In den Fußspuren des großen Arztes

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Nutzen der Bewegung

Tätigkeit ist ein Gesetz unseres Wesens. Jedes Organ des Körpers hat sein bestimmtes Werk, von dessen Ausführung seine Entwicklung und Kraft abhängt. Die normale Tätigkeit aller Organe verleiht Kraft und Energie, während die Neigung zur Untätigkeit Verfall und Tod herbeiführt. Bindet einen Arm nur für einige Wochen fest, dann befreit ihn von seinen Fesseln und ihre werdet sehen, daß er schwächer ist als der andere, den ihr während derselben Zeit mäßig gebraucht habt. Untätigkeit erzeugt dieselben Folgen in dem ganzen Muskelsystem. FA 241.3

Untätigkeit ist eine fruchtbare Ursache von Krankheit. Bewegung und Heilgymnastik fördern und regeln den Blutkreislauf. In Krankheit aber zirkuliert das Blut nicht richtig und die Veränderungen darin, die so notwendig für Leben und Gesundheit sind, treten nicht ein. Auch die Haut wird untätig. Unreinigkeiten werden nicht ausgeschieden, wie es der Fall sein würde, wenn der Kreislauf des Blutes durch lebhafte Bewegung oder Gymnastik beschleunigt, die Haut in gesundem Zustand erhalten und die Lungen mit reichlich reiner, frischer Luft gespeist würden. Dieser Zustand des Systems legt den Ausscheidungsorganen eine doppelte Last auf und Krankheit folgt. FA 242.1

Invaliden sollten nicht zur Untätigkeit ermutigt werden. Hat sich jemand nach irgend einer Richtung hin überanstrengt, so wird einige Zeit gänzlicher Ruhe manchmal ernste Krankheit abwenden. Ist jemand aber dauernd Invalide, so braucht er doch nur selten alle Tätigkeit einzustellen. FA 242.2

Solche, die infolge geistiger Arbeit zusammengebrochen sind, sollten Ruhe haben von ermüdenden Gedanken, aber man sollte sie nicht glauben lassen, daß es gefährlich sei, ihre geistigen Kräfte überhaupt zu gebrauchen. Viele neigen dazu, ihren Zustand viel schlimmer anzusehen als er wirklich ist. Diese Gedanken beeinflussen die Genesung ungünstig und sollten nicht ermutigt werden. FA 242.3

Prediger, Lehrer, Schüler und andere Kopfarbeiter leiden oft an Krankheit als Folge starker geistiger Anstrengung, die nicht durch körperliche Tätigkeit unterbrochen wurde. Was diesen Personen nottut, ist ein tätigeres Leben. Streng mäßige Gewohnheiten, verbunden mit richtiger Bewegung würden geistige und körperliche Kraft sichern und allen solchen, die geistig arbeiten Kraft geben, auszuhalten. FA 242.4

Hat jemand seine körperlichen Kräfte überschätzt, so sollte man ihn nicht veranlassen, die körperliche Arbeit gänzlich aufzugeben. Die Arbeit sollte aber, um die größten Vorteile zu bringen, systematisch und angenehm sein. Bewegung im Freien ist das Beste. Sie sollte so eingerichtet werden, daß die geschwächten Organe durch Gebrauch gestärkt werden; man sollte mit ganzem Herzen dabei sein. Der Hände Arbeit sollte niemals zu einer bloßen Plage herabgewürdigt werden. FA 242.5

Haben Invaliden nicht, was ihre Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, so richten sich ihre Gedanken auf sich selbst und sie werden dadurch krankhaft und reizbar. Oftmals verweilen sie bei ihren schlechten Gefühlen, bis sie sich selbst für viel schlimmer halten als sie wirklich sind und gänzlich unfähig werden, etwas zu tun. FA 243.1

In all diesen Fällen würde eine gutgeleitete, körperliche Übung sich als ein erfolgreiches Heilmittel erweisen. In manchen Fällen ist dies zur Wiederherstellung der Gesundheit unentbehrlich. Der Wille geht mit der Arbeit der Hände und deshalb muß bei diesen Invaliden der Wille aufgeweckt werden. Wenn der Wille schläft, wird die Einbildungskraft unnormal und es ist unmöglich, der Krankheit zu widerstehen. FA 243.2

Untätigkeit ist der größte Fluch, der auf die meisten Invaliden kommen könnte. Leichte Beschäftigung in nützlicher Arbeit hat einen guten Einfluß auf Körper und Geist, wenn dieselbe sie nicht zu sehr anstrengt. Sie stärkt die Muskeln, verbessert den Blutkreislauf und gewährt dem Invaliden die Befriedigung zu wissen, daß er nicht gänzlich nutzlos in dieser geschäftigen Welt ist. Er mag zuerst nur wenig zu tun imstande sein, aber er wird bald finden, wie seine Kraft zunimmt und seine Arbeit kann dementsprechend vermehrt werden. FA 244.1

Bewegung hilft dem Magenleidenden, indem sie den Verdauungsorganen eine gesunde Anregung gibt. Ernstes Studium oder starke körperliche Bewegungen unmittelbar nach dem Essen hindern das Werk der Verdauung; aber ein kurzer Spaziergang nach der Mahlzeit mit erhobenem Haupt und geraden Schultern ist von großem Nutzen. FA 244.2

Aber trotz allem, was betreffs deren Wichtigkeit gesagt und geschrieben ist, gibt es immer noch viele, welche die körperlichen Übungen vernachlässigen. Viele werden zu dick, weil das System überladen ist; andere werden dünn und schwach, weil ihre Lebenskräfte erschöpft sind durch ein Übermaß an Nahrung, womit sie fertig werden sollten. Die Leber ist belastet in ihrer Bemühung, das Blut von Unreinigkeiten zu befreien, und Krankheit ist die Folge. FA 244.3

Solche, die eine sitzende Lebensweise haben, sollten, wenn das Wetter es erlaubt, täglich Bewegung in der freien Luft machen, Sommer oder Winter. Gehen ist dem Reiten oder Fahren vorzuziehen, weil es mehr Muskeln in Bewegung setzt. Die Lungen werden zu gesunder Tätigkeit genötigt, denn es ist unmöglich, rasch zu gehen, ohne dieselben auszudehnen. FA 244.4

Solche Bewegung würde in vielen Fällen besser für die Gesundheit sein als Medizin. Ärzte raten oft ihren Patienten, eine Ozeanreise zu machen, nach irgend einem Mineralbad zu gehen oder zum Klimawechsel verschiedene Orte zu besuchen, während sie in den meisten Fällen durch mäßiges Essen und fröhliche gesunde Bewegung an Ort und Stelle ihre Gesundheit wiedererlangen und Zeit und Geld sparen würden. FA 244.5