Erfahrungen und Gesichte sowie Geistliche Gaben

53/78

Kapitel 16: Paulus besucht Jerusalem

Nach seiner Bekehrung besuchte Paulus Jerusalem und predigte dort Jesum und die Wunder seine Gnade. Er erzählte seine wunderbare Bekehrung, was die Priester und Schriftgelehrten so in Zorn versetzte, daß sie ihm nach dem Leben trachteten. Aber Jesus erschien ihm zu seiner Errettung in einem Gesichte, während er betete, und sprach zu ihm: “Eile und mache dich behend von Jerusalem hinaus; denn sie werden nicht aufnehmen dein Zeugnis von mir.” Paulus antwortete: “Herr, sie wissen selbst, daß ich gefangen legte und stäupte die, so an dich glaubten, in den Schulen hin und wieder; und da das Blut des Stephanus, deines Zeugen, vergossen war, stand ich auch dabei und hatte Wohlgefallen an seinem Tode, und verwahrte denen die Kleider, die ihn töteten.” Paulus hatte gedacht, daß die Juden zu Jerusalem seinem Zeugnis nicht widerstehen könnten und sie einsehen würden, daß der große Wechsel in ihm nur durch die Macht Gottes hervorgebracht sein könne. Aber die Antwort war noch bestimmter als vorher: “Gehe hin, denn ich will dich ferne unter die Heiden senden.” Während Pauli Abwesenheit von Jerusalem schrieb er viele Briefe nach verschiedenen Orten, erzählte seine Erfahrungen und legte ein mächtiges Zeugnis ab. Aber manche bestrebten sich, den Einfluß dieser Briefe zu vernichten. Sie mußten zugeben, daß diese Briefe wichtig und kräftig waren, erklärten aber, daß seine leibliche Gegenwart schwach und seine Rede wertlos sei. EG 196.1

Die Tatsache war jedoch, daß Paulus ein Mann von großer Gelehrsamkeit war, daß seine Weisheit und sein Benehmen die Hörer entzückten. Gelehrte Männer freuten sich seiner Erkenntis, und viele glaubten an Jesum. Wenn er vor Königen und Versammlungen stand, konnte er eine solche Beredsamkeit entfalten, daß er alle Zuhörer förmlich bezauberte. Dies versetzte die Priester und Obersten in große Wut. Paulus konnte leicht das Volk in die erhabensten Gedanken einführen, ihnen den Reichtum der Gnade Gottes und die beseligende Liebe Christi schildern. Dann konnte er wiederum in aller Einfachheit zu dem Verständnis des gemeinsamen Volkes herabsteigen und in der wirkungsvollsten Weise seine Erfahrung erzählen, was den brennenden Wunsch in ihnen erregte, auch Christi Jünger zu werden. EG 196.2

Abermals erschien der Herr dem Paulus und offenbarte ihm, daß er hinauf nach Jerusalem gehen müsse, daß er daselbst gebunden werde und um seines Namens willen leiden würde. Obgleich er lange Zeit hindurch ein Gefangener war, so tat doch der Herr sein besonderes Werk durch ihn. Seine Bande waren das Mittel, die Erkenntnis Christi zu verbreiten und Gott zu verherrlichen. Da er zu seinem Verhör von Stadt zu Stadt gesandt wurde, wurde sein Zeugnis von Jesus und die interessanten Ereignisse seiner eigenen Bekehrung vor Königen und Stadthaltern erzählt, auf daß sie betreffs Jesu ohne Entschuldigung sein möchten. Tausende glaubten an ihn und freuten sich in seinem Namen. Ich sah, daß Gottes besondere Absicht durch die Reise Pauli auf der See erfüllt wurde. Er hatte beabsichtigt, daß die Schiffsmannschaft Zeuge von der Macht Gottes durch Paulus sein sollte, daß die Heiden auf diese Weise von dem Namen Jesu hören und viele durch die Lehren Pauli und durch die Wunder, die er vollbrachte, bekehrt werden sollten. Könige und Stadthalter waren von seinen Vorträgen entzückt, und als er mit Eifer und in der Macht des Heiligen Geistes Jesum predigte und wichtige Begebenheiten seiner Erfahrung erzählte, wurden sie von der Überzeugung erfaßt, daß Jesus der Sohn Gottes sei. Während manche mit Erstaunen den Worten Pauli lauschten, rief einer aus: “Es fehlt nicht viel, du überredest mich, daß ich ein Christ würde.” Doch die meisten von denen, die ihn hörten, dachten, daß sie späterhin erwägen wollten, was sie gehört hatten. Satan nahm den Vorteil des Aufschubs wahr, und da sie die Gelegenheit versäumten, als ihre Herzen weich waren, war sie für immer dahin. Ihre Herzen wurden wieder verhärtet. EG 197.1

