Propheten und Könige

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Kapitel 17: Die Berufung Elisas

Elia war von Gott beauftragt worden, einen andern zum Propheten an seiner Statt zu salben. “Salbe ... Elisa, den Sohn Schaphats ... zum Propheten an deiner Statt” (1.Könige 19,15.16). hatte er gesagt. Auf diesen Befehl hin machte sich Elia auf, um Elisa zu suchen. Wie ganz anders sah jetzt, da er nordwärts reiste, die Landschaft aus als kurze Zeit zuvor. Damals war das Erdreich ausgedörrt und der Ackerboden unbearbeitet gewesen, da dreieinhalb Jahre weder Tau noch Regen gefallen war. Dafür wucherte der Pflanzenwuchs nun desto üppiger, als wollte er nachholen, was er zur Zeit der Dürre und Hungersnot versäumt hatte. PK 153.1

Elisas Vater war ein wohlhabender Bauer, ein Mann, dessen Hausgemeinschaft zu jenen gehörte, die auch in einer Zeit nahezu allgemeinen Abfalls die Knie nicht vor Baal gebeugt hatten. Er entstammte einem Heim, in dem Gott geehrt wurde und in dem die Treue gegenüber dem Glauben des alten Israel die Regel war. In solch einer Umgebung hatte Elisa die ersten Jahre seines Lebens verbracht. In der Stille des Landlebens, wo er von Gott und der Natur lernte und unter dem erzieherischen Einfluß nützlicher Arbeit stand, entwickelten sich die Schlichtheit seines Charakters und der Gehorsam gegenüber seinen Eltern und gegenüber Gott, Gewohnheiten, die ihm halfen, sich auf die hohe Stellung vorzubereiten, die er später einnehmen sollte. PK 153.2

Elisa empfing die Berufung zum Propheten, als er mit den Knechten seines Vaters auf dem Felde pflügte. Er hatte die Arbeit aufgenommen, die am nächsten lag. Er besaß beides — Fähigkeiten, eine führende Stellung zu bekleiden, und die Demut eines Menschen, der zu dienen bereit ist. Obwohl ruhigen und sanften Geistes, war er dennoch tatkräftig und entschieden. Rechtschaffenheit, Pflichttreue, Liebe zu Gott und Gottesfurcht erfüllten ihn ganz und gar. Im Einerlei der täglichen Plackerei erlangte er Willensstärke und charakterliche Größe und nahm an Gnade und Erkenntnis zu. Während er seinem Vater bei der Erfüllung der häuslichen Pflichten half, lernte er, zugleich mit Gott zusammenzuarbeiten. PK 153.3

Durch Zuverlässigkeit in kleinen Dingen bereitete sich Elisa auf bedeutendere Aufgaben vor. Durch praktische Erfahrung wurde er täglich immer besser für eine umfassendere, größere Tätigkeit gerüstet. Er lernte zu dienen, und indem er dies lernte, lernte er auch zu unterweisen und zu leiten. Dies ist für alle eine gute Lehre. Niemand kann wissen, was Gott mit seinem erzieherischen Vorgehen beabsichtigt; alle aber können gewiß sein, daß Zuverlässigkeit in kleinen Dingen ein Zeichen dafür ist, daß wir auch für die Übernahme größerer Verantwortungen geeignet sind. Jede Tat im Leben legt den Charakter bloß. Gott kann nur den zu einem höheren Dienst berufen, der sich in kleinen Pflichten als “bewährter Arbeiter” zeigt, “der sich seines Dienstes nicht zu schämen braucht”. 2.Timotheus 2,15 (Bruns). PK 154.1

Wer der Meinung ist, daß es nicht darauf ankomme, wie er die geringeren Aufgaben erfüllt, erweist sich damit selbst als ungeeignet für eine ehrenvollere Stellung. Mag er sich auch für noch so befähigt halten, größere Aufgaben zu übernehmen, Gott durchschaut ihn doch. Nachdem er geprüft und versucht worden ist, wird auch über ihn der Urteilsspruch gefällt: “Man hat dich auf der Waage gewogen und zu leicht befunden.” Daniel 5,27. Seine Untreue bleibt nicht ohne Rückwirkung auf ihn selbst. Er wird der Gnade, der Kraft und der Charakterstärke ermangeln, die man nur durch rückhaltlose Übergabe erlangt. PK 154.2

