Erfahrungen und Gesichte sowie Geistliche Gaben

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Kapitel 12: Die Jünger Jesu

Mit großer Kraft verkündigten die Jünger den gekreuzigten und auferstandenen Heiland. In dem Namen Jesu wurden Zeichen und Wunder durch sie bewirkt; die Kranken wurden durch sie geheilt, ein Mann, der von seiner Geburt an lahm gewesen war, wurde völlig wieder hergestellt und ging mit Petrus und Johannes in den Tempel, wandelte und sprach und lobte Gott. Dies verbreitete sich gar bald, und das Volk versammelte sich um die Jünger. Viele liefen zusammen, indem sie über die Heilung, die dieselben bewirkt hatten, höchst erstaunt waren. EG 182.1

Als Jesus starb, meinten die Priester, daß keine Wunder mehr unter ihnen vollbracht werden würden, daß die Bewegung bald gedämpft sei und das Volk sich nach den Aufsätzen der Menschen richten würde. Aber siehe, gerade in ihrer Mitte wirkten die Jünger Wunder, und das Volk wurde voll Wunderns und Entsetzens. Jesus war gekreuzigt worden, und sie wunderten sich, woher seine Nachfolger diese Macht erhalten hätten. Sie meinten, daß er ihnen während seines Lebens Macht mitgeteilt hätte; aber als er starb, erwarteten sie, daß es mit den Wundern aus sei. Petrus verstand ihre Verwirrung und sprach zu ihnen: “Ihr Männer von Israel, was wundert ihr euch darüber? oder was sehet ihr auf uns, als hätten wir diesen Wandel gemacht durch unsere eigene Kraft oder Verdienst? Der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesum verkläret, welchen ihr überantwortet und verleugnet habt vor Pilatus, da derselbige urteilte, ihn loszulassen. Ihr aber verleugnetet den Heiligen und Gerechten und batet, daß man euch den Mörder schenkte; aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet. Den hat Gott auferwecket von den Toten; des sind wir Zeugen. Und durch den Glauben an seinen Namen hat diesen, den ihr sehet und kennet, sein Name stark gemacht, und der Glaube durch ihn hat diesem gegeben diese Gesundheit vor euren Augen.” EG 182.2

Die Priester und Obersten konnten diese Rede nicht vertragen, und auf ihren Befehl wurden Petrus und Johannes ergriffen und ins Gefängnis geworfen. Tausende waren aber durch diese eine Rede der Jünger bekehrt worden, so daß sie an die Auferstehung und Himmelfahrt Christi glaubten. Die Priester und Obersten waren sehr beunruhigt. Sie hatten Jesus gekreuzigt, in der Hoffnung die Gedanken des Volkes wieder auf sich zu richten, aber die Sache wurde schlimmer als zuvor. Sie waren öffentlich von den Jüngern beschuldigt worden, die Mörder des Sohnes Gottes zu sein, und sie wußten nicht, wie weit die Dinge zunehmen und in welches Ansehen sie bei dem Volke kommen würden. Sie hätten Petrus und Johannes gerne das Leben genommen, wagten es aber nicht, aus Furcht vor dem Volke. EG 183.1

Am darauffolgenden Tage wurden die Apostel vor den Hohen Rat geführt. Dieselben Männer, die mit solchem Eifer nach dem Blute des Gerechten geschrieen hatten, waren anwesend. Sie hatten vernommen, wie Petrus seinen Herrn mit Schwören und Fluchen verleugnete, als man ihn gefragt hatte, ob er nicht auch einer von den Jüngern sei, und sie hofften wiederum, ihn einzuschüchtern. Aber Petrus hatte sich bekehrt, und jetzt fand er eine Gelegenheit, den Flecken jener feigen, schnell ausgesprochenen Verleugnung zu entfernen und den Namen, welchen er entehrt hatte, zu erhöhen. Mit heiliger Männlichkeit und in der Kraft des Geistes erklärte er ihnen furchtlos: “In dem Namen Jesu Christi von Nazareth, welchen ihr gekreuzigt habt, dem Gott von den Toten auferweckt hat, steht dieser allhier vor euch gesund. Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist; und ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen seelig werden.” EG 183.2