Es wurde mir gezeigt, daß das Werk Satans erstens darin bestand, die Augen der Juden zu verblenden, damit sie Jesum nicht als ihren Heiland annehmen würden, und dann darin, daß er sie veranlaßte, aus Neid über seine mächtigen Taten sein Leben zu fordern. Satan fuhr in einen von Christi eigenen Nachfolgern und trieb ihn an, Christum in die Hände seiner Feinde zu verraten, damit sie den Herrn des Lebens und der Herrlichkeit kreuzigen möchten. EG 198.1

Nachdem Jesus von den Toten auferstanden war, häuften die Juden Sünde auf Sünde, indem sie die römische Wache bestachen, eine Lüge zu verbreiten, um die Tatsache seiner Auferstehung zu verbergen. Aber die Auferstehung Christi ist durch die gleichzeitige Auferstehung einer Menge von Zeugen doppelt sicher. Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern und dann über 500 Brüdern auf einmal, während diejenigen, die er mit sich gebracht hatte, vielen erschienen und es bestätigten, daß Jesus auferstanden war. EG 198.2

Satan hatte die Juden dazu gebracht, sich gegen Gott zu empören, indem sie sich weigerten, seinen Sohn anzunehmen und ihre Hände mit seinem teuren Blute beflecken. Ohne Rücksicht darauf, wie kräftig der Beweis war, der vorgebracht wurde, daß Jesus der Sohn Gottes, der Erlöser der Welt sei, töteten sie ihn und wollten keinen Beweis zu seinem Gunsten annehmen. Ihre einzige Hoffnung und ihr Trost bestanden gleich derjenigen Satans nach seinem Fall darin, daß sie versuchten, über den Sohn Gottes die Oberhand zu gewinnen. Sie setzten deshalb ihre Empörung fort, indem sie die Jünger Christi verfolgten und dem Tode überlieferten. Nichts klang ihren Ohren so hart als der Name Jesu, den sie gekreuzigt hatten; und sie waren nicht zu bewegen, einen Beweis zu seinen Gunsten anzuhören. Als der Heilige Geist durch Stephanus den mächtigen Beweis erbrachte, daß Christus der Sohn Gottes sei, hielten sie ihre Ohren zu, damit sie nicht überzeugt werden möchten. Satan hatte die Mörder Jesu ganz in seiner Gewalt. Durch ihre bösen Werke hatten sie sich selbst zu seinen willigen Werkzeugen gemacht, und er war durch sie an der Arbeit, die an Christum Gläubigen zu beunruhigen und zu plagen. Er hetzte durch die Juden die Heiden gegen Jesum und seine Nachfolger auf. Aber Gott sandte seine Engel, um die Jünger für ihr Werk zu stärken, damit sie von dem, was sie gesehen und gehört hätten, zeugen und zuletzt durch ihre Standhaftigkeit ihr Zeugnis mit ihrem Blute besiegeln könnten. EG 198.3

Satan freute sich, daß die Juden sicher in seinen Schlingen waren. Sie setzten noch ihre nutzlosen Gebräuche, ihre Opfer und Satzungen fort. Als Jesus am Kreuze hing und ausrief: “Es ist vollbracht”, da riß der Vorhang des Tempels mitten entzwei, um zu zeigen, daß Gott nicht länger mit den Priestern im Tempel sein würde, um ihre Opfer und Verordnungen anzunehmen, und daß die trennende Mauer zwischen Juden und Heiden wieder gerissen sei. Jesus hatte durch sich selbst ein Opfer für beide gebracht, und beide mußten an ihn, als das einzige Opfer für die Sünde, den Heiland der Welt glauben, wenn sie gerettet werden wollten. EG 199.1

Als ein Soldat die Seite Jesu öffnete, während er am Kreuze hing, kamen zwei besondere Ströme heraus, der eine von Blut der andere von Wasser. Das Blut sollte die Sünden derjenigen wegwaschen, die an seinen Namen glauben würden, und das Wasser stellte das lebendige Wasser da, welches von Jesu kommt und denen Leben gibt, die an ihn glauben. EG 199.2