Viele haben das Empfinden, daß ihr Leben nutzlos sei und daß sie nichts für die Förderung des Reiches Gottes tun, weil sie nicht unmittelbar mit einer religiösen Aufgabe betraut sind. Wie gern würden sie etwas Großes tun, wenn sie dazu Gelegenheit hätten! Da sie aber nur in kleinen Aufgaben dienen können, halten sie es für gerechtfertigt, gar nichts zu tun. Doch darin irren sie! Jemand kann im Dienste Gottes stehen, auch wenn er sein Leben nur mit der Erfüllung der gewöhnlichen, alltäglichen Pflichten zubringt, sei es, daß er Bäume fällt, den Boden urbar macht oder hinter dem Pflug hergeht. Die Mutter, die ihre Kinder für Christus erzieht, ist ebenso für Gott tätig wie der Geistliche auf der Kanzel. PK 154.3

Viele wünschen sich eine besondere Begabung, um eine großartige Leistung zu vollbringen, während sie naheliegende Pflichten, deren Erfüllung wohlgefällig aufgenommen würde, aus dem Auge verlieren. Sie sollten die Pflichten auf sich nehmen, die ihnen gerade zufallen. Für den Erfolg ist nicht so sehr die Begabung entscheidend als vielmehr Tatkraft und innere Bereitschaft. Nicht der Besitz glänzender Gaben befähigt uns, einen annehmbaren Dienst zu leisten, sondern Gewissenhaftigkeit in der Erfüllung täglicher Pflichten, Zufriedenheit und aufrichtige, herzliche Anteilnahme am Wohlergehen anderer. Noch im bescheidensten Los ist echte Größe zu finden. Auch die gewöhnlichsten Aufgaben erwecken, wenn sie mit liebevoller Hingabe ausgeführt werden, in Gottes Augen Wohlgefallen. PK 155.1

Als Elia, nachdem er von Gott beauftragt worden war, einen Nachfolger zu suchen, an dem Feld vorbeikam, auf dem Elisa pflügte, warf er den Mantel der Weihe um die Schultern des jungen Mannes. Während der Hungersnot war die Familie Schaphats mit Elias Werk und Sendung bekanntgeworden. Nun gab der Geist Gottes dem Herzen Elisas ein, was die Handlung des Propheten zu bedeuten hatte. Sie war für ihn das Zeichen, daß Gott ihn zum Nachfolger Elias berufen hatte. PK 155.2

“Und er verließ die Rinder und lief Elia nach und sprach: Laß mich meinen Vater und meine Mutter küssen, dann will ich dir nachfolgen. Er sprach zu ihm: Wohlan, kehre um! Bedenke, was ich dir getan habe!” 1.Könige 19,20. Dies war keine abschlägige Antwort, sondern eine Glaubensprüfung. Elisa mußte über den Preis nachdenken und selbst entscheiden, ob er den Ruf annehmen oder zurückweisen wollte. Hing sein Herz an seinem Heim und den Vorteilen, die es ihm bot, hatte er die Freiheit, dort zu bleiben. Elisa war sich jedoch der Bedeutung seiner Berufung bewußt. Er wußte, daß sie von Gott kam, und er zögerte deshalb nicht, zu gehorchen. Um keines weltlichen Vorteils willen wollte er sich die Gelegenheit entgehen lassen, Gottes Bote zu werden, noch wollte er auf das Vorrecht verzichten, mit dem Diener Gottes in Verbindung zu stehen. Er “nahm ein Joch Rinder und opferte es und mit den Jochen der Rinder kochte er das Fleisch und gab’s den Leuten, daß sie aßen. Und er machte sich auf und folgte Elia nach und diente ihm.” 1.Könige 19,21. Ohne zu zögern verließ er ein Heim, in dem er geliebt wurde, um den Propheten in sein wechselvolles Leben zu begleiten. PK 155.3