Das Volk wunderte sich über den Mut Petrus und Johannes und kannte sie auch wohl, daß sie mit Jesu gewesen waren; denn ihr edles, furchtloses Benehmen glich demjenigen Jesu, als er vor seinen Feinden stand. Jesus tadelte Petrus durch einen Blick des Mitleids und der Trauer, als er ihn verleugnet hatte, und jetzt, als er seinen Herrn mutig bekannte, bekannte der Herr sich zu ihm und segnete ihn. Als Beweis der Anerkennung Jesu wurde er mit dem Heiligen Geiste erfüllt. EG 184.1

Die Priester wagten es nicht, den Haß, den sie gegen die Jünger hegten, zu offenbaren. Sie hießen sie hinausgehen aus dem Rat, verhandelten dann miteinander und sprachen: “Was wollen wir diesen Menschen tun? Denn das Zeichen, durch sie geschehen, ist kund, offenbar allen, die zu Jerusalem wohnen, und wir können’s nicht leugnen.” Sie fürchteten sich, daß der Bericht von dieser guten Tat sich unter dem Volke weiterverbreiten würde. Wenn es allgemein bekannt würde, wußten die Priester, daß sie ihre eigene Macht verlieren und man auf sie als die Mörder Jesu blicken würde. Aber alles, was sie wagten, war, die Apostel zu bedrohen und ihnen zu gebieten, daß sie nicht mehr in dem Namen Jesu lehrten, sonst sollten sie sterben. Petrus jedoch antwortete mutig, daß sie nicht anders könnten, als von dem Reden, was sie gesehen und gehört hätten. EG 184.2

Durch die Kraft Jesu fuhren die Apostel fort, die Kranken zu heilen, die zu ihnen gebracht wurden. Hunderten stellten sich täglich unter das Banner eines gekreuzigten, auferstandenen und gen Himmel fahrenden Heilandes. Die Priester und Obersten sowie diejenigen, die besonders mit ihnen zu tun hatten, waren entsetzt. Aufs neue warfen sie die Jünger ins Gefängnis, indem sie hofften, daß die Aufregung unter dem Volke sich legen würde. Satan und seine Engel frohlockten; aber die Engel Gottes öffneten die Tür des Gefängnisses, und gerade dem Befehle der Priester und Obersten entgegen, sagten sie den Jüngern: “Gehet hin und tretet auf und redet im Tempel alle Worte dieses Lebens.” EG 185.1

Der Hohe Rat versammelte sich und sandte hin zum Gefängnis, sie zu holen. Die Diener schlossen die Tür des Gefängnisses auf, fanden aber diejenigen, die sie suchten, nicht darin. Sie kehrten wieder zu den Priestern und Obersten zurück und sagten: “Das Gefängnis fanden wir verschlossen mit allem Fleiß, und die Hüter außenstehend vor den Türen; aber da wir auftaten, fanden wir niemand drinnen.” Da kam einer, der verkündigte ihnen: “Siehe, die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, sind im Tempel, stehen und lehren das Volk.” Da ging hin der Hauptmann mit den Dienern und holten sie, nicht mit Gewalt; denn sie fürchteten sich vor dem Volk, daß sie nicht gesteinigt würden; und als sie sie brachten, stellten sie sie vor den Rat. Und der Hohepriester fragte sie und sprach: “Haben wir euch nicht mit Ernst geboten, daß ihr nicht sollet lehren in diesem Namen? und sehet, ihr habt Jerusalem erfüllt mit eurer Lehre, und wollt dieses Menschen Blut über uns führen.” EG 185.2

