Gott nicht mehr mit den Priestern im irdischen Tempel sein wollte, um ihre Opfer entgegen zu nehmen. Das Blut Jesu, welches von ihm selbst in dem himmlischen Heiligtum dargebracht werden sollte, war dann vergossen worden. Wie der Priester das Allerheiligste einmal im Jahr betrat, um das irdische Heiligtum zu reinigen, so betrat Jesus das Allerheiligste des Himmels am Ende der 2300 Tage von Daniel 8 im Jahre 1844, um eine endliche Versöhnung für alle zu vollbringen, welche durch seine Vermittlung sich helfen lassen wollen, um so das Heiligtum zu reinigen. EG 245.1