Hätte Elisa den Propheten gefragt, was er von ihm erwartete, welcherart seine Aufgabe sein sollte, so würde er zur Antwort erhalten haben: Gott weiß es. Er wird es dich wissen lassen. Wenn du dich an den Herrn wendest, so wird er dir jede Frage beantworten. Bist du dir darüber klar, daß Gott dich berufen hat, so komm mit mir. Sei gewiß, daß Gott hinter mir steht, und daß es seine Stimme ist, die du hörst. Wenn du alles andere für unwert halten kannst, um die Gunst Gottes zu erlangen, so komm. PK 156.1

Ähnlich der Berufung, die an Elisa erging, war die Antwort, die Christus dem reichen Jüngling gab, der ihn fragte: “Meister, was soll ich Gutes tun, daß ich das ewige Leben möge haben? ... Jesus sprach zu ihm: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komme und folge mir nach!” Matthäus 19,16.21. PK 156.2

Elisa nahm die Berufung zum Dienst an, ohne noch einen Blick auf die Freuden und Bequemlichkeiten zurückzuwerfen, die er hinter sich ließ. Der reiche Jüngling dagegen ging, nachdem er die Worte des Heilandes gehört hatte, “betrübt von ihm; denn er hatte viele Güter”. Matthäus 19,22. Er war nicht gewillt, das Opfer zu bringen. Seine Liebe zu seinem Besitz war größer als seine Liebe zu Gott. Dadurch aber, daß er sich sträubte, alles für Christus aufzugeben, erwies er sich als untauglich für einen Platz im Dienste des Meisters. PK 156.3

Die Aufforderung, alles auf den Altar des Dienstes zu legen, tritt an jeden heran. Wir werden nicht alle aufgefordert, zu dienen, wie Elisa diente, noch wird uns geheißen, alles zu verkaufen, was wir besitzen. Gott verlangt aber von uns, daß wir seinem Dienst den ersten Platz in unserem Leben einräumen und auch nicht einen Tag vorübergehen lassen, ohne etwas zur Förderung seines Werkes hier auf Erden getan zu haben. Er erwartet nicht, daß wir ihm alle auf dieselbe Weise dienen. Der eine mag zum Dienst in einem fremden Land berufen werden, an einen anderen mag die Aufforderung ergehen, seine Mittel zum Unterhalt des Evangeliumswerkes zur Verfügung zu stellen. Gott nimmt die Opfergabe eines jeden an. Es ist nötig, daß wir ihm unser Leben mit allen seinen Anliegen weihen. Alle, die eine derartige Weihe vollziehen, werden den Ruf des Himmels vernehmen und befolgen. PK 156.4

Der Herr weist jedem, dem seine Gnade zuteil wird, die Aufgabe zu, für andere zu wirken. Jeder einzelne muß seinen Platz ausfüllen und sprechen: “Hier bin ich; sende mich!” Die Verantwortung ruht auf einem jeden, sei er nun Prediger des Wortes oder Arzt, Kaufmann oder Landmann, Gelehrter oder Handwerker. Es ist seine Aufgabe, anderen das Evangelium von ihrer Erlösung kundzutun. Alles, was er unternimmt, sollte diesem Ziel dienen. PK 157.1

Elisa wurde nicht gleich mit einer großen Aufgabe betraut. Noch gehörte die Erfüllung alltäglicher Pflichten zu seiner Ausbildung. Man sagte von ihm, daß er Elia, seinem Meister, Wasser auf die Hände gegossen habe. Er war bereit, alles zu tun, was der Herr gebot, und mit jedem Schritt lernte er Lektionen der Demut und des Dienens. Als persönlicher Begleiter des Propheten zeigte er sich weiterhin in kleinen Dingen zuverlässig, während er sich zugleich mit täglich wachsender Hingabe dem Auftrag widmete, den Gott ihm zugewiesen hatte. PK 157.2

Auch nach seiner Verbindung mit Elia verlief Elisas Leben nicht ohne Versuchungen. Er hatte überaus viele Anfechtungen zu bestehen; doch in jeder Not verließ er sich ganz auf Gott. Er wurde versucht, an das Zuhause zu denken, das er verlassen hatte, doch er gab dieser Versuchung nicht nach. Nachdem er die Hand einmal ans Werk gelegt hatte, war er entschlossen, nicht umzukehren. In allen Anfechtungen und Versuchungen bewährte er sich in seiner Aufgabe. PK 157.3