Jene jüdischen Leiter waren Heuchler; sie liebten das Lob der Menschen mehr denn Gott. Ihre Herzen waren so verhärtet worden, daß sogar die mächtigsten Werke, die die Apostel wirkten, sie nur in Aufregung versetzten. Sie wußten, daß, wenn die Jünger Jesum, seine Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt predigten, dies nur mehr Schuld auf sie als seine Mörder werfen würde. Sie waren nicht so willig, das Blut Christi auf sich kommen zu lassen, als damals, da sie in ihrem Eifer ausriefen: “Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.” EG 185.3

Die Apostel erklärten mutig, daß sie Gott mehr gehorchen müßten, denn den Menschen. Petrus sagte: “Der Gott unserer Väter hat Jesum auferweckt, welchen ihr erwürgt habt und an das Holz gehängt. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, zu geben Israel Buße und Vergebung der Sünden. Und wir sind seine Zeugen über diese Worte, und der Heilige Geist, welchen Gott gegeben hat denen, die ihm gehorchen.” Als jene Mörder diese furchtlos gesprochenen Worte vernahmen, wurden sie zornig und beschlossen, ihre Hände abermals mit Blut zu beflecken und die Apostel zu töten. Dies beratschlagten sie, als ein Engel Gottes auf das Herz Gamaliels einwirkte, den Priestern und Obersten den Rat zu geben: “Lasset ab von diesen Menschen und lasset sie fahren! Ist der Rat oder das Werk aus den Menschen, so wird’s untergehen; ist’s aber aus Gott, so könnet ihr’s nicht dämpfen; auf daß ihr nicht erfunden werdet, als die wider Gott streiten wollen.” Böse Engel suchten die Obersten und Priester zu bewegen, die Apostel zu töten; aber Gott sandte seinen Engel, dies zu verhindern, indem er unter den jüdischen Anführern selbst eine Stimme erweckte, die zugunsten seiner Knechte redete. Das Werk der Apostel war noch nicht beendet. Sie sollten noch vor Könige gebracht werden, um von dem Namen Jesu und von den Dingen, die sie gesehen und gehört hatten, zu zeugen. EG 186.1

Die Priester ließen unwillig ihre Gefangenen wieder gehen, nachdem sie sie gestäubt und ihnen befohlen hatten, nicht mehr in dem Namen Jesu zu reden. “Sie gingen aber fröhlich von des Rats Angesichte, daß sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden.” Also wuchs das Wort Gottes und nahm zu. Die Jünger zeugten mutig von den Dingen, die sie gesehen und gehört hatten, und im Namen Jesu wirkten sie große Wunder. Furchtlos erklärten sie diejenigen des Blutes Jesu schuldig, die so bereit gewesen waren, es auf sich zu nehmen, als sie Gewalt über den Sohn Gottes hatten. EG 186.2

Ich sah, daß die Engel Gottes beauftragt waren, die heiligen, wichtigen Wahrheiten, welche den Jüngern Christi durch alle Generationen hindurch als Anker dienen sollten, sorgfältig zu bewahren. Der Heilige Geist ruhte in besonderem Maße auf den Jüngern, die Zeugen von der Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn — wichtige Wahrheiten, welche die Hoffnung Israels sein sollten — gewesen waren. Alle sollten auf den Heiland der Welt als ihre einzige Hoffnung blicken und auf dem Wege wandeln, den er durch das Opfer seines eigenen Lebens gebahnt hatte; sie sollten Gottes Gesetz halten und leben. Ich sah die Weisheit und die Güte Jesu, indem er den Jüngern Kraft verlieh, dasselbe Werk fortzusetzen, für welches er von den Juden gehaßt und getötet worden war. In seinem Namen hatten sie Macht über die Werke Satans. Strahlen des Lichts und der Herrlichkeit waren über die Zeit des Todes und der Auferstehung Jesu ausgegossen, wodurch die heilige Wahrheit, daß Jesus der Heiland der Welt ist, verewigt wurde. EG 187.1