Der Predigtdienst umfaßt mehr als nur das Predigen des Wortes. Dazu gehört auch, jungen Männern eine Ausbildung zu geben, wie Elia sie Elisa angedeihen ließ, indem man sie aus ihrem gewohnten Wirkungskreis herausnimmt und ihnen Verantwortungen in Gottes Werk überträgt, zuerst von geringerem Gewicht, später, wenn sie an Kraft und Erfahrung gewonnen haben, größere. Im Predigtdienst stehen Männer des Glaubens und des Gebets, Männer, die sagen können: “Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unseren Augen, das wir beschaut haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens ... was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch.” 1.Johannes 1,1.3. Junge, unerfahrene Mitarbeiter sollten in Verbindung mit diesen erfahrenen Dienern Gottes in praktischer Arbeit ausgebildet werden. So werden sie lernen, Belastungen auf sich zu nehmen. PK 157.4

Wer in dieser Weise junge Mitarbeiter ausbildet, leistet einen ausgezeichneten Dienst. Der Herr selbst unterstützt sie in ihren Bemühungen. Die jungen Männer aber, die hierfür ausgesondert sind und deren Vorrecht es ist, mit ernsten gottgeweihten Mitarbeitern eng zusammenzuarbeiten, sollten sich diese Gelegenheit so intensiv wie möglich zunutze machen. Gott hat sie ausgezeichnet, indem er sie für seinen Dienst ersehen und sie dorthin gestellt hat, wo sie ihre Eignung für diese Aufgabe verbessern können. Sie sollten sich demütig, pflichtgetreu, gehorsam und opferwillig zeigen. Wenn sie sich Gottes Zucht unterwerfen, seine Anweisungen ausführen und seine Diener zu ihren Ratgebern erwählen, werden sie sich zu rechtschaffenen, edlen Grundsätzen anhängenden, standhaften Männern entwickeln, die Gott mit großer Verantwortung betrauen kann. PK 158.1

Wo das Evangelium in seiner Reinheit verkündigt wird, werden Menschen sowohl von der Pflugschar als auch aus den Berufen hinweggerufen, über die sich das Geschäftsleben abwickelt und bei denen hauptsächlich geistige Arbeit geleistet werden muß. Sie sollen unter Anleitung erfahrener Männer herangebildet werden. Wenn sie lernen, wirkungsvoll zu arbeiten, werden sie die Wahrheit mit Macht verkündigen. Durch überaus wunderbare Fügungen der göttlichen Vorsehung werden Berge von Schwierigkeiten beseitigt und ins Meer geworfen werden. Die Botschaft, die für jene, die auf Erden wohnen, so viel bedeutet, wird vernommen und verstanden werden. Die Menschen werden wissen, was Wahrheit ist. Immer weiter wird das Werk sich ausbreiten, bis die ganze Erde gewarnt sein wird, und dann wird das Ende kommen. PK 158.2

Elia und Elisa arbeiteten noch mehrere Jahre nach der Berufung Elisas zusammen. Der jüngere Mann war mit jedem Tage besser für seine Tätigkeit vorbereitet. Elia war Gottes Werkzeug zur Beseitigung ungeheurer Übel gewesen. Durch ihn war der Abgötterei, die mit Unterstützung Ahabs und der heidnischen Isebel das Volk verführt hatte, in entscheidender Weise Einhalt geboten worden. Die Baalspropheten waren umgebracht worden, und das ganze Volk Israel zeigte sich tief erschüttert. Viele kehrten zur Anbetung Gottes zurück. Als Elias Nachfolger sollte Elisa sich mit Hilfe sorgsamer, geduldiger Anweisungen bemühen, Israel auf sicheren Pfaden zu leiten. Seine Verbindung mit Elia, dem größten Propheten seit den Tagen des Mose, bereitete ihn auf die Aufgabe vor, die er bald allein auf sich zu nehmen haben würde. PK 158.3

Während dieser Jahre gemeinsamer Tätigkeit wurde Elia von Zeit zu Zeit beauftragt, schweren Übeln mit strengem Tadel entgegenzutreten. Als der gottlose Ahab von Naboths Weinberg Besitz ergriffen hatte, war es Elias Stimme, die sein und seines Hauses Schicksal prophezeite. Und als Ahasja sich nach dem Tod seines Vaters Ahab von dem lebendigen Gott zu Baal-Sebub, dem Gott Ekrons, wandte, war es abermals Elias Stimme, die man entschieden dagegen Einspruch erheben hörte. PK 159.1

Die Prophetenschulen, die Samuel errichtet hatte, waren während der Zeit der Abtrünnigkeit Israels in Verfall geraten. Elia stellte diese Schulen wieder her. Er schuf damit den jungen Männern die Voraussetzung für eine Erziehung, die sie befähigte, das Gesetz herrlich und groß zu machen. Drei dieser Schulen werden in der Heiligen Schrift erwähnt, und zwar die Schulen in Gilgal, Bethel und Jericho. Kurz bevor Elia zum Himmel aufgenommen wurde, besuchten er und Elisa diese Stätten der Ausbildung. Die Lehren, die der Prophet Gottes ihnen bei früheren Besuchen erteilt hatte, trug er dabei wieder vor. Besonders unterwies er sie im Hinblick auf ihr hohes Vorrecht, dem Gott des Himmels gewissenhaft ihre Ergebenheit zu bewahren. Er legte ihnen auch nahe, wie wichtig es sei, in ihrer Erziehung in jeder Form Einfachheit walten zu lassen. Nur auf diese Weise konnten sie das Bild des Himmels in sich aufnehmen und hinausgehen, um für den Herrn zu wirken. PK 159.2

Das Herz Elias wurde mit Freude erfüllt, als er sah, was sich mit Hilfe dieser Schulen erreichen ließ. Obwohl die Aufgabe der Erneuerung nicht vollendet war, konnte er doch im ganzen Reiche sehen, wie das Wort des Herrn verwirklicht wurde: “Ich will übriglassen siebentausend in Israel, alle Knie, die sich nicht gebeugt haben vor Baal.” 1.Könige 19,18. PK 159.3

Während Elisa den Propheten auf seiner Rundreise von Schule zu Schule begleitete, wurden sein Glaube und seine Entschlossenheit abermals geprüft. In Gilgal und auch in Bethel und Jericho wurde er vom Propheten aufgefordert, umzukehren. “Bleibe du hier”, sprach Elia, “denn der Herr hat mich nach Bethel gesandt.” 2.Könige 2,2. Doch schon bei seiner früheren Tätigkeit, als er noch den Pflug führte, hatte Elisa gelernt, weder zu verzagen, noch sich entmutigen zu lassen. So ließ er sich auch jetzt, nachdem er eine andere Aufgabe angenommen, neu seine Hand an den Pflug gelegt hatte, nicht von der Ausführung seines Entschlusses ablenken. Er wollte sich nicht von seinem Meister trennen lassen, solange ihm Gelegenheit blieb, für seine Aufgabe noch geeigneter zu werden. Ohne daß Elia etwas davon wußte, war die Offenbarung, daß er in den Himmel aufgenommen werden sollte, seinen Jüngern in den Prophetenschulen, insbesondere aber Elisa, bekannt geworden. Deshalb hielt der erprobte Diener des Mannes Gottes sich jetzt dicht an dessen Seite. So oft auch die Aufforderung an ihn erging, umzukehren, seine Antwort lautete: “So wahr der Herr lebt und du lebst; ich verlasse dich nicht.” 2.Könige 2,6. PK 159.4

“Und es gingen die beiden miteinander. Und fünfzig von den Prophetenjüngern gingen hin und standen von ferne; aber die beiden standen am Jordan. Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser; das teilte sich nach beiden Seiten, so daß die beiden auf trockenem Boden hinübergingen. Und als sie hinüberkamen, sprach Elia zu Elisa: Bitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde.” 2.Könige 2,6-9. PK 160.1

Elisa erbat weder weltliche Hilfe noch eine hohe Stellung unter den Großen der Erde. Was er begehrte, war ein hohes Maß jenes Geistes, den Gott dem Manne so reichlich gewährt hatte, den er jetzt durch Verwandlung auszeichnen wollte. Er wußte, daß nur der Geist, der auf Elia geruht hatte, ihn befähigen konnte, den Platz in Israel auszufüllen, zu dem Gott ihn berufen hatte. Darum bat er: “Daß mir zwei Anteile von deinem Geiste zufallen.” 2.Könige 2,9. PK 160.2

Elia erwiderte auf diese Bitte: “Du hast Schweres erbeten. Doch, wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so wird’s geschehen; wenn nicht, so wird’s nicht sein. Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel.” 2.Könige 2,10.11. PK 160.3

Elia war ein Vorbild der Heiligen, die zur Zeit der Wiederkunft Christi auf Erden leben und “verwandelt werden; und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune” (1.Korinther 15,51.52), ohne zuvor den Tod “geschmeckt” zu haben. Weil er jene darstellte, die so verwandelt werden sollen, durfte Elia kurz vor Ablauf des irdischen Dienstes Christi mit Mose an der Seite des Heilandes auf dem Verklärungsberg stehen. So sahen die Jünger in diesen Verklärten eine Darstellung des Reiches der Erlösten im kleinen. Sie erblickten Jesus, angetan mit dem Licht des Himmels, und vernahmen die “Stimme aus der Wolke” (Lukas 9,35), die ihn als den Sohn Gottes anerkannte. Sie sahen Mose, der diejenigen repräsentierte, die zur Zeit des zweiten Kommens Jesu von den Toten auferweckt werden sollen. Und da stand auch Elia als Vertreter derer, die beim Abschluß der Geschichte dieser Erde aus dem Zustand der Sterblichkeit in den der Unsterblichkeit verwandelt und in den Himmel entrückt werden sollen, ohne den Tod gesehen zu haben. PK 160.4

In der Wüste, einsam und entmutigt, hatte Elia erklärt, daß er des Lebens überdrüssig sei, und darum gebeten, daß er sterben dürfe. Aber der Herr in seiner Barmherzigkeit hatte ihn nicht beim Wort genommen. Es wartete noch eine große Aufgabe auf Elia, und nachdem diese Aufgabe erfüllt war, sollte er nicht entmutigt und vereinsamt sterben. Es war ihm nicht bestimmt, zugrunde zu gehen, sondern mit Gottes Engeln zu dessen Herrlichkeit aufzufahren. PK 161.1

“Elisa aber sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater, du Wagen Israels und sein Gespann! und sah ihn nicht mehr. Da faßte er seine Kleider, zerriß sie in zwei Stücke und hob den Mantel auf, der Elia entfallen war, und kehrte um und trat wieder an das Ufer des Jordan. Und er nahm den Mantel, der Elia entfallen war, und schlug ins Wasser und sprach: Wo ist nun der Herr, der Gott Elias? und schlug ins Wasser. Da teilte es sich nach beiden Seiten, und Elisa ging hindurch. Und als das die Prophetenjünger sahen, die gegenüber bei Jericho waren, sprachen sie: Der Geist Elias ruht auf Elisa, und sie gingen ihm entgegen und fielen vor ihm nieder zur Erde.” 2.Könige 2,12-15. PK 161.2

Wenn es der Herr in seiner Vorsehung für gut hält, jene aus seinem Werk herauszunehmen, denen er Weisheit verliehen hatte, so läßt er ihren Nachfolgern Hilfe und Stärkung zuteil werden, wenn sie bei ihm um Hilfe nachsuchen und in seinen Wegen wandeln. Sie können sogar mehr Weisheit besitzen als ihre Vorgänger; denn sie sind in der Lage, aus deren Erfahrung Nutzen zu ziehen und aus deren Fehlern zu lernen. PK 161.3

Von nun an stand Elisa an Elias Platz. Er, der im Geringsten treu gewesen war, sollte sich auch im Großen als treu erweisen. PK 